Urteil des BPatG vom 15.05.2006
BPatG: beschreibende angabe, sperre, barriere, eugh, begriff, deponie, erde, wand, endlagerung, gestein
BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 200/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
15. Mai 2006
…
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 302 55 417.3
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hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderinnen wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist
Geobarrier
für die Waren
Behältnisse, Schalungselemente und/oder Mantelschalungen aus
Geokunststoffen für Bauzwecke, insbesondere für Säulen, Ver-
baue und Abstützungen, bestehend insbesondere aus Geogittern
und/oder Geotextilien, insbesondere Geovliesstoffen, und/oder
Geofolien zur Aufnahme von Schüttgütern, Baustoffen und/oder
Flüssigkeiten.
Die Markenstelle für Klasse 19 hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen – einer
davon im Erinnerungsverfahren ergangen - wegen fehlender Unterscheidungskraft
und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Die Bezeichnung
sei sprachüblich gebildet und bezeichne in verständlicher Weise eine geologische
Sperre. Sie sei eine warenbeschreibende Angabe, die Aussage, dass es sich um
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geologische Sperren handele und dass die Waren dazu dienten, Sperren in der
Erde oder Erdsperren zu errichten.
Die Anmelderinnen haben Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen vorgetra-
gen, es handele sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine Wortneuschöp-
fung und ein „sprechendes“, wegen der unüblichen Sprachform aber noch phan-
tasievoll gebildetes Zeichen. Der Begriff „Barriere“ sei mehrdeutig. Der Fachbegriff
„Geologische Sperre“ werde nicht mit „Geobarrier“ abgekürzt. Diese bezeichne
zudem eine großflächige, natürliche Schicht. Die Anmelderinnen benutzten da-
gegen künstliche Behältnisse, die erst Sperrelemente bildeten, wenn sie befüllt
seien.
Die Anmelderinnen beantragen sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse
19 vom
19. Januar 2004 und 28. Juni 2004 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderinnen ist in der Sache ohne Erfolg. Die
angemeldete Marke „Geobarrier“ ist für die beanspruchten Waren nach den Vor-
schriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine
beschreibende Angabe im Sinn von § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG ist.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr
u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger
Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.
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Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr be-
schreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre
Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den
angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Not-
wendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der
Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen
Publikums nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. Ströbele/Hacker, Mar-
kenG, 7. Aufl., § 8 Rdn. 380).
Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandtei-
len zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder
Dienstleistungen beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreiben-
den Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein
merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Be-
standteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreiben-
den Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere
syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus
beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413
- BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 – Postkantoor).
Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich nicht an. Es ist zudem nicht erforderlich, dass
die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der An-
meldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienst-
leistungen, wie die in der Anmeldung aufgeführten oder für Merkmale dieser Wa-
ren oder Dienstleistungen verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem
Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu
diesem Zweck „dienen können“. Ein Wortzeichen ist demnach von der Eintragung
ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein
Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl.
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EuGH MarkenR 2003, 450 - DOUBLEMINT). Dabei spielt es keine Rolle, ob es
Synonyme oder gebräuchlichere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser
Merkmale gibt, da es nicht erforderlich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die
ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl. EuGH
a. a. O. S. 410, 412 - BIOMILD; EuGH a. a. O. S. 500, 507 - Postkantoor).
Die angemeldete Marke setzt sich erkennbar aus den beiden englischen Worten
„Geo“ und „barrier“ zusammen. Das englische „geo“ von „geological“ für „geolo-
gisch, die Erde betreffend“ wird ebenso wie im Deutschen auch im Englischen als
Wortbildungselement in Zusammensetzungen mit der Bedeutung „Geo, Erde,
Land“ verwendet (vgl. zum Beispiel „geocenter“ für „Erdmittelpunkt“, „geomagne-
tic“ für „erdmagnetisch“ in LEO-Online Lexikon Englisch der TU München). So sind
im Bereich der Geotechnik und der Deponietechnik die Fachbegriffe „geogrid“ für
„Geogitter“, „geomembrane“ für „Geomembrane (Kunststoffdichtungsbahn)“, „geo-
textile“ für „Geotextilie“ bekannt (vgl. Fachwörterbuch Deponie-Landfill unter
www.deponie-stief.de/woerterbuch/).
Das Wort „barrier“ hat die Bedeutungen „Abdeckung, Barriere, Grenze, Grenz-
schicht, Absperrung, Sperre, Sperrschicht, Wand“ (vgl. LEO-Online Lexikon
a. a. O.) und wird in zahlreichen Zusammensetzungen verwendet wie „geological
barrier“ für „geologische Barriere, GeoBar, Standort, Mineralogie“ (vgl. Fachwör-
terbuch Deponie-Landfill), „fire barrier“ für „Feuerschutzwand“, „flood barrier“ für
„Hochwassersperre“, „light barrier“ für „Lichtschranke“, „sound barrier“ für „Schall-
mauer“ (vgl. LEO-Online Lexikon a. a. O.).
Die angemeldete Bezeichnung „Geobarrier“ bedeutet daher in wörtlicher Überset-
zung „Geobarriere, Erdsperre“.
Dabei lässt der Begriff „barrier“, wie auch seine weiteren Bedeutungen „Ab-
deckung“ und „Wand“ zeigen, sowohl eine horizontale als auch eine vertikale Aus-
dehnung bzw. Gestaltung der Sperre zu. Entgegen der Auffassung der Anmel-
derinnen fällt deshalb unter den Begriff „Geobarrier“ für „Erdsperre, Geobarriere“
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nicht nur eine flächige Sperre, sondern auch jedes Element, das im Bereich von
Bodenarbeiten oder in irgendeiner Verbindung mit dem Erduntergrund oder auch
unter Verwendung von Bodenmaterial als Sperre oder Barriere dienen kann.
Die angemeldete Bezeichnung „Geobarrier“ ist - wie sich aus den oben genannten
Wortbildungen ableiten lässt -, eine sprachübliche und naheliegende Wortver-
bindung. Beide Einzelbestandteile werden dabei entsprechend ihrem Sinngehalt
verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kom-
bination hinausgehenden Begriff.
Wie auch im Warenverzeichnis zum Ausdruck gebracht, das verschiedene Bau-
elemente aus Geokunststoffen, Geogittern, Geotextilien, Geovliesstoffen und Geo-
folien nennt, ergibt die angemeldete Bezeichnung „Geobarrier“ unter Bezugnahme
auf die beanspruchten Waren die zur Beschreibung geeignete Sachaussage, dass
es sich nach Art, Beschaffenheit und Bestimmung um Waren handelt, die eine
geologische Sperre darstellen, hierfür bestimmt sind oder in Verbindung mit dem
Einsatz einer geologischen Sperre Verwendung finden.
Dabei führt die Existenz des Fachbegriffes „geological barrier“ für „Geologische
Barriere“ nicht dazu, dass die Kombination „Geobarrier“ stets nur im Sinne dieses
Fachbegriffs zu verstehen wäre, da der allgemeine Sinngehalt der Kombination
daneben bestehen bleibt.
Es ist nicht erforderlich, dass die beanspruchten Waren selbst eine derartige geo-
logische Sperre darstellen, da die Bezeichnung „Geobarrier“ auch einen beschrei-
benden Hinweis für Waren geben kann, die für einen derartigen Einsatz in einer
geologischen Sperre bestimmt sind (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die von der ange-
meldeten Bezeichnung beanspruchten Behältnisse aus den genannten Geomate-
rialien auch in Verbindung mit den weiter beanspruchten Schalungselementen
können z. B. dafür bestimmt sein, nach ihrer Befüllung mit undurchlässigem Mate-
rial z. B. Ton als Dichtungs- oder Sperrelemente im Sinne einer sog. geotechni-
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schen Sperre etwa auch zur Verbesserung einer vorhandenen (unzureichenden)
geologischen Sperre zu dienen.
So werden insbesondere ehemalige Bergwerke mit ihren großen Abbaukammern
und Schächten für die Endlagerung problematischer Stoffe oder als Untertagede-
ponien genutzt und dabei ein sog. Multibarrieresystem aus technischer (z. B. Be-
hälter), geotechnischer (Versatzmaterial) sowie geologischer Barriere (Gestein)
errichtet, das die Kontamination der Umgebung verhindern soll (vgl. lediglich zur
Veranschaulichung hierzu „Geophysik im Bergbau-Sicherheit für Deponien und
Endlager“ unter www.agil-leipzig.de/transferbrief/3_2002/10.html).
Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Waren im Vordergrund stehenden Be-
griffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombi-
nation, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinausgeht, handelt es
sich um eine beschreibende Angabe ohne begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer
konkreten beschreibenden Bezeichnung dienen kann.
gez.
Unterschriften