Urteil des BPatG vom 14.08.2018

Urteil vom 14.08.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:140818B29Wpat592.17.0
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 592/17
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2016 204 642
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
14. August 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin
Dr. Mittenberger-Huber sowie der Richterinnen Akintche und Seyfarth
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die am 11. Februar 2016 angemeldete Bezeichnung
Feinstil
ist am 18. April 2016 für die beiden Beschwerdegegner unter der Nummer
30 2016 204 642 als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt
(DPMA) geführte Markenregister eingetragen worden; sie genießt Schutz für die
Waren und Dienstleistungen der
Klasse 21: Geschirr;
Klasse 25: Bekleidung;
Klasse 35: Event-Marketing.
Gegen die Eintragung der am 20. Mai 2016 veröffentlichten Marke hat die Inhabe-
rin der seit dem 21. April 2011 eingetragenen Wortmarke 30 2011 002 870
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Feingefühl
Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke ist geschützt für die Waren und
Dienstleistungen der
Klasse 21: handbetätigte Haushalts- und Küchengeräte; Behälter, Körbe, Ge-
fäße, Geschirr und Tabletts für Haushalt und Küche; Glaswaren,
Porzellan und Steingut für Haushalt und Küche; Kunst- und Zierge-
genstände aus Glas, Porzellan oder Ton; Putzzeug, Besen, Reini-
gungs-Bürsten und -Pinsel;
Klasse 24: Textilstoffe, Webstoffe, Strickstoffe, textile Vliesstoffe, Lederimitati-
onsstoffe; Textilwaren, nämlich Haushaltswäsche, Handtücher,
Tischwäsche, Bettwäsche, Taschentücher; Bettdecken, Papier-
Bettdecken, Matratzenüberzüge, Reisedecken; Tapeten und
Wandbekleidungen aus Textilien; Tischdecken, Platzdecken, Vor-
hänge, Rollos, Möbelüberzüge aus Textilen oder Kunststoff; Textil-
waren (soweit in Klasse 24 enthalten);
Klasse 35: Einzel- und Versandhandelsdienstleistungen in Bezug auf Schneid-
und Stahlwaren, Küchen- und Haushaltsgeräte, Leuchten; Einzel-
und Versandhandelsdienstleistungen in Bezug auf Möbel, Wohnac-
cessoires, Glaswaren, Porzellan und Keramik, Haushaltswäsche,
Heimtextilien, Teppiche und Tapeten; Einzel- und Versandhandels-
dienstleistungen in Bezug auf Silberwaren, Schmuck und Uhren,
Lederwaren, Taschen und Koffer.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat mit Beschluss vom 23. Mai 2017 eine Ver-
wechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Marken verneint und
den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass teilweise
Identität und teilweise Ähnlichkeit zwischen den Vergleichswaren und –dienstleis-
tungen bestehe. Darüber hinaus lägen einige der angefochtenen Waren und
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Dienstleistungen außerhalb des Ähnlichkeitsbereichs; die Frage nach dem Ähn-
lichkeitsgrad könne jedoch dahinstehen, da auch bei unterstellter Identität aller
Waren und Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr nicht zu besorgen sei.
Eine beschreibende Bedeutung von „Feingefühl“ in Bezug auf die Waren und
Dienstleistungen der älteren Marke sei nicht ersichtlich, so dass von einer durch-
schnittlichen Kennzeichnungskraft und damit einem normalen Schutzumfang der
Widerspruchsmarke ausgegangen werden könne. Danach seien an den zur Ver-
meidung einer Verwechslungsgefahr geforderten Abstand der angegriffenen
Marke gegenüber der Widerspruchsmarke strenge Anforderungen zu stellen, de-
nen die jüngere Marke aber hinreichend gerecht werde. Die Zeichenunterschiede
in schriftbildlicher Hinsicht seien offensichtlich; neben den unterschiedlichen Be-
griffen „Stil“ und „Gefühl“ seien die Marken auch unterschiedlich lang. Beim klang-
lichen Vergleich seien zudem die abweichenden zweiten Markenbestandteile
deutlich wahrnehmbar. Dies gelte auch in begrifflicher Hinsicht. Bei „Feinstil“
handle es sich um einen Fantasiebegriff, wohingegen die Widerspruchsmarke
„Feingefühl“ ein existierendes Wort sei. Ausgehend davon führe die deutliche
Veränderung im zweiten Wortteil der angegriffenen Marke aus dem Schutzbereich
der Widerspruchsmarke heraus, zumal „Stil“ auch eine zusätzliche begriffliche
Stütze zur Differenzierung biete.
Schließlich führe auch der Umstand, dass das Adjektiv „Fein-„ in beiden Marken
enthalten sei, nicht zu einer relevanten Zeichenähnlichkeit. Der Bestandteil könne
nicht als dominierendes bzw. prägendes Element angesehen werden, zumal er
eine produktbeschreibende Angabe darstelle, der auf eine besonderes hohe Qua-
lität der Waren und Dienstleistungen hinweise. Aufgrund der Kennzeichnungs-
schwäche des übereinstimmenden Wortanfangs sei das Publikum gezwungen,
sich am zweiten Zeichenteil zu orientieren. Zudem handle es sich bei „Feinstil“
einerseits und „Feingefühl“ andererseits um ein einheitlich geschriebenes, zu-
sammenhängendes Wort und einen einheitlichen Gesamtbegriff. Da der überein-
stimmende beschreibende Bestandteil „Fein-„ nicht geeignet sei, als betrieblicher
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Herkunftshinweis im Sinne eines Stammbestandteils zu dienen, sei auch eine as-
soziative Verwechslungsgefahr nicht zu befürchten.
Hiergegen richtet sich die beschränkt erhobene Beschwerde der Widersprechen-
den; sie wendet sich ausdrücklich nur gegen die Zurückweisung des Widerspruchs
im Umfang der Waren der Klassen 21 und 25, nicht jedoch in Bezug auf die
Dienstleistungen der Klasse 35.
Zwar stelle die Markenstelle zutreffend fest, dass die angegriffenen Waren mit de-
nen der Widerspruchsmarke identisch bzw. ähnlich seien. Der angegriffene Be-
schluss irre jedoch bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Vergleichsmarken in der
Bedeutung. Die Vergleichswörter „Feinstil“ und „Feingefühl“ seien begrifflich ähn-
lich. Beide Wörter seien Bestandteil der deutschen Sprache. Feingefühl sei ein
Kompositum aus dem Adjektiv „fein“ und dem Nomen „Gefühl“. Feinstil sei zwar
kein lexikalisch erfasstes Wort, es sei aber ebenfalls ein Kompositum aus dem
Adjektiv „fein“ und einem Nomen, hier das Wort „Stil“. Weil die Wortneubildung
durch Zusammenfügen vorhandener Wörter im Deutschen gängige Praxis, ja na-
hezu ein Charakteristikum des Deutschen, dazu Feinstil aus zwei Wörtern des
deutschen Grundwortschatzes zusammengesetzt sei, werde die angegriffene
Marke von den Verkehrsteilnehmern problemlos als Wort der deutschen Sprache
erkannt und verstanden. Keinesfalls werde der Begriff als bedeutungsloser Fanta-
siebegriff eingeordnet. Da das Wort „Stil“ wie die Widerspruchsmarke u. a. eine Art
und Weise des sich Verhaltens bzw. des Vorgehens des Handelns betreffe, ergä-
ben sich damit für „Feinstil“ ohne weiteres die gleichen Merkmale der Art und
Weise des Handelns und sich Verhaltens, also Anstand, Takt, Höflichkeit und
Einfühlung, die auch für „Feingefühl“ typisch seien. Beide Wörter hätten mithin die
gleiche Botschaft für den Hörer und Leser. Dies belege im Übrigen auch das Werk
„Der deutsche Wortschatz nach Sachgruppen“; danach fielen die Stichwörter
Feingefühl und Stil in die gleiche sog. Dornseiff-Bedeutungsgruppe, so dass die
begriffliche Übereinstimmung ihre ausdrückliche Bestätigung in der Sprachwis-
senschaft finde. Wenn der angefochtene Beschluss meine, der Wortteil „Stil“ biete
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eine zusätzliche begriffliche Stütze zur Differenzierung, so unterliege er einem Zir-
kelschluss. Das Publikum leite seine Herkunftsvorstellung bei der Begegnung mit
einer Marke aus seiner meist undeutlichen Erinnerung an die andere Marke ab,
was im Falle der Bedeutungsorientierung mehr individuellen Spielraum mit der
Folge irriger Herkunftstäuschung zulasse als bei dem schärfer definierten Klang
und Bild.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des DPMA vom
23. Mai 2017 teilweise aufzuheben, nämlich soweit der Wider-
spruch aus der Marke 30 2011 002 870 auch zurückgewiesen
wurde in Bezug auf die Waren der Klasse 21 „Geschirr“ sowie auf
die Waren der Klasse 25 „Bekleidung“ und die angegriffene Marke
30 2016 204 642 im vorgenannten Umfang zu löschen.
Die Inhaber der jüngeren Marke haben sich im Beschwerdeverfahren weder zur
Sache geäußert noch einen Antrag gestellt. Im Amtsverfahren haben sie die Auf-
fassung vertreten, dass eine begriffliche Ähnlichkeit schon deshalb nicht vorliege,
weil es sich bei „Feinstil“ um einen Fantasiebegriff handle. Zudem seien die Sub-
stantive „Stil“ und „Gefühl“ in ihrer Bedeutung deutlich unterschiedlich, was sich
stark verwechslungsmindernd auswirke.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 MarkenG zulässige Beschwerde der Widersprechenden
hat in der Sache keinen Erfolg.
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Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr nach §§ 9
Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle den Widerspruch
zu Recht zurückgewiesen hat, § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG.
1. Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne vist
unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen.
Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit
der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und
der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen,
dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen
durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gestei-
gerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und
umgekehrt (st. Rspr.; vgl
Rn. 45 f. – Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX
– BioGourmet m. w. N.). Darüber hinaus können für
die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie
unter anderem etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Ver-
kehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu
erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahr-
nehmung der Kennzeichen.
a) Nach der hier maßgeblichen Registerlage besteht zwischen den sich
gegenüberstehenden Waren aus der Klasse 21 Identität. Denn die Waren der
angegriffenen Marke aus der Klasse 21 „Geschirr“ finden sich wortgleich auch
im Verzeichnis der Widerspruchsmarke. Ob die weiteren verfahrensgegen-
ständlichen Waren der angegriffenen Marke aus Klasse 25 „Bekleidung“ zu den
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Widerspruchswaren aus der Klasse 24, nämlich insbesondere zu „Textilwaren“,
unähnlich, durchschnittlich ähnlich oder noch entfernt ähnlich sind (vgl. hierzu
Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 17. Auflage,
S. 35 li. und mittl. Sp. sowie S. 36), kann dahingestellt bleiben. Denn selbst im
Bereich der Warenidentität ist – worauf die Markenstelle zutreffend hingewiesen
hat – eine Verwechslungsgefahr nicht zu besorgen.
b) Die Widerspruchsmarke „Feingefühl“
verfügt über eine originär
durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Anhaltspunkte für eine Stärkung oder
Schwächung der Kennzeichnungskraft sind nicht erkennbar.
c) Den bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke
und zumindest teils identischen Vergleichswaren zu fordernden strengen Anfor-
derungen an den Zeichenabstand wird die jüngere Marke in jeder Hinsicht noch
gerecht. Dies gilt selbst dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise - vor-
liegend handelt es ich dabei um Fach- und Endverbraucherkreise - den hier re-
levanten Waren mit einem vergleichsweise geringen Grad an Aufmerksamkeit
begegnen sollten.
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Ge-
samteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl.
BGH GRUR 2013, 833 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040,
Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2012, 930 Rn. 22 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2012,
64 Rn. 15 – Maalox/Melox-GRY). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungs-
satz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm ent-
gegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen.
Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren
Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf
die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und be-
grifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413 Rn. 19 – ZIRH/SIR;
GRUR Int. 2004, 843 Rn. 29 – MATRATZEN; BGH GRUR 2015, 1009 Rn. 24 –
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BMW-Emblem; GRUR 2010, 235 Rn. 15 – AIDA/AIDU; GRUR 2004, 779, 781 –
Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsge-
fahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung
(st. Rspr.; z. B. BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2015,
1114, Nr. 23 – Springender Pudel; GRUR 2010, 235, Nr. 18 – AIDA/AIDU).
In klanglicher wie in schriftbildlicher Hinsicht weisen die Vergleichswörter
Feinstil
und
Feingefühl
trotz der Übereinstimmung in den grundsätzlich stärker beachteten Anfangs-
lauten „Fein-“ sehr deutliche Unterschiede in den jeweils zweiten Bestandteilen
– nämlich „-stil“ einerseits und „-gefühl“ andererseits auf, die weder zu überhö-
ren noch zu übersehen sind; dies stellt die Beschwerdeführerin auch nicht in
Abrede.
Trotz klanglicher und schriftbildlicher Unterschiede können Markenwörter hin-
reichende begriffliche Ähnlichkeiten aufweisen, die zu Verwechslungen führen.
Anders als die Beschwerdeführerin meint, zeigen die Vergleichsmarken aber
auch in begrifflicher Hinsicht keine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit auf.
Der lexikalisch erfasste Begriff „Feingefühl“ hat die Bedeutung „feines Gefühl,
Empfinden“ (DUDEN Online Wörterbuch unter www.duden.de) bzw. „Zartgefühl;
Fingerspitzengefühl; Fähigkeit, Stimmungen zu erspüren und danach entspre-
chend zu handeln“ (vgl. WAHRIG Deutsches Wörterbuch, Ausgabe 2006). Dem
gegenüber handelt es sich bei der angegriffenen Marke „Feinstil“ nicht um einen
lexikalisch erfassten Begriff. Zutreffend weist zwar die Beschwerdeführerin da-
rauf hin, dass dem angesprochenen Verkehr Wortbildungen mit dem Präfix
„Fein-„ ohne weiteres bekannt und geläufig sind (vgl. Begriffe wie Fein-
schliff=besonders feiner Schliff; Feinabstimmung=präzise Abstimmung; Feinar-
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beit=ins Detail gehende Arbeit; Feinblech=dünnes Blech; Feingebäck=feine
Backwaren; Feingeist=gebildeter, kultivierter, empfindsamer Mensch u. v. m.).
Daher wird der angesprochene Verbraucher durchaus veranlasst, die angegrif-
fene Marke entsprechend zu lesen und wird ihr die Bedeutung „feiner Stil“ bei-
messen.
Die Widerspruchsmarke „Feingefühl“ und die angegriffene Marke „Feinstil“ ha-
ben aber einen unterschiedlichen, im zweiten Fall einen nicht konkret erfassten,
sondern allenfalls anklingenden Sinngehalt. Die Marken mögen damit gewisse
assoziative Gemeinsamkeiten bzw. Begriffsanklänge aufweisen, diese reichen
aber zur Feststellung der begrifflichen Markenähnlichkeit grundsätzlich nicht
aus. Unmittelbare begriffliche Verwechslungen liegen (nur) dann vor, wenn die
beiderseitigen Begriffe ihrem Sinn nach vollständig oder doch im Wesentlichen
übereinstimmen, also Synonyme darstellen (vgl.
Hacker in
Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. § 9 Rn. 301; BPatG, Beschluss
vom 9. Mai 2017, 25 W (pat) 517/17 – Piraten-Mix/Piratenspass); hiervon kann
vorliegend aber nicht ausgegangen werden. Zwar gehören sowohl der Wortbe-
standteil „Stil“ als auch der Begriff „Feingefühl“ zum Bedeutungsfeld bzw. zur
Dornseiff-Bedeutungsgruppe „Geschmack, Kunstsinn“. Doch kann allein dieser
gemeinsame Bezugspunkt nicht genügen, um eine Markenähnlichkeit nach
dem Sinngehalt zu begründen. Andernfalls wären alle Begriffe, die im Zusam-
menhang mit Geschmack und Kunstsinn stehen, in markenrechtlicher Hinsicht
ähnlich (wie z. B. dann auch die anderen in der Bedeutungsgruppe 10.17 auf-
geführten Begriffe Charme, Styling, Takt, Grazie, Kultur etc. zur Wider-
spruchsmarke „Feingefühl“). Ein solches Ergebnis würde die markenrechtliche
Zeichenähnlichkeit und damit den Schutz einer Marke über Gebühr ausdehnen.
Zutreffend hat die Markenstelle darauf hingewiesen, dass der jedermann ver-
ständliche Sinngehalt der zusätzlichen Markenbestandteile von „Gefühl“ und
„Stil“ für den Verkehr eine Unterscheidungshilfe darstellen, die ein sicheres
Auseinanderhalten gewährleisten wird (vgl. auch BPatG, Beschluss vom
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13. Januar 1999, 32 W (pat) 152/98 – Landgarten/Obstgarten). Dementspre-
chend kommt entgegen der Auffassung der Widersprechenden auch keine un-
mittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr in Betracht, da es sich bei „Feinstil“
und „Feingefühl“ nicht um einen identischen Bedeutungsgehalt handelt.
Dass die Vergleichsmarken nur von ihrem jeweiligen Wortelement „Fein-“ ge-
prägt würden und damit dem Zeichenvergleich allein kollisionsbegründend ge-
genübergestellt werden könnten, hat die Beschwerdeführerin weder vorge-
bracht noch bestehen hierfür irgendwelche Anhaltspunkte.
d) Eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen im
Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 MarkenG ist ebenfalls zu verneinen.
Eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Serienzei-
chenbildung mit einem Stammbestandteil „Fein-“ scheidet schon deswegen
aus, weil die Widersprechende nicht vorgetragen hat, dass sie eine Serie meh-
rerer Zeichen, in die die angegriffene Marke sich einfügt, benutzt (vgl. BGH
GRUR 2013, 840 Rn. 23 – PROTI II; GRUR 2013, 1239 Rn. 48 –
VOLKSWAGEN/Volksinspektion).
Schließlich sind ausreichende Anhaltspunkte für eine sog. mittelbar begriffliche
Verwechslungsgefahr, bei deren Annahme ohnehin Zurückhaltung geboten ist,
nicht gegeben (vgl. hierzu Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9
Rn. 533-535).
Die Ähnlichkeit der Vergleichsmarken ist nach alledem zu gering, um die An-
nahme einer Verwechslungsgefahr zu begründen. Ein Löschungsgrund nach
§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist daher nicht gegeben.
2. Für eine Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten aus Billigkeitsgründen
gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG besteht kein Anlass.
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3. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden wer-
den, nachdem die Beschwerdeführerin ihren ursprünglich gestellten Hilfsantrag
auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung in ihrem Schriftsatz vom
20. Dezember 2017 zurückgenommen hat und eine solche auch nicht aus
Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst war, § 69 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch eine beim
Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder durch einen beim Bundesge-
richtshof zugelassenen Rechtsanwalt schriftlich einzulegen.
Dr. Mittenberger-Huber
Akintche
Seyfarth
prö