Urteil des BPatG vom 19.09.2018

Urteil vom 19.09.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:190918B7Wpat8.18.0
BUNDESPATENTGERICHT
7 W (pat) 8/18
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2017 219 086.8
wegen Rückzahlung der Anmelde- und Recherchegebühr
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des
Bundespatentgerichts am 19. September 2018 durch den Vorsitzenden Richter
Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr
- 2 -
beschlossen:
1.
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen
Patent-
und Markenamts –
Prüfungsstelle 12
-
vom
10. Januar 2018 aufgehoben. Die Rückzahlung der unter dem
vorliegenden Aktenzeichen gezahlten Anmelde- und Recherche-
gebühr wird angeordnet.
2.
Dem Patentamt wird aufgegeben, die von der Anmelderin am
25. Oktober 2017 unter ihrem Nutzerzeichen G67784 und der
Bezeichnung „Motorlagerung“ eingereichte Patentanmeldung, für
die das Patentamt fälschlicherweise zwei Aktenzeichen vergeben
hat - nämlich das vorliegende Aktenzeichen 10 2017 219 086.8
sowie das Aktenzeichen 10 2017 219 087.6 -, nur noch unter
einem einzigen Aktenzeichen weiterzuführen.
G r ü n d e
I.
Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Motorlagerung“ wurde am
25. Oktober 2017 von der Anmelderin durch ihren anwaltlichen Vertreter - unter
Verwendung der epoline-Software - beim Deutschen Patent- und Markenamt
(DPMA) eingereicht. Die Anmelderin stellte zugleich einen Rechercheantrag. Als
Anlagen zum elektronisch signierten Antrag auf Erteilung des Patents fügte sie
15 Patentansprüche, 12 Seiten Beschreibung, drei Figuren, die Erfinderbenen-
nung und eine Zusammenfassung bei. Zur Gebührenzahlung fügte sie zudem das
ebenfalls elektronisch signierte Formular „Angaben zum Verwendungszweck des
Mandats“ bei, das unter Nennung der Mandatsreferenznummer des SEPA-Last-
schriftmandats über einen Betrag von 440,- € lautet; 140,- € für die Anmeldege-
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bühr und 300,- € für die Recherchegebühr. Als internes Zeichen des anwaltlichen
Vertreters ist im Antrag auf Patenterteilung, Feld 2, das Kürzel „G67784“ angege-
ben.
Ausweislich des Eingangsservers wurde beim Patentamt der elektronische
Eingang der Patentanmeldung am 25. Oktober 2017 um 13.59 Uhr registriert;
dieser Eingang erhielt das vorliegende patentamtliche Aktenzeichen
10 2017 219 086.8. Drei Minuten später, um 14.02 Uhr, wurde vom Eingangs-
server der nochmalige elektronische Eingang dieser Patentanmeldung registriert.
Dieser weitere Eingang, inhaltlich in allen Teilen völlig identisch mit dem ersten
Eingang, erhielt das patentamtliche Aktenzeichen 10 2017 219 087.6.
Auf die Empfangsbestätigung des Patentamts für die vorliegende Patentan-
meldung mit Schreiben vom 26. Oktober 2017 und der Angabe des Aktenzeichens
10 2017 219 086.8 - am 30. Oktober bei der Anmelderin eingegangen - wies die
Anmelderin mit Schriftsatz vom 2. November 2017 darauf hin, dass sie bereits
eine Empfangsbescheinigung für ihre Patentanmeldung erhalten habe und zwar
mit dem Aktenzeichen 10 2017 219 087.6. Sie gehe davon aus, dass es sich um
einen technischen Übermittlungsfehler handle und bitte um Überprüfung und
Rückerstattung der ggfs. doppelt entrichteten Gebühren.
Auf die telefonische Auskunft des Patentamts am 7. November 2017, wonach zwei
Patentanmeldungen zu ihrem internen Aktenzeichen (G67784) beim Patentamt
eingegangen seien, teilte die Anmelderin mit Schriftsatz vom 8. November 2017
mit, dass sie nur eine Patentanmeldung online eingereicht habe und bat zur Über-
prüfung um Kopien beider Anmeldeunterlagen. Nach Erhalt der Unterlagen
übersandte die Anmelderin mit Schriftsatz vom 15. November 2017 ein
Screenshot ihres Online-Programms und trug vor, daraus sei zu entnehmen, dass
sie nur eine Patentanmeldung unter ihrem internen Nutzerzeichen G67784 am
25. Oktober 2017 versendet habe, die dann das patentamtliche Aktenzeichen
10 2017 219 087.6 erhalten habe. Dem Screenshot sei weiter zu entnehmen, dass
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sie am 25. Oktober 2017 keine Patentanmeldung versendet habe, die das
patentamtliche Aktenzeichen 10 2017 219 086.8 erhalten habe. Sie könne nur
vermuten, dass das amtlich bereit gestellte Online-Einreichungssystem fehlerhaft
gearbeitet habe und bitte, den entstandenen Fehler zu korrigieren, insbesondere
die Gebühren zu erstatten. Insoweit könne sie dem Vorschlag des Patentamts,
eine Patentanmeldung zurückzuziehen und bei der Bank Maßnahmen zu
ergreifen, um die Gebühren zu erhalten, nicht folgen. Denn es bestehe das grund-
sätzliche Problem, dass sie eine Patentanmeldung zurückziehen solle, die sie
nicht eingereicht habe, so dass es auch an der gesicherten Erkenntnis fehle,
welche Patentanmeldung zurückzuziehen sei.
Mit Bescheid vom 29. November 2017 teilte das Patentamt mit, dass es nochmals
eine Überprüfung der Datenbank des EPA-Eingangsservers veranlasst habe und
überreichte einen Screenshot eines Auszugs aus dem EPA-Eingangsserver.
Darauf sei zu erkennen, dass tatsächlich zwei Patentanmeldungen eingereicht
worden seien, und zwar zeitlich sehr eng beieinanderliegend um 13:59:51 Uhr und
um 14:02:53 Uhr. Der von der Anmelderin eingereichte Screenshot ihres Online-
Programms müsse somit fehlerhaft sein. Da unzweifelhaft beide Patentan-
meldungen wirksam eingereicht worden seien, könne eine amtsseitige Löschung
einer der beiden Patentanmeldungen und eine Rückerstattung der Gebühren nicht
erfolgen.
Auf diese Mitteilung beantragte die Anmelderin mit Schriftsatz vom
5. Dezember 2017 unter Angabe beider Aktenzeichen - 10 2017 219 087.6 und
10 2017 219 086.8 -, die amtlichen Gebühren zurückzuerstatten und eine
beschwerdefähige Entscheidung herbeizuführen. Nachdem das Patentamt
bezüglich der Patentanmeldung 10 2017 219 087.6 durch Beschluss vom
19. Dezember 2017 den Antrag auf Rückzahlung der Anmelde- und Recherche-
gebühr zurückgewiesen hatte, stellte die Anmelderin mit Schriftsatz vom
4. Januar 2018 zu dem vorliegenden Aktenzeichen 10 2017 219 086.8 klar, dass
mit ihrem Rückerstattungsantrag die Gebühren für diese, nicht von ihr eingereichte
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Patentanmeldung gemeint gewesen seien, nicht die Gebühren für die Patent-
anmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2017 219 087.6, da letztere von ihr
eingereicht worden sei und somit eine Rückerstattung auch nicht in Betracht
kommen könne. Den Rückerstattungsantrag zu dem vorliegenden Aktenzeichen
10 2017 219 086.8 begründe sie wie folgt:
Die Anmelderin habe durch ihren anwaltlichen Vertreter am 25. Oktober 2017 eine
Patentanmeldung mit dem Titel „Motorlagerung“ unter dem Nutzerzeichen G67784
einreichen lassen. Der anwaltliche Vertreter prüfe unmittelbar vor einer Online-
einreichung sämtliche Details seiner Patentanmeldung sorgfältig, um nach Mög-
lichkeit jeden Fehler auszuschließen. Es werde dazu jede einzelne Datei auf-
gerufen und auf Vollständigkeit und Richtigkeit geprüft, und zwar auch unter
Heranziehung der Papierakte. Außerdem werde das elektronische Anmeldefor-
mular vollständig auf Richtigkeit geprüft, was mehrere Minuten in Anspruch
nehme. Erst im Anschluss an eine solche umfassende Prüfung werde die
Patentanmeldung digital unterzeichnet und versendet. Wäre tatsächlich innerhalb
von drei Minuten die identische Patentanmeldung eingereicht worden, wäre dies
dem anwaltlichen Vertreter aufgefallen. Denn dies setze voraus, dass dieser
zweimal hintereinander die identische Patentanmeldung geprüft hätte. Der
anwaltliche Vertreter sei sich sicher, dass dies nicht geschehen sei. Die Richtigkeit
der vorgetragenen Angaben werde anwaltlich versichert.
Dass der anwaltliche Vertreter keine zweite Patentanmeldung mit dem Titel
„Motorlagerung“ unter dem Nutzerzeichen G67784 online mit der epoline-Software
am 25. Oktober 2017 eingereicht habe, sei zudem durch den entsprechenden
Ausdruck des Dateimanagers der epoline-Software nachgewiesen. Diesem
Ausdruck seien sämtliche vom anwaltlichen Vertreter am 25. Oktober 2017 durch
die epoline-Software versendeten Unterlagen zu entnehmen. An diesem Tag
seien zwar zwei Patentanmeldungen eingereicht worden, jedoch eine unter dem
Nutzerzeichen G67784 und eine unter dem Nutzerzeichen G67764; keine dieser
beiden Patentanmeldungen habe jedoch das Aktenzeichen 10 2017 219 086.6
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erhalten. Unter dem vorliegenden Nutzerzeichen G67784 sei also nur eine
Patentanmeldung eingereicht worden und nicht zwei, wie dies laut amtlichem
Eingangsserver geschehen sein soll. Das Patentamt habe zwei Empfangs-
bestätigungen an den anwaltlichen Vertreter gesendet, denen zu entnehmen sei,
dass jede Patentanmeldung mit dem Titel „Motorlagerung“ unter dem Nutzer-
zeichen G67784 online eingegangen sei. Da jedoch nachgewiesen sei, dass nur
eine Patentanmeldung mit diesem Nutzerzeichen versendet worden sei, der
Eingangsserver aber den Empfang zweimal registriert habe, sei als Ursache ein
technischer Fehler zu vermuten.
Das Deutsche Patent- und Markenamt – Prüfungsstelle 12 - hat durch Beschluss
vom 10. Januar 2018 den Antrag auf Rückzahlung der Anmelde- und Recherche-
gebühr zurückgewiesen. Es sei unzweifelhaft, dass am 25. Oktober 2017 zwei
Patentanmeldungen eingegangen seien. Mit dem Eingang der Patentanmel-
dungen seien sowohl die Anmelde- als auch die Rechercheantragsgebühren fällig
geworden. Diese hätten gemäß § 6 PatKostG innerhalb einer Frist von drei
Monaten gezahlt werden können. Die Zahlung aller Gebühren sei vollständig und
fristgemäß erfolgt. Eine Erstattung fällig gewordener und fristgemäß bezahlter
Gebühren sei nicht möglich. Die Voraussetzungen für ein Verfallen der Gebühren
lägen nicht vor, ebenso scheide eine Rückzahlung aus Billigkeitsgründen aus
(§ 10 PatKostG).
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie
beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Gebühren für
die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2017 219 086.8
zurückzuerstatten.
Zur Begründung wiederholt die Anmelderin ihre bereits mit Schriftsatz vom
4. Januar 2018 vorgetragene Argumentation.
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II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Patentamt hat den Rück-
zahlungsantrag zu Unrecht zurückgewiesen. Die Anmelderin
hat am
25. Oktober 2017 die in Rede stehende Patentanmeldung nur einmal rechts-
wirksam eingereicht, so dass auch Gebühren nur für eine Patentanmeldung zu
zahlen sind.
1.
Die Anmelderin hat für die vorliegend vom Patentamt unter dem
Aktenzeichen 10 2017 219 086.8 registrierte Patentanmeldung einen Betrag von
insgesamt 440,- € durch Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandats entrichtet. Sie
hat den Anmeldungsunterlagen am 25. Oktober 2017 das Formular „Angaben zum
Verwendungszweck des Mandats“, das unter Bezugnahme auf ein gültiges SEPA-
Basislastschriftmandat die Anmeldegebühr (140,- €) und die Recherchegebühr
(300,- €) angibt, beigefügt, und die Einziehung ist zugunsten des Patentamts in
Höhe des genannten Betrages erfolgt. Die Anmelderin hat der Einziehung nicht
widersprochen. Als Zahlungstag gilt damit gemäß § 2 Nr. 4 PatKostZV der
25. Oktober 2017.
2.
Es besteht ein Anspruch auf Rückzahlung aus einem öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch in entsprechender Anwendung der §§ 812 ff. BGB, da es an
einem Rechtsgrund für die Gebührenzahlung fehlt.
Zwar ist die Anmeldegebühr, die mit der Einreichung der Patentanmeldung fällig
wird (§ 3 Abs. 1 Satz 1 PatKostG), grundsätzlich mit der Fälligkeit verfallen (vgl.
BGHZ 92, 137, juris Tz. 9 – Schweißpistolenstromdüse II) und daher mit Rechts-
grund entrichtet. Entsprechendes gilt für die Recherchegebühr, die ebenfalls mit
der Stellung des Antrags nach § 43 Abs. 1 PatG fällig wird (§ 3 Abs. 1 Satz 1
PatKostG). Das Verfallen der Gebühr setzt jedoch voraus, dass tatsächlich eine
Patentanmeldung eingereicht worden und ein Rechercheantrag gestellt worden
ist. Eine Rückzahlungsanordnung kommt dagegen in Betracht, wenn eine wirk-
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same Patentanmeldung gar nicht vorgelegen hat. Ein solcher Fall liegt hier vor.
Unter Zugrundelegung der Gesamtumstände ist nämlich davon auszugehen, dass
am 25. Oktober 2017 für dieselbe Erfindung nicht rechtswirksam zwei Patent-
anmeldungen eingereicht worden sind, sondern nur eine.
a)
Das Vorliegen eines technischen Fehlers bei der Eingangserfassung durch
das Patentamt, der dazu geführt haben könnte, dass eine tatsächlich nur einmal
abgesendete Patentanmeldung fehlerhaft als zweimaliger Eingang registriert
worden ist, ist allerdings nach derzeitigem Stand nicht hinreichend sicher fest-
stellbar.
aa)
Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit dürfen Risiken, die sich aus Fehlern in
der Funktion und bei der Handhabung der im Verkehr mit dem rechtsuchenden
Bürger zur Verfügung gehaltenen technischen Geräte ergeben, nicht auf den
Rechtsuchenden abgewälzt werden, wenn die Ursache für den Fehler in der
Sphäre des Patentamts gelegen hat (z. B. zu fehlerhaftem Empfang eines Fern-
schreibens beim Patentamt BGHZ 105, 40 - Spulenvorrichtung m. w. N.). Für
letzteres fehlt es jedoch an einem Nachweis.
bb)
Das Patentamt hat der Anmelderin für beide im Dreiminutenabstand
registrierten Eingänge der Anmeldungsunterlagen Empfangsbestätigungen
zukommen lassen. Eine Empfangsbestätigung erbringt als öffentliche Urkunde
gemäß § 415 Abs. 1 ZPO Beweis für den Eingangstag im Hinblick auf die in ihr
aufgeführten Schriftstücke (vgl. BPatGE 28, 109, 111; BPatG BlPMZ 2001, 153,
154). Dieser Beweis kann nur im Wege des Gegenbeweises ausgeräumt werden,
§ 415 Abs. 2 ZPO. Einen Gegenbeweis, dass die Patentanmeldung nicht zweimal
eingereicht wurde, hat die Anmelderin nicht erbracht.
Insoweit hat die Anmelderin - glaubhaft gemacht durch anwaltliche Versicherung -
vorgetragen, dass ihr anwaltlicher Vertreter die Patentanmeldung nur einmal
abgesendet habe, und zudem den Screenshot seines Online-Softwareprogramms
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vorgelegt, die nur eine Patentanmeldung unter dem betreffenden Nutzerzeichen
ausweist. Abgesehen davon, dass allein eine Glaubhaftmachung für den
Gegenbeweis nicht ausreicht, bliebe auch noch die Möglichkeit eines technischen
Fehlers im Bereich der Geräte bzw. Software des anwaltlichen Vertreters offen.
b)
Auch wenn somit nicht auszuschließen ist, dass tatsächlich dieselbe
Patentanmeldung zweimal hintereinander im Dreiminutenabstand eingereicht
worden ist - sei es durch zweimaliges Versenden aus Versehen oder aufgrund
einer technischen Fehlfunktion in der Sphäre des anwaltlichen Vertreters - ergibt
sich jedoch daraus nicht zwingend, dass zwei rechtswirksame Patentanmel-
dungen vorliegen.
aa)
Verfahrenshandlungen wie die Einreichung einer Patentanmeldung sind
nämlich grundsätzlich so auszulegen, dass im Zweifel das gewollt ist, was nach
den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen
Interessenlage des Erklärenden entspricht (vgl. z. B. zur Auslegung einer
Beschwerdeerklärung BGH GRUR 2017, 1286 Tz. 29 - Mehrschichtlager,
m. w. N.). Wird, wie hier, dieselbe Patentanmeldung im Dreiminutenabstand
zweimal eingereicht, ist davon auszugehen, dass nicht rechtswirksam zweimal ein
Anmeldetag begründet werden sollte, denn ein vernünftiger Grund, warum ein und
dieselbe Patentanmeldung vollumfänglich am selben Tag doppelt eingereicht
werden sollte, ist nicht erkennbar.
bb)
Die Einreichung einer Patentanmeldung ist eine empfangsbedürftige
Willenserklärung. Zu ihrem Verständnis sind nach den allgemeinen Grundsätzen
über die Auslegung von Willenserklärungen auch diejenigen Kenntnisse heranzu-
ziehen, über die der Empfänger verfügt. Für das Patentamt erkennbar sind im
Dreiminutenabstand zweimal völlig identische Anmeldungsunterlagen einge-
gangen. In Kenntnis der doppelten Übermittlung einer Patentanmeldung ist es
aber für das Patentamt als Empfänger zugleich offenbar gewesen, dass hierin
entweder nur ein Versehen im Sinne einer offenbaren Unrichtigkeit oder eine
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schlichte Wiederholung - bei Unsicherheit, ob die erste Übermittlung erfolgreich
war - liegen konnte, ohne dass damit tatsächlich die Einreichung von zwei
voneinander unabhängigen rechtswirksamen Patentanmeldungen gewollt war.
Eine andere Deutung kommt vernünftigerweise weder in Betracht, noch gibt es
insoweit einen Anhalt. In der Sache stellt sich der vorliegende Fall nicht anders als
in den Fällen dar, in denen die Patentanmeldung zunächst per Telefax und
anschließend als Original eingereicht wird. Trotz wiederholter Einreichung dersel-
ben Anmeldungsunterlagen liegt insoweit nur eine rechtswirksame Patent-
anmeldung vor. Auch in Fällen einer doppelten bzw. mehrfachen Rechts-
mitteleinlegung wird nach ständiger Rechtsprechung von einem einheitlichen
Rechtsmittel ausgegangen (vgl. BGH NJW-RR 2005, 780 m. w. N.). Unter
Berücksichtigung aller Umstände ist daher hier die Auslegung gerechtfertigt, dass
trotz doppelter Übermittlung ersichtlich nur eine einzige Patentanmeldung
eingereicht werden sollte.
c)
Da die Anmelderin somit am 25. Oktober 2017 unter ihrem Nutzerzeichen
G67784 nur eine Patentanmeldung rechtswirksam eingereicht hat, hat sie auch
nur einmal die Gebühren zu entrichten. Dies hat sie für ihre Patentanmeldung,
nämlich unter dem Aktenzeichen 10 2017 219 087.6, auch bereits getan. Für die
Entrichtung doppelter Gebühren gibt es keinen Rechtsgrund, so dass der
Anmelderin die unter dem vorliegenden Aktenzeichen für ihre Patentanmeldung
entrichteten Gebühren zu erstatten sind.
3.
Aus den genannten Gründen obliegt es dem Patentamt, die von der
Anmelderin am 25. Oktober 2017 unter ihrem Nutzerzeichen G67784 und der
Bezeichnung „Motorlagerung“ eingereichte Patentanmeldung, für die das
Patentamt fälschlicherweise zwei Aktenzeichen vergeben hat - nämlich das vorlie-
gende Aktenzeichen 10 2017 219 086.8
sowie das Aktenzeichen
10 2017 219 087.6 -, nur noch unter einem einzigen Aktenzeichen weiterzuführen.
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III.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-
ben, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Rauch
Püschel
Dr. Schnurr
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