Urteil des BPatG vom 08.02.2018

Urteil vom 08.02.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:080218B8Wpat26.15.0
BUNDESPATENTGERICHT
8 W (pat) 26/15
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
8. Februar 2018
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 11 2009 000 013
- 2 -
Verfahrensbevollmächtigte: Patentanwälte Munk,
Prinzregentenstraße 3, 86150 Augsburg,
hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2018 durch den Vorsitzenden Richter
Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner, die Richter Dipl.-Ing. Rippel und
Dr.-Ing. Dorfschmidt und die Richterin Uhlmann
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der
Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
23. Juli 2015 aufgehoben und das Patent 11 2009 000 013 mit
den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag 3 überreicht in der
mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2018,
geänderte Beschreibungsseite 4 der Patentschrift, überreicht in
der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2018, im Übrigen
Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.
Die weitergehende Beschwerde der Einsprechenden und die An-
schlussbeschwerde der Patentinhaberin werden zurückgewiesen.
- 3 -
G r ü n d e
I.
Auf die PCT Patentanmeldung PCT/JP2009/055612, die die japanische Priorität
2008-089892 vom 31. März 2008 in Anspruch nimmt, ist das deutsche Patent
11 2009 000 013 mit der Bezeichnung „Stirnfräser“ erteilt und die Erteilung am
14. Juni 2012 veröffentlicht worden.
Gegen das Patent hat die Beschwerdeführerin am 13. September 2012
schriftsätzlich Einspruch erhoben und den Widerruf des Streitpatents in vollem
Umfang beantragt. Sie stützt ihren Einspruch auf den Widerrufsgrund des § 21
Abs. 1 Nr. 1 PatG und ist der Auffassung, dass der Gegenstand des Patents nicht
patentfähig sei, da er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, wozu sie im Amts-
verfahren auf die folgenden Druckschriften verwiesen hat:
D1:
DE 203 04 580 U1
D2:
DE 37 42 942 C1
D3:
DE 10 2006 022 572 A1
D4:
DE 36 02 419 A1
D5:
DE 297 15 192 U1
D6:
US 2005 / 0 031 421 A1
D7:
JP 02-256 412 A
D8:
JP 61-142 009 A
D9:
DIN 4000-82 vom Juli 2005
D10:
DIN 8033, Teil 2, vom November 1983
Weiterhin stützt die Einsprechende ihren Einspruch auf eine offenkundige Vorbe-
nutzung betreffend den Stirnfräser „Twister“, wozu sie Zeugenbeweis angeboten
und folgende Druckschriften vorgelegt hat:
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O1
Eidesstattliche Versicherung von Herrn E… vom
7. September 2012
O1.1
zwei Fotos eines Werkzeugs Z1+1 „Twister 162“
O1.2
Produktbeschreibung 162 HSC-Schaftfräser Z1+1 „Twister“ der
Firma Hufschmied Zerspanungssysteme GmbH
O1.3
Zeichnung
Nr. 162S040060_s001 mit der Bezeichnung
HSC_FRÄSER_Z2_TWISTER der Firma Hufschmied
Zerspanungssysteme GmbH, bearbeitet am 26. April 2005
O2
Rechnung der Firma H… GmbH vom
31. März 2006
Die Patentinhaberin ist den Ausführungen der Einsprechenden entgegengetreten
und hat sich im Übrigen mit weiteren Hilfsanträgen verteidigt.
Mit dem am Ende der Anhörung vom 23. Juli 2015 verkündeten Beschluss hat die
Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent mit den
zum Hilfsantrag 2 am 8. Juli 2015 eingegangenen Unterlagen beschränkt auf-
rechterhalten.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerde der Einsprechenden und die
Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin.
Die Patentinhaberin hat ihren bis dahin verfolgten Hilfsantrag 2 fallen gelassen
und in der mündlichen Verhandlung neue Hilfsanträge 1 und 3 bis 5 eingereicht.
Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass die im Einspruchsverfahren
erteilten Patentansprüche schon deshalb nicht zulässig seien, weil sie hinsichtlich
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der Drallnut Merkmale enthielten, die nicht ursprungsoffenbart seien, und der
Anspruchswortlaut im Widerspruch zu dem streitpatentgemäßen Ausführungs-
beispiel nach den Figuren 11 und 12 stehe. Darüber hinaus sei der Gegenstand
des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig, wozu sie
mit der Beschwerdeschrift ergänzend die US 4 227 837 A (D11) eingereicht hat,
die dem Streitpatent nach ihrer Auffassung „zumindest nahezu neuheitsschädlich“
entgegensteht. Die gelte auch für die mit den neuen Hilfsanträgen eingereichten
Patentansprüche.
Die Beschwerdeführerin und Anschlussbeschwerdegegnerin stellt die Anträge,
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 14 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 23. Juli 2015
aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen
sowie
die Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdeführerin stellt die Anträge,
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 14 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 23. Juli 2015 aufzu-
heben und das Patent 11 2009 000 013 in der ursprünglich durch
die Prüfungsstelle erteilten Form aufrecht zu erhalten;
hilfsweise die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent
11 2009 000 013 gemäß in der Verhandlung vom 8. Februar 2018
überreichten Hilfsantrag 1 beschränkt aufrecht zu erhalten;
hilfsweise das Patent 11 2009 000 013 gemäß geänderten
Hilfsanträgen 3 bis 5, eingereicht in der mündlichen Verhandlung
vom 8. Februar 2018, beschränkt aufrecht zu erhalten,
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jeweils mit geänderter Beschreibungsseite 4, überreicht in der
mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2018, im Übrigen gemäß
Patentschrift.
Sie trägt vor, die Entgegenhaltung D11 sei verspätet eingereicht und deshalb
zurückzuweisen. Ungeachtet dessen sei der Gegenstand des angegriffenen
Patents in seiner erteilten Fassung patentierbar. Mit den neuen Hilfsansprüchen
seien die Einwendungen der Beschwerdeführerin gegen die Zulässigkeit der bis-
herigen Hilfsansprüche im Hinblick auf die ursprüngliche Offenbarung
ausgeräumt.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Beschwerdeschrift, die
Beschwerdeerwiderung sowie die ergänzenden Schriftsätze nebst Anlagen ver-
wiesen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Patentschrift, den die Patentinhaberin mit ihrer
Anschlussbeschwerde anstrebt, lautet mit einer vom Senat ergänzten Merkmals-
gliederung:
Stirnfräser umfassend
erste Schneidkanten (4),
2.1.
die spiralförmig in einer einen positiven Drallwinkel
(θ1)
bildende Richtung verlaufen,
sowie zweite Schneidkanten (5),
3.1.
die spiralförmig in einer einen negativen Drallwinkel
(θ2)
bildende Richtung verlaufen,
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wobei die ersten Schneidkanten (4) und die zweiten Schneid-
kanten (5) an in Umfangsrichtung verschobenen Positionen
angeordnet sind, und
wobei die ersten Schneidkanten (4) und die zweiten Schneid-
kanten (5) jeweils so ausgeführt sind, dass sie durchgehend über
eine effektive Schneidkantenlänge verlaufen
dadurch gekennzeichnet, dass
die ersten Schneidkanten (4) und die zweiten Schneidkanten (5) in
der Umfangsrichtung abwechselnd angeordnet sind,
und an einer Werkzeug-Oberseite ein Phasenwinkel (P1) zwischen
einer der ersten Schneidkanten (4) und ihrer angrenzenden zweiten
Schneidkante (5), die in einer Werkzeug-Drehrichtung zur
Rückseite hin angeordnet ist, größer festgelegt ist als ein Phasen-
winkel (P2) zwischen der zweiten Schneidkante (5) und ihrer
angrenzenden ersten Schneidkante (4), die in der Werkzeug-
Drehrichtung zur Rückseite hin angeordnet ist.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 enthält gegenüber dem
Wortlaut des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag zusätzlich die folgenden
Merkmale 1.A, 8 und 9:
1.A. einen Hauptkörper (2) und einen Schaft (3), wobei eine Stirn-
Schneidkante (6) an
der Oberseite des Hauptkörpers (2)
angeordnet ist;
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wobei sich die effektive Schneidkantenlänge (L) in Axialrichtung des
Hauptkörpers von der Stirn-Schneidkante (6) bis zum Schaft (3)
erstreckt, und
wobei die eine der ersten Schneidkanten (4) und ihre angrenzende
zweite Schneidkante (5), die in Werkzeug-Drehrichtung zur
Rückseite hin angeordnet ist, in einer solchen Weise durchgehend
über die effektive Schneidkantenlänge (L) verlaufen, dass sich eine
zwischen ihnen bildende Drallnut (9) über die gesamte Länge des
Hauptkörpers (2) hinaus erstreckt.
Der Patentanspruch 1 in der Fassung gemäß Hilfsantrag 3 enthält gegenüber dem
Wortlaut des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 zusätzlich das folgende
Merkmal 10:
wobei der numerische Wert des Drallwinkels
(θ1) der ersten
Schneidkanten (4) größer festgelegt ist als des Drallwinkels
(θ2) der
zweiten Schneidkanten (5), so dass die Drallnut spiralförmig ist.
Hinsichtlich des Wortlauts der Hilfsanträge 4 und 5 und der jeweils abhängigen
II.
1.
Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden hat insoweit Erfolg, als sie
zur weiter beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents im Umfang des
Hilfsantrags 3 führt. Die zulässige Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin ist in
der Sache nicht begründet, denn der Patentgegenstand nach Patentanspruch 1
gemäß Hauptantrag der Patentinhaberin in der erteilten Fassung gemäß
- 9 -
Patentschrift beruht gegenüber dem Stand der Technik nicht auf erfinderischer
Tätigkeit.
2.
Der Patentgegenstand betrifft nach Absatz [0001] der Streitpatentschrift
einen Stirnfräser, der zum Schneiden, Stoßen, Stechen und dergleichen von
faserverstärkten Verbundmaterialien, insbesondere CFK eingesetzt wird. Nach
den Ausführungen in Absatz [0004] der Streitpatentschrift werden derartige
Stirnfräser üblicherweise mit einer harten Beschichtung (beispielsweise Diamant-
beschichtung) beschichtet, um die Lebensdauer des Stirnfräsers zu verlängern.
Bei der Bearbeitung von besonders großen Werkstücken kommt es mangels
ausreichender Fixierung zum sogenannten Rattern des Werkstücks, wodurch
Werkzeugschneiden beschädigt werden können.
Herkömmliche Stirnfräser zur Bearbeitung von faserverstärkten Kunststoff auf-
weisenden Werkstücken haben entsprechend den Ausführungen in Absatz [0006]
Einsätze an einem oberen Ende eines Schafts, wobei die Einsätze rechtsläufige
und linksläufige Spiral-Schneidkanten enthalten, die abwechselnd in der Umfangs-
richtung angeordnet sind.
Andere herkömmliche Fräswerkzeuge, die eine geringe Schwingungsneigung
aufweisen, haben danach eine Mehrzahl an in dieselbe Richtung verlaufenden
Schneidkanten, wobei wenigstens benachbarte Schneidkanten zueinander unter-
schiedliche Steigungen aufweisen. So offenbare die japanische Patentanmeldung
JP 2256412 A einen Schaftfräser, der in Umfangsrichtung des Schaftfräsers
mehrere gleichartig ausgebildete erste Schneidkanten umfasse, die spiralförmig in
derselben Richtung verlaufen und deshalb auf ein Werkstück gleichartige Schneid-
kräfte ausüben.
Bei dem in der JP 61142009 offenbarten Dreh-Schneidwerkzeug seien nach
Absatz [0010] die rechtsläufigen Spiral-Schneidkanten und die linksläufigen Spiral-
Schneidkanten in einer abgestuften Anordnung in der axialen Richtung so ange-
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ordnet, dass der obere Abschnitt und der untere Abschnitt eines zu bearbeitenden
Bereichs separat mit den zwei Typen von Schneidkanten geschnitten werde. Die
Schneidkräfte in dem oberen Abschnitt und dem unteren Abschnitt des zu
bearbeitenden Bereichs seien auf die Mitte des Werkstücks in der Dickenrichtung
gerichtet, so dass das Auftreten von Graten unterdrückt werde. Jedoch reiche bei
diesem Werkzeug, da der obere Abschnitt und der untere Abschnitt des zu bear-
beitenden Bereichs separat mit den rechtsläufigen Spiral-Schneidkanten und den
linksläufigen Spiral-Schneidkanten geschnitten werden, die Unterdrückung von
Graten nicht aus.
Daher besteht gemäß Absatz [0011] der Beschreibung die Aufgabe der Erfindung
darin, das Auftreten von Graten bei der Bearbeitung mit einem Stirnfräser effektiv
zu unterdrücken.
Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt gemäß den Ausführungen in Absatz [0012] der
geltenden Beschreibung durch die Merkmale der jeweils unabhängigen Patentan-
sprüche entsprechend den jeweiligen Antragssätzen.
Als der zur Beurteilung der Patentfähigkeit zuständige Fachmann ist vorliegend
ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit zumindest Fachhoch-
schulausbildung anzusehen, der mehrjährige Erfahrung in der Konstruktion und
Entwicklung von spanabhebenden Werkzeugen aufweist.
3.
Einige Merkmale der geltenden Patentansprüche bedürfen einer Auslegung.
Das Streitpatent betrifft einen Stirnfräser und somit ein Fräswerkzeug, dessen
Hauptschneiden definitionsgemäß am Umfang und dessen Nebenschneiden an
der Stirnseite des Fräsers angeordnet sind. Nach den Merkmalen 2 und 3 hat der
streitpatentgemäße Stirnfräser zwei Arten von umfangsseitig angeordneten
Schneidkanten (4, 5), nämlich erste, die spiralförmig in einer einen positiven
Drallwinkel bildende Richtung verlaufen, und zweite, die spiralförmig in einer einen
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negativen Drallwinkel bildende Richtung verlaufen. Die Verwendung des Plurals in
den Merkmalen 2 und 3 legt unmissverständlich fest, dass der streitpatentgemäße
Stirnfräser zumindest zwei erste und zwei zweite umfangsseitig angeordnete
Schneidkanten aufweisen muss. Aus den Gesamtunterlagen erschließt sich dem
Fachmann, dass diese „spiralförmigen“ Schneidkanten als wendelförmige
Schneidkanten aufzufassen sind, weil sich ausweislich aller Figuren ihr Radius
nicht ändert.
Nach Merkmal 4 sind die ersten Schneidkanten (4) und die zweiten Schneid-
kanten (5) an in Umfangsrichtung verschobenen Positionen angeordnet, worunter
ein Versatz in Umfangsrichtung gegenüber einer gleichmäßigen Verteilung der
Schneidkanten am Umfang zu verstehen ist. Nach Merkmal 5 sind die ersten
Schneidkanten (4) und die zweiten Schneidkanten (5) jeweils so ausgeführt, dass
sie durchgehend über eine effektive Schneidkantenlänge verlaufen. Unter Berück-
sichtigung der Ausführungsbeispiele gemäß den Figuren 11 und 12 fallen darunter
auch Schneidkanten, die auch Einkerbungen (12) entsprechend den Ansprü-
chen 4 und 5 haben können, so dass die „durchgehenden Schneidkanten“ im
Rahmen der gebotenen Auslegung der Patentansprüche ganz offensichtlich als
solche Schneidkanten auszulegen sind, die keinen Versatz zueinander aufweisen.
Die ersten Schneidkanten (4) und die zweiten Schneidkanten (5) des streitpatent-
gemäßen Stirnfräsers sind nach Merkmal 6 in der Umfangsrichtung abwechselnd
angeordnet.
Merkmal 7 präzisiert Merkmal 4 insofern, als sich ein Phasenwinkel (P1) zwischen
einer der ersten Schneidkanten (4) und ihrer angrenzenden zweiten Schneid-
kante (5), die in einer Werkzeug-Drehrichtung zur Rückseite hin angeordnet ist,
größer festgelegt ist als ein Phasenwinkel (P2) zwischen der zweiten Schneid-
kante (5) und ihrer angrenzenden ersten Schneidkante (4), die in der Werkzeug-
Drehrichtung zur Rückseite hin angeordnet ist.
- 12 -
Die Merkmale 1.A und 8 der Hilfsanträge betreffen Präzisierungen hinsichtlich des
gegenständlichen Aufbaus des Stirnfräsers. Mit Merkmal 9 wird eine Drallnut
beansprucht, die unter Berücksichtigung der erläuternden Beschreibung in Absatz
[0035] als Spannut aufzufassen ist und sich jeweils zwischen einer der ersten
Schneidkanten (4) und ihrer angrenzenden zweiten Schneidkante (5) bildet, die in
Werkzeug-Drehrichtung zur Rückseite hin angeordnet ist.
Diese Drallnut (9) soll sich über die gesamte Länge des Hauptkörpers (2) hinaus
erstrecken.
Nach Merkmal 10 ist der numerische Wert und somit der (mathematische) Betrag
des Drallwinkels
(θ1) der ersten Schneidkanten (4) größer festgelegt als des Drall-
winkels
(θ2) der zweiten Schneidkanten (5).
4.
Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag um-
fasst den Gegenstand des enger gefassten Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1.
Nachdem letzterer, wie die nachfolgenden Ausführungen zum Hilfsantrag 1 zei-
gen, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist auch der Patentanspruch 1
nach Hauptantrag nicht bestandsfähig.
5.
Der Patentanspruch 1 gemäß
Hilfsantrag 1
beruht gegenüber dem Stand der
Technik nach der D11 in Verbindung mit dem Fachwissen des Fachmanns nicht
auf erfinderischer Tätigkeit, § 4 PatG.
Für eine Zurückweisung dieser Druckschrift wegen Verspätung ist entgegen der
Auffassung der Beschwerdegegnerin aufgrund des im Beschwerdeverfahren
gemäß § 87 Abs. 1 PatG geltenden Untersuchungsgrundsatzes kein Raum.
Den nächstliegenden Stand der Technik und einen geeigneten Ausgangspunkt zur
Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bildet vorliegend die von der Einsprechen-
den im Beschwerdeverfahren eingeführte Druckschrift D11, weil sie insbesondere
- 13 -
in den Figuren 1 bis 3 im Rahmen des Ausführungsbeispiels 1 bereits einen Frä-
ser mit einem Hauptkörper und einem Schaft zeigt, der - ähnlich wie der streit-
patentgemäße Stirnfräser - zur Bearbeitung von faserverstärkten Kunststoffen
vorgesehen ist und deswegen auch wesentliche Merkmale des geltenden An-
spruchs 1 aufweist.
Entgegen der Auffassung der Einsprechenden gehören die Figuren 1 bis 3 der
D11 zweifelsfrei zu einem (einzigen) Ausführungsbeispiel, weil dies in Spalte 2
unter der Überschrift „EXAMPLE 1“ auch so wörtlich beschrieben ist und andere
Ausführungsbeispiele in Spalte 3 auch mit entsprechenden eigenen Überschriften
versehen sind, woraus sich auch die Zuordnung zu den jeweiligen Figuren ein-
deutig ergibt.
Der bekannte Fräser ist zwar kein Stirnfräser gemäß Merkmal 1 bzw. 1.A, weil er
lediglich Schneiden am Umfang aufweist, jedoch hat er gemäß Figur 2 eine erste
Schneidkante (7), die wendelförmig und somit im Sinne des streitpatentgemäßen
Ausdrucks „spiralförmig“ in einer einen positiven Drallwinkel bildende Richtung
verläuft, sowie eine zweite Schneidkante (8), die „spiralförmig“ in einer einen
negativen Drallwinkel bildende Richtung verläuft, wobei die erste Schneidkante (7)
und die zweite Schneidkante (8) nach Figur 1A (dort mit (2) und (3) bezeichnet) an
in Umfangsrichtung verschobenen Positionen angeordnet sind.
Die Darstellung in Figur 3 lehrt den Fachmann, dass bei dem bekannten Fräser
nach der D1 die erste Schneidkante (7) und die zweite Schneidkante (8) abwech-
selnd in Eingriff kommen sollen, wobei die erste Schneidkante (7) und die zweite
Schneidkante (8) ausweislich der Figuren 2 und 3 jeweils so ausgeführt sind, dass
sie durchgehend über eine effektive Schneidkantenlänge verlaufen (Teilmerk-
male 4 und 5).
Darüber hinaus ist in Spalte 2, Zeilen 17-19 ausdrücklich zum Ausführungs-
beispiel 1, bei dem im Gegensatz zu den in den Figuren 4 bis 8 gezeigten Fräsern
die Schneidkanten durchgehend verlaufen, offenbart, dass abweichend von der
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gezeigten Ausführungsform eines als Zweischneider ausgebildeten Fräs-
werkzeugs auch ein Werkzeug mit zwei, vier, sechs oder jeder anderen
geradzahligen Anzahl von Schneidkanten vorgesehen sein kann, so dass für
diesen Fall der Fachmann die ersten Schneidkanten (7) und die zweiten Schneid-
kanten (8) bei entsprechend angepasster Steigung entsprechend Merkmal 6 in der
Umfangsrichtung abwechselnd anordnen wird, um den abwechselnden Eingriff der
Schneidkanten gemäß Figur 3 zu erreichen. Somit offenbart die D11 auch einen
Fräser mit mehreren ersten und mehreren zweiten Schneidkanten, bei dem auch
die Merkmale 2 bis 6 vollständig verwirklicht sind.
Wie die Darstellung in Figur 1A beispielhaft anhand des Zweischneiders zeigt, ist
an der Werkzeug-Oberseite ein Phasenwinkel zwischen der ersten Schneid-
kante (2) und ihrer angrenzenden zweiten Schneidkante (3), die in einer
Werkzeug-Drehrichtung zur Rückseite hin angeordnet ist, größer festgelegt als ein
Phasenwinkel zwischen der zweiten Schneidkante (3) und ihrer angrenzenden
ersten Schneidkante (2), die in der Werkzeug-Drehrichtung zur Rückseite hin
angeordnet ist. Derartiges ergibt sich auch bei der Anordnung von mehreren
(geradzahligen) Schneidkanten entsprechend der Ausführungsform in Spalte 2,
Zeilen 17-19, indem - ausgehend von der Anordnung nach Figur 1A - der
umfangsseitige Abstand der Schneidkanten entsprechend der Anzahl der
Schneidkanten halbiert bzw. geviertelt etc. wird. Somit ist auch das Merkmal 7 aus
der D11 bekannt.
Wie aus den Figuren 2 und 3 ersichtlich, erstreckt sich bei dem bekannten Fräser
nach der D11 die effektive Schneidkantenlänge in Axialrichtung des Hauptkörpers,
ähnlich wie beim streitpatentgemäßen Stirnfräser von der Stirnseite an der Ober-
seite des Hauptkörpers des Fräsers bis zum Schaft.
Wie der Fachmann weiß und sich auch aus den Figuren 1 und insbesondere 1A
mit Bezugszeichen 4 der D11 deutlich ergibt, ist die Span- bzw. Drallnut immer
unmittelbar vor der zugeordneten Schneidkante in den Hauptkörper eingeschliffen
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und verläuft auch stets (mindestens) über die gesamte bzw. effektive Schneid-
kantenlänge unmittelbar benachbart zu der zugeordneten Schneidkante, um den
dort entstehenden Span aufnehmen zu können, während das andere Ende der
Spannut an der in Werkzeug-Drehrichtung zur Rückseite hin angeordneten
zweiten Schneidkante abhängig von dem nötigen Futter der zweiten Schneidkante
mehr oder weniger ausläuft. Somit verlaufen auch bei dem bekannten Fräser nach
der D11 eine der ersten Schneidkanten (2; 7) und ihre angrenzende zweite
Schneidkante (3; 8), die in Werkzeug-Drehrichtung zur Rückseite hin angeordnet
ist, in einer solchen Weise durchgehend über die effektive Schneidkantenlänge,
dass sich eine Drallnut zwischen ihnen bildet.
Zwar ist der skizzenhaften Darstellung in Figur 2 nicht zu entnehmen, dass diese
Drallnut sich entsprechend dem zweiten Teil des Merkmals 9 über die gesamte
Länge des Hauptkörpers hinaus erstreckt. Jedoch weiß der Fachmann, dass bei
allen Fräswerkzeugen die Span- oder Drallnut mittels einer Schleifscheibe einge-
schliffen wird. Im vorliegenden Fall des bekannten Fräsers nach der D11 weisen
ausweislich der Figuren 1, 1A und 2 der Hauptkörper und Schaft denselben
Durchmesser auf, so dass bei einem Einschleifen der Drallnut aufgrund des
Schleifscheibendurchmessers die Drallnut sich immer über die Länge des
Hauptkörpers hinausgehend bis in den Schaft hinein erstreckt. Somit ergibt sich
auch der zweite Teil des Merkmals 9 zwangsläufig beim Einschleifen der Drallnut.
Als Unterschied zwischen dem Fräser gemäß dem geltenden Patentanspruch 1
nach Hilfsantrag 1 und dem aus der Druckschrift D11 bekannten Fräser verbleibt
somit lediglich, dass die D11 keinen Stirnfräser mit Stirnschneidkanten an der
Oberseite des Hauptkörpers offenbart (Teilmerkmale 1 und 1.A), sondern lediglich
einen Umfangs- oder Walzenfräser, der keine stirnseitigen Schneidkanten auf-
weist.
Wie bereits die Patentabteilung zutreffend festgestellt hat, sind das Vorsehen von
Stirnschneiden an einem Fräser und die damit verbundenen Vorteile, wie die
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Tauchfähigkeit des Fräsers im vollen Material durch den axialen Vorschubanteil
dem Fachmann geläufig und auch aus dem Stand der Technik vielfach bekannt,
wozu beispielsweise auf die D6, Fig. 3a und 3b, sowie E2, Figur 1; E5, Figuren 1
und 2 sowie E7, Bezugszeichen 3 in der Figur verwiesen wird.
Wenn der Fachmann den bekannten Fräser nach der D11 auch für Bearbeitungs-
zwecke einsetzen will, bei denen der Fräser stirnseitig in volles Material
eintauchen soll, so wird er ohne weiteres den bekannten Fräser nach der D11 mit
Stirnschneidkanten versehen.
Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von dem bekannten Walzenfräser nach
der Druckschrift D11 mit den Merkmalen 2 bis 9, ohne erfinderische Tätigkeit allein
mit fachmännischen Überlegungen zum Gegenstand des Patentanspruchs 1
gemäß Hilfsantrag 1.
Die Gegenstände des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 sowie der des
weiter gefassten Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruhen daher nicht auf
erfinderischer Tätigkeit.
Die Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin hat daher keinen Erfolg.
6.
Mit den Patentansprüchen 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 fallen auf-
grund der Antragsbindung auch sämtliche unabhängigen Patentansprüche der
jeweiligen Anträge, ohne dass es einer Prüfung und Begründung dahin bedarf, ob
einer dieser Patentansprüche etwas Schutzfähiges enthält (BGH, GRUR 1997,
120 - Elektrisches Speicherheizgerät).
7.
Demgegenüber sind die geltenden Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 3
zulässig und ihre Gegenstände patentfähig, weil sie neu sind und sich nicht in
naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik ergeben.
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7.1. Die geltenden Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 3 sind zulässig, weil
deren Merkmale in den Ursprungsunterlagen offenbart sind und - entgegen der
Auffassung der Einsprechenden - auch nicht im Widerspruch zu Ausführungen in
der Beschreibung stehen.
Die Merkmale 1, 2 bis 7 sind in den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 2 gemäß
der T5-Schrift offenbart, die den Ursprungsunterlagen entspricht.
Das Merkmal 1.A ist im Absatz [0037] der Streitpatentschrift bzw. im Absatz [0034]
der T5-Schrift sowie in den Figuren 1, 3, 4, 6, 8 und 9 offenbart.
Das Merkmal 8 ist im Absatz [0039] der Streitpatentschrift bzw. im Absatz [0036]
der T5-Schrift sowie in den Figuren 1, 3, 4, 6, 8 und 9 offenbart.
Das Merkmal 9 enthält weitgehend Wiederholungen von Teilen der Merkmale 5, 6
und 8. Das Merkmal hinsichtlich der Drallnut ist im Absatz [0038] der Streit-
patentschrift bzw. im Absatz [0035] der T5-Schrift jeweils in Verbindung mit den
erläuternden Figuren 1 oder 5 offenbart. Wie insbesondere die Figuren 6 und 8
zeigen, erstreckt sich die zwischen den jeweils ersten und der angrenzenden
jeweils zweiten Schneidkanten bildende Drallnut über die gesamte Länge des
Hauptkörpers hinaus, weil sich der durch das Einschleifen der Drallnuten
herstellbedingte Auslauf (ohne eigenes Bezugszeichen) am schaftseitigen Ende
der Drallnut ersichtlich bis in den Schaft hinein erstreckt. Da der Auslauf
zweifelsfrei auch Bestandteil der Drallnut ist, erstreckt sich somit die Drallnut (9)
über die gesamte Länge des Hauptkörpers (2) hinaus.
Merkmal 10 des Patentanspruchs 1 in der Fassung gemäß Hilfsantrag 3 enthält
die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 2 bzw. des ursprünglichen An-
spruchs 4. Die Ergänzung „der numerische Wert“ des Drallwinkels, wie er auch im
Absatz [0046] der Streitpatentschrift bzw. im Absatz [0043] der T5-Schrift wörtlich
erwähnt ist, soll das Merkmal 10 dahingehend beschränken, dass der Drallwinkel
- 18 -
der ersten Schneidkanten, unabhängig vom Vorzeichen, größer festgelegt ist, als
der Drallwinkel der zweiten Schneidkanten. Hierin ist entgegen der Auffassung der
Einsprechenden kein Offenbarungsmangel zu sehen. Denn bereits der reine
Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 2 umfasst die zwei Möglichkeiten, wonach
einerseits der Drallwinkel der ersten Schneidkanten aufgrund des Vorzeichens
größer festgelegt ist als der Drallwinkel der zweiten Schneidkanten oder ande-
rerseits der Drallwinkel der ersten Schneidkanten von seinem numerischen Wert,
also unabhängig vom Vorzeichen, größer festgelegt ist als der Drallwinkel der
zweiten Schneidkanten. Insofern stellt die vorgenommene Ergänzung hinsichtlich
des numerischen Wertes des Drallwinkels eine Beschränkung dar, die sich zudem
dem Fachmann auch durch die Ausführungen im Absatz [0045] der
Streitpatentschrift (bzw. [0042] der T5-Schrift) in dieser Weise erschließt. Darüber
hinaus ist auch im Absatz [0048] der Streitpatentschrift (bzw. [0045] der T5-Schrift)
das einzige den Drallwinkel betreffende Ausführungsbeispiel auch derart ent-
sprechend Merkmal 10 ausgebildet, dass der numerische Wert des Drall-
winkels (
θ1) der ersten Schneidkanten (4) mit 5° größer festgelegt ist als der
Drallwinkel
(θ2) der zweiten Schneidkanten mit -4°.
Die weitere Ergänzung im Merkmal 10, dass (deshalb) „die Drallnut spiralförmig
ist“, ergibt sich zwangsläufig bereits aus dem Umstand, dass die zugeordnete
Schneidkante „spiralförmig“ ist.
Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 sind also
ursprünglich offenbart und somit zulässig.
Gleiches gilt für die geltenden Unteransprüche 2 bis 5, die in den ursprünglichen
Ansprüchen 3 bis 6 offenbart sind.
Entgegen der Auffassung der Einsprechenden besteht auch kein Widerspruch
zwischen dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 und der Beschreibung bezüglich
der Figuren 11 und 12. Denn wie bereits vorstehend unter II.3 ausgeführt, lassen
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die geltenden Patentansprüche im Wege der gebotenen Auslegung unter Berück-
sichtigung der Beschreibung ohne weiteres erkennen, dass die in Merkmal 5
aufgeführten „durchgehenden Schneidkanten“ als solche Schneidkanten auszu-
legen sind, die keinen Versatz zueinander aufweisen.
7.2. Die Neuheit des zweifellos gewerblich anwendbaren Stirnfräsers gemäß
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 ist gegeben.
Die D1 zeigt einen Bohrer und keinen Stirnfräser.
Die D3, D4, D8 und D11 haben ebenfalls keine Stirnfräser, sondern lediglich
Umfangs- oder Walzenfräser zum Inhalt.
Die Druckschriften D2, D5, D7 sowie D9 und D10 zeigen zwar jeweils Stirnfräser,
aber keine mit ersten und zweiten Schneidkanten, die jeweils spiralförmig in einer
einen positiven und negativen Drallwinkel bildenden Richtung verlaufen.
Der aus der D6 bekannte Stirnfräser hat keine wendel- oder spiralförmig verlau-
fende, sondern gerade Schneidkanten, so dass bereits die Merkmale 2.1 und 3.1
nicht verwirklicht sind.
Die behauptete Vorbenutzung „Twister“ zeigt einen Schaftfräser, der lediglich als
Zweischneider mit zwei Schneiden ausgebildet ist und daher nicht jeweils mehrere
erste und zweite Schneidkanten nach den Merkmalen 2 und 3 aufweist.
7.3. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3
beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.
Wie vorstehend zum Hilfsantrag 1 ausgeführt, mag aus der nächstkommenden
D11 dem Fachmann ein Stirnfräser nahegelegt sein, der die Merkmale 1 bis 9
aufweist.
Das Merkmal 10 weist dieser bekannte Fräser jedoch nicht auf und kann es dem
Fachmann auch nicht nahe legen, weil die Druckschrift D11 in Spalte 1 unter der
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Überschrift „SUMMARY OF THE INVENTION“ ausdrücklich festlegt, dass die
jeweiligen Drallwinkel, die in gegenläufiger Richtung verlaufen, den gleichen Wert
haben (...at the same helix angle...). Der Fachmann hat daher keine Veranlassung
von der Lehre der D11 abzuweichen und Drallwinkel für die ersten und zweiten
Schneidkanten vorzusehen, die unterschiedlich sind. Er erhält auch keinerlei
Anregung dahingehend,
den numerischen Wert des Drallwinkels der ersten
Schneidkanten größer festzulegen als den Drallwinkel der zweiten Schneidkanten.
Die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften geben dem Fachmann
ebenfalls keinerlei Anlass oder auch nur Anregungen, von der in der D11 aus-
drücklich beschriebenen Lehre abzurücken.
Die D3 geht nicht über das hinaus, was aus der D11 bekannt geworden ist.
Insbesondere zeigt die D3 auch keinen Fräser, bei dem entsprechend Merkmal 10
der numerische Wert des Drallwinkels der ersten Schneidkanten größer festgelegt
ist als des Drallwinkels der zweiten Schneidkanten. Vielmehr sind entsprechend
den Ausführungen in Absätzen [0034] und [0039] die Drallwinkel
α bzw. α120 und
α122 immer einheitlich bei 57°.
Die D1 zeigt einen Bohrer und keinen Stirnfräser und kann schon deshalb den
Fachmann nicht dazu anleiten, die umfangseitig angeordneten Schneidkanten
eines Fräswerkzeugs auszugestalten.
Die D2 (vgl. Figur 1), D5 (vgl. Figuren 1 bis 3), D7 (vgl. Figuren) sowie die DIN-
Normen D9 und D10 zeigen zwar jeweils Stirnfräser, aber keine mit ersten und
zweiten Schneidkanten, die jeweils spiralförmig in einer einen positiven bzw. nega-
tiven Drallwinkel bildenden Richtung verlaufen. Aus diesem Grund fehlt diesen
Druckschriften das Merkmal 10 vollständig.
Die D4 zeigt keinen Stirnfräser sondern einen Walzenfräser mit am Umfang
angeordneten Schneiden, die unterschiedliche Drallwinkel aufweisen. Allerdings
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wechseln die Drallwinkel nicht ihr Vorzeichen, d. h. sie sind immer nur positiv
(oder negativ).
Aus der D6 ist es zwar für einen Stirnfräser bekannt, am Umfang Schneidkanten
mit positivem bzw. negativem Drallwinkel anzuordnen, aber diese Druckschrift
zeigt nicht das Merkmal 6, wonach die ersten Schneidkanten und die zweiten
Schneidkanten in der Umfangsrichtung abwechselnd angeordnet sind. Vielmehr
sind dritte Schneidkanten ohne Drallwinkel (vgl. beispielsweise dortigen
Patentanspruch 6 und Bezugszeichen 44 in den Figuren 4a) zwischen den ersten
und zweiten Schneidkanten vorhanden, so dass schon deshalb die ersten
Schneidkanten und die zweiten Schneidkanten in der Umfangsrichtung nicht
abwechselnd angeordnet sein können. Darüber hinaus hat der bekannte Stirn-
fräser nach der D6 nur gerade Schneidkanten und keine wendel- oder
spiralförmigen nach Merkmal 2.1 und 3.1. Die D6 leitet den Fachmann daher
allenfalls dazu an, auf wendel- oder spiralförmige Schneidkanten zu verzichten
und gerade Schneidkanten einzusetzen, weshalb die D6 den Fachmann wegführt
von der streitpatentgemäßen Lehre.
Dasselbe gilt für die D8, die zudem auch keinen Stirnfräser zeigt.
Die behauptete Vorbenutzung „Twister“ zeigt ausweislich der eingereichten Zeich-
nung gemäß Anlage O1.3 lediglich einen Zweischneider, wobei es anders als bei
der D3 oder der D11 keinerlei Hinweise auf die Anordnung von weiteren
Schneiden gibt. Die beiden Schneiden 1 und 2 sind bezüglich der Stirnseite
symmetrisch angeordnet, so dass die behauptete Vorbenutzung keine unter-
schiedlichen Phasenwinkel entsprechend Merkmal 7 aufweist. Auch das
Merkmal 10 ist bei der behaupteten Vorbenutzung nicht verwirklicht, weil beide
Schneiden einen einheitlichen Winkel von 6° aufweisen. Somit bleibt die
behauptete Vorbenutzung deutlich hinter dem zurück, was aus der D3 oder der
D11 bekannt geworden ist.
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Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Fachmann nicht in naheliegender
Weise zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3
des Streitpatents gelangt. Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch einfache
fachübliche Erwägungen ohne weiteres auffindbar; vielmehr bedurfte es darüber
hinausgehender Gedanken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit
schließen lassen, um zur beanspruchten Lösung zu gelangen.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist daher gewährbar.
7.5. Die geltenden Unteransprüche 2 bis 5 betreffen zweckmäßige Ausgestal-
tungen des streitpatentgemäßen Stirnfräsers nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfs-
antrag 3, die über Selbstverständlichkeiten hinausreichen.
Sie haben daher ebenfalls Bestand.
III.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechts-
beschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
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5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch
eine beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Dr. Zehendner
Rippel
Dr. Dorfschmidt
Uhlmann
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