Urteil des BPatG vom 12.12.2000

BPatG (marke, bestandteil, vorname, verwechslungsgefahr, verkehr, beschwerde, serie, grund, beurteilung, werbung)

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 199/99
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
6.70
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betreffend die Marke 395 20 899
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Dipl.-Ing.
Hellebrand, des Richters Albert und der Richterin
Friehe-Wich
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Wortfolge "Lee F. Johnson" soll für "Herren-, Damen-, Kinder-Oberbekleidung
(insbes Hemden, Hosen, Sweat-Shirts, Pullover) sowie Gürtel, Socken, Schuhe,
Krawatten, Schals, Halstücher und Mützen; Textiltaschentücher" als Marke ge-
schützt werden.
Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der für "Bekleidungsstücke" eingetragenen
Marke 933 705 "LEE".
Die Markenstelle für Klasse 25 des Patentamts hat den Widerspruch durch eine
Beamtin des höheren Dienstes wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückge-
wiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, daß trotz teilweiser Warengleichheit der
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Abstand der Vergleichsmarken für ein sicheres Auseinanderhalten ausreiche. Der
Gesamteindruck sei deutlich verschieden; die jüngere Marke werde auch nicht von
dem Bestandteil "Lee" geprägt, da dieser im gegebenen Zusammenhang eindeu-
tig als Vorname erscheine. Wenn überhaupt, dann werde der Verkehr die Marke
allenfalls auf den (Nach-)Namen "Johnson" verkürzen bzw sich hieran orientieren.
Trotz einer Serie von Marken mit dem Bestandteil "Lee" könne die Widerspre-
chende sich nicht erfolgreich auf assoziative Verwechslungsgefahr berufen, da
dieser Bestandteil dort nicht als Vorname wirke.
Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde (mit Kostenantrag) eingelegt.
Nach ihrer Meinung sind die Vergleichsmarken verwechselbar. Sie verweist zu-
nächst auf die bestehende Warengleichheit und hält schon die Gefahr unmittel-
barer Verwechslungen für gegeben. Sie ist der Ansicht, daß der Verkehr Namens-
angaben sich auf unterschiedlichste Art merken könne, so zB auch durch Ver-
kürzung auf einen Vornamen, was gerade in der Modebranche nicht unüblich sei.
Im übrigen handele es sich bei dem Wort "Lee" gar nicht um einen typischen Vor-
namen, so daß es umso eher für die jüngere Marke prägend wirken könne. In sol-
chen Fällen seien Verwechslungen unausbleiblich, wie sich dies auch aus ver-
schiedenen (im einzelnen genannten Entscheidungen und Kommentarstellen er-
gebe. Außerdem habe die Markenstelle nicht die Verkehrsbekanntheit der Wider-
spruchsmarke berücksichtigt, die einen großen Schutzumfang zur Folge habe.
Letztlich bestehe auch assoziative Verwechslungsgefahr, da die Widersprechende
mehrere Marken mit dem Bestandteil "Lee" besitze.
Die Markeninhaberin ist dem (ebenfalls mit Kostenantrag, den sie nicht näher be-
gründet) entgegengetreten. Sie bezieht sich in ihrer Argumentation im wesentli-
chen auf die Gründe der Markenstelle: Die Anmeldemarke werde vom Verkehr
regelmäßig als (übliche) Kombination aus Vornamen, Initiale eines weiteren Vor-
namens und Familiennamen erkannt, wobei er keine Veranlassung habe, sich nur
an dem Vornamen allein zu orientieren. Einen gesteigerten Schutzumfang der
Widerspruchsmarke bestreitet sie ausdrücklich, da nicht klar sei, wie die (hierfür
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als Grund angegebenen) Umfrageergebnisse zustande gekommen seien, und sie
deshalb eine abschließende Beurteilung nicht zuließen. Eine mittelbare Ver-
wechslungsgefahr scheide aus, weil die Markenbildung der entsprechenden Serie
der Widersprechenden nicht mit der der Anmeldemarke zu vergleichen sei. Im
übrigen bestreitet sie generell eine Benutzung der Widerspruchsmarke (ausge-
nommen für "Jeans"). Sie verweist schließlich darauf, daß ihre Marke der Name
des Großvaters eines ihrer Gesellschafter sei, weshalb sie sich in keiner Weise an
die Widerspruchsmarke anlehne. Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbe-
schwerde an.
Ein von den Beteiligten nach der mündlichen Verhandlung angestrebter Vergleich
ist nicht zustande gekommen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde mußte in der Sache erfolglos bleiben, da die Vergleichsmarken
nicht verwechselbar im Sinne des Markengesetzes (§ 9 Abs 1 Nr 2) sind.
Die Markenstelle ist zutreffend davon ausgegangen, daß maßgeblich für einen
Vergleich zweier Marken zunächst deren Gesamteindruck ist. Insoweit sind die
Marken, was keiner Erläuterung bedarf, jedenfalls nicht unmittelbar zu verwech-
seln. Die Markenstelle hat aber auch zutreffend verneint, daß der Bestandteil
"Lee", der in beiden Marken enthalten ist, die jüngere Marke so prägt, daß der
Verkehr sich nur hieran orientieren bzw die Marke gar hierauf verkürzen könnte.
Dies ist deshalb nicht der Fall, weil im konkreten Zusammenhang das Wort "Lee"
erkennbar als Vorname in Erscheinung tritt: Die Anmeldemarke ist in der (auch im
Geltungsbereich des Markengesetzes mehr und mehr bekannten) Art einer Vor-
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namen, Vornamensinitiale und Familiennamen enthaltenden Namensangabe ge-
bildet (vgl etwa John F. Kennedy, Lyndon B. Johnson, aber auch - worauf die
Markeninhaberin hingewiesen hat - Johannes B. Kerner, Jürgen W. Möllemann
usw). Auch jemand, dem "Lee" als Vorname nicht geläufig ist, hat sonach keine
Veranlassung, darin etwas anderes als eben einen Vornamen zu vermuten. In
Namensangaben, die aus Vor- und Nachnamen zusammengesetzt sind, tritt aber
der Vorname regelmäßig nicht allein prägend hervor. Dem stehen weder die von
der Widersprechenden genannten Beispiele, noch irgendwelche Entscheidungen
oder Literaturmeinungen entgegen. Es mag richtig sein, daß im Modebereich in
Einzelfällen neben dem vollständigen Namen ("Hugo Boss", "Jil Sander" usw)
auch lediglich die entsprechenden Vornamen in der Werbung auftreten ("Hugo",
"Jil" usw). Das bedeutet aber nicht, daß es deshalb üblich wäre, vollständige
Namensangaben lediglich auf den Vornamen zu verkürzen; davon kann vielmehr
nur dann ausgegangen werden, wenn, wie gerade in den genannten Fällen, der
Verkehr durch eine bewußte Verwendung lediglich der Vornamen in der Werbung
an eine derartige "Abkürzung" im konkreten Fall gewöhnt worden ist. Davon kann
aber im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Dies entspricht auch der ständigen
- und auch bei der von der Widersprechenden zitierten Kommentarstelle Altham-
mer/Ströbele (MarkenG 6. Aufl § 9 Rdn 166) wiedergegebenen - Rechtsprechung.
Ihr kann wohl entnommen werden, daß es Fälle gibt, in denen weder der Vor-,
noch der Nachname allein eine Marke prägt, nicht aber, daß der Vorname allein
prägend wirken könnte. Nach der "Elfi Rauch"-Entscheidung des Bundesgerichts-
hofs (MarkenR 2000, 20) ist sogar grundsätzlich davon auszugehen, daß nicht
einmal der Nachname eine Namenskombination allein prägt (vgl auch Starck,
Markenrechtliche Verwechslungsgefahr, MarkenR 2000, 233, 236). Der Hinweis
der Widersprechenden auf die "Boris"-Entscheidung (BPatGE 40, 24) liegt deshalb
neben der Sache, weil im vorliegenden Fall nicht - wie dort (und zwar auch nur
ausnahmsweise) - davon gesprochen werden kann, daß "Lee" zur Identifizierung
einer bestimmten (bekannten) Person verwendet und auch nur so verstanden
würde. Desgleichen ist die "Comtesse"-Entscheidung (BPatGE 35, 223) nicht ein-
schlägig, weil es dort (wo im übrigen eine Wort-Bild-Marke angemeldet war, bei
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der das Wort "Comtesse" im Mittelpunkt stand) ja gerade nicht um einen Vor-
namen als prägenden Bestandteil ging.
Insoweit kommt es - da maßgeblich für diese Beurteilung hier allein die Frage ist,
wie die angegriffene Marke vom Verkehr verstanden wird - auf einen etwaigen
erhöhten Schutzumfang der Widerspruchsmarke nicht an. Im übrigen ist eine er-
höhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausdrücklich und substantiiert
bestritten, weshalb auch der Verweis auf ein der Widersprechenden günstiges
Umfrageergebnis allein nicht für den Beleg des Gegenteils genügt (vgl zB Alt-
hammer/Ströbele aaO § 9 Rdn 116).
Auch eine assoziative Verwechslungsgefahr scheidet aus. Es ist zwar richtig, daß
die Widersprechende einige Marken mit dem Bestandteil "LEE" besitzt, auf die sie
immer wieder verweist (LEE
RIDERS; LEE
LEENS; LEESURES;
LEE ROUGH RIDERS; LEE GOSIP). Indes hat bereits die Markenstelle richtig
dargelegt, daß es sich dabei um unverkennbar anders gebildete Marken handelt,
bei denen sich nicht der Eindruck aufdrängt, "Lee" sei hier ein Vorname. Umge-
kehrt wird - bei der jüngeren Marke - einem Markenbestandteil, der (innerhalb
einer gängigen Namensbezeichnung) eindeutig als Vorname (und damit als der
regelmäßig weniger kennzeichnungskräftige Bestandteil) in Erscheinung tritt, von
Haus aus kaum der Charakter eines Serienzeichenbestandteils zugemessen. Da
Verwechslungen aufgrund gedanklichen Inverbindungbringens ein besonderes
gedankliches Eingehen auf die Marken verlangen (vgl zB Althammer/Ströbele aaO
Rdn 181), werden solche Umstände dem Verkehr umso eher bewußt und wirken
der Annahme einer assoziativen Verwechslungsgefahr klar entgegen.
Nach allem war die Beschwerde zurückzuweisen.
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Wegen der Kosten wird auf MarkenG § 71 Abs 1 verwiesen; ein Grund, einer der
Beteiligten - wie beantragt - Kosten aufzuerlegen, ist weder erkennbar noch vor-
getragen.
Hellebrand Friehe-Wich
Albert
br/wf