Urteil des BPatG vom 16.06.2010
BPatG: beschreibende angabe, patent, eugh, gewebe, bestandteil, beschränkung, allgemeininteresse, begriff, blutanalyse, klinik
BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 62/10
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2008 033 080. 5
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 16. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel,
der Richterin Martens und des Richters Schell
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der
Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 27. Januar 2009 und vom 4. Februar 2010 aufge-
hoben.
G r ü n d e
I.
Angemeldet ist die Wortmarke
GLUCOSPECT
ursprünglich für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der
Klassen 1, 5, 9, 10, 42 und 44
„Präparate und Arzneimittel für humanmedizinische und vete-
rinärmedizinische Zwecke, chemischpharmazeutische Erzeug-
nisse, chemische Präparate für medizinische und pharma-
zeutische Zwecke, fluoreszierende sowie radioaktive Substanzen
für medizinische Zwecke; Diagnostika (soweit in Klasse 5 ent-
halten); chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissen-
schaftliche, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; che-
mische Zusatzstoffe (Marker) zur Kennzeichnung von Stoffen und
Stoffgemischen, Desinfektionsmittel für hygienische, technische,
medizinische und pharmazeutische Zwecke; elektrische Apparate
und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Laborgeräte,
wissenschaftliche Messinstrumente, Analysegeräte insbesondere
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zur Erfassung von Stoffen in vitalem Gewebe, Datenver-
arbeitungsgeräte insbesondere Computer, Datenübertragungs-
geräte, Geräte und Apparate zur Herstellung und/oder Anwendung
von Laserstrahlen; automatische Refraktometer, optische Linsen
und daraus zusammengestellte Linsensysteme; Geräte und
Apparate zur optischen Präsenz- und Konzentrationsanalyse;
Geräte und Apparate zum Messen von Licht und Strahlen,
insbesondere solche zum Messen und Feststellen von Licht- und
Strahlenlängen, -frequenzen und -intensität; Geräte und Apparate
zum Analysieren von transluzenten Fluiden, insbesondere unter
Verwendung von Laserstrahlen und/oder in Kombination mit
Lasergeräten und -apparaten; Laser-Coagulatoren und Laser-
Foto-Coagulatoren sowie Auswertungsgeräte zur quantitativen
Bestimmung des Ausmaßes von chemischen und/oder biolo-
gischen Reaktionen; ärztliche Apparate und Instrumente; Ana-
lysegeräte für Körpergewebe und Körperflüssigkeiten; Com-
putersoftware, insbesondere auf Speichermedien aufgezeichnete
Computerprogramme zur Verwendung bei der Analyse von
Stoffen insbesondere im vitalen Gewebe sowie zur Kontrolle
interagierender Medizinbestandteile, ihrer Wirkungen und klini-
schen Bedeutung; Dienstleistungen eines Chemikers und
Biologen, Dienstleistungen eines chemischen und biochemischen
Labors; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung,
medizinische, biologische und chemische Forschung, Dienst-
leistungen eines Arztes, Dienstleistungen einer Klinik“.
Die Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren
ergangen ist, nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG, zurückgewiesen.
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Gegen diese Beschlüsse richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Im Laufe
des Beschwerdeverfahrens hat sie das Warenverzeichnis der angemeldeten
Marke auf die Produkte
„ärztliche Apparate und Instrumente, nämlich Analysegeräte für
Körpergewebe und Körperflüssigkeiten, sämtliche Waren nicht für
nuklearmedizinische Untersuchungen“
beschränkt und beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 27. Januar 2009 und vom 4. Fe-
bruar 2010 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und nach der erfolgten Beschränkung
des Warenverzeichnisses auch in der Sache erfolgreich. In Bezug auf die nun
noch verfahrensgegenständlichen Produkte stehen dem angemeldeten Zeichen
keine Schutzausschließungsgründe entgegen, insbesondere nicht die Schutz-
ausschließungsgründe des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG.
Das angemeldete Zeichen besteht aus der Kombination der beiden Ein-
zelbestandteile „GLUCO“ und „SPECT“. Bei dem Bestandteil „GLUCO“ handelt es
sich um ein gebräuchliches Wortbildungselement für „Glucose" (vgl. Duden – Das
große Fremdwörterbuch, 4. Aufl. 2007, S. 515) und bei dem weiteren Wortteil
„SPECT" um die Abkürzung der so genannten „Single-Photonenemissions-
Computertomografie" (vgl. Beckers – Abkürzungslexikon Medizinischer Begriffe,
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5. Aufl., 2002, S. 418), einem nuklearmedizinischen Untersuchungsverfahren, wie
dies die Markenstelle zutreffend dargelegt hat.
Bei der Schutzfähigkeitsprüfung ist ausschließlich auf die mit der Anmeldung
konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen abzustellen und zu prüfen,
ob die angemeldete Marke im Hinblick auf diese Produkte oder Leistungen eine
eindeutige, unmittelbar sachbezogene Aussage vermittelt oder ob sie aus
sonstigen Gründen von der Eintragung ausgeschlossen ist (vgl. EuGH GRUR
2004, 674, 676, Rdn. 55 f. – Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680, 681 –
BIOMILD; BGH GRUR 2005, 417, 419 – BerlinCard). Im Hinblick auf die nun noch
beanspruchten Waren sind Anhaltspunkte, die für ein schutzwürdiges
Allgemeininteresse an der ungehinderten Verwendbarkeit des angemeldeten
Markenworts sprechen könnten, nicht ersichtlich. So haben die Recherchen des
Senats im vorliegenden Fall keine Feststellungen dazu ergeben, dass die
Bezeichnung „GLUCOSPECT“ bereits als beschreibende Angabe verwendet
würde oder dass sie im Hinblick auf die fraglichen Waren zumindest geeignet
wäre, zur produktbezogenen Merkmalsbeschreibung dienen zu können. Selbst
wenn man dem Markenteil „SPECT“ mit der Markenstelle einen Hinweis auf die
medizinische Verfahrenstechnik „Single-Photonenemissions-Computertomografie“
entnehmen wollte, scheidet ein produktbeschreibender Zusammenhang zwischen
den verfahrensgegenständlichen Waren und dem Markenwort für die nun noch
beanspruchten Waren von vornherein aus. Ebenso wenig ist die angemeldete Ma
relevanter Weise beschreibend auf ärztliche Apparate und Instrumente
hinzuweisen, die zur Blutanalyse mit Hilfe eines Spektrometers bestimmt sind.
Denn trotz umfangreicher Recherchen konnten weder Belege dafür ermittelt
werden, dass es sich bei dem Wortelement „SPECT“ um eine lexikalisch
nachweisbare Abkürzung des Begriffs „Spektrometer“ bzw. des englischen Wortes
„Spectrometer“ handelt, noch dass die genannte Buchstabenfolge sonst als Kürzel
für diese oder andere einschlägige Sachbegriffe gebräuchlich wäre.
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Somit kann dem Markenwort „GLUCOSPECT“ für die verfahrensgegenständlichen
Waren weder ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt
zugeordnet werden, noch handelt es sich bei ihm um einen gebräuchlichen Begriff
der deutschen Sprache, der vom Verkehr stets nur als solches und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden wird. Allenfalls könnte die Marke im Hinblick auf
die beanspruchten Waren als „sprechendes Zeichen“ anzusehen sein, was aber
ihre Eignung zur Ausübung der markenrechtlichen Herkunftsfunktion nicht in
Frage stellt (vgl. hierzu BGH GRUR 2001, 1150 - LOOK).
Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Anmeldung nach § 8 Abs. 2
Nr. 1 und 2 MarkenG liegen daher nicht vor und auch sonstige Schutzhindernisse
sind nicht ersichtlich. Unter Berücksichtigung des Eintragungsanspruchs des
Anmelders nach § 33 Abs. 2 MarkenG war der angefochtene Beschluss daher in
dem im Tenor genannten Umfang aufzuheben.
Stoppel
Martens
Schell
Me