Urteil des BPatG vom 18.07.2001

BPatG: dienstleistung, beratung, unterscheidungskraft, werbung, verkehr, patent, eigenschaft, maler, wörterbuch, urkunde

BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 153/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 40 802
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 18. Juli 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel,
der Richterin Martens und des Richters Kunze
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß des Deut-
schen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 8 - vom
22. März 2000 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung auch hin-
sichtlich der Dienstleistung "Werbung" zurückgewiesen worden ist.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist das Wort
Speedpainter
für die Waren und Dienstleistungen
handbetätigte Werkzeuge und Geräte; Werbung; Beratung auf
dem Gebiet des Handwerks.
Die Markenstelle für Klasse 8 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Be-
schluß vom 22. März 2000 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft
und bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Das Zeichen bestehe
lediglich aus der sprachüblich gebildeten Verbindung der zum englischen Grund-
wortschatz gehörenden Wörter "speed" und "painter", die der Verkehr als unmit-
telbar beschreibenden Sachhinweis auf "schneller Maler, Geschwindigkeitsan-
streicher, Schnellanstrichgerät" verstehe.
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Dagegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders mit dem sinngemäßen An-
trag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben. Er ist der Ansicht, das angemel-
dete Zeichen könne schon deshalb nicht unmittelbar beschreibend wirken, weil die
angemeldete Wortkombination lexikalisch nicht nachweisbar sei. Im übrigen
komme jedem Wort für sich gesehen ein mehrdeutiger Sinngehalt zu. Für die be-
anspruchten Waren, zu denen ua auch Malereinrichtungen für Streichkissenpinsel,
Winkelpinsel mit einem Streichpelz und Streichkissenmalerpinsel gehörten, sei der
von der Markenstelle unterstellte Sinngehalt irrelevant. Denn diese beispielhaft
genannten Geräte seien nämlich eher für langsame als für schnelle Malerarbeiten
gedacht und zu gebrauchen. Schließlich trägt der Anmelder vor, das Anmeldezei-
chen sei für identische Waren in Großbritannien eingetragen worden.
II.
Die zulässige Beschwerde ist überwiegend unbegründet. Auch nach Auffassung
des Senates fehlt der angemeldeten Wortmarke im Hinblick auf die Waren "hand-
betätigte Werkzeuge und Geräte" und die Dienstleistung "Beratung auf dem Ge-
biet des Handwerks" zumindest die gem § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche
Unterscheidungskraft.
Die weitergehende Beschwerde ist dagegen begründet, da keine Schutzhinder-
nisse in Bezug auf die auch beanspruchte Dienstleistung "Werbung" bestehen.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Herkunftshinweis auf die an-
gemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unterneh-
men aufgefaßt zu werden. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich von einem groß-
zügigen Maßstab auszugehen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungs-
kraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Diese Unterscheidungs-
kraft fehlt jedoch, wenn dem Zeichen ein für die beanspruchten Waren oder
Dienstleistungen im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zugeordnet werden
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kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache han-
delt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in
der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstan-
den wird (BGH WRP 1999, 1167, 1169 "YES" und "FOR YOU").
Diese geringen Anforderungen erfüllt das angemeldete Zeichen hinsichtlich der
Waren "handbetätigte Werkzeuge und Geräte" und der Dienstleistung "Beratung
auf dem Gebiet des Handwerks" nicht. Die Markenstelle ist insoweit zutreffend da-
von ausgegangen, daß die Anmeldung eine sprachübliche Wortneuschöpfung der
englischen Sprache darstellt, die ins Deutsche mit dem Wort "Schnellanstreicher"
bzw "Schnellanstrichgerät" zu übersetzen ist. Denn das Wort "speed" bedeutet im
Englischen soviel wie "Geschwindigkeit, Schnelligkeit, Eile" (vgl Duden Oxford,
Großwörterbuch,2. Aufl 1999, S 1552). Auch das Wort "painter" läßt sich lexika-
lisch im Sinne von "Maler, Anstreicher" nachweisen (vgl Collins PONS, Großwör-
terbuch, 4. Aufl 1999, S. 1622). Die angemeldete Wortkombination findet sich
allerdings nicht in den einschlägigen Nachschlagewerken. Dies begründet jedoch
noch nicht die Schutzfähigkeit eines Wortes iS des Markengesetzes. Denn auch
Wortneubildungen können vom Markenschutz ausgenommen sein, wenn sie
sprachüblich gebildet sind. Davon muß im vorliegenden Fall in Bezug auf die ge-
nannten Waren und die Dienstleistung "Beratung auf dem Gebiet des Handwerks"
ausgegangen werden. Was die beanspruchten Waren betrifft, versteht der ange-
sprochene deutsche Verkehrskreis, im wesentlichen Endverbraucher, die die Wa-
ren in Fachgeschäften oder Baumärkten erwerben, die Anmeldung im Sinne von
"Schnellanstreicher" bzw "Schnellanstrichgerät". Dabei kommt es nicht darauf an,
ob das Wort "painter" im englischsprachigen Raum allein personenbezogen ver-
wendet wird, wie der Anmelder vorträgt. Entscheidend ist vorliegend vielmehr auf
das Verständnis des inländischen Verkehrs abzustellen, das vom Verständnis ei-
nes Wortes im Mutterland der Sprache abweichen kann. Daß der Anmelder vorlie-
gend möglicherweise Waren, die nicht zum schnellen Anstreichen geeignet sind,
beansprucht, ist nicht entscheidungserheblich. Ausschlaggebend ist vielmehr, daß
auch Waren im Sinne des Bedeutungsgehaltes "Schnellanstrichgerät" unter dem
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Anmeldewort vertrieben werden können. Damit fehlt es in Bezug auf die bean-
spruchten Waren insoweit an der erforderlichen Unterscheidungskraft.
Gleiches gilt im Hinblick auf die Dienstleistung "Beratung auf dem Gebiet des
Handwerks". Denn auch insoweit kommt dem angemeldeten Zeichen ebenfalls
eine lediglich unmittelbar beschreibende Sachangabe zu, da der weite Oberbegriff
auch die Beratung im Hinblick zB auf "Schnellanstrichgeräte" umfaßt.
An dieser Bewertung ändert auch eine möglicherweise bestehende Voreintragung
in Großbritannien nichts. Insoweit liegt dem Senat eine Kopie der entsprechenden
Urkunde allerdings nicht vor. Selbst wenn man jedoch von einer Eintragung in
Großbritannien für die auch hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen aus-
geht, würde dieser Umstand lediglich ein Indiz dafür bedeuten , daß das
Anmeldewort nach dem originären Sprachverständnis eher keine beschreibende
Bezeichnung darstellt. Vorrangig sind jedoch die Feststellungen von Bedeutung,
die den inländischen Verkehr betreffen. Angesichts des klaren Verständnisses
vom Bedeutungsgehalt des Anmeldewortes bei den inländischen Verkehrskreisen
kommen vorliegend keine Zweifel an der beschreibenden Eigenschaft des
Anmeldezeichens auf. Nur für den Fall, daß nach den getroffenen Feststellungen
Zweifel an der beschreibenden Eigenschaft eines fremdsprachigen Anmelde-
wortes bestehen, vermag eine Voreintragung einen Hinweis darauf zu geben, daß
das Zeichen betriebskennzeichnend wirken kann. So liegt der Fall – wie ausge-
führt – hier aber nicht.
Die Beschwerde hatte somit keinen Erfolg, soweit der Anmelder Schutz für die
Waren "handbetätigte Werkzeuge und Geräte" und die Dienstleistung "Beratung
auf dem Gebiet des Handwerks" beansprucht.
Dagegen ist die Beschwerde begründet, soweit die Anmeldung auch wegen der
Dienstleistung "Werbung" zurückgewiesen worden ist. In Bezug darauf ist dem
Anmeldezeichen kein unmittelbar beschreibender Sachhinweis zu entnehmen.
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Auch besteht für die Mitbewerber offensichtlich kein Freihaltebedürfnis, so daß der
angefochtene Beschluß insoweit aufzuheben war.
Stoppel Martens Kunze
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