Urteil des BPatG vom 30.04.2015

Urteil vom 30.04.2015

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
B E S C H L U S S
In der Patentnichtigkeitssache
2 ZA (pat) 10/14
_______________________
(Aktenzeichen)
- 2 -
betreffend das europäische Patent …
(= DE
(hier: Erinnerung gegen den Beschluss vom 10. Februar 2014)
hat der 2. Nichtigkeitssenat des Bundespatentgerichts am 30. April 2015 unter
Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Guth sowie der Richter Merzbach und
Dipl.-Ing. Baumgardt
beschlossen:
1.
Auf die Erinnerung der Klägerin zu 2) wird der Beschluss der
Rechtspflegerin vom 10. Februar 2014 dahin abgeändert,
dass die danach von der Beklagten der Klägerin 2) zu er-
stattenden weiteren Kosten auf insgesamt 10.064,60 € fest-
gesetzt werden.
Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Klägerin
zu 2) zu 9/10 und die Beklagte zu 1/10.
3.
Der Wert des Erinnerungsverfahrens beträgt 48.303,72 €.
- 3 -
G r ü n d e
I.
Die Beklagte war eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesre-
publik Deutschland erteilten europäischen Patents … (Streitpatent). Auf
die Nichtigkeitsklage der Klägerinnen 1) und 2) hatte der erkennende Senat mit
inzwischen rechtskräftigem Urteil (BGH
…, Urteil vom
18. März 2010
…) das Streitpatent für nichtig erklärt und der
Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt; der Gegenstandswert für die an-
waltliche Tätigkeit für das Verfahren vor dem Bundespatentgericht war auf
8.000.000,-- € festgesetzt worden.
Nachdem die Rechtspflegerin mit Teilkostenfestsetzungsbeschluss vom
9. Oktober 2006 die von der Beklagten an die Klägerin zu 2) zu erstattenden An-
walts- (und Gerichts-)Kosten auf 178.312,00 Euro festgesetzt hatte und mit einem
weiteren Teilkostenfestsetzungsbeschluss vom 17. August 2009 der Klägerin zu 2)
weitere von der Beklagten zu erstattende Kosten in Höhe von 25.120,51 € zuer-
kannt hat – wobei im Erinnerungsverfahren dieser Betrag durch Beschluss des
Senats vom 13. März 2012 (2 ZA 19/10) geringfügig auf 25.671,26 € erhöht
wurde – ist streitgegenständlich nur noch die Entscheidung über die seitens der
Klägerin zu 2) geltend gemachten und im vorgenannten Beschluss der Rechts-
pflegerin vom 17. August 2009 nicht berücksichtigten Kosten für Recherchen nach
52.346,79 €
ziffert und die sich wie folgt zusammensetzen:
a) Recherche durch P…
2.000,00 €
b) Recherche japanischer Anmeldungen, insgesamt
26.054,50 €
c) Recherche in Finnland
2.129,19 €
d) weitere Recherche C… Ass.
22.163,20 €.
- 4 -
Mit Beschluss vom 10. Februar 2014 hat die Rechtspflegerin die von der Beklag-
ten an die Klägerin zu 2) zu erstattenden Recherchekosten unter Zurückweisung
des weitergehenden Antrags auf
4.043,07 €
festgesetzt.
Anerkannt wurden 1/3 der geltend gemachten Recherchekosten für die Recherche
P… (667,67 €) sowie 1/3 der Recherchekosten für die Recherche in
Finnland (709,73 €). Bei der Recherche japanischer Anmeldungen hat die Rechts-
pflegerin Kosten in Höhe von 8.000,00 € als notwendige Recherchekosten ange-
sehen, von denen ebenfalls 1/3 und damit 2.666,67 € als erstattungsfähig aner-
kannt wurden.
Zwar seien die Kosten für die Recherchen P… (2.000,- €) sowie in
Finnland (2.129,19 €) dem Grunde nach anzuerkennen, da die Klägerin insoweit
von einer Notwendigkeit einer weiteren Recherche ausgehen durfte, was gerade
auch in Bezug auf eine Recherche in Finnland gelte, da es sich insoweit um eine
führende Nation im Bereich der Mobilfunk-Technologie handele. Hingegen könn-
ten die Kosten für die japanische Recherche nur teilweise als erstattungsfähig an-
gesehen werden. Auch wenn es sich bei Japan ebenfalls um eine bedeutsame
Nation im Bereich der Mobilfunk-Technologie handele, so überschritten die gel-
tend gemachten Kosten die aus anderen Verfahren bekannten Kosten für Recher-
chen in Japan sowohl in Bezug auf die Stundenzahl (109,5 Stunden) als auch dem
Gesamtbetrag (26.054,50 €) deutlich, zumal die dazugehörigen Rechnungen of-
fensichtlich auch Tätigkeiten, die eher dem Bereich der Beratungsleistungen zuzu-
rechnen seien, umfassten. Wenngleich danach aus den vorgelegten Unterlagen
und dem Vortrag der Klägerin zu 2) die genaue Höhe der reinen Recherchekosten
nicht ermittelt werden könne, so habe die Klägerin dennoch eine detaillierte Auf-
gliederung der im Zeitraum von Mai 2005 bis August 2005 durchgeführten Tätig-
keiten vorgelegt und damit eine ausreichende Spezifizierung vorgenommen, so
- 5 -
dass nach § 286 ZPO der Aufwand für eine angemessene Recherche in Japan auf
8.000,00 € geschätzt werden können.
Nicht erstattungsfähig seien hingegen die Recherchekosten C… & Ass
in Höhe von 22.163,20 €. Insoweit sei die Notwendigkeit der im Zeitraum vom
24. Februar 2005 bis 17. November 2005 durchgeführten und mit 514,4 Stunden
ungewöhnlich umfangreichen Recherche nicht erkennbar bzw. nicht in ausrei-
chendem Maß glaubhaft gemacht worden. So habe die Klägerin zu 2) sämtliche
Entgegenhaltungen und Dokumente gemäß den Anlagen LNK 1 bis LNK 52 selbst
(in Eigenrecherche) aufgefunden und in das Verfahren eingeführt.
Ferner sei die (Parallel-)Recherche durch C… & Ass teilweise bereits
vor Auseinandersetzung mit dem selbst recherchierten Stand der Technik im
Nichtigkeitsverfahren („Mowser“, „Bartlett“) bzw. – was „X-Windows betrifft – vor
dessen Einführung in das Verfahren erfolgt, so dass auch nicht davon ausgegan-
gen werden könne, dass diese Recherchen zur Absicherung des mit der Eigen-
recherche aufgefundenen Standes der Technik in Auftrag gegeben worden seien.
Vielmehr deute dies auf eine unnötige Doppelrecherche hin, deren Kosten nicht
erstattungsfähig seien.
Soweit die geltend gemachten Kosten dem Grunde nach als notwendig anerkannt
werden könnten, nämlich bei den Recherchen P… (2.000,- €) sowie in
Finnland (2.129,19 €) sowie zum Teil bei der Recherche japanischer Anmeldun-
gen (8.000,00 €), sei eine Aufteilung auf das gegenständliche Nichtigkeitsverfah-
ren, das Verletzungsverfahren 4a … vor dem Landgericht Düsseldorf sowie
das englische Nichtigkeitsverfahren geboten, da davon auszugehen sei, dass die
Recherchen allen drei Verfahren gedient hätten und - sofern weitere Ergebnisse
aufgefunden worden wären - diese Ergebnisse auch in den verschiedenen Verfah-
ren Verwendung gefunden hätten.
Auch im Verletzungsverfahren seien Patentrecherchekosten grundsätzlich erstat-
tungsfähig, wenn eine verständige Partei die Recherche für eine zweckentspre-
chende Rechtsverteidigung z. B. in Zusammenhang mit einem angestrebten Aus-
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setzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über den Bestand des Patents für
notwendig halten durfte. Die tatsächlich aufgefundenen Rechercheergebnisse
hätten auch Eingang in alle drei Verfahren gefunden, so dass davon auszugehen
sei, dass dies auch bezüglich weiterer Ergebnisse so gewesen wäre. Zudem be-
stehe ein so enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den 3 Verfahren, dass es
lebensfremd wäre anzunehmen, eine Recherche wäre nur für eines der Verfahren
erfolgt. Dies rechtfertige dann aber auch eine Kostenverteilung auf die 3 Verfahren
zu je 1/3.
Gegen diesen ihr am 10. März 2014 zugestellten Beschluss hat die Klägerin zu 2)
mit einem am 24. März 2014 beim Bundespatentgericht eingegangenen Schrift-
satz Erinnerung eingelegt, der die Rechtspflegerin ausweislich ihrer Verfügung
vom 30. September 2014 (Bl. 496 d. A.) nicht abgeholfen hat.
Eine Aufteilung der von der Rechtspflegerin anerkannten Recherche-
kosten - wobei in Bezug auf die Recherche japanischer Anmeldungen der als not-
wendig erkannte Betrag von 8.000,00 € der Höhe nach nicht angegriffen würde -
auf das Verletzungsverfahren sowie das in England geführte Nichtigkeitsverfahren
sei nicht veranlasst.
Es treffe zwar zu, dass die Nichtigkeitsklage mitsamt Anlagen auch im Ver-
letzungsverfahren vorgelegt worden sei, um den dortigen Aussetzungsantrag zu
stützen. Die Recherchekosten seien jedoch im Nichtigkeitsverfahren als dem
sachnäheren Verfahren geltend zu machen, da die Recherchen für dieses Verfah-
ren durchgeführt worden seien und sich nur mittelbar, über die Vorgreiflichkeit, auf
das Verletzungsverfahren auswirkten. Eine Zuordnung der Recherchekosten zum
englischen Verfahren komme ebenfalls nicht in Betracht, weil die Recherchen
durch G…
(P…),
C…
& Ass und
P… bereits vor dem Zeitpunkt in Auftrag gegeben worden seien, zu dem die
Möglichkeit eines Verfahrens in England in Erwägung gezogen und diskutiert wor-
den sei.
- 7 -
Erstattungsfähig seien auch die durch die Recherchen von C… & Ass
entstandene Kosten, da diese aus der Sicht ex ante zwingend erforderlich gewe-
sen seien. Vor dem Hintergrund, dass die nach Auffassung des BGH als auch des
BPatG neuheitsschädliche Druckschrift LNK 2 bereits im Erteilungsverfahren vor-
gelegen habe, sei eine Suche nach einem Stand der Technik erforderlich gewe-
sen, zumal auch die übrigen Entgegenhaltungen nicht besser geeignet gewesen
seien, einen Widerruf des Patents zu erreichen.
Die Recherche von C… & Ass und die Eigenrecherchen der Klägerin
zu 2) und ihrer Prozessvertreter hätten sich erheblich in ihrem Umfang und der Art
der durchsuchten Dokumente voneinander unterschieden. Während die Recher-
che von C… & Ass sich auf Dokumente in Nordamerika konzentriert
habe, seien Gegenstand der Eigenrecherche vornehmlich deutschsprachige Do-
kumente gewesen. Zudem gehörten die Vereinigten Staaten zu den führenden
Nationen in der Mobilfunk-Technologie, so dass es überaus erfolgversprechend
gewesen sei, eine Suche nach Vorveröffentlichungen in englischer Sprache, ins-
besondere mit Blick auf erteilte US-Patente durchzuführen, wie sie durch die als
Anlage LKf 2 vorgelegte E-Mail belegt sei. Die Notwendigkeit von Recherchen in
Nordamerika habe sich zudem auch wegen der wirtschaftlichen Bedeutung des
Falles (Gegenstandswert von 8 Mio. EUR) und der Menge von möglichem Stand
der Technik aufgedrängt.
Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2014 trägt die Klägerin vor, dass sich nicht rekon-
struieren lasse, ob Mitarbeiter der Klägerin oder der Rechercheur C1 auf
die Entgegenhaltung „Mowser“ gestoßen sei. Zudem könnten einige der angege-
benen Stunden der Recherche C… Ass im Nachhinein nicht mehr ein
deutig dem Nichtigkeitsverfahren zugeordnet werden, so dass die Stundenzahl
sich auf 496,4 Std. reduziere und der Erstattungsbetrag für diese Recherche sich
demnach auf 21.387,59 € (zuvor: 22.163,20 €) belaufe.
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Die Klägerin zu 2) beantragt,
den Beschluss vom 10. Februar 2014 abzuändern und über den
festgesetzten Betrag hinaus weitre Recherchekosten in Höhe von
48.303,72 € nach Maßgabe des Urteils des Bundespatentgerichts
vom 27. Januar 2006 vollstreckbar gegen die Beklagte festzu-
setzen und Verzinsung des festgesetzten Betrages gemäß § 104
Abs. 1 Satz 2 ZPO auszusprechen.
Die Beklagte beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
In Bezug auf die Recherche von C… & Ass sei eine Notwendigkeit ne
ben den Recherchen der Klägerin nicht glaubhaft gemacht worden. Eine „Schritt
für Schritt“ Vorgehensweise hätte eine (erfolglose) Doppelrecherche und unnötige
Kosten vermeiden können. Zum Gegenstand der Recherche fehle es nach wie vor
an Vortrags wer wann was beauftragt hat, noch wer wann was recherchiert hat
und warum.
II.
Die nach §§ 84 Abs. 2 PatG, 104 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 23 Abs. 2 Satz 1
und 2 RpflG zulässige Erinnerung der Klägerin zu 2) hat in der Sache nur insoweit
Erfolg, als im Rahmen der geltend gemachten Recherchekosten weitere
6.021,53 € festzusetzen sind; die weitergehende Erinnerung ist hingegen unbe-
gründet.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung über die Kosten des Nichtigkeitsverfahrens
ist § 84 Abs. 2 PatG, wonach die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die
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Kosten entsprechend anzuwenden sind. Hinsichtlich Grundsatz und Umfang der
Kostentragungspflicht verweist § 84 Abs. 2 PatG auf §§ 91 ff. ZPO.
Nach §§ 84 Abs. 2 PatG, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die
Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die der Gegenseite erwachse-
nen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung
oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Um die notwendigen Kosten zu be-
stimmen, ist in jedem Einzelfall zu ermitteln, ob eine verständige und wirtschaftlich
vernünftig handelnde Partei die Kosten verursachende Maßnahme im Zeitpunkt
ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte, um ihre berechtigten Interes-
sen zu verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen
Schritte zu ergreifen (vgl. Herget in: Zöllner, ZPO, 29. Auflage 2012, § 91 Rdn. 12;
Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 35. Auflage, § 91 Rdn. 9). Auch die Erstattung
von außergerichtlichen Kosten, wie Nachforschungen nach patenthinderndem
Material, kann somit nur beansprucht werden, wenn die Nachforschung nach
sorgfältiger Abwägung aller Umstände für notwendig gehalten werden durfte. Das
ist nicht rückblickend, sondern vom Zeitpunkt der Auftragserteilung zu beurteilen.
Maßgebend ist, was eine kostenbewusste Partei zu diesem Zeitpunkt für erforder-
lich halten durfte. Wenngleich es danach für eine Erstattungsfähigkeit nicht darauf
ankommen kann, ob die Recherche erfolgreich war oder ob sogar etwa ermittelte
Entgegenhaltungen in der Entscheidung verwertet wurden, so kann eine solche
Auslandsrecherche gleichwohl aus Sicht einer kostenbewussten Partei nur dann
für notwendig erachtet werden, wenn den Umständen nach zumindest Anhalts-
punkte dafür bestehen, dass die Recherche weitere das Feststellungsbegehren
des Nichtigkeitsklägers fördernde Entgegenhaltungen erwarten lässt.
Ausgehend davon sind neben den von der Rechtspflegerin anerkannten Kosten
für die Recherchen P… (2.000,- €), in Finnland (2.129,19 €) sowie in
Bezug auf japanische Anmeldungen (8.000,00 €) auch Kosten für die Recherche
C…l & Ass in Höhe von 8.000,00 € als dem Grunde nach erstattungsfä
hig anzuerkennen.
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a) In Bezug die geltend gemachten und seitens der Rechtspflegerin zutreffend als
erstattungsfähig angesehenen Kosten für die
Recherchen
P…
(2.000,- €), in Finnland (2.129,19 €) sowie in Bezug auf japanische Anmeldungen
(8.000,00 €) nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zu-
treffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses Bezug, die seitens der
Beklagten im Erinnerungsverfahren nicht angegriffen werden. Soweit die Klägerin
zu 2) in Bezug auf die Recherche japanischer Anmeldungen ursprünglich einen
höheren Betrag geltend gemacht hat als die seitens der Rechtspflegerin aner-
kannten 8.000,-- €, hat sie diesen Betrag ausweislich ihrer Erinnerungsbegrün-
dung gemäß Schriftsatz vom 7. August 2014 (Bl. 482 d. A.) nicht mehr angegrif-
fen, so dass auch insoweit kein Anlass für eine abweichende Beurteilung durch
den Senat besteht.
b) Darüber hinaus sind aber auch die Kosten der (Auslands-)Recherche C… &
Ass dem Grunde nach als zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprü
che und Rechte der Klägerin zu 2) im Nichtigkeitsverfahren in Höhe von 8.000,-- €
als notwendig und damit dem Grunde nach erstattungsfähig anzuerkennen.
aa) Eine Erstattungsfähigkeit dieser Kosten kann dem Grunde nach nicht deshalb
abgelehnt werden, weil es sich um eine („Doppel“-)Recherche zu bereits seitens
der Klägerin zu 2) selbst aufgefundenem Stand der Technik handelte welche ih-
rerseits trotz ihres Umfangs kein für das Nichtigkeitsverfahren relevantes Material
hervorbrachte. Auch wenn die Klägerin zu 2) nicht im Einzelnen zu Gegenstand
und Inhalt der umfangreichen Recherchen von C… & Ass vorgetragen
hat, kann dennoch aufgrund der zur Akte gereichten Aufstellungen und Rechnun-
gen davon ausgegangen werden, dass sich C… & Ass jedenfalls teil
weise mit den im vorliegenden Verfahren relevanten, durch die Klägerin zu 2)
selbst recherchierten Entgegenhaltungen wie z. B. „Bartlett“, „Mowser“ und
„X-Windows“ befasst haben, und die Recherche sich in territorialer Hinsicht maß-
geblich oder sogar ausschließlich auf Nordamerika bezog. Auch wenn es sich da-
bei um weitere bzw. der Absicherung dienende Recherchen zu bereits aufgefun-
denem Stand der Technik handelte, bestand zu solchen Nachforschungen nach
- 11 -
patenthinderndem Material vor dem Hintergrund, dass die Vereinigten Staaten zu
den führenden Nationen in der Mobilfunk-Technologie gehören, durchaus Veran-
lassung, und zwar unabhängig davon, ob die Klägerin zu 2) bzw. ihre Vertreter
sich bei ihrer Recherchetätigkeit – wie sie vortragen - auf deutschsprachige Do-
kumente beschränkt haben. Die Klägerin zu 2) war vorliegend auch unter dem
Gesichtspunkt einer Verpflichtung eines Vorgehens „Schritt für Schritt“ nicht ge-
halten, zunächst allein aus dem selbst ermittelten Stand der Technik vorzugehen
und das Ergebnis bzw. die Einschätzung der ermittelten Druckschriften in Bezug
auf die Patentfähigkeit des Streitpatents abzuwarten, bevor eine weitere Recher-
che in Auftrag gegeben wurde. Denn sie durfte aufgrund der vorgenannten Um-
stände ebenso wie in Bezug auf die durchgeführten Recherchen in Finnland und
Japan davon ausgehen, dass in Nordamerika weiteres, für die Beurteilung der
Rechtsbeständigkeit des Streitpatents in irgendeiner Art und Weise relevantes und
den selbst recherchierten Stand der Technik zumindest unterstützendes oder ab-
sicherndes Material zu ermitteln ist, so dass jedenfalls in dem vorliegenden tech-
nischen Gebiet die Notwendigkeit bzw. Angemessenheit einer weiteren, auch pa-
rallel durchgeführten Recherche in Nordamerika grundsätzlich anzuerkennen ist.
Dieser Einschätzung steht auch nicht entgegen, dass die (Parallel-)Recherche
durch C… & Ass teilweise bereits vor Auseinandersetzung mit dem
selbst recherchierten Stand der Technik im Nichtigkeitsverfahren („Mowser“,
„Bartlett“) bzw. – was „X-Windows betrifft – vor dessen Einführung in das Verfah-
ren erfolgt ist. Denn abgesehen davon, dass der Zeitpunkt einer Einreichung von
patenthinderndem Material in ein Nichtigkeitsverfahren nichts darüber aussagt,
wann man dieses Material aufgefunden hat bzw. Kenntnis über dessen mögliche
patenthindernde Bedeutung erlangt hat - so kann z. B. eine Vorlage von patent-
hinderndem Material schon aus „prozesstaktischen“ Gründen erst im Laufe eines
Verfahrens angezeigt sein -, besteht Sinn und Zweck einer solchen ergänzenden
Recherche gerade darin, den bereits selbst recherchierten Stand der Technik ab-
zusichern bzw. „besseren“ Stand der Technik aufzufinden. Es muss dann aber
auch als sachgerecht angesehen werden – wie in der Praxis allgemein üblich -,
solche ergänzenden bzw. absichernden Recherchen zu bereits selbst ermittelten
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Entgegenhaltungen im Vorfeld eines Nichtigkeitsverfahrens bzw. vor Einführung
dieser Entgegenhaltungen im Verfahren durchzuführen.
bb) Wenngleich danach die Kosten für die Recherche C… & Ass dem
Grunde nach als sachgerecht und damit notwendig i. S. von § 91 ZPO angesehen
werden können, kommt der Höhe nach eine Erstattung auf Grundlage des seitens
der Klägerin angegebenen Aufwands von 514,4 Std. bzw. die mit Schriftsatz vom
27. Januar 2015 (Bl. 512) angegebenen 496,4 Std. nicht in Betracht. Jedenfalls
dann, wenn – wie vorliegend – ein besonders hoher Aufwand geltend gemacht
wird, ist im Interesse klarer Durchschaubarkeit und zur Vermeidung von Missbräu-
chen eine im Einzelnen für die Gegenpartei nachvollziehbare Aufstellung mit einer
Erläuterung von Einzelposten zu verlangen, die die in Ansatz gebrachten Leistun-
gen auch in ihrem Umfang nachvollziehbar macht (vgl. BPatG, Beschluss vom
3. Februar 1999 – 1 ZA (pat) 6/98 –, veröffentlicht in juris). Ausgehend davon wäre
daher – worauf der Senat bereits in seinem Schreiben vom 21. November 2014
hingewiesen hat - in Anbetracht der erheblichen Stundenzahl nicht zuletzt auch im
Hinblick darauf, dass eine Notwendigkeit fortlaufender umfangreicher Recherchen
stets im Hinblick auf deren Zweck und (weiterer) Erfolgsaussicht überprüft werden
muss und daher grundsätzlich „Schritt für Schritt“ zu erfolgen hat, eine nähere
Spezifizierung der Aufwendungen z. B. durch Angaben zu Gegenstand und Inhalt
des gegenüber C… & Ass erteilten Auftrags notwendig gewesen, wel
che die in Ansatz gebrachten Leistungen auch in ihrem Umfang und zeitlichen
Ablauf nachvollziehbar macht (vgl. Busse/Engels, Patentgesetz, 7. Aufl., § 80
Rdnr. 66; Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 80 Rdnr. 53). Die seitens der Kläge-
rin zu 2) zum Nachweis der Recherchekosten eingereichte Aufstellung bzw. Auf-
listung der von C… & Ass in Rechnung gestellten Stunden bietet dafür
allein keine hinreichende Grundlage.
Vor dem Hintergrund, dass der erforderliche Umfang einer Recherche nach dem
Stand der Technik nicht von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem sich daraus
ergebenden Streitwert eines Nichtigkeitsverfahrens, sondern von dem technischen
Schutzrecht und dessen Gegenstand abhängt, kann jedenfalls bei umfangreichen
- 13 -
und kostenintensiven Recherchen von einer Spezifikation auch nicht deshalb ab-
gesehen werden, weil die Recherchekosten u. U. eine in der Sache anfallende
Patentanwaltsgebühr nicht übersteigen (vgl. Busse/Engels, a. a. O.).
Jedoch sieht der Senat bei Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere vor
dem Hintergrund, dass die Notwendigkeit bzw. Angemessenheit einer Recherche
in Nordamerika jedenfalls im Mobilfunkbereich grundsätzlich anzuerkennen ist,
ferner sich ausweislich der vorgelegten Rechnungen jedenfalls ein nicht völlig un-
erheblicher Teil der Recherchen auch mit den im vorliegenden Verfahren rele-
vanten Entgegenhaltungen „Mowser“, „Bartlett“ und „X-Windows“ befasst hat, sich
in der Lage, jedenfalls einen angemessenen (Mindest-)aufwand für die Recherche
C… & Ass in Bezug auf das vorliegende Nichtigkeitsverfahren gemäß
§ 286 ZPO in freier Beweiswürdigung zu schätzen. Diesen Aufwand bemisst der
Senat in Anlehnung an die von der Rechtspflegerin vorgenommene und seitens
der Klägerin zu 2) auch nicht mehr beanstandete Festsetzung der Recherche-
kosten für die Recherche japanischer Anmeldungen - wobei im Mobilfunkbereich
Japan eine vergleichbare Bedeutung wie den Vereinigten Statten bzw. Nordame-
rika zukommt - ebenfalls mit
8.000,00 €.
c) Die danach erstattungsfähigen Kosten sind jedoch je zur Hälfte auf das deut-
sche sowie das in Großbritannien durchgeführte Nichtigkeitsverfahren, welches
den britischen Teil des Streitpatents zum Gegenstand hatte, zu verteilen. Denn
auch wenn es sich beim europäischen Patent aufgrund seiner Ausgestaltung als
sog. Bündelpatent nicht um ein einheitliches Recht handelt, so stimmen die den
jeweiligen nationalen Teil des europäischen Patents betreffenden Verfahren in den
einzelnen Vertragsstaaten ihrem Gegenstand nach in aller Regel weitgehend
überein. Recherchen in Bezug auf ein europäisches Streitpatent sind damit auch
regelmäßig in sämtlichen in den einzelnen Vertragsstaaten durchzuführenden
Verfahren verwendbar. In diesem Falle ist es dann aber als sachgerecht anzuse-
hen, Recherchekosten, die das europäische (Streit-)Patent bzw. den jeweiligen
- 14 -
nationalen Teil des Streitpatents betreffen, beiden Verfahren zuzuordnen. Vor dem
Hintergrund, dass die Nichtigkeitsklage in Großbritannien vor derjenigen in
Deutschland eingereicht wurde und auch – bei der Recherche C… & Ass
- der Vermerk „DE and UK cases“ auf der Aufstellung bzw. Rechnung sich of
fenbar auf die jeweiligen Verfahren in Deutschland und Großbritannien bezog,
geht der Senat im Anschluss an die Feststellungen der Rechtspflegerin angesichts
des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs zwischen beiden Nichtigkeitsverfah-
ren ebenfalls davon aus, dass sämtlichen Recherchen beiden Verfahren dienen
sollten, so dass eine anteilige Berücksichtigung der das Streitpatent betreffenden
Recherchekosten in beiden Verfahren geboten ist. Dies nicht zuletzt auch vor dem
Hintergrund, dass es der Klägerin zu 2) verwehrt sein muss, sich einer u. U. zu ih-
ren Lasten abweichende Kosten(grund)entscheidung im britischen Verfahren bzw.
einer abweichenden Beurteilung zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Recher-
chekosten durch das britische Gericht dadurch zu entziehen, dass sie die gesam-
ten, für beide Verfahren angefallenen (Recherche-)Kosten in vorliegendem Ver-
fahren geltend machen kann.
Angesichts der Identität des deutschen und des britischen Teils des europäischen
Patents ergaben sich auch keine unterschiedlichen Anforderungen an Inhalt und
Umfang einer Recherche. Die durchgeführten Recherchen waren daher in Bezug
auf beide Verfahren in anerkanntem Umfang notwendig. Sie hätten damit auch
dieselben Kosten verursacht, auch wenn sie nur in einem der genannten Verfah-
ren dienen sollten. Deshalb ist die hälftige Teilung der Kosten angemessen.
d) Hingegen kommt eine Aufteilung in Bezug auf das Verletzungsverfahren vor
dem Landgericht Düsseldorf nicht in Betracht. Zwar kann eine den Bestand des
Streitpatents betreffende Recherche in einem Verletzungsverfahren in Zusam-
menhang mit einer (durch den Verletzungsbeklagten) beantragten Aussetzung des
Verfahrens Verwendung finden, so dass u. U. solche Kosten auch als notwendige
Kosten eines Verletzungsverfahrens i. S. von § 91 Abs. 1 ZPO anerkannt werden
können (vgl. dazu OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2011, 158). Dies ändert aber nichts
daran, dass eine den Bestand des Streitpatents betreffende Recherche eine
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streitentscheidende Bedeutung nur im Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespa-
tentgericht zukommen kann und daher letztlich auch nur einem solchen Verfahren
dient. Das Verletzungsgericht muss das Streitpatent als rechtsbeständig hinneh-
men und kann (seinem Ermessen nach) lediglich eine Aussetzung beschließen,
wenn ein Widerruf des Patents in einem Nichtigkeitsverfahren als wahrscheinlich
erscheint. Diese lediglich den Verfahrensablauf beeinflussende mögliche Ausset-
zung eines Verletzungsverfahrens rechtfertigt aber keine Kostenaufteilung auf ein
solches Verfahren. Die Entscheidungen BPatGE 26, 54 und BPatG 10 W 74/99 v.
21. Mai 2011 bieten keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung. Denn in bei-
den Verfahren war Gegenstand des Löschungsverfahrens wie auch des Ver-
letzungsverfahrens jeweils ein Gebrauchsmuster. In diesem Fall kann im Ver-
letzungsverfahren die Schutzunfähigkeit des Musters eingewendet werden,
was - anders als in einem Patentverletzungsstreit - dann grundsätzlich durch das
Verletzungsgericht geprüft werden muss. Damit kommt aber auch den Bestand
des Schutzrechts betreffende Recherchen in beiden Verfahren für die zu treffende
Sachentscheidung Bedeutung zu, was eine Aufteilung dieser Kosten auf beide
Verfahren als naheliegend erscheinen lässt.
e) Die danach erstattungsfähigen Recherchekosten berechnen sich wie folgt:
e) Recherche durch P…
2.000,00 €
f) Recherche japanischer Anmeldungen, insgesamt
8.000,00 €
g) Recherche in Finnland
2.129,19 €
h) weitere Recherche C… Ass.
8.000,00 €
insgesamt
20.129,19 €
davon 50 %
10.064,60 €
abzüglich bereits festgesetzter
4.043,07 €
verbleiben weitere
6.021,53 €.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84 Abs. 2, 99 Abs. 1 PatG, §§ 104 Abs. 3,
92 Abs. 1 ZPO.
Der Wert des Erinnerungsverfahrens ergibt sich aus dem mit der Erinnerung zur
Überprüfung gestellten Betrag gemäß Antrag aus dem Schriftsatz vom
24. März 2014.
Guth
Merzbach
Baumgardt
Bb