Urteil des BPatG vom 16.06.2010
BPatG (stand der technik, zustand, anlage, bundesrepublik deutschland, gruppe, fachmann, patentanspruch, registrierung, veränderung, strom)
BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
4 Ni 23/09 (EU)
(Aktenzeichen)
URTEIL
an Verkündungs statt
zugestellt am
30. August 2010
…
In der Patentnichtigkeitssache
…
- 2 -
betreffend das europäische Patent 0 939 476
(DE 599 00 289)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche
Verhandlung vom 16. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Rich-
ter Dipl.-Ing. Groß, Dr.-Ing. Scholz, Dr. Kortbein und Dipl.-Ing. J. Müller
für Recht erkannt:
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3.
Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 939 476
(Streitpatent), das am 24. Februar 1999 unter Inanspruchnahme der Priorität der
deutschen Patentanmeldung 198 07 844 vom 25. Februar 1998 angemeldet wor-
den ist.
Das in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichte Streitpatent, das vom Deut-
schen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 599 00 289 geführt wird, ist
in einem Einspruchsbeschwerdeverfahren vor dem Europäischen Patentamt be-
schränkt aufrechterhalten worden (Entscheidung v. 8. März 2006, Az. T 0977/03 -
3.5.02) . Das Streitpatent betrifft eine Einrichtung zur zentralen Notlichtversorgung
und umfasst gemäß der geänderten Patentschrift EP 0 939 476 B2 (Streitpatent-
schrift) zehn Patentansprüche.
- 3 -
Patentanspruch 1 hat danach folgenden Wortlaut:
„1. Einrichtung zur zentralen Notlichtversorgung, insbesondere in
einem Gebäude oder dergleichen, das neben der Notlichtver-
sorgung auch eine Allgemeinbeleuchtung aufweist, umfassend
-
mindestens zwei Endstromkreise (18) einer Notbe-
leuchtung mit zwei Gruppen daran angeschlossener
Leuchten (11, 13, 15), wobei die Leuchten (11, 13, 15)
der ersten Gruppe als Dauerlichtleuchten und die
Leuchten (11, 13, 15) der zweiten Gruppe als Bereit-
schaftslichtleuchten ausgeführt sind;
-
eine zentrale Stromversorgungseinrichtung (16) für die
Notlichtversorgung;
-
eine Zentralbatterie (3) für die Notlichtversorgung;
-
Spannungswächtereinheiten (1, 14) zur Registrierung
eines Spannungsabfalls in einzelnen Abschnitten (17)
der Allgemeinbeleuchtung und/oder im Bereich der
zentralen Stromversorgungseinrichtung (16) für die
Notlichtversorgung; sowie
-
mit den Endstromkreisen (18) verbundene Stromkreis-
umschalteinrichtungen (5), die in einem ersten Zu-
stand des Notbetriebs bei Registrierung eines Span-
nungsabfalls in einem oder mehreren Abschnitten der
Allgemeinbeleuchtung eine Versorgung der Bereit-
schaftslichtleuchten (11, 13, 15) mit Strom aus der
zentralen Stromversorgungseinrichtung (16) für die
Notlichtversorgung gewährleisten und in einem zwei-
- 4 -
ten Zustand des Notbetriebs bei Registrierung eines
Spannungsabfalls im Bereich der zentralen Stromver-
sorgungseinrichtung für die Notlichtversorgung eine
Versorgung der Bereitschaftslichtleuchten (11, 13, 15)
und der Dauerlichtleuchten (11, 13, 15) mit Strom aus
der Zentralbatterie (3) gewährleisten,
dadurch gekennzeichnet,
-
dass die Einrichtung Mittel (4) zur Veränderung der an
den Endstromkreisen (18) anliegenden Spannungs-
form umfasst, die in dem ersten Zustand des Notbe-
triebs die Spannungsform der Endstromkreise (18)
gezielt verändern, um dadurch die Bereitschaftslicht-
leuchten (11, 13, 15) einzuschalten, und einzelnen Be-
reitschaftslichtleuchten (11, 13, 15) Schalteinhei-
ten (10, 12) zugeordnet sind, die Mittel zur Erkennung
der Spannungsform umfassen und in Abhängigkeit
von der in den Endstromkreisen (18) anliegenden
Spannungsform die zugeordnete oder die zugeord-
neten Bereitschaftslichtleuchten (11, 13, 15) ein- oder
ausschalten und
-
dass an die zwei Endstromkreise (18) jeweils Leuch-
ten der ersten Gruppe und Leuchten der zweiten
Gruppe angeschlossen sind.“
Bzgl. der auf Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Ansprü-
chen 2 bis 10 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Nach Meinung des Klägers ist der Schutzbereich des Hauptanspruchs unzulässig
erweitert, weil dort von einer Stromkreisumschalteinrichtung - und nicht, wie nach
- 5 -
der ursprünglichen Fassung des Patents - von Stromkreisumschalteinrichtungen
die Rede sei.
Der Kläger macht zudem fehlende Ausführbarkeit bezüglich des Patentan-
spruchs 1 geltend, weil für den Fachmann nicht erkennbar sei, mit welchen Mitteln
die Spannungsform verändert und erkannt werden könne. Hierbei sei zu beachten,
dass der Begriff „Spannungsform“ etwas anderes meine als „Spannungsart“. Nicht
ausführbar seien auch die Patentansprüche 3 (weil das dort genannte EEPROM
ein elektronisch löschbarer Festwertspeicher und kein Schaltelement sei) und 6
(weil dort von Stromkreisumschalteinrichtungen im Plural die Rede sei, was im
Widerspruch zu Anspruch 1 stehe).
Schließlich beruft sich der Kläger auf mangelnde Patentfähigkeit der vom Streit-
patent geschützten Gegenstände. Er nennt hierzu folgende Druckschriften:
N1
Aufsatz „Die Fernsteuerung ohne Steuerleitungen in Starkstromnet-
zen, insbesondere die Überlagerung durch mittelfrequente Ströme“
von W. zur Meggede, Die Naturwissenschaften, Seite 662 ff., Heft 42
vom 16. Oktober 1936
N2
AEG-Hilfsbuch, 10. Auflage, Vertrieb C. Bertelsmann Verlag,
Gütersloh 1967 - Handbuch der Elektrotechnik, insbesondere
Seiten 394 ff.
N3
DE 738 528
N4
DIN VDE 0108, Starkstromanlagen und Sicherheitsstromversorgung
in baulichen Anlagen für Menschenansammlungen (Oktober 1989)
N5
DE-OS 28 35 549
N6
DE-OS 3112 314
- 6 -
N7
US 3,809,917
N8
DE-OS 196 11 161
N9
DE 41 36 673 A1
N10
DE 30 30 411 A1
N11
DE 34 24 991 A1
N12
DE 4134 298 A1
N13
EP 0 786 850 A2
N14
DE 36 18 790 A1
N15
FI 105730 B mit deutscher Übersetzung N15"
N82
EP 0 205 014 A2
N83
US 4 727 291
N84
US 5 149 185
N85
US 5 365 145
N86
EP 415 662 A2
N89
DE 195 29 751 A1
Im Hinblick auf die finnische Schrift 105 703 (N15), die am 27. November 1998,
d. h. im Prioritätsintervall, offengelegt worden ist, bestreitet der Kläger die Wirk-
- 7 -
samkeit der Prioritätsbeanspruchung. Nach seiner Auffassung ist in der Prioriät-
sanmeldung DE 198 07 844 A 1 das Merkmal des Anspruchs 1 des Streitpatents,
wonach an die zwei Endstromkreise (18) jeweils Leuchten der ersten Gruppe und
Leuchten der zweiten Gruppe angeschlossen sind, nicht enthalten. Der Kläger
versteht dieses Merkmal so, dass pro Endstromkreis jeweils mindestens zwei
Leuchten in Dauerlichtschaltung und zwei Leuchten in Bereitschaftsschaltung ge-
schaltet sein müssten. Somit müsse eine patentgemäße Konfiguration mit zwei
Endstromkreisen mindestens acht Leuchten aufweisen. Die Figur 1 der Prioriät-
sanmeldung zeige aber lediglich sechs Leuchten.
Der Inhalt der finnischen Patentanmeldung sei überdies schon vor dem Prioritäts-
tag durch Vermarktungsaktivitäten in einschlägigen finnischen Fachkreisen be-
kannt geworden, woraus sich eine neuheitsschädliche offenkundige Vorbenutzung
ergebe.
Der Kläger macht darüber hinaus eine Reihe weiterer offenkundiger Vorbenutzun-
gen der streitpatentgemäßen Erfindung geltend. Diese sollen auf Auslieferungen
eines als BSQ-Sequenzer bezeichneten Leuchtenvorschaltgeräts, dessen Aufbau
und technische Funktion u. a. in den Präsentationstexten einer Verkaufsförde-
rungsdiskette des Klägers aus dem Jahr 1997 (Anlage N20) und in einer Kurzdo-
kumentation (Anlage N31) beschrieben sei, beruhen. Derartige BSQ-Sequenzer
seien vor dem Prioritätstag etwa in einer Notlichtversorgungsanlage im Union-Kino
in Malchin eingebaut worden. Wie in einem auf Grund eines amtsgerichtlichen
Beweisbeschlusses erstellten Gutachten (Anlagen N22, N22’) festgestellt worden
sei, weise diese Anlage sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpa-
tents (und darüber hinaus weiterer Ansprüche) auf.
Des Weiteren seien Zentralbatterieanlagen mit den erfindungsgemäßen Merkma-
len z. B. in den Projekten „Kurtheater Göggingen“ und „Grenzlandpark Kufstein“
installiert worden. Die technische Wirkungsweise einer solchen Zentralbatteriean-
lage ist in der vom Kläger als Anlage 44 eingereichten Dokumentation beschrie-
- 8 -
ben und wurde in der mündlichen Verhandlung durch den Mitarbeiter im Unter-
nehmen des Klägers, Herrn J…, zusätzlich erläutert.
Der Kläger habe Dateien von Prospekten zu Zentralbatterieanlagen, Notlichtgerä-
ten und -sequenzern mit den Merkmalen des Streitpatents vor dem Prioritätsda-
tum auch selber an potentielle Kunden überreicht.
Zu den geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen verweist der Kläger auf
eine Reihe von eidesstattlichen Versicherungen und weitere Dokumente (u. a.
Lieferpapiere, Rechnungen, Bedienungsanleitungen, Aktennotizen, Messungen,
Schaltpläne und Dokumente aus den zwischen den Parteien anhängigen Patent-
verletzungsverfahren, Anlagen N23 bis N27, N29 bis N81, N86). Außerdem be-
nennt er verschiedene Zeugen zum Beweis.
Dem Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents fehlt nach Meinung
des Klägers unter Zugrundelegung der geltend gemachten offenkundigen Vorbe-
nutzungen, aber auch im Hinblick auf die Druckschriften N4 (DIN VDE 0108, Ok-
tober 1989), N15 (FI 105730 B) und N82 (EP 0 205 014 A2) die erforderliche Neu-
heit. Jedenfalls beruhe er nicht auf erfinderischer Tätigkeit; hierzu beruft sich der
Kläger auf eine Zusammenschau der Dokumente N4 und N1 (Aufsatz von zur
Meggede) oder N3 (DE 738 528) bzw. der Werbemaßnahmen zum Patent N15
und der Druckschrift N8 (US 3,809,917) bzw. der Schrift N4 mit den Entgegenhal-
tungen N8 und N15 bzw. der Kurzdokumentation N31 und N4.
Der Kläger beantragt,
das europäische Patent 0 939 476 mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig
zu erklären.
- 9 -
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und trägt vor, die geltend gemach-
ten Nichtigkeitsgründe seien nicht gegeben.
Zu den Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und das Protokoll der
mündlichen Verhandlung verwiesen. Der von der Beklagten am 17. Juni 2010,
d. h. nach Schluss der mündlichen Verhandlung, nachgereichte Schriftsatz bleibt
dabei - ebenso wie die Erwiderung des Klägers vom 18. Juni 2010 - unberück-
sichtigt (Schulte, PatG, 8. Aufl., § 91 Rn. 4).
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist nicht begründet, da die geltend gemachten Nichtigkeits-
gründe der fehlenden Patentfähigkeit, mangelnden Ausführbarkeit und unzulässi-
gen Erweiterung des Schutzbereichs (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 IntPatÜG
i. V. m. Art. 54, 56, 138 Abs. 1 Buchstaben a, b und d EPÜ), nicht vorliegen.
II.
1.
Das Streitpatent betrifft eine Einrichtung zur zentralen Notlichtversorgung,
insbesondere in einem Gebäude oder dergleichen, das neben der Notlichtversor-
gung auch eine Allgemeinbeleuchtung aufweist. Nach der Beschreibung des
Streitpatents wird solch eine Einrichtung z. B. durch die Norm DIN VDE 0108 (N4)
vorgeschrieben (Abs. [0003] der Streitpatentschrift). Durch diese Vorschrift werde
u. a. gefordert, dass bei mehreren Leuchten der Notlichtversorgung in einem Be-
reich diese Leuchten auf mindestens zwei Endstromkreise der Sicherheitsstrom-
versorgung aufgeteilt werden müssen. Dies habe zur Folge, dass für einen Be-
- 10 -
reich, der mit Notlichtleuchten in Gestalt sowohl von Dauerlichtleuchten als auch
von Bereitschaftslichtleuchten versorgt werden müsse, mindestens vier Endstrom-
kreise der Sicherheitsstromversorgung bereitgestellt werden müssten, nämlich
zwei Stromkreise für die Dauerlichtleuchten und zwei Stromkreise für die Bereit-
schaftslichtleuchten. Weiterhin müsse bereits bei der Planung festgelegt werden,
welche Notleuchten als Dauerlichtleuchten und welche als Bereitschaftslicht-
leuchten betrieben werden sollen. Eine nachträgliche Änderung sei bei dem Stand
der Technik nur durch Uminstallationen möglich (Abs. [0003] der Streitpatent-
schrift).
2.
Vor diesem Hintergrund sei das der vorliegenden Erfindung zu Grunde lie-
gende Problem die Schaffung einer Einrichtung zur zentralen Notlichtversorgung
der eingangs genannten Art, die flexibel und mit wenig Installationsaufwand reali-
sierbar sei (Abs. [0004] der Streitpatentschrift).
3.
Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in seinem Patentan-
spruch 1 (mit einer von der Patentinhaberin eingeführten Merkmalsgliederung)
eine Einrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
„1. Einrichtung zur zentralen Notlichtversorgung, insbesondere in
einem Gebäude oder dergleichen, das neben der Notlichtver-
sorgung auch eine Allgemeinbeleuchtung aufweist, umfassend
a) -
mindestens zwei Endstromkreise (18)
i)
einer
Notbeleuchtung
mit
zwei
Gruppen
daran
angeschlossener Leuchten (11, 13, 15),
b) wobei die Leuchten (11, 13, 15) der ersten Gruppe als Dauer-
lichtleuchten und
- 11 -
c)
die Leuchten (11, 13, 15) der zweiten Gruppe als
Bereitschaftslichtleuchten ausgeführt sind;
2.
-
eine zentrale Stromversorgungseinrichtung (16) für die
Notlichtversorgung;
3.
-
eine Zentralbatterie (3) für die Notlichtversorgung;
4.
-
Spannungswächtereinheiten (1, 14) zur Registrierung ei-
nes Spannungsabfalls in einzelnen Abschnitten (17) der All-
gemeinbeleuchtung und/oder im Bereich der zentralen Strom-
versorgungseinrichtung (16) für die Notlichtversorgung; sowie
5.a)-
mit den Endstromkreisen (18) verbundene Stromkreisum-
schalteinrichtungen (5),
b) die in einem ersten Zustand des Notbetriebs bei Registrierung
eines Spannungsabfalls in einem oder mehreren Abschnitten
der Allgemeinbeleuchtung eine Versorgung der Bereitschafts-
lichtleuchten (11, 13, 15) mit Strom aus der zentralen Strom-
versorgungseinrichtung (16) für die Notlichtversorgung ge-
währleisten und
c)
in einem zweiten Zustand des Notbetriebs bei Registrierung
eines Spannungsabfalls im Bereich der zentralen Stromver-
sorgungseinrichtung für die Notlichtversorgung eine Versor-
gung der Bereitschaftslichtleuchten (11, 13, 15) und der Dau-
erlichtleuchten (11, 13, 15) mit Strom aus der Zentralbatte-
rie (3) gewährleisten,
dadurch gekennzeichnet,
- 12 -
6.
-
dass die Einrichtung Mittel (4) zur Veränderung der an den
Endstromkreisen (18) anliegenden Spannungsform umfasst,
a) die in dem ersten Zustand des Notbetriebs die Spannungs-
form der Endstromkreise (18) gezielt verändern,
i)
um dadurch die Bereitschaftslichtleuchten (11, 13, 15) einzu-
schalten, und
7.
einzelnen Bereitschaftslichtleuchten (11, 13, 15) Schalteinhei-
ten (10, 12) zugeordnet sind,
a) die Mittel zur Erkennung der Spannungsform umfassen und
b) in Abhängigkeit von der in den Endstromkreisen (18) anliegen-
den Spannungsform die zugeordnete oder die zugeordneten
Bereitschaftslichtleuchten (11, 13, 15) ein- oder ausschalten
und
8.
-
dass an die zwei Endstromkreise (18) jeweils Leuchten
der ersten Gruppe und Leuchten der zweiten Gruppe ange-
schlossen sind.“
4.
In Merkmal 5a ist von Stromkreisumschalteinrichtungen die Rede, obwohl die-
ser Begriff an entsprechender Stelle des Streitpatents im Singular verwendet wird.
Es handelt sich dabei allerdings um einen offensichtlichen Fehler. Dies ergibt sich
bereits rein sprachlich aus dem Anspruchswortlaut (es müsste sonst heißen: „eine
mit
den
Endstromkreisen
verbundene
Stromkreisumschalteinrichtung,
die....gewährleistet“), aber auch aus der Beschwerdekammerentscheidung des
Europäischen Patentamts, wo in der Sachverhaltsdarstellung der Anspruchswort-
laut 1 mit „Stromkreisumschalteinrichtungen“ wiedergegeben ist. Auch in der Be-
schreibung des Streitpatents laut geänderter Fassung wird dieser Begriff weiterhin
- 13 -
im Plural verwendet (siehe Streitpatentschrift Spalte 2 Zeilen 5 und 41, Spalte 3
Zeile 43, Spalte 4 Zeile 42). Weil der Wortlaut der beschränkten Patentfassung
offensichtlich von dem abweicht, was die Beschwerdekammer gewollt hat, entfal-
tet deren Entscheidung insoweit - anders als es bei einem sachlichen Fehler der
Fall wäre - keine Bindungswirkung, vielmehr ist das Patent in seiner offensichtlich
gewollten Fassung zu Grunde zu legen. Dies gilt ungeachtet der nach Regel 140
AOEPÜ eröffneten Möglichkeit einer förmlichen Korrektur, die lediglich feststellen-
den Charakter hätte (Singer/Stauder/, EPÜ, 5. Aufl., Art: 123 Rn. 167).
5.
Der Patentanspruch 1 unterliegt folgendem Verständnis des Fachmanns:
Das Merkmal 2 fordert eine zentrale Stromversorgung für die Notlichtanlage. Nor-
malerweise wird dazu auch die Zentralbatterie gerechnet, die aber hier im Merk-
mal 3 gesondert ausgewiesen wird. Für den vorliegenden Anspruch 1 umfasst
somit die zentrale Stromversorgung für die Notlichtversorgung nur deren Haupt-
verteiler für die Speisung aus dem Netz. Die Zentralbatterie ist davon getrennt.
Nach Merkmal 4 sind Spannungswächtereinheiten zur Registrierung eines Span-
nungsabfalls in einzelnen Abschnitten der Allgemeinbeleuchtung und/oder im Be-
reich der zentralen Stromversorgungseinrichtung für die Notlichtversorgung vorge-
sehen. Die Merkmale 5b und 5c schränken das jedoch auf obligatorische Span-
nungswächtereinheiten sowohl zur Registrierung eines Spannungsabfalls in ein-
zelnen Abschnitten der Allgemeinbeleuchtung (Merkmal 5b) als auch im Bereich
der zentralen Stromversorgungseinrichtung für die Notlichtversorgung (Merk-
mal 5c) ein, so dass die „oder“ Variante des Merkmals 4 nicht zum Tragen kommt.
Eine Stromkreisumschaltvorrichtung gewährleistet nach den Merkmalen 5, 5a, 5b
in einem ersten Zustand des Notbetriebs eine Versorgung der Bereitschaftslicht-
leuchten mit Strom aus der zentralen Stromversorgungseinrichtung (16) für die
Notlichtversorgung, in einem zweiten Zustand des Notbetriebs mit Strom aus der
Zentralbatterie (3). Nach Überzeugung des Senats sieht der Fachmann darin eine
- 14 -
Vorrichtung zur Umschaltung zwischen drei unterschiedlichen Stromkreiskonfigu-
rationen:
-
eine Konfiguration für den Normalbetrieb, in dem die Bereitschaftslichtleuch-
ten ausgeschaltet sind;
-
eine weitere Konfiguration für den ersten Zustand des Notbetriebs nach
Merkmal 5b (im Weiteren als erster Zustand bezeichnet), in dem die Bereit-
schaftslichtleuchten aus der zentralen Stromversorgungseinrichtung (16) für
die Notlichtversorgung gespeist werden;
-
und eine weitere Konfiguration für den zweiten Zustand des Notbetriebs nach
Merkmal 5c (im Weiteren als zweiter Zustand bezeichnet), in dem die Bereit-
schaftslichtleuchten aus der Zentralbatterie gespeist werden.
Diese Umschaltungen werden jeweils dadurch ausgelöst, dass (über die jeweili-
gen Spannungswächter nach Merkmal 4) ein Spannungsabfall in einzelnen Ab-
schnitten der Allgemeinbeleuchtung (Merkmal 5b) oder im Bereich der zentralen
Stromversorgungseinrichtung für die Notlichtversorgung (Merkmal 5c) registriert
wird.
Wie vorstehend unter den Punkten 1 bis 3 dargelegt, geht es bei der Erfindung
darum, die Anzahl der Endstromkreise zu senken. Dazu wird vorgeschlagen, Dau-
erlichtleuchten und Bereitschaftslichtleuchten gemeinsam an ein und demselben
Endstromkreis zu betreiben (Merkmal 8). Dabei kann es sich nur um Endstrom-
kreise handeln, die auch im Normalbetrieb Spannung führen und damit den bishe-
rigen Dauerlichtstromkreisen entsprechen. Die Dauerlichtleuchten können dort un-
verändert wie bisher betrieben werden, jedoch nicht die Bereitschaftslichtleuchten.
Sie dürfen erst bei einem registrierten Ausfall mindestens eines Bereichs der All-
gemeinbeleuchtung eingeschaltet werden. Um das zu gewährleisten ist es nötig,
die Leuchten einzeln zu schalten. Dazu sind Schalteinheiten (10,12) vorgesehen,
die Mittel zur Erkennung der Spannungsform umfassen und in Abhängigkeit von
- 15 -
der in den Endstromkreisen anliegenden Spannungsform die zugeordnete oder
die zugeordneten Bereitschaftslichtleuchten (11, 13, 15) ein- und ausschalten. Bei
der vom Netz gelieferten sinusförmigen Wechselspannung bleiben diese aus, bei
der von der Batterie gelieferten Spannungsform schalten sie ein. Das funktioniert
richtig, solange direkt zwischen Normalbetrieb und Batteriebetrieb (zweiter Zu-
stand) umgeschaltet wird.
Darin sieht der Fachmann nach Überzeugung des Senats den ersten Teil der an-
spruchsgemäßen Erfindung.
Nach der Norm werden jedoch Dauerstromkreise erst dann auf Batteriebetrieb
umgeschaltet, wenn die Spannungsüberwachung am Hauptverteiler der Sicher-
heitsstromversorgung anspricht (DIN VDE 1018, Teil 1, Punkt 6.2.1.2). Davor wer-
den die Leuchten unverändert (ohne Umschaltung) mit der noch zur Verfügung
stehenden Netzspannung versorgt.
In diesem ersten Zustand, in dem einzelne Bereiche der Allgemeinbeleuchtung
ausgefallen sind, aber die zentrale Stromversorgungseinrichtung für die Notlicht-
versorgung noch funktioniert, würden die Schalteinheiten 10, 12 sinusförmige
Netzspannung erhalten, deshalb fälschlicherweise Normalzustand registrieren und
die Bereitschaftslichtleuchten nicht einschalten. Um dem abzuhelfen, sind die
Mittel 4 zur Veränderung der an den Endstromkreisen anliegenden Spannungs-
form vorgesehen. Sie haben die anliegende Netzspannung gezielt so zu verän-
dern, dass die Schalteinheiten 10, 12 die Bereitschaftslichtleuchten einschalten
(Merkmal 6a, 6i). Im Unterschied zu den Mitteln zur Erkennung der Spannungs-
form nach Merkmal 7a kommen die Mittel 4 zur Veränderung der Spannungsform
nach Merkmal 6a nur im ersten Zustand zur Wirkung. In diesem ersten Zustand
sieht der Fachmann also die Stromkreise durch die jeweilige Stromkreisumschal-
tung 5 so konfiguriert, dass die Mittel 4 in den Strompfad von der Netzstromver-
sorgung zu den Leuchten geschaltet werden und dadurch die Netzspannung „ge-
zielt“ in eine an die Spannungsform des zweiten Zustands angepasste Form um-
gewandelt wird. Die Mittel zur Erkennung der Spannungsform nach Merkmal 7a
- 16 -
erkennen dann die Änderung der Spannungsform bereits zu Beginn des ersten
Zustands, nicht erst zu Beginn des zweiten Zustands, und schalten die Bereit-
schaftsleuchten schon dann ein.
Das sieht der Fachmann als zweiten Teil der beanspruchten Erfindung.
Für die von dem Kläger vorgenommene Unterscheidung von Spannungsform und
Spannungsart sieht der Senat keinen Anlass. Der in der Streitpatentschrift ver-
wendete Begriff „Spannungsform“ umfasst vielmehr jeden periodischen und nicht-
periodischen Spannungsverlauf und kann damit auch den Unterschied zwischen
Gleich- und Wechselspannung (von dem Kläger als „Spannungsart“ bezeichnet)
charakterisieren.
III.
1.
Die vom Kläger im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „Stromkreisum-
schalteinrichtung“ in Merkmal 5a (statt der Pluralform wie in der ursprünglichen
Fassung des Patents) angenommene Erweiterung des Schutzbereichs liegt aus
den unter II. 4 genannten Gründen nicht vor. Bei korrektem Verständnis des An-
spruchs ! unterscheidet sich dessen beschränkte Fassung gemäß Streitpatent in-
soweit nicht von der ursprünglich erteilten Fassung.
2.
Die Gegenstände der Patentansprüche 1, 3 und 6 sind in der Streitpatent-
schrift so deutlich und vollständig offenbart, dass der hier zuständige Fachmann,
bei dem es sich um einen Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Elektrotechnik
mit Berufserfahrung auf dem Gebiet der Notlichtanlagen handelt, sie ausführen
kann.
a) In der ursprünglichen Beschreibung (Seite 8, Absatz 2; entsprechend Streitpa-
tentschrift Absatz 0016) in Verbindung mit Figur 1 und 2 ist ein Weg zur Realisie-
rung der Mittel zur Veränderung der an den Endstromkreisen anliegenden Span-
nungsform, nämlich ein Brückengleichrichter 4, der die Netzwechselspannung in
- 17 -
eine Gleichspannung umwandelt, angegeben. Damit ist dem Art. 83 EPÜ Genüge
getan. Für die Offenbarung der Erfindung ist der Gesamtinhalt der Anmeldung
maßgebend, wobei Ansprüche, Beschreibung und Zeichnungen gleichberechtigt
nebeneinander stehen (vgl. Schulte/, a. a. O., § 34, Rn. 339). Weiterhin
stehen dem Fachmann aber auch eine ganze Palette von Standardschaltungen
wie Kennlinienglieder, Stromrichterschaltungen, Modulatoren zur Verfügung, um
Spannungen zu verändern. Letzteres gilt auch für die Erkennung von Span-
nungsformen nach Merkmal 7. Hier seien beispielhaft nur Diodenschaltungen und
Filterschaltungen erwähnt. Ein Analyse der Spannungsform, wie von dem Kläger
vorausgesetzt, hält der Senat nicht für nötig. Es genügt, wenn die Schaltung zwi-
schen zwei vorgegebenen Spannungsformen unterscheiden kann und daraus ein
Schaltsignal ableitet.
b) Auch Patentanspruch 3 ist ausführbar, weil der Fachmann erkennt, dass dem
dort erwähnten EEPROM nicht die Funktion eines Schaltelements zugedacht ist,
sondern dass dieser lediglich der Steuerung eines solchen dient.
c)
Der Vorhalt des Klägers bezüglich der Ausführbarkeit des Patentanspruchs 6
ist im Hinblick auf die korrigierende Lesart des Merkmals 5a (s. o. II.4) nicht stich-
haltig.
3.
Der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents ist gegenüber
dem Stand der Technik, wie er schriftsätzlich und in der Verhandlung diskutiert
wurde, neu.
Der Kläger hat mit den Anlagen N20 bis N32, N39 bis N60 und N62 bis N81 offen-
kundige Vorbenutzung durch Anlagen geltend gemacht, die von ihm zumindest
teilweise hergestellt und unter anderem in Malchin, Kufstein und Göggingen ein-
gebaut sein sollen. In der mündlichen Verhandlung hat er deren Funktion anhand
der Anlage N44 und eines mitgebrachten Modells erläutert.
Diese Anlagen bestehen aus:
- 18 -
-
einem in Blatt 2 der Schaltpläne nach Anlage N44 gezeigten zentralen
Steuergerät,
-
einer Zentralbatterie nebst zwei (in manchen Anlagen auch vier) Ladegerä-
ten LBS 1, LBS 2 (Blatt 1), die aus unterschiedlichen Phasen der Sammelschie-
nen L1, L2, L3 N (sie entsprechen der zentralen Stromversorgungseinrichtung für
die Notlichtversorgung nach Merkmal 2 im Anspruch 1) gespeist werden,
-
und Ausgangsstromkreisen WR 01 bis WR 21, die die Leuchten in den End-
stromkreisen an den Klemmen LA, NA versorgen und jeweils einen Wechselrichter
DAC enthalten (Blatt 3 bis 5). Die Ausgangsstromkreise enthalten auch jeweils ein
Schütz, das die Ausgänge NA, LA wahlweise mit dem Wechselrichter oder den
Netzklemmen LE, NE verbindet. Die Wechselrichter sind über die Leitungen
„Lad+“ und „Batt-“ mit der Batterie und den dazu parallelgeschalteten Ladegeräten
verbunden. Nach der Erklärung des Klägers werden in den Endstromkreisen Be-
reitschaftslichtleuchten mit BSQ-Sequenzern nach Anlagen N28 bis N31 einge-
setzt. Sie sollen die Spannungsform über Filterschaltungen erkennen und die Be-
reitschaftslichtleuchten daraufhin ein- oder ausschalten können.
Aufklärungsbedürftig war vor allem die Funktion der Anlage bei Teilausfall der All-
gemeinbeleuchtung (erster Betriebszustand) und die Frage, ob dem der „modifi-
zierte Bereitschaftsbatteriebetrieb“ zugrunde liegt, wie er in der Bedienungsanlei-
tung (Anlage N20, ZDCL_220 Punkt 4.5.4.1 oder Anlage N44 BZV22_AC,
Punkt 4.5.2.1) beschrieben ist.
Nach den Erläuterungen des Klägers legt der Senat der Schaltung folgende Funk-
tion zugrunde:
Im modifizierten Bereitschaftsbetrieb wird ein Ausfall eines Bereichs der Allge-
meinbeleuchtung (über den kritischen Kreis KK1, zentrales Steuergerät in Schalt-
plan Blatt 2) registriert, und daraufhin verbindet das modifizierte Bereitschafts-
schütz K1 (Blatt 1) die Sammelschienen L1, L2, L3, N mit den jeweiligen Eingän-
- 19 -
gen LE, NE der Ausgangsstromkreise 1 bis 21, die bei normaler Bereitschafts-
schaltung nach Punkt 4.5.2 der Bedienungsanleitung nicht belegt sind. Demnach
muss bei normaler Bereitschaftsschaltung nach Punkt 4.5.2 durch die Schütze in
den Ausgangsstromkreisen (Blatt 3 bis 5) sofort bei Ausfall eines Teilbereichs auf
die Wechselrichter DAC umgeschaltet werden, während bei modifiziertem Bereit-
schaftsbetrieb zu diesem Zeitpunkt über das Schütz K1 die Leuchten aus dem
Netz versorgt werden (entsprechend dem ersten Zustand nach Anspruch 1,
Merkmal 5b) und erst später, bei Ausfall der Spannungen auf den Sammelschie-
nen L1, L2, L3, N (registriert über den Teil ZBGV der Zentraleinheit, Blatt 2) die
Schütze in den Ausgangsstromkreisen auf Umrichterbetrieb umschalten (entspre-
chend dem zweiten Zustand nach Merkmal 5c des Anspruchs 1). Das betrifft in-
soweit die Bereitschaftslichtleuchten ohne BSQ-Sequenzer in den Bereitschafts-
lichtstromkreisen.
Sollen in einer solchen Anlage Bereitschaftslichtleuchten und Dauerlichtleuchten
gemeinsam an ein und demselben Stromkreis betrieben werden, so kann es sich
dabei nur um die Dauerlichtstromkreise handeln, denn die Bereitschaftslichtstrom-
kreise sind bei Normalbetrieb abgeschaltet und könnten die Dauerlichtleuchten
nicht mit Strom versorgen. Das hat der Kläger auch so vorgetragen.
Für die Dauerlichtstromkreise gibt der Kläger an, sie würden bereits bei Ausfall ei-
nes Teilbereichs auf Wechselrichterbetrieb umgeschaltet und der erste Zustand
sei dadurch verwirklicht, dass die Umrichter über die zur Batterie parallelgeschal-
teten Ladegeräte LBS1, LBS 2 (Blatt 1) mit Energie versorgt werden. Das ist für
den Senat aus folgenden Gründen nicht nachvollziehbar:
-
Wird für die Bereitschaftslichtstromkreise eine gesonderte Verbindung
über das Schütz K1 vorgesehen, um bei modifiziertem Bereitschaftsbe-
trieb die Bereitschaftsleuchten mit Strom von den Sammelschienen L1,
L2, L3, N und nicht aus dem Umrichter zu versorgen, wäre es nicht sinn-
voll, für den gleichen Zustand bei den Dauerlichtstromkreisen die bereits
- 20 -
bestehende Netzverbindung bei vorhandener Spannung auf den Sammel-
schienen aufzutrennen.
-
Wie von dem Kläger an einem konkreten Ausgangsstromkreis gezeigt,
können diese Stromkreise durch einen Wahlschalter von Bereitschaftsbe-
trieb auf Dauerbetrieb umgestellt werden. Dabei müsste sich dann auch
der Schaltzeitpunkt für das dort vorhandene Schütz ändern (am Ende des
modifizierten Bereitschaftsbetriebs bei Bereitschaftsschaltung, an dessen
Beginn bei Dauerschaltung). Der Schaltzeitpunkt wird aber nach Angabe
des Klägers in der zentralen Steuereinheit durch das Signal NLS festge-
legt, das allen Ausgangsschaltkreisen über eine gemeinsame Busleitung
zugeführt wird. Daher wäre es zumindest aufwändig, unterschiedliche
Schaltzeitpunkte für unterschiedlich eingestellte Ausgangsstromkreise zu
realisieren.
-
Nach der DIN VDE 0108 (Anlage N44) Punkt 6.2.1.2 wird bei Dauerschal-
tung die allgemeine Stromversorgung am Hauptverteiler der Sicherheits-
stromversorgung (= Sammelschienen L1, L2, L3, N) überwacht. Eine
Überwachung der Teilbereiche der Allgemeinbeleuchtung und die ent-
sprechende Umschaltung, (wie bei Bereitschaftsbetrieb, Punkt 6.2.1.3)
wäre also nicht normgerecht.
Der Senat hält es zwar nicht für ausgeschlossen, dass speziell für den Einsatz von
gemischten Stromkreisen der Schaltzeitpunkt - von der Norm abweichend - vor-
verlegt werden könnte. Dazu wurde aber nichts vorgetragen.
Der Senat hat beide Varianten berücksichtigt. Er hat dabei unterstellt, dass in den
Dauerlichtstromkreisen Leuchten mit dem in Anlagen N28 bis N31 beschriebenen
BSQ-Sequenzern zum Einsatz kommen, wie von dem Kläger zwar behauptet,
aber bisher nicht substantiiert dargelegt wurde.
- 21 -
a) Aus der normgerechten Variante mit Umschaltung am Ende des 1. Zustands
ergibt sich dann mit den Worten des Anspruchs 1 eine:
1.
Einrichtung zur zentralen Notlichtversorgung, insbesondere in
einem Gebäude oder dergleichen, das neben der Notlichtver-
sorgung auch eine Allgemeinbeleuchtung aufweist (Bedie-
nungsanleitung nach N44, Punkt 1 „Allgemeines“), umfassend
a) -
mindestens zwei (WR1-21, Schaltplan Blatt 3 bis 5) End-
stromkreise
i)
einer
Notbeleuchtung
mit
zwei
Gruppen
daran
angeschlossener Leuchten,
b) wobei die Leuchten der ersten Gruppe als Dauerlichtleuchten
(Punkt 4.5.1) und
c)
die Leuchten der zweiten Gruppe als Bereitschaftslichtleuch-
ten ausgeführt sind (Punkt 4.5.2);
2.
-
eine zentrale Stromversorgungseinrichtung L1, L2, L3, N
für
die
Notlichtversorgung
(„Drehstromhauptverteiler“
Punkt 4.5.2.1);
3.
-
eine Zentralbatterie für die Notlichtversorgung (Punkt 4.1,
Bl. 1);
4.
-
Spannungswächtereinheiten
zur
Registrierung
eines
Spannungsabfalls in einzelnen Abschnitten der Allgemeinbe-
leuchtung (Punkt 4.5.2, 4.5.2.1, 4.6, Einheit KK1) und/oder im
Bereich der zentralen Stromversorgungseinrichtung für die
- 22 -
Notlichtversorgung (Punkt 4.5.2.1, drittletzter Satz, Einheit
ZBGV); sowie
5a) -
mit
den
Endstromkreisen
verbundene
Stromkreisumschalteinrichtung(en), die
c)
in einem zweiten Zustand des Notbetriebs bei Registrierung
eines Spannungsabfalls im Bereich der zentralen Stromver-
sorgungseinrichtung für die Notlichtversorgung eine Versor-
gung der Bereitschaftslichtleuchten (11,13,15) und der Dauer-
lichtleuchten mit Strom aus der Zentralbatterie (3) gewähr-
leisten (Kap. 4.5.1),
wobei
7.
einzelnen Bereitschaftslichtleuchten Schalteinheiten (BSQ-Se-
quenzer (Punkt 5.8, wie eingangs vorausgesetzt) zugeordnet
sind,
a) die Mittel zur Erkennung der Spannungsform umfassen und
b) in Abhängigkeit von der in den Endstromkreisen anliegenden
Spannungsform die zugeordnete oder die zugeordneten Be-
reitschaftslichtleuchten ein- oder ausschalten (Kap. 5.6) und
8.
-
dass an die zwei Endstromkreise jeweils Leuchten der
ersten Gruppe und Leuchten der zweiten Gruppe angeschlos-
sen sind (wie eingangs vorausgesetzt).
Von dieser Anordnung unterscheidet sich die Einrichtung nach Anspruch 1 durch
die Schaltkreiskonfiguration für den ersten Zustand nach Merkmal 5b. Es kann
zwar demnach Zustände geben, bei denen ein Teilbereich der Allgemeinbeleuch-
- 23 -
tung ausgefallen, aber die zentrale Stromversorgungseinrichtung für die Notlicht-
versorgung noch versorgt ist. In diesem Zustand werden jedoch die Dauerlicht-
stromkreise nicht umgeschaltet und die Schaltkreiskonfiguration für den Normal-
betrieb aufrechterhalten. Die Dauerlichtleuchten werden wie im Normalzustand mit
Netzwechselspannung aus den Leitungen L1, L2, L3, N versorgt. Die Bereit-
schaftslichtleuchten mit den BSQ-Sequenzern bleiben - weil die BSQ-Sequenzer
Netzwechselspannung feststellen -ausgeschaltet, und werden somit nicht ver-
sorgt. Es kann dahingestellt bleiben, ob das eine sinnvolle Betriebsart wäre. Je-
denfalls ist sie nicht anspruchsgemäß.
Die Mittel zur Veränderung der an den Endstromkreisen anliegenden Span-
nungsform könnten zwar in den Wechselrichtern DAC gesehen werden. Sie wer-
den aber erst im zweiten Zustand zugeschaltet und können die Leuchten erst
dann einschalten und versorgen.
b) Die vorgetragene Variante unterscheidet sich davon durch einen anderen Um-
schaltzeitpunkt. Die Schaltkreiskonfiguration für den Normalzustand wird demnach
bereits bei Ausfall eines ersten Teilbereichs aufgetrennt und die Schaltkreiskonfi-
guration für den zweiten Zustand (Batteriebetrieb) eingeschaltet.
Der Senat sieht zwar wie der Kläger, dass in diesem Fall die Ladegleichrichter
noch aktiv sein können. Sie sind aber als Ladegeräte für eine optimale Batteriela-
dung ausgelegt und nicht dazu vorgesehen, als Stromversorgungsgeräte für die
Endstromkreise zu arbeiten (Bedienungsanleitung Punkt 4.2). Dazu sind sie schon
leistungsmäßig nicht in der Lage, denn den zwei Ladegeräten LBS 1, LBS 2 mit
ungefähr 1000 W Gesamt-Ausgangsleistung (Blatt 1, Bedienungsanleitung
Punkt 4.2 „2,5 A-Schritte“, also 2 x 2,5 A x ca. 200 V = ca. 1000 W) stehen
21 DAC- Wandler mit jeweils 1000 VA Leistung gegenüber (Blatt 3 bis 5, Bedie-
nungsanleitung Punkt 4.5). Auch während des Betriebszustands „Teilausfall“ wer-
den die Leuchten somit aus der Batterie gespeist. Eine Schaltkreiskonfiguration für
den ersten Zustand gibt es somit auch hier nicht.
- 24 -
In beiden Varianten fehlt also zumindest das Merkmal 5b.
c)
Das gilt in gleicher Weise für die Notlichtanlagen nach Anlage N20, N21, N39
bis N50 und N66 bis N81. Die Anlage im Kino Malchin (N22, N22’, N52) unter-
scheidet sich davon insofern, als dort nach dem Gutachten N22’ eine Gleichspan-
nungsanlage mit Direktspeisung aus der Batterie vorgesehen ist. Auch dort ist
aber aus den genannten Gründen das Merkmal 5b des Anspruchs 1 nicht verwirk-
licht (siehe auch Seite 7 des Gutachtens N22). Außerdem fehlen die Mittel zur
Veränderung der an den Endstromkreisen anliegenden Spannungsform nach
Merkmal 6.
Die nachveröffentlichte finnische Patentschrift FI 105730 B (Anlage N15) zeigt
eine gleichartige Anlage für gemischte Endstromkreise in der direkt von Normal-
betrieb auf Batteriebetrieb umgeschaltet wird, und bei der auch die Schaltkreis-
konfiguration nach Merkmal 5b und die Mittel zur Veränderung der an den End-
stromkreisen anliegenden Spannungsform nach Merkmal 6 fehlen.
In all diesen Anlagen ist somit nur der erste Teil der Erfindung verwirklicht. Es wird
jeweils nur einmal direkt von Normalbetrieb auf Batteriebetrieb umgeschaltet.
d) Der vorveröffentlichte druckschriftliche Stand der Technik gliedert sich im We-
sentlichen in Schriften, die Notlichtanlagen beschreiben (N4 - DIN VDE 0108, N7 -
US 3,809,917, N11 - DE 34 24 991 A1, N83 - US 4 727 291, N84 - US 5 49 185,
N85 - US 5 365 145) und solche die sich mit Signalübertragungsverfahren bezie-
hungsweise Fernsteuerungen in Leistungsstromkreisen befassen (N1 - Aufsatz
„Die
Fernsteuerung
ohne
Steuerleitungen
in
Starkstromnetzen…“
von
W. zur Meggede in „Die Naturwissenschaften“, N2 - AEG-Hilfsbuch, N3 -
DE 738 528, N5 - DE-OS 28 35 549, N9 - DE 41 36 673 A1, N13 -
EP 0 786 850 A). Einige Schriften zeigen auch solche Signalübertragungsverfah-
ren in Notlichtanlagen (N6 - DE-OS 3112 314, N8 - DE-OS 196 11 161, N12 -
DE 41 34 298 A1, N14 - DE 36 18 790 A1, N82 - EP 0 205 014 A2, N86 -
- 25 -
EP 415 662 A2, N89 - DE 195 29 751 A1), davon die meisten zur Überwachung
der Leuchten.
Keine der im Verfahren befindlichen vorveröffentlichten Druckschriften zeigt
Stromkreise, in denen Dauerlichtleuchten und Bereitschaftslichtleuchten gemein-
sam angeschlossen sind (Merkmal 8).
Die Schaltkreiskonfiguration für den ersten Zustand nach Merkmal 5b neben dem
Normalbetrieb und dem zweiten Zustand nach Merkmal 5c ist aus dem druck-
schriftlichen Stand der Technik nur der Anlage N4 (DIN VDE 0108) zu entnehmen.
Sie nennt - als einzige Druckschrift - neben Normal- und Batterienotbetrieb eine
Schaltung für den ersten Zustand, in dem die Bereitschaftslichtleuchten aus dem
Netz versorgt werden (Punkt 6.2.1.3, letzter Absatz). Diese Schaltung ist aber nur
für Stromkreise in Bereitschaftsschaltung vorgesehen, die für einen gemischten
Anschluss von Dauer- und Bereitschaftslichtleuchten nicht geeignet sind.
4.
Die Einrichtung gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents beruht auch auf
erfinderischer Tätigkeit.
Ausgehend von einer Notlichtanlage nach Anlage N44 in der Funktion, wie sie der
Kläger beschrieben hat, hat der Fachmann keinen Anlass zu einer Veränderung,
es sei denn den Wunsch, die Schaltung normgerecht auszuführen. Dagegen
spricht allerdings schon der Umstand, dass das nicht geschehen ist, und die An-
lage offenbar auch so, wie sie war, abgenommen wurde. Der Senat hält deshalb
eine solche Überlegung für rückschauend. Sie würde ohnehin nur zu der vom Se-
nat ebenfalls berücksichtigten normgerechten Funktion der Anlage führen.
Ausgehend von der Notlichtanlage nach N44 in normgerechter Schaltfunktion
könnte der Fachmann zwar die damit verbundene spätere Umschaltung als
nachteilig empfinden. Dazu wurde aber nichts vorgetragen. Es ist auch nichts er-
sichtlich, was darauf hindeutet, dass sich der Fachmann mit diesem Problem be-
fasst oder es gelöst hätte. Der Senat hält deshalb auch solche Betrachtungen für
rückschauend.
- 26 -
Das gilt in gleicher Weise für die anderen im Rahmen einer offenkundigen Vorbe-
nutztung vorgestellten und gleichartig funktionierenden Notlichtschaltungen nach
Anlage N15 bis N19, N20 bis N32, N39 bis N60 sowie N62 bis N81. Keine dieser
Anlagen zeigt eine Stromkreiskonfiguration nach Merkmal 5b und die Lösung des
daraus folgenden Schaltproblems nach Merkmal 7.
Das gilt auch für die Kombination des in den Anlagen N28 bis N31 beschriebenen
BSQ-Sequenzers mit der DIN VDE 0108 (N4). Selbst nach Darstellung des Klä-
gers führt dies nur zu einer Schaltung, wie sie in Anlage N44 beschrieben ist.
Ausgehend vom vorveröffentlichten Stand der Technik teilt der Senat die in dem
Einspruchsbeschluss des Europäischen Patentamts dargelegte Auffassung, wo-
nach keine der genannten Druckschriften einen Anlass bietet, von der durch die
Norm DIN VDE 0108 vorgegebenen strikten Trennung von Dauerlichtstromkreisen
und Bereitschaftslichtstromkreisen abzugehen, und gemischte Stromkreise ein-
zuführen. Das gilt in gleicher Weise für die erstmals in diesem Verfahren genann-
ten vorveröffentlichten Druckschriften N82 bis N86 und N89.
Eine Kombination der unter dem Fachbegriff „Rundsteuerung“ schon lange übli-
chen Signalübertragung (z. B. N1, N3) mit Notstromanlagen (z. B. N4) führt auch
nur zu einer der bereits bekannten Notstromanlagen nach Anlagen N6, N8, N12,
N14, N82 oder N84 mit Signalübertragung über die Leistungsstromkreise. Sie un-
terscheiden sich aber schon durch das Fehlen der gemischten Stromkreise für
Dauer- und Bereitschaftslichtleuchten von der patentgemäßen Lösung.
Die dazu vorgetragene Argumentation, aus dem allgemeinen Bedürfnis nach Ein-
sparung von Leitungen beziehungsweise der Nachrüstung von Altanlagen folge
auch der Wunsch, Stromkreise mit Dauerlichtleuchten und Bereitschaftslicht-
leuchten vorzusehen, hält der Senat für rückschauend. Hierzu ist erstens die Ab-
kehr von der nach DIN VDE 0108 (N4) geforderten Trennung der Stromkreise und
ihrer getrennten Schaltung (Punkt 6.2.1.4) erforderlich, zweitens die Überlegung,
dass dafür nur Dauerlichtstromkreise in Frage kommen und die Bereitschaftslicht-
- 27 -
stromkreise dafür ungeeignet sind. Soweit die Schriften auf eine Einsparung von
Leitungen hinweisen, sind die Signalleitungen, nicht die Leistungsstromkreise ge-
meint.
Für die Verschiebung des Einschaltzeitpunkts der Bereitschaftslichtleuchten durch
Änderung der Spannungsform im ersten Zustand, dem zweiten Teil der Erfindung
mit dem Merkmal 5b (nur aus der N4 - DIN VDE 0108 - in anderem Zusammen-
hang bekannt, siehe Punkt 4 dieses Beschlusses) und Merkmal 6, 6a, gibt es in
keiner der Schriften Hinweise.
Um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu kommen, bedurfte es somit erfinderi-
scher Überlegungen.
5.
Mit dem Patentanspruch 1 haben auch die angegriffenen und auf Patentan-
spruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 10 Bestand.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m.
§ 709 ZPO.
Rauch
Richter
Groß
ist im Urlaub
und kann des-
halb nicht un-
terschreiben.
Rauch
Dr. Scholz
Dr. Kortbein
J. Müller
Pr