Urteil des BPatG vom 02.02.2005

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BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 46/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 22 674.5
hat der 32.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
2. Februar 2005 durch Richter Viereck als Vorsitzenden sowie die Richter Müllner
und Kruppa
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beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der
Markenstelle für Klasse
11 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 10.
Februar
2000 und vom 9.
Oktober
2002
aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Anmeldung der dreidimensionalen Marke
siehe Abb. 1 am Ende
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für die Waren und Dienstleistungen
"Beleuchtungsgeräte; Möbel, Spiegel, Rahmen; Ziergegenstände,
Kunstgegenstände, Kleiderbügel, Innenlamellenstores; Dienstleis-
tungen eines Designers, Dekorateurs, Innenarchitekten und Gar-
tenarchitekten"
ist mit zwei Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent-
und Markenamts wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs 1, 8
Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen worden. Zur Begründung ist jeweils ausge-
führt, bei der angemeldeten Marke handle es sich um eine einfache geometrische
Figur, in der die angesprochenen Verkehrskreise lediglich die Darstellung bzw Ab-
bildung eines Straßenbegrenzungspfostens sehen würden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er beantragt,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Die Anmeldung einer dreidimensionalen Marke in der vorliegenden Form stelle
eine völlige Neuheit auf den beanspruchten Waren- und Dienstleistungsgebieten
dar. Auch wenn der Verkehr in dem Zeichen ohne weiteres einen Straßenbe-
grenzungspfosten erkenne, stehe dieser Umstand einer Schutzfähigkeit des Zei-
chens nicht entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats
stehen der Eintragung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und
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Dienstleistungen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht
entgegen, insbesondere fehlt der Marke nicht das erforderliche Mindestmaß an
Unterscheidungskraft.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke in-
newohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die
von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens ge-
genüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, wobei nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich von einem großzügigen
Maßstab auszugehen ist. Dabei darf die Prüfung jedoch nicht auf ein Mindestmaß
beschränkt werden, vielmehr muss sie streng und vollständig sein (EuGH, WRP
2003, 735, 740 – Libertel Groep.- Farbe Orange), wobei der Senat "streng" eher
im Sinne von sorgfältig versteht (vgl. Beschluss vom 15.
Mai
2003,
25 W (pat) 168/01 - High Care).
Gemessen an diesen Grundsätzen kann nicht angenommen werden, dass der an-
gemeldeten Marke keine betriebskennzeichnende Bedeutung für die beanspruch-
ten Waren und Dienstleistungen zukommt. Der Senat vermag der Begründung der
angefochtenen Beschlüsse nicht zu entnehmen, inwiefern es sich bei der Marke
um eine einfache geometrische Figur handeln soll. Wie die Markenstelle zu-
treffend ausführt, handelt es sich um die naturgetreue dreidimensionale Dar-
stellung eines Straßenbegrenzungspfosten, der als solcher auch eindeutig erkenn-
bar ist.
Die einzige Ware aus dem beanspruchten Warengebiet, für die der angemeldeten
Marke eine produktbezogene Bedeutung im weitesten Sinn zukommen könnte,
sind Beleuchtungsgeräte. Diese Warenkategorie betrifft aber Geräte, die für die
aktive unmittelbare Beleuchtung eines gewissen Umgebungsbereichs vorgesehen
sind. Straßenbegrenzungspfosten leuchten dagegen nicht aus eigener Energie-
quelle, sondern bestehen lediglich aus schwarz-weißen Pfosten mit einem läng-
lichen und zwei kreisförmigen Reflektionsstrahlern auf den beiden Seitenteilen, die
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ausschließlich dazu dienen, das Scheinwerferlicht des ankommenden Verkehrs
widerzuspiegeln. Wenn die angesprochenen Verkehrskreise in der Darstellung
eines Straßenbegrenzungspfostens einen Hinweis auf Beleuchtungsgeräte sehen
sollen, so erfordert dies bereits phantasievolle gedankliche Überlegungen; dieser
Gesichtspunkt spricht daher für die erforderliche Unterscheidungskraft der an-
gemeldeten Marke.
Mithin kann der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienst-
leistungen weder die nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterschei-
dungskraft abgesprochen werden, noch handelt es sich um eine beschreibende,
freihaltebedürftige Angabe im Sinn des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.
Viereck Müllner
Kruppa
Hu
Abb. 1