Urteil des BPatG vom 26.01.2000

BPatG (beschreibende angabe, marke, verkehr, klasse, wein, unterscheidungskraft, sprache, zeichen, beschwerde, gestaltung)

BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 2/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 09 682.5
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 26. Januar 2000 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Forst
sowie des Richters Dr. Fuchs-Wissemann und der Richterin Klante
BPatG 152
6.70
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beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für
Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
28. Juli 1999 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist das nachfolgende Zeichen
siehe Abb. 1 am Ende
zunächst für
Klasse 33: Alkoholhaltige Getränke (ausgenommen Bier), insbeson-
dere Weine
Klasse 41: Veranstaltung von Weintests, Veranstaltung und Leitung
von Kolloquien, Ausstellungen für kulturelle und Unter-
richtszwecke
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Klasse 42:
Verpflegung von Gästen in Restaurants
zur (farbigen) Eintragung als Marke angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 41 hat die Anmeldung nach vorausgegangener Bean-
standung mit Beschluß vom 28. Juli 1999 durch eine Beamtin des höheren Diens-
tes wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung wur-
de ausgeführt, bei dem Wort "Vinum" handele es sich um das allgemein bekannte
lateinische Wort für Wein. Deshalb sei es für die Waren und Dienstleistungen wie
Verpflegung von Gästen, Veranstaltungen und Ausstellungen (rund um den Wein)
beschreibend. Dabei komme es nicht darauf an, ob das Wort üblicherweise so
verwendet werde, oder aus einer toten Sprache stamme, sondern es genüge, daß
es allgemein verstanden werde. Der Verkehr werde den Markenbegriff dahinge-
hend verstehen, daß es sich um Wein und ähnliche Getränke, die Schulung dar-
über oder die Verkostung handele.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die auf den
Schutz für die Waren der Klasse 33 verzichtet und (sinngemäß) beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Sie macht geltend, der Wortbestandteil "Vinum" der angemeldeten Wort-/Bild-
marke sei keine ohne weiteres verständliche, beschreibende Angabe hinsichtlich
der verbleibenden Dienstleistungen. Das lateinische Wort werde im Verkehr nicht
zur Bezeichnung oder Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen verwen-
det. Beachtliche Teile des Verkehrs würden das Wort "Vinum" nicht mit dem deut-
schen Begriff "Wein" gleichsetzen. Wer "Vinum" sehe, lese oder höre, assoziiere
damit nicht die Merkmale der Veranstaltung von Weintests. Zudem seien Wörter
toter Sprachen im allgemeinen schutzfähig. Schließlich sei die graphische Gestal-
tung der Marke zu berücksichtigen.
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Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt, einschließlich der
Amtsakte der Anmeldung 399 09 682.5 Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (§ 66 Abs 2 und 5 MarkenG), in der
Sache erweist sie sich auch als begründet, da der Eintragung der angemeldeten
Marke kein Eintragungshindernis nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen-
steht.
Entgegen der Auffassung der Markenstelle fehlt der angemeldeten Wort-/Bild-
marke nicht die nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zur Eintragung erforderliche Unter-
scheidungskraft. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich
von einem großzügigen Maßstab auszugehen, da der Verkehr ein als Marke ver-
wendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt. Handelt es
sich nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten
Fremdsprache, das nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstan-
den wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke ver-
wendeten Zeichen die Unterscheidungskraft fehlt (BGH GRUR 1995, 408, 409
"PROTECH"; MarkenR 1999, 195, 197 "PREMIERE II").
Hiernach bestehen schon Zweifel, daß das - vorliegend sogar graphisch ausges-
taltete - Wort "Vinum" auf den Verkehr lediglich wie eine beschreibende Angabe
wirkt. Es ist nicht feststellbar, daß "Vinum" bereits in den deutschen Sprach-
gebrauch eingegangen ist. Der Hinweis der Markenstelle auf Bezeichnungen wie
"Vinothek" gibt insoweit keine Anhaltspunkte, da aus der Verwendung des Ele-
ments "Vino-" nicht auch auf eine Gebräuchlichkeit des der lateinischen Sprache
entstammenden Wortes "Vinum" geschlossen werden kann. Zudem ist die fragli-
che Bezeichnung nicht Bestandteil einer bekannten Fremdsprache, sondern einer
sogenannten toten Sprache. Derartige Bezeichnungen sind im allgemeinen
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schutzfähig. Ausnahmen gelten nur für Begriffe, die als Ganzes oder in ihren
Wortstämmen in den allgemeinen deutschen Sprachschatz übergegangen sind
oder fachsprachlich (zB in der Medizin) verwendet werden (Althammer/Ströbele,
MarkenG, 5. Aufl, § 8 Rdn 101), was sich indes für "Vinum" hier nicht feststellen
läßt.
Über die mithin nicht feststellbare Gebräuchlichkeit von "Vinum" in der deutschen
Sprache oder in einer bekannten Fremdsprache hinaus verfügt die angemeldete
Marke zumindest in Verbindung mit der graphischen Gestaltung über die nach § 8
Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungseignung. Insoweit ist zu be-
rücksichtigen, daß es sich im vorliegenden Fall um eine Wort-/Bildmarke handelt.
Denn der Schutzversagungsgrund mangelnder Unterscheidungskraft kann dem
Zeichen nur in der Form entgegengehalten werden, in der es beansprucht wird.
Die Anmelderin begehrt nicht Schutz für eine zeichenmäßige Verwendung des
Wortes "Vinum" in jedweder Form, sondern nur in der gegebenen graphischen
Gestaltung. Diese bestimmt und beschränkt zugleich den Schutzbereich der be-
anspruchten Bezeichnung (BGH GRUR 1991, 136, 137 "NEW MAN"). Demgemäß
kann der angemeldeten Marke zumindest in der konkreten Gestaltung - mag diese
auch nicht besonders originell sein - nicht die Eignung abgesprochen werden, vom
Verkehr als Unterscheidungsmittel für die Dienstleistungen der Anmelderin ge-
genüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden.
Darüber hinaus besteht auch kein Freihaltungsbdürfnis im Sinne von § 8 Abs 2
Nr 2 MarkenG. An fremdsprachigen Bezeichnungen besteht grundsätzlich nur
dann ein Freihaltungsbedürfnis, wenn die entsprechende deutsche Bedeutung den
inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erkennbar ist oder wenn die Mitkon-
kurrenten die Angabe für den Im- und Export benötigen (BGH GRUR 1994, 366
"RIGIDITE II"). Auch insoweit sind indes Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Die Mar-
kenstelle, die ohnehin die Frage eines Freihaltungsbedürfnisses hat dahinstehen
lassen, hat insoweit keine Feststellungen getroffen. Allein aus der Verwendung
von Bezeichnungen wie "Vinothek" im deutschen Sprachraum ergibt sich nicht,
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daß der Verkehr auch in "Vinum" in Verbindung mit den Dienstleistungen einen
Hinweis auf "Wein" sehen wird. Auch sonst ist nicht ersichtlich, daß die Mitkonkur-
renten den Wortbestandteil "Vinum" benötigen, zumal die Anmelderin die Marke
nur noch für Dienstleistungen beansprucht.
Nach alledem war der Beschwerde der Erfolg nicht zu versagen, so daß die ange-
fochtenen Beschlüsse aufzuheben waren.
Forst Klante
Dr.
Fuch-Wissemann
Ko
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Abb. 1