Urteil des BPatG vom 10.09.2018

Urteil vom 10.09.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:100918B35Wpat7.17.0
BUNDESPATENTGERICHT
35 W (pat) 7/17
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
- 2 -
betreffend das Gebrauchsmuster …
(hier: Kostenerstattung)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatent-
gerichts am 10. September 2018 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie
den Richter Eisenrauch und die Richterin Bayer
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin 3 und die Anschluss-
beschwerde des Beschwerdegegners zu 1 wird der Beschluss
der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 28. September 2017 insoweit abgeändert,
als die von der Antragstellerin 3 den Antragsgegnern 1 und 2
zu erstattenden Kosten des patentamtlichen Löschungsverfah-
rens auf 1221,80 Euro festgesetzt werden. Dieser Betrag ist
mit 5% über dem Basiszinssatz ab dem 23. Januar 2009 zu
verzinsen.
2. Im Übrigen werden die Beschwerde und die Anschlussbe-
schwerde zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstel-
lerin 3 zu 1/5 und der Antragsgegner 1 zu 4/5.
- 3 -
G r ü n d e
I.
Gegenstand der Beschwerde ist der in der Gebrauchsmusterlöschungssache
… getroffene Kostenfestsetzungsbeschluss der Gebrauchsmusterabtei-
lung vom 28. September 2017. Insbesondere wurden in diesem Beschluss die von
der Antragstellerin 3 des zugrundeliegenden Löschungsverfahrens als Kosten-
schuldnerin den Kostengläubigern, die im zugrundeliegenden Löschungsverfahren
als Antragsgegner 1 und 2 geführt wurden, zu erstattenden Kosten auf 1.486 €
festgesetzt.
Die Antragsgegner 1 und 2 waren ursprüngliche Anmelder und Inhaber des aus
der Patentanmeldung …
abgezweigten Streitgebrauchsmusters
Das Streitgebrauchsmuster war am 6. März 2003 auf die W…
GmbH in K…, Österreich umgeschrieben wor-
den. Es ist Ende März 2009 nach Ablauf der Schutzdauer erloschen.
Die Antragstellerin 3 sowie die A… GmbH (Antragstellerin 1) und die C…
GmbH
(Antragstellerin 2) haben mit Schriftsatz vom 6. Au-
gust 2007 im Umfang der Schutzansprüche 1 bis 6 Löschungsantrag gegen das
Streitgebrauchsmuster gestellt.
Als Antragsgegner 1 und 2 wurden im Löschungsantrag die ursprünglichen An-
melder bzw. Inhaber des Streitgebrauchsmusters, Herr Dr. W1… und Herr
Dr. L… angegeben und als deren Vertreter die ursprünglichen Verfahrensbe-
vollmächtigten
der Antragsgegner 1 und 2, die Patentanwälte V…
& Kollegen benannt. Diesen im Löschungsantrag benannten Vertretern ist der
Löschungsantrag mit Amtsmitteilung vom 18. September 2007 am 21. Septem-
ber 2007 zugestellt worden. Dabei hatte das DPMA als Beteiligte auf Seiten der
Antragsgegner
die eingetragene Inhaberin (die W…
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GmbH) angegeben und nicht die im Löschungsantrag benannten An-
tragsgegner 1 und 2.
Mit Schriftsatz vom 20. September 2007, eingegangen am selben Tage, haben die
nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner 1 und 2, die Patent-
anwälte/Rechtsanwälte L1…
die Vertretung der (eingetragenen)
Gebrauchsmusterinhaberin
W…
GmbH,
angezeigt. Mit Schriftsatz vom 21. September 2007 haben die bisherigen Verfah-
rensbevollmächtigten der ursprünglichen Anmelder die Vertretung niedergelegt.
Namens der eingetragenen Gebrauchsmusterinhaberin haben ihre nunmehrigen
Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2007 dem Löschungs-
antrag fristgerecht widersprochen.
Mit Eingabe vom 22. Februar 2008 legten die Antragstellerinnen als „Klarstellung“
dar, dass sich der Löschungsantrag gegen die eingetragene Inhaberin des Streit-
gebrauchsmusters richte. Sie haben in diesem Zusammenhang die Auffassung
vertreten, dass es insoweit keiner Rubrumsberichtigung mehr bedürfe, da das
DPMA den Antrag bereits an die eingetragene Inhaberin zugestellt habe. Mangels
Zustellung an die im Antrag genannten Gegner sei diesen gegenüber die Sache
nicht rechtshängig geworden. Die eingetragene Inhaberin habe sich auch auf die
Sache eingelassen. Vorsorglich erklärten die Antragstellerinnen für den Fall, dass
die Gebrauchsmusterabteilung den Löschungsantrag als gegen die ursprünglichen
Anmelder und Inhaber des Streitgebrauchsmusters gestellt betrachte, dass der
Löschungsantrag gegen die ursprünglichen Anmelder und Inhaber zurückgenom-
men und der Löschungsantrag gegen die eingetragene Inhaberin neu erhoben
werde.
In einem Zwischenbescheid vom 17. Juni 2008 hat die Gebrauchsmusterabteilung
bezüglich der Erfolgsaussichten der Beschwerde u. a. ausgeführt, dass sich der
Löschungsantrag gegen die eingetragene Inhaberin des Streitgebrauchsmusters
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richte und ein gewillkürter Parteiwechsel auf Seite der Antragsgegnerin sachdien-
lich gewesen sei.
In der mit Amtsschreiben vom 3. Juli 2008 erfolgten Ladung zur mündlichen Ver-
handlung hat die Gebrauchsmusterabteilung als Beteiligte auf Antragsgegnerseite
die eingetragene Inhaberin genannt.
Zum o. g. Zwischenbescheid der Gebrauchsmusterabteilung haben die Verfah-
rensbevollmächtigten auf Antragsgegnerseite mit Schriftsatz vom 27. Okto-
ber 2008 ausgeführt, es sei zwar davon auszugehen, dass der Löschungsantrag
ursprünglich gegen die vormaligen Anmelder und Inhaber des Streitgebrauchs-
musters, die Antragsgegner 1 und 2 gerichtet gewesen sei, jedoch seien sie aus
dem Verfahren noch nicht formell ausgeschieden, was auch durch Sachdienlich-
keitserwägungen nicht ersetzt werden könne. Der Löschungsantrag sei daher als
unzulässig zu bewerten.
Im Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung vom
12. November 2008 sind als Beteiligte auf Antragsgegnerseite die Antragsgeg-
ner 1 und 2 als „zunächst als Antragsgegner benannt“ und die eingetragene Inha-
berin des Streitgebrauchsmusters sodann als „zuletzt als Antragsgegnerin
benannt“ aufgeführt. Ein Sachantrag ist dort aber nur seitens der eingetragenen
Inhaberin des Streitgebrauchsmusters protokolliert worden.
Mit in der mündlichen Verhandlung vom 12. November 2008 verkündetem Be-
schluss hat die Gebrauchsmusterabteilung in Ziff. I. festgestellt, dass „Herr
Dr. W1… und Herr Dr. L… als Antragsgegner ausgeschieden sind“ und den
Antragstellerinnen die ihnen insoweit entstandenen Kosten auferlegt. Im Übrigen
hat sie das Streitgebrauchsmuster im Umfang der Schutzansprüche 1 – 6 gelöscht
und der eingetragenen Inhaberin „die Verfahrenskosten, ausgenommen die Kos-
ten nach Ziffer I.“ auferlegt.
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In der Begründung des Beschlusses legt die Gebrauchsmusterabteilung zur Betei-
ligtenstellung dar, dass zwar die Antragsgegner 1 und 2 zunächst am Verfahren
beteiligt gewesen seien. Die eingetragene Inhaberin des Streitgebrauchsmusters
sei aber im Wege des Antragsgegnerwechsels anstelle der Antragsgegner 1 und 2
in das Verfahren eingetreten, wobei dies einer Zustimmung der eingetragenen
Inhaberin des Streitgebrauchsmusters nicht bedurft habe und dieser Beteiligten-
wechsel auch sachgerecht gewesen sei.
Gegen diesen den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner dreifach am
1. Dezember 2008 zugestellten und den Verfahrensbevollmächtigten der Antrag-
stellerinnen am 2. Dezember 2008 zugestellten Beschluss hat die eingetragene
Inhaberin des Streitgebrauchsmusters am 2. Januar 2009 Beschwerde eingelegt,
die unter dem Aktenzeichen 35 W (pat) 409/13 geführt wurde. Das Beschwerde-
verfahren wurde zunächst nicht weiterbetrieben, nachdem zwischen den Beteilig-
ten der Übergang des Streitgebrauchsmusters von der im Register eingetragenen
Inhaberin auf eine zwischenzeitlich in Insolvenz gefallene Rechtsnachfolgerin, die
W…
GmbH & Co. KG streitig war. Dieses
Beschwerdeverfahren ist nunmehr erledigt, nachdem mit Schriftsatz vom
10. Dezember 2014 der Verfahrensbevollmächtigte „namens der Antragsteller und
Beschwerdeführer“ den Löschungsantrag „in Erfüllung eines zwischen den betei-
ligten Parteien geschlossenen Gesamtvergleichs“ zurückgenommen hatte.
Bereits mit Schriftsatz vom 23. Januar 2009 hatten die Antragsgegner 1 und 2 mit
Bezug auf Ziffer I. des Beschlusses der Gebrauchsmusterabteilung vom
12. November 2008 beantragt, ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe
von 150.000,- € die ihnen zu erstattenden Kosten in Höhe von 6.043,- € festzuset-
zen.
Mit Beschluss vom 13. Mai 2015 hat die Gebrauchsmusterabteilung „durch die
Antragsteller an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten“ auf 6.043,- € festge-
setzt. Im Rubrum dieses Beschlusses sind als Antragsteller die Löschungsantrag-
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stellerinnen 1 – 3 genannt worden, als Antragsgegnerin die eingetragene Inhabe-
rin des Streitgebrauchsmusters (W…
GmbH) und mithin nicht die ursprünglichen Antragsgegner 1 und 2. Eine Verzin-
sung wurde nicht ausgesprochen.
Mit dem auf die dagegen erhobenen Beschwerden ergangenen Beschluss vom
(35 W (pat) …) hat der erkennende Senat festgestellt, dass der
Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. Mai 2015 wirkungslos ist, diesen deklarato-
risch aufgehoben und das Verfahren an das DPMA zurückverwiesen.
Im weiteren Verfahren vor dem DPMA haben die Antragsgegner 1 und 2 weiterhin
eine Kostenfestsetzung gemäß ihrer Eingabe vom 23. Januar 2009 beantragt.
Die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss
vom 28. September 2017 die von der Antragstellerin 3 den Antragsgegnern 1 und
2 zu erstattenden Kosten auf 1.486,- € festgesetzt, insoweit eine Verzinsung seit
23. Januar 2009 ausgesprochen und den darüber hinausgehenden Kostenfestset-
zungsantrag, soweit er sich gegen die Antragstellerin 3 richtet, zurückgewiesen.
Den weitergehenden Kostenfestsetzungsantrag gegen die Antragstellerinnen 1
und 2 hat die Gebrauchsmusterabteilung als unzulässig verworfen.
Die Gebrauchsmusterabteilung hat ihren Beschluss wie folgt begründet:
Die Antragstellerinnen 1 und 2 seien nicht parteifähig, da es sich um Gesellschaf-
ten mit beschränkter Haftung handele, die durch Liquidation beendet und im Han-
delsregister gelöscht seien. Mangels Parteifähigkeit könnten ihnen gegenüber
keine Kosten festgesetzt werden, sondern nur noch gegen die Antragstellerin 3.
Durch die mit Eingabe vom 10. Dezember 2014 erklärte Rücknahme des Lö-
schungsantrags sei jedenfalls Ziffer I. des Tenors der Kostengrundentscheidung
vom 12. November 2008 nicht wirkungslos geworden. Auch sei der prozessuale
Kostenerstattungsanspruch nicht verjährt, da eine Verjährung erst nach 30 Jahren
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nach der Rechtskraft der Kostengrundentscheidung eintrete. Bestehe der unterlie-
gende Teil aus mehreren Personen, so hafteten diese nach Kopfteilen. Es gebe
vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerinnen als Gesamt-
schuldner hafteten. Die zu ersetzende Summe müsse daher durch 3 geteilt wer-
den.
Die zu erstattenden Kosten in Höhe von 1.486,- € wurden ausgehend von einem
Gegenstandswert in Höhe von 150.000 € wie folgt berechnet:
2,5 Verfahrensgebühr RVG-VVNr. 2300
3.962,50
0,3 Erhöhungsgebühr RVG-VVNr. 1008
475,50
Auslagenpauschale RVG-VVNr. 7002
20,00 €
Gesamtkosten:
4.458,00 €
Geteilt durch 3
1.486,00 €
Hierzu führt die Gebrauchsmusterabteilung ergänzend aus: Da es sich um ein
schwieriges und langwieriges Verfahren handle, sei der 2,5 fache Satz gerechtfer-
tigt. Da der Anwalt zwei Auftraggeber habe, sei der Gebührensatz um 0,3 zu erhö-
hen. Die Kosten für den Korrespondenzanwalt könnten hingegen nicht erstattet
werden, da mangels Sprachbarriere dessen Beteiligung nicht erforderlich gewesen
sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die von der Antragstellerin 3 mit Schriftsatz
vom 4. Oktober 2017 eingelegte und am selben Tag per Fax eingegangene Be-
schwerde.
Sie ist der Auffassung, dass den Antragsgegnern 1 und 2 keine Kosten entstan-
den seien, da ihnen der Löschungsantrag nicht zugestellt worden sei, sie am Ver-
fahren daher nicht beteiligt gewesen seien und sie auch nicht durch Anwälte ver-
treten gewesen seien.
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Mit Beschwerdeerwiderung vom 9. Januar 2018 vertreten die Antragsgegner 1
und 2 die Auffassung, dass sie am zugrundeliegenden Löschungsverfahren betei-
ligt gewesen seien und ihnen die geltend gemachten Kosten als notwendig zu
erstatten seien. Zugleich legte der Antragsgegner 1, hingegen ausdrücklich nicht
der Antragsgegner 2, Anschlussbeschwerde ein. Er macht mit der Anschlussbe-
schwerde zum einen die von der Gebrauchsmusterabteilung als nicht erstat-
tungsfähig erachteten Kosten für den Korrespondenzanwalt geltend. Zum anderen
vertritt er die Auffassung, dass er den vollen, im streitgegenständlichen Kosten-
festsetzungsantrag geltend gemachten Betrag i. H. v. 6.043,- € von der Antrags-
gegnerin verlangen könne. Die zu erstattenden Kosten seien nicht durch 3 zu tei-
len, da die Parteifähigkeit der Antragsgegnerinnen 1 und 2 fingiert werden müsse
und zudem wegen wirtschaftlicher Einheit eine Gesamtschuldnerschaft anzuneh-
men sei.
II.
1.
Die Beschwerde der Antragstellerin 3 ist zulässig, insbesondere form- und
fristgerecht eingelegt. Die Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners 1 ist
ebenfalls zulässig.
a)
Der angefochtene Beschluss wird lediglich von der Antragstellerin 3 angegrif-
fen. Sie ist Beschwerdeführerin. Beschwerdegegner sind die Beteiligten
Dr. W1… und Dr. L…, die als ursprüngliche Antragsgegner 1 und 2 gemein-
sam den Kostenfestsetzungsantrag gestellt haben. Da diese den Kostenfestset-
zungsantrag gemeinsam gestellt haben, sind sie hinsichtlich der Forderung aus
dem Kostenfestsetzungsbeschluss Gesamtgläubiger (vgl. BGH Rechtspfleger
1985, 321,322; OLG Karlsruhe Beschluss vom 15.9.2005, Az. 15 W 31/05;
15 W 32/05; 15 W 33/05).
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b)
Anschlussbeschwerde wurde lediglich im Namen vom Antragsgegner 1
Dr. W1… erhoben, der allerdings die zu erstattenden Kosten als Gesamtgläubi-
ger nicht für sich allein beanspruchen, sondern nur eine Zahlung an sich und an
den Antragsgegner 2 als Gesamtgläubiger erreichen kann. Daher ist der Antrags-
gegner 2 als Gesamtgläubiger im Hinblick auf die Anschlussbeschwerde als not-
wendiger Streitgenosse zu beteiligen, auch wenn er selbst nicht Anschlussbe-
schwerdeführer ist. Denn als Gesamtgläubiger sind sie, wenn sie klagen, notwen-
dige Streitgenossen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl. § 62 Rn. 8).
c)
Anschlussbeschwerdegegnerin ist lediglich die Antragstellerin 3.
Anders als in Bezug auf die gesamtgläuberische Stellung der Antragsgegner 1
und 2 liegt zwischen der Antragstellerin 3 und den Antragstellerinnen 1 und 2 in
Bezug auf die den Antragsgegnern 1 und 2 zu erstattenden Kosten keine Gesamt-
schuld vor. Nach §§ 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG, 84 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 100
Abs. 1 ZPO haften auf Seiten des unterliegenden Teils beteiligte mehrere Perso-
nen grundsätzlich nach Kopfteilen. Da nach Maßgabe des § 100 Abs. 2 und 3
ZPO zudem in solchen Fällen abhängig unterschiedlichen Beteiligungen am jewei-
ligen Verfahren und unterschiedlichen Angriffs- und Verteidigungsmitteln bei einer
Mehrheit von Kostenschuldnern unterschiedliche Kostenlasten in Betracht kom-
men, liegt insoweit auch keine notwendige Streitgenossenschaft i. S. d. § 62 ZPO
zwischen der Antragstellerin 3 und den Antragstellerinnen 2 und 3 vor. Zudem bil-
den mehrere Löschungsantragsteller in Bezug auf den von ihnen gestellten Lö-
schungsantrag nicht automatisch eine Gemeinschaft oder eine BGB-Gesellschaft,
so dass eine gesamtschuldnerische Haftung und eine notwendige Streitgenossen-
schaft vorliegend auch nicht aus § 100 Abs. 4 ZPO abgeleitet werden kann.
Hieraus folgt: Eine Erweiterung der vom Antragsgegner eingelegten, unselbstän-
digen Anschlussbeschwerde auf die Antragstellerinnen 1 und 2 wäre unzulässig,
da Anschlussbeschwerden grundsätzlich nur im Verhältnis der an der Hauptbe-
schwerde beteiligten Personen möglich sind und auf Seiten der Kostenschuldner
lediglich eine einfache Streitgenossenschaft i. S. d. § 59 ZPO vorlag (vgl. dazu
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 76. Aufl., § 567, Rn. 21, § 524,
- 11 -
Rn. 11). Eine solche Erweiterung war aber seitens des Antragsgegners 1 mit Er-
hebung seiner Anschlussbeschwerde auch nicht gewollt, da die Ausführungen des
Antragsgegners 1 zum (fingierten) Fortbestand der Antragstellerinnen 1 und 2
erkennbar in Zusammenhang mit der Begründung einer aus Sicht des Antragstel-
lers 1 bestehenden Gesamtschuld in Bezug auf die Kostenerstattung stehen und
hieraus nicht eine – wie ausgeführt ohnehin nicht zulässige – Erweiterung der An-
schlussbeschwerde auf die Antragstellerinnen 1 und 2 abgeleitet werden kann.
Zugleich folgt hieraus aber auch, dass die Antragstellerinnen 1 und 2 auch nicht
als notwendige Streitgenossinnen am Beschwerdeverfahren zu beteiligen waren.
Ihre Beteiligtenfähigkeit kann daher dahingestellt bleiben.
2.
Beschwerde und Anschlussbeschwerde haben nur teilweise Erfolg. Auf die
Beschwerde der Antragstellerin 3 und der Anschlussbeschwerde des Beschwer-
degegners zu 1 ist allerdings der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. September 2017 insoweit abzuän-
dern, als die von der Antragstellerin 3 den Antragsgegnern zu erstattenden Kosten
des patentamtlichen Löschungsverfahrens auf 1.221,80 € festgesetzt werden.
a)
Dem Kostenfestsetzungsbeschluss liegt eine rechtskräftige Kostengrundent-
scheidung zu Grunde. Der am 12. November 2008 in der mündlichen Verhandlung
von der Gebrauchsmusterabteilung verkündete Beschluss ist in seiner Ziffer I.,
nämlich der Feststellung, dass die Antragsgegner 1 und 2 aus dem Löschungsver-
fahren ausgeschieden sind und die Antragstellerinnen 1, 2 und 3 die ihnen inso-
weit entstandenen Kosten zu erstatten haben, bestandskräftig geworden. Die Zif-
fer I. des am 12. November 2008 verkündeten Beschlusses ist damit durch die mit
Eingabe vom 10. Dezember 2014 erklärte Rücknahme des Löschungsantrags
nicht gemäß § 269 Abs. 3 ZPO wirkungslos geworden. Denn gegen diesen Be-
schluss hat ausschließlich die eingetragene Inhaberin Beschwerde eingelegt, so
dass Gegenstand dieser Beschwerde nur der Ausspruch der Löschung des Streit-
gebrauchsmusters und der nur das Verhältnis zwischen den Antragstellerinnen
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und der eingetragenen Inhaberin betreffende, Ziff. I. des Beschlusses aber aus-
drücklich unberührt lassende, Kostenausspruch in Ziff. II. des Beschlusses. Uner-
heblich ist daher auch das weitere Verfahren in Bezug auf Ziff. II. des genannten
Beschlusses.
b)
Zu den Kosten des Verfahrens gehören die den ursprünglich genannten An-
tragsgegnern erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wah-
rung der Ansprüche und Rechte notwendig waren (§ 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m.
§ 62 Abs. 2 PatG).
Soweit die Antragstellerin 3 meint, dass den Antragsgegnern 1 und 2 keine Kosten
im Löschungsverfahren entstanden seien, da sie keine Beteiligte des Verfahrens
gewesen seien, kann dem nicht gefolgt werden. Sie wurden im Löschungsantrag
ausdrücklich als Antragsgegner genannt. Im weiteren Verfahren bis zur mündli-
chen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung war, wie sich insbesondere
aus den Schriftsätzen der Beteiligten vom 22. Februar 2008 und vom 27. Okto-
ber 2008 und auch aus dem Zwischenbescheid der Gebrauchsmusterabteilung
ergibt, durchaus streitig, wer auf Antragsgegnerseite in welcher Eigenschaft am
Löschungsverfahren beteiligt ist. Für die Antragsgegner 1 und 2 bestand daher
Anlass, ihre Rechte im Löschungsverfahren mit anwaltlicher Hilfe wahrzunehmen,
jedenfalls solange, als die Frage der Verfahrensbeteiligung nicht abschließend
geklärt war (vgl. auch BPatGE 37, 135 – Zahlendreher – zu einer vergleichbaren
Situation). Eine solche Klärung ist erst durch den – insoweit auch rechtskräftig
gewordenen – Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung herbeigeführt worden,
der in der mündlichen Verhandlung vom 12. November 2008 verkündet wurde und
an dem die Antragsgegner auch vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigten
ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung beteiligt waren. Das Erfor-
dernis anwaltlicher Beratung und Vertretung auf Seiten der Antragsgegner 1 und 2
jedenfalls in Bezug auf die Klärung der Verfahrensbeteiligung ist auch den An-
tragstellerinnen zuzurechnen, nachdem diese zunächst den Löschungsantrag
gegen die Antragsgegner 1 und 2 und nicht, wie es geboten gewesen wäre, gegen
die eingetragene Inhaberin des Streitgebrauchsmusters gerichtet hatten. Dass das
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Patentamt den Löschungsantrag zunächst nur mit der Bezeichnung der einge-
tragenen Inhaberin zugestellt hat, ist insoweit ohne Belang, da sich am rechtlichen
Klärungsbedarf und einer entsprechenden anwaltlichen Unterstützung für die An-
tragsgegner 1 und 2 hieran nichts geändert hat.
c)
Der Gegenstandswert von 150.000 Euro wird nicht angegriffen und erscheint
sachgerecht. Entgegenstehende Gründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
d)
Allerdings ist hinsichtlich der Kostenerstattung an die Antragsgegner 1 und 2
lediglich eine Verfahrensgebühr mit einem Satz von 1,3 gerechtfertigt. Da noch vor
der mündlichen Verhandlung klar gestellt worden war, dass die Antragsgegner 1
und 2 nicht Antragsgegner bleiben sollten, da sie nicht im Register als Gebrauchs-
musterinhaber geführt waren, ist der Fall in Bezug auf die Antragsgegner 1 und 2
weder besonders schwierig noch umfangreich. Trotz mündlicher Verhandlung, die
aber im Wesentlichen wegen der eingetragenen Inhaberin erforderlich war, ist
letztendlich lediglich ein Satz von 1,3 angemessen. Eine eigenständige Erhö-
hungsgebühr von 0,3 gibt es insoweit nicht, sondern bei Betragsrahmengebühren
erhöhen sich der Mindest- und Höchstbetrag um 30% wenn mehrere in der glei-
chen Sache vertreten werden (RVG-VVNr
.
1008). Die Auslagenpauschale von
20 Euro ist zu erstatten (RVG-VVNr. 7002).
e)
Soweit mit der Anschlussbeschwerde für einen Korrespondenzanwalt Kosten
geltend gemacht werden, ist dem teilweise zu entsprechen. Die Gebühr für den
Korrespondenzanwalt (Nr. 3400 RVG) mit dem Satz von 1 ist grundsätzlich zuzu-
billigen, da die Beschwerdegegner 1 und 2 zwar aus sprachlichen Gründen nicht
gezwungen sind, einen auswärtiger Anwalt hinzuzuziehen, es jedoch gerechtfertigt
ist, dass sie sowohl einen Anwalt ihres Vertrauens vor Ort als auch einen Patent-
anwalt für das Gebrauchsmusterverfahren haben (vgl. BPatG, GRUR 2011, 463
für das Markenbeschwerdeverfahren).
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f)
Die Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners 1 hat keinen Erfolg,
soweit er mit der Anschlussbeschwerde die Drittelung der von der Antragstellerin 3
zu erstattenden Kosten angegriffen ist. Wie sich aus oben unter 1. c) erfolgten
Ausführungen ergibt, haften die nach der rechtskräftigen Kostengrundentschei-
dung gem. Ziff. I. des Beschlusses der Gebrauchsmusterabteilung erstattungs-
pflichtigen Antragstellerinnen nicht gesamtschuldnerisch, sondern gemäß §§ 17
Abs. 4 Satz 2 GebrMG, 84 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO nach Kopftei-
len.
g)
Ausgehend von einem
Gegenstandswert in Höhe von 150.000 € ergibt sich
daher folgender, von der Antragstellerin 3 an die Antragsgegner 1 und 2 als Ge-
samtgläubiger zu erstattender Betrag, wobei der Betrag mit 5% über dem Basis-
zinssatz ab dem 23. Januar 2009 zu verzinsen ist:
1,3 Verfahrensgebühr RVG-VVNr. 2300
2.060,50
Euro
1,0 Verfahrensgebühr für den auslän-
dischen Korrespondenzanwalt W 3400
RVG
1.585,00 Euro
Auslagenpauschale RVG-VVNr. 7002
20,00 Euro
Gesamtkosten:
3.665,50 Euro
Geteilt durch 3
1.221,80 Euro
3.
Anders als von der Antragstellerin 3 angeregt, ist die Zulassung der Rechts-
beschwerde nicht veranlasst. Über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeu-
tung war nicht zu entscheiden (§ 18 Abs. 4 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 100 Abs. 2
Nr. 1 PatG), sondern anhand der konkreten Einzelfallumstände über die Erstat-
tungsfähigkeit von Kosten der Rechtsverfolgung nach den hierfür geltenden all-
gemeinen Regeln. Auch aus Gründen der Fortbildung des Rechts oder der Ein-
heitlichkeit der Rechtsprechung (§ 18 Abs. 4 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 100 Abs. 2
Nr. 2 PatG) war die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht geboten.
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4.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 Ge-
brMG, § 84 Abs. 2 PatG, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Antragstellerin zu 1/5 und
der Antragsteller 2 zu 4/5, da die Beschwerde und die Anschlussbeschwerde nur
teilweise Erfolg haben und die Billigkeit keine andere Entscheidung erfordert (§ 84
Abs. 2 Satz 2 PatG). Da mit der Anschlussbeschwerde insgesamt ein Betrag in
Höhe von 6.043,- € in Streit ist und die Antragstellerin 3 lediglich 1.221,80 € zu
erstatten hat, der Antragsgegner 2 dagegen nur zu einem geringen Betrag unter-
legen ist, da der zugesprochene Betrag im Verhältnis geringfügig niedriger ist als
im angegriffenen Beschluss, entspricht die getroffene Kostenentscheidung der
Billigkeit.
III.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befan-
genheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
- 16 -
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Metternich
Eisenrauch
Bayer
Fa