Urteil des BPatG vom 25.07.2006

BPatG: stand der technik, patentanspruch, zustand, gewebe, materialien, form, zone, neuheit, eigenschaft, sicherheitsleistung

BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
3 Ni 30/03 (EU)
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
25. Juli 2006
In der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
betreffend das europäische Patent 0 521 883
(DE 691 21 703)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2006 unter Mitwirkung …
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig voll-
streckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 14. Januar 1991 angemeldeten
und u. a. mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in
der Verfahrenssprache Englisch erteilten europäischen Patents 0 521 883, das in
der deutschen Übersetzung „Räumlich modifizierte elastische Verbundstoffe“ be-
trifft und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer
DE 691 21 703 geführt wird. Für das Streitpatent wurde die Priorität der amerika-
nischen Patentanmeldung 502330 vom 30. März 1990 in Anspruch genommen.
Das Streitpatent (EP 0 521 883 B1, Streitpatentschrift) umfasst 29
Patentan-
sprüche. Die nebengeordneten Patentansprüche 1, 2, 25 und 27 lauten nach der
Übersetzung der europäischen Patentschrift (DE 691 21 702 T2) wie folgt:
- 3 -
„1. Mehrlagige Laminatfolie, umfassend mindestens eine nicht-
elastomere Skinlage und mindestens eine Kernlage, wobei die
mindestens eine Skinlage und die mindestens eine Kernlage
bevorzugte Aktivierungsbereiche und nichtbevorzugte Aktivie-
rungsbereiche bilden, in denen mindestens eine Kernlage im
wesentlichen elastomer in mindestens den bevorzugten Akti-
vierungsbereichen ist, und die mindestens eine Skinlage
und/oder die mindestens eine Kernlage so geschaffen sind,
dass, wenn das mehrlagige Laminat gestreckt wird, sich die
bevorzugten Aktivierungsbereiche in den gedehnten Berei-
chen bis zu einem elastischen Zustand dehnen und erholen
können.
2. Mehrlagige Laminatfolie, umfassend mindestens eine nicht-
elastomere Skinlage und mindestens eine Kernlage, dadurch
gekennzeichnet, dass die mindestens eine Skinlage und die
mindestens eine Kernlage mindestens eine bevorzugte Akti-
vierungszone bilden, wobei die mindestens eine Kernlage im
wesentlichen elastomer ist und wobei die Lagen im wesentli-
chen koextensiv sind und über der bevorzugten Aktivierungs-
zone und mindestens einer angrenzenden nichtbevorzugten
Aktivierungszone über relativ konstante mittlere Dicken verfü-
gen, wobei mindestens eine Skinlage und/oder mindestens
eine Kernlage so geschaffen werden, dass sie, wenn das
mehrlagige Laminat gestreckt wird, mindestens eine bevor-
zugte Aktivierungszone bevorzugt gedehnt wird, und sich in
der bevorzugten Aktivierungszone erholen kann, um zu einer
elastischen Zone zu werden, wobei das mehrlagige Laminat
und die angrenzenden mehrlagigen, nichtbevorzugten Aktivie-
rungszonen sich nicht bevorzugt dehnen, um weitgehend
nichtelastische Bereiche zu schaffen.
- 4 -
25. Elastisches Klebeband, umfassend das Laminat nach einem
der Ansprüche 2 oder 3, bei welchem ein Bereich außerhalb
mindestens einer bevorzugten Aktivierungszone ferner eine
Klebstoffschicht aufweist.
27. Verfahren zum Erzeugen eines zonenaktivierbaren, nichtelas-
tischen Laminats nach Anspruch 1 oder 2, umfassend die
Schritte: Schaffen eines mehrlagigen Laminats mit elasto-
merem Kern und nichtelastomeren thermoplastischen Skin-
lagen sowie Behandeln dieses Laminats in bestimmten, vorbe-
stimmten Zonen in einer oder in mehreren Lagen, wodurch
bevorzugte Aktivierungszonen geschaffen werden, und wobei
sich die bevorzugten Aktivierungszonen unter Bildung einer
elastischen Zone vorzugsweise dehnen und erholen.“
Wegen der mittelbar oder unmittelbar auf Patentanspruch 1 und/oder Patentan-
spruch 2 zurückbezogenen Patentansprüche 3 bis 24, dem auf den Patentan-
spruch 25 zurückbezogenen Patentanspruch 26 sowie der auf Patentanspruch 27
mittelbar oder unmittelbar zurückbezogenen Patentansprüche 28 und 29 wird auf
die Streitpatentschrift Bezug genommen.
Die Klägerin macht geltend, das Streitpatent sei nicht patentfähig, weil die Ge-
genstände der Patentansprüche 1, 2 und 27 nicht neu seien und nicht auf einer
erfinderischen Tätigkeit beruhten. Sie bezieht sich zur Begründung u. a. auf fol-
gende Dokumente:
US 4 507 163 (Anlage 5; A5)
US 4 464 217 (Anlage 7; A7)
US 4 300 967 (Anlage 8; A8)
US 4 731 066 (Anlage 9; A9)
US 4 880 682 (Anlage 10; A10)
- 5 -
US 4 834 741 (Anlage 13; A13) sowie eine auszugsweise deutsche Übersetzung
davon (Anlage 13a)
US 4 087 226 (Anlage 15; A15)
US 4 525 407 (Anlage 16; A16).
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 0 521 883 mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig
zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und hält das Streitpatent
für patentfähig.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet.
Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund steht dem Streitpatent nicht entgegen,
Art.
II §
6 Abs.
1 Nr.
1 IntPatÜG, Art.
138 Abs.
1 Buchst.
a EPÜ i.
V.
m.
Art. 52, 54, 56 EPÜ.
I.
1.
(DE 691 21 703 T2) das Gebiet der elastomeren Folien und speziell ein verbes-
sertes elastomeres Laminat.
- 6 -
2.
für Anwendungen bei Wegwerfprodukten wie beispielsweise Babywindeln und In-
kontinenzmitteln bereit zu stellen, die die im Stand der Technik vorhandenen, in
der Patentschrift auf den Seiten 1 bis 5 beschriebenen Nachteile überwindet. Zu
diesen Nachteilen gehören u. a. Probleme mit Materialien infolge hoher Tempe-
raturen bei der Herstellung und Verarbeitung elastomerer Materialien (Streitpa-
tentschrift S. 1 Abs. 2 bis S. 2 Abs. 1), Probleme beim Aufbringen elastomerer Fo-
lien auf flexible Substrate (Streitpatentschrift S. 3 Abs. 2), komplizierte Konstrukti-
onsmechanismen bzw. Fertigung von Verbundmaterialien, die in bestimmten Be-
reichen eines Bandes elastisch sind (Streitpatentschrift S. 4/5).
3.
spruch 1 eine
1.
Mehrlagige Laminatfolie, die
a.
mindestens eine nichtelastomere Skinlage und
b.
mindestens eine Kernlage umfasst.
2.
Die mindestens eine Skinlage und die mindestens eine Kern-
lage bilden bevorzugte Aktivierungsbereiche und nichtbevor-
zugte Aktivierungsbereiche.
3.
Zumindest in den bevorzugten Aktivierungsbereichen ist die
mindestens eine Kernlage im wesentlichen elastomer.
4.
Die mindestens eine Skinlage und/oder die mindestens eine
Kernlage sind so geschaffen, dass, wenn das mehrlagige La-
minat gestreckt wird, sich die bevorzugten Aktivierungsbereiche
in den gedehnten Bereichen bis zu einem elastischen Zustand
dehnen und erholen können.
- 7 -
II.
Der hier zuständige Fachmann - ein in der Entwicklung von Kunststofffolien tätiger
Fachhochschulingenieur der Kunstofftechnik - entnimmt der Lehre des Streitpa-
tents eine mindestens eine nichtelastomere Skinlage und mindestens eine zumin-
dest bereichsweise elastomere Kernlage umfassende Laminatfolie (Merkmale 1.
und 3.), wobei die Laminatfolie als Ganzes so verstreckt wird, dass in vorbe-
stimmten Bereichen der Skinlage bzw. der Skinlagen die Elastizitätsgrenze des
Materials überschritten wird, so dass, wenn sich das Laminat wieder erholt bzw.
zusammenzieht, in diesen Bereichen der Skinlagen eine Mikrotextur entsteht, wie
sie schematisch in Figur 2 der Patentschrift dargestellt ist (S.
8 vorle. Abs. und der
die S. 29 und 30 umgreifende Abs.). In diesem Sinne versteht der Fachmann die
Patentschrift zu verstehen, wenn in der Beschreibung ausgeführt ist, dass die mit
Mikrotextur versehenen Bereiche den Abschnitten des Laminats entsprechen, die
„von einer nichtelastischen in eine elastomere Form aktiviert worden sind“ (Streit-
patentschrift S. 5 Abs. 2 Zn. 8 bis 11), was auch mit „selektiver oder bevorzugter
Aktivierung“ bezeichnet wird (S. 5 Abs. 2 ab siebter Z. von unten).
Die vorbestimmten Bereiche der Skinlagen, in denen bei einer Streckung des La-
minats die Elastizitätsgrenze überschritten und somit eine bevorzugte Aktivierung
erzielt wird, kommen dadurch zustande, dass in diesen ausgewählten Quer-
schnittsbereichen des Laminats die Werte des relativen Elastizitätsmoduls (E-
Modul) kleiner als der E-Modul von angrenzenden Querschnittsbereichen und aus-
reichend niedrig für eine Überstreckung über die Elastizitätsgrenze hinaus sind
(S. 6 Abs. 1). Die bereichsweise Vorbestimmung des E-Moduls erfolgt dabei durch
Ändern physikalischer oder chemischer Eigenschaften, beispielsweise durch
Ablation, Beizen, Coronabehandlung oder dergleichen (S. 6 Abs. 2). Um Bereiche
mit modifizierten Modulwerten zu erhalten, kann nach dem Herstellen des Lami-
nats beispielsweise auch kontrolliertes lokalisiertes Verstrecken des Laminats
durchgeführt werden, was im Streitpatent auch als „Post-Laminatbildungsmodul“-
Behandlung bezeichnet wird (S. 19, Abs. 3). Diese der lokalen Modifizierung des
- 8 -
E-Moduls dienende Maßnahme ist nicht zu verwechseln mit dem Verstrecken des
gesamten Laminats im Anschluss an diese Vorbehandlung.
Durch eine derartige Vorbehandlung des Laminats kommen Bereiche mit unter-
schiedlichen Modulwerten zustande. Diejenigen Bereiche, deren Modulwerte aus-
reichend niedrig sind, um bei einer Verstreckung des gesamten Laminats über ihre
Elastizitätsgrenze verstreckt zu werden, stellen dabei nichts anderes dar, als die
bevorzugten Aktivierungsbereiche gemäß dem Merkmal 2. des Patentanspruchs 1
bzw. die bevorzugten Aktivierungszonen gemäß den nebengeordneten Patentan-
sprüchen 2 und 27 (vgl. Streitpatentschrift S. 29 Abs. 2). Was demgegenüber
unter den nicht bevorzugten Aktivierungsbereichen zu verstehen ist, erschließt
sich aus der Beschreibung auf S. 32 Abs. 2, die ersten acht Zeilen, nämlich die
Bereiche, die beispielsweise aus einem Material mit hohem E-Modul bestehen und
somit beim Verstrecken des Laminats nicht über ihre Elastizitätsgrenze hinaus
gestreckt werden.
Die Aktivierung des Laminats i. S. d. Patents umfasst also folgende Schritte:
1. Festlegung bzw. Vorbestimmung von bevorzugten und nicht bevorzugten Berei-
chen durch Vorbehandlung zur Erzeugung unterschiedlicher E-Module, und
2. Verstrecken des gesamten Laminats derart, dass in Bereichen mit geeignetem
E-Modul die Elastizitätsgrenze überschritten wird.
Insgesamt führt diese bevorzugte Aktivierung zur Elastifizierung der vorbestimm-
ten Bereiche (Streitpatentschrift S. 6 Zn. 8 bis 12) in der Weise, als dass sich die
bevorzugten Aktivierungsbereiche bei einer verwendungsgemäßen Streckung
bzw. Dehnung des mehrlagigen Laminats bis zu einem elastischen Zustand deh-
nen und erholen können, wie es im Merkmal 4. des Patentanspruchs 1 angegeben
ist.
Ausgehend von diesem Verständnis der Lehre des Streitpatents ist der Gegen-
stand des Patentanspruchs 1 neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätig-
keit.
- 9 -
Die Neuheit ist allein schon deshalb gegeben, weil bevorzugte Aktivierungsberei-
che i. S. d. Streitpatents weder in den von der Klägerin genannten Entgegenhal-
tungen A5 und A7 bis A10, A13 sowie A15 und A16 noch in dem in der Beschrei-
bungseinleitung der Patentschrift genannten Stand der Technik beschrieben sind.
Weitere Einzelheiten zum Stand der Technik ergeben sich aus den nachfolgenden
Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents beruht auf einer erfinde-
rischen Tätigkeit.
Der in der A13 beschriebene Stand der Technik, der dem Streitpatent am nächs-
ten kommt, konnte dem Fachmann hinsichtlich der Lösung der dem Patent
zugrunde liegenden Aufgabe keine Anregung zu einer Lehre vermitteln, wie sie im
Patentanspruch 1 angegeben ist.
Wie beispielsweise aus der Figur 1 i. V. m. Beschreibung Sp. 7 Zn. 37 bis 61 der
A13 hervorgeht, weist die dort beschriebene Windel eine unterseitige Lage 3 (back
sheet) und eine oberseitige Lage 11 (top sheet) auf, die miteinander verbunden
sind (Sp. 7 Zn. 49 bis 52) und somit eine Laminatfolie bilden (Merkmal 1). Diese
Schichten bestehen aus polymeren Materialien, die aus Fasern oder Filamenten
bestehen, die, wenn die Folie gestreckt wird, molekular orientiert werden, so dass
die Folie dadurch eine permanente Elongation erfährt (Sp. 7 Z. 62 bis Sp. 8 Z. 4).
Das bedeutet nichts anderes, als dass es sich dabei um nichtelastomere
Skinlagen handelt (Merkmal 1a). Im Bund- und Beinbereich der Windel sind
entlang des Folienrandes zwischen den Skinlagen 3 und 11 elastische Bän-
der 41, 42 angeordnet (Sp. 7 Zn. 55 bis 58), so dass das Merkmal 1b und - bis auf
die Aktivierung - Merkmal 3 erfüllt sind.
In Sp. 9 Z. 46 bis Sp. 10 Z. 26 i. V. m. Figuren 4 bis 6 der A13 ist dargestellt, dass
die mehrlagige Laminatfolie 43 bei der Herstellung von Windeln durch ein Paar
gegenläufiger Walzen 51 läuft, die abschnittweise ineinandergreifende Erhöhun-
gen 53 (raised portions) und Furchen 55 (corrugations) tragen, so dass die Lami-
- 10 -
natfolie im Bereich der elastischen Bänder 41, 42 - also bereichsweise - verstreckt
wird. Dabei werden die Skinlagen aufgrund ihres Streckverhaltens dauerhaft ge-
streckt, was dazu führt, dass sich die Laminatfolie in diesem Bereich aufgrund der
elastischen Eigenschaft der Bänder 41, 42 nach der Streckung zusammenzieht
und Kräuselungen 57, 59 (Figuren 9 und 10) bildet, wodurch selbstverständlich
der Folie im Bereich der elastischen Bänder insgesamt die für den bestimmungs-
gemäßen Gebrauch der Windel erforderliche Elastizität verliehen wird, wie im
Merkmal angegeben.
In der A13 ist allerdings keine Anregung dahingehend zu finden, bereichsweise
den Elastizitätsmodul der Laminatfolie vor dem Verstrecken vorzubestimmen, so
dass auch hier kein Gedanke an eine Aktivierung i. S. d. Streitpatents (Merkmal 2.
im Anspruch 1) angestoßen wird.
Auch die übrigen, im Verfahren befindlichen Druckschriften A5, A7 bis A10
und A15, A16 können keinen Anstoß in die Richtung des Patentanspruchs 1 des
Streitpatents geben, da dort nirgends ein Hinweis auf eine bereichsweise Vorbe-
stimmung des Elastizitätsmoduls und anschließende Verstreckung des ganzen
Laminats über die Elastizitätsgrenze bestimmter Bereiche hinaus zu finden ist und
insoweit eine Aktivierung i. S. d. Streitpatents nicht angestoßen wird. Die Entge-
genhaltungen A7 bis A10 sind im Übrigen in der mündlichen Verhandlung nicht
mehr aufgegriffen worden.
So beschreibt die A5 eine Windel (Figur 3 i. V. m. Sp. 4 Zn. 13 bis 26), welche
zwei unelastische Folien (inelastic backing web 51; inelastic facing web 53) auf-
weist, zwischen welche im Randbereich vorgespannte bzw. gedehnte elastische
Bänder (stretched elastic member 55, 56) eingeklebt sind. Es handelt sich also um
eine mehrlagige Laminatfolie, die - zumindest im Randbereich - mindestens eine
nichtelastomere Skinlage und mindestens eine Kernlage umfasst, so dass die
Merkmale 1a und 1b gegeben sind. Durch Behandeln mit einem Lösungsmittel
werden die Enden 57 der elastischen Bänder 55, 56 unelastisch gemacht (A5,
Sp. 4 Zn. 1 bis 8 und Zn. 22 bis 26), was nichts anderes bedeutet, als dass in be-
- 11 -
vorzugten Bereichen, zwischen den Endbereichen 57, die Kernlage im Wesentli-
chen elastomer ist, so dass die Merkmalsgruppe 3. bis auf das Merkmal der Akti-
vierung gegeben ist. Die elastischen Bänder 55, 56 ziehen im Mittelbereich der
Windel (central portion of the diaper) das Laminat zusammen. Beim Gebrauch der
Windel kann der Mittelbereich selbstverständlich dementsprechend gedehnt wer-
den und kann sich auch wieder zusammenziehen, so dass dort die mindestens
eine Skinlage und/oder die mindestens eine Kernlage so geschaffen sind, dass,
wenn das mehrlagige Laminat gestreckt wird, sich die gedehnten Bereiche bis zu
einem elastischen Zustand dehnen und erholen können. Insoweit liegen zwar
auch bei der A5, wie dort in Sp. 2 Zn. 5 bis 12 ausgeführt, vorbestimmte Bereiche
mit elastischen Eigenschaften und inelastische Bereiche vor. Von einer Aktivie-
rung i. S. d. Streitpatents ist aber wiederum nichts zu finden.
Die A15 beschreibt eine Vorrichtung mit einer Profilwalzenanordnung zum Quer-
verstrecken einer Folienbahn (Anspruch 1). Aus Sp. 1 Zn. 48 bis 52 der A15 geht
hervor, dass bei Verwendung einer solchen Vorrichtung streifenförmige Zonen in
der Folienbahn erzeugt werden können, die sich hinsichtlich ihres Verstreckungs-
grades deutlich unterscheiden. Von einer mehrschichtigen Laminatfolie mit in-
elastischen Skinlagen und elastischer Kernlage ist dort ebensowenig die Rede,
wie von bereichsweise unterschiedlichem Elastizitätsmodul und einer Verstre-
ckung über die Elastizitätsgrenze hinaus.
Die A16 zeigt einen folienartigen Verbundwerkstoff (etwa Figuren
2,3,
8,
11
i. V. m. Beschreibung Sp. 3 Zn. 16 bis 36, Sp. 4 Zn. 8 bis 21 und Zn. 35 bis 43 und
Anspruch 1), der aus mehreren Lagen besteht (z.B. Figuren 1, 2 und 5), welche
miteinander verbunden sind, etwa durch Wärmeverschweißen (Figur 14 i. V. m.
Sp. 5 Zn. 3 bis 17; „heat sealed three layer composite 228“). In der A16 wird also
eine mehrlagige Laminatfolie beschrieben (Merkmal 1). Es ist mindestens eine
Lage (20; 210) aus einem elastischen Material („elastic member) vorhanden, wel-
che sich beispielsweise zwischen zwei Lagen (28, 30; 214, 216) eines Substrats
befindet (Figuren 5, 14). Dabei ist das Substrat weniger dehnbar und weniger
elastisch als das elastische Element (Sp. 2 Z. 66 bis Sp. 3 Z. 5, Sp. 3 Zn. 41
- 12 -
bis 48) und umfasst beispielsweise Polypropylen oder Polyethylen (Sp. 5 Zn. 7
bis 11). Insgesamt bedeutet dies, als dass mindestens eine nichtelastomere Skin-
lage und mindestens eine elastische Kernlage vorhanden sind, so dass Merk-
male 1a und 1b erfüllt sind. Aus den Figuren 7 bis 9 i. V. m. Sp. 3 Z. 64 bis Sp. 4
Z. 21 der A16 geht hervor, dass, wenn die mehrlagige Laminatfolie gestreckt wird,
die Skinlage eine dauerhafte Verlängerung bzw. Dehnung erfährt („The substrate
extends and untergoes permanent elongation …“). Wird die Folie losgelassen, so
geht sie auf ihre Ausgangslänge zurück. Dabei wird die dauerhaft gedehnte Skin-
lage gekräuselt („puckered“), wenn sich die Folie wieder zusammenzieht. Dies ist
mit der Art und Weise, wie sie in A13 beschrieben ist, vergleichbar.
Die A10 beschreibt eine mehrschichtige koextrudierte Folie (Anspruch 1), also
eine mehrlagige Laminatfolie. Nach Anspruch 1, Figuren 1 und 2 i. V. m. Be-
schreibung umfasst diese Laminatfolie wenigstens eine thermoplastische Skin-
lage 12 („thermoplastic skin layer“), die im Wesentlichen inelastisch ist (Sp. 5
Zn. 45 bis 47), und eine elastomere Kernlage 11 („elastomeric core layer“). Somit
sind die Merkmalsgruppen 1., 1a. und 1b. erfüllt. Wie in Sp. 2 Zn. 3 bis 19 der A10
ausgeführt, wird nach der Herstellung der die zwei inelastischen Skinlagen und die
elastomere Kernlage umfassenden Laminatfolie durch Coextrusion (Schritt (a)) die
Laminatfolie auf wenigstens 100 % ihrer Ausgangslänge gestreckt (Schritt (b)) und
die gestreckte Folie relaxiert (Schritt (c)). Dieser Vorgang erzeugt eine Folie, bei
der die Skinlage eine wellenförmige Mikrostruktur („microundulations“) hat (vgl.
Streitpatentschrift S. 8 Mitte: „Mikrostruktur bedeutet …“). Das bedeutet, dass die
gesamte Laminatfolie der A10 i. S. d. Streitpatents aktiviert ist (vgl. Merkmal 2.)
und dass die Kernlage im Wesentlichen elastomer ist (Merkmal 3.). Insgesamt
sind dort die Skinlagen und die Kernlage so beschaffen, dass die Folie elastisch
ist und dadurch Erzeugnisse aus dieser Folie u. a. eine besondere Passform er-
halten (Sp. 1 Z. 67 bis Sp. 2 Z. 2 der A10).
Davon unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruch 1 des Streitpatents da-
durch, dass nicht ein einzelner Aktivierungsbereich, sondern mehrere solche be-
vorzugte Aktivierungsbereiche und nichtbevorzugte Aktivierungsbereiche vorhan-
- 13 -
den sind. Dagegen enthält die A10 keine Anregung, anstelle der gesamten Lami-
natfolie selektiv bestimmte Bereiche zu aktivieren, um die dem Patent zugrunde
liegende Aufgabe zu lösen.
Entsprechendes gilt für die in den Druckschriften A7, A8 und A9 beschriebenen
Gegenstände. Die A7 betrifft die Herstellung von Windeln, wobei elastische Ele-
mente in Form von Bändern 42 auf einem feuchtigkeitsundurchlässigen Ge-
webe 40 befestigt werden (Figur 3 i. V. m. Beschreibung Sp. 5 Z. 25 bis Sp. 6
Z. 22). Die elastischen Bänder werden vor dem Befestigen am Gewebe 40 ab-
schnittweise vorgespannt, so dass schließlich im entspannten Zustand elastische
Abschnitte entstehen (Figur 5 i. V. m. Sp. 7 Zn. 3 bis 52).
In der A8 geht es um mehrlagige Laminatfolien, beispielsweise zur Herstellung
von Windeln (Figur 1 i. V. m. Sp. 4 Zn. 43 bis 61). Elastische Bänder 30, die in
vorgespanntem Zustand zwischen inelastische Skinlagen (facing sheet 21, ba-
cking sheet 22) laminiert sind, ziehen sich nach dem Herstellungsprozess zusam-
men und verleihen der Folie elastische Eigenschaften (Sp. 6 Zn. 28 bis 40). Die
jeweiligen Endbereiche 31 der Bänder sind nach entsprechender Vorbehandlung
inelastisch (Sp. 6 Zn. 1 bis 11).
Die in A9 beschriebene Windel (Figuren 1 bis 3 i. V. m. Sp. 2 Z. 67 bis Sp. 3 Z. 21)
weist zwei Skinlagen 32 und 38 aus dehnbarem Gewebe und eine elastische
Kernlage 36 auf, wobei die Windel in den Bundbereichen gedehnt werden kann.
An der Feststellung der Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1
kann auch der übrige, in der Beschreibung des Streitpatents dargestellte Stand
der Technik, soweit dieser vorveröffentlicht ist und der im Verfahren im Übrigen
keine Rolle gespielt hat, nichts ändern. Denn wie der Senat im Einzelnen nachge-
prüft hat, gehen die dort genannten Druckschriften nicht über den vorher abge-
handelten Stand der Technik hinaus oder liegen noch weiter davon ab. Im Einzel-
nen geht es dort um spezielle Polymerzusammensetzungen, Zusatzstoffe, Her-
stellung von Folien und Laminaten durch Spritzgießen, mikroporöse Folien, die
- 14 -
Befestigung von Verschlussbändern an Laminaten sowie die Elastifizierung von
Laminaten durch Aufkleben vorgespannter elastischer Bänder oder durch wär-
meschrumpfbare Polymerfolien.
Da - wie oben aufgezeigt - in dem in Betracht gezogenen Stand der Technik die
Gesamtheit der die bevorzugten Aktivierungsbereiche betreffenden, im Patentan-
spruch 1 angegebenen Merkmale im Einzelnen nicht nachgewiesen werden
konnte, führt auch eine zusammenschauende Betrachtung sämtlicher Entgegen-
haltungen zu keinem anderen Ergebnis.
Da der nebengeordnete Patentanspruch 2, der sich ebenfalls auf eine mehrlagige
Laminatfolie bezieht, der nebengeordnete Patentanspruch 25, der ein Klebeband,
umfassend das Laminat gemäß Patentanspruch 2, zum Gegenstand hat, und der
nebengeordnete Patentanspruch 27, der ein Verfahren zur Erzeugung eines La-
minats nach Anspruch 1 oder 2 betrifft, jeweils ebenfalls die bevorzugten Aktivie-
rungsbereiche bzw. Aktivierungszonen als wesentliches Merkmal angeben, haben
i. V. m. den Ausführungen zum Patentanspruch 1 auch diese Ansprüche Bestand.
Bestand haben i. V. m. den Ansprüchen 1, 2, 25 und 27 auch die jeweils darauf
rückbezogenen Ansprüche, da diese jeweils vorteilhafte und nicht selbstverständ-
liche Ausgestaltungen angeben.
- 15 -
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m.
§ 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
gez.
Unterschriften