Urteil des BPatG vom 28.07.2004
BPatG (gegen die guten sitten, marke, beschreibende angabe, eintragung, unterscheidungskraft, bezeichnung, sitten, verkehr, klasse, inhalt)
BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 96/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 303 54 142.3
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
7. Februar 2006 durch …
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beschlossen:
Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 28. Juli 2004 und vom 20. April 2005
werden aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat
durch die angefochtenen Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfah-
ren ergangen ist, nach vorangegangener Beanstandung die u. a. für
„Schreibwaren; Schuhe; Taschen, soweit in Klasse 18 enthalten;
textile Bekleidungsstücke“
zur Eintragung in das Markenregister angemeldete Wortmarke
Pussy Deluxe
insgesamt zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke das zur Eintragung
erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG fehle und es sich im Übrigen um eine Marke handele, die ge-
gen die guten Sitten verstoße (§ 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG). Wegen der im Vor-
dergrund stehenden Bedeutung des Wortes „Pussy“ als vulgärsprachlicher
Bezeichnung für das weibliche Geschlechtsorgan sei ein warenbeschreiben-
der Sinngehalt der Gesamtbezeichnung gegeben, der ausschließe, dass der
Verkehr in dieser Bezeichnung einen individuellen betrieblichen Herkunftshin-
weis eines einzelnen Unternehmens sehe. In der vulgärsprachlichen Benen-
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nung eines Teils des weiblichen Körpers liege eine anstößige Diskriminierung,
die das Empfinden eines beachtlichen Teils der beteiligten Verkehrskreise zu
verletzen geeignet sei.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie die
Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und die Eintragung der angemel-
deten Marke begehrt. Das Warenverzeichnis beschränkt sie auf die genannten
Waren „Schreibwaren; Schuhe; Taschen, soweit in Klasse 18 enthalten; textile
Bekleidungsstücke“. Sie ist der Ansicht, die angemeldete Marke sei hinrei-
chend unterscheidungskräftig, weil sie entgegen der Auffassung der Marken-
stelle keine eindeutig zuzuordnenden, werbeüblichen oder produktbeschrei-
benden Inhalte aufweise. Auch einen Verstoß gegen die guten Sitten sieht die
Anmelderin nicht, da der Begriff „Pussy“ in der englischen Umgangssprache
als „Katze, Kätzchen, Miezekatze“ verstanden werde und insbesondere im
Zusammenhang mit „Deluxe“ keine Veranlassung bestehe, in der angemel-
deten Marke notwendigerweise einen herabwürdigenden und damit anstößi-
gen Begriffsinhalt zu sehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten und
die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Für die beanspruchten Waren ent-
behrt die angemeldete Marke weder der Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG), noch stellt sie eine unter das Eintragungsverbot des § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG fallende beschreibende Angabe dar. Auch für einen
Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG beste-
hen keine hinreichenden Anhaltspunkte.
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Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Zeichen, die keine Unter-
scheidungskraft aufweisen, nicht als Marke eingetragen werden. Die
Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder
Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund
stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich
auch nicht um eine sprachliche, bildliche oder gestalterische Darstellung han-
delt, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung
in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel ver-
standen wird (st.
Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1152 –
marktfrisch;
GRUR
2003, 1050, 1051 –
Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz,
7. Aufl., § 8 Rn. 70 m. w. N.). Enthalten die Wortbestandteile einer Be-
zeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden
Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher
erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke
wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen
beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass der
Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR a. a. O.
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marktfrisch; GRUR 2001, 1153 -
antiKALK; GRUR 2005, 417, 418
- BerlinCard).
Um eine derartige Beschreibung handelt es sich bei der angemeldeten Marke
jedoch nicht. Selbst wenn die angesprochenen Verbraucher den Markenbe-
standteil „Pussy“ in dem von der Markenstelle verstandenen Sinne erkennen
würden, wäre doch damit bei den beanspruchten Waren ein unmittelbarer
Sachbezug nicht zu sehen. Es kann nicht ohne weiteres unterstellt werden,
dass beispielsweise Textilwaren in einer derartigen Fokussierung auf einen
bestimmten Körperteil hergestellt, angeboten oder bezeichnet würden; eine
Bedeckung des Körpers, insbesondere der Geschlechtsteile, ist eine übliche
Eigenschaft von Bekleidungsstücken, so dass dieser für sich genommen als
Sachaussage erkennbare Begriff jedenfalls im Hinblick auf die Bekleidungs-
stücke eher nichtssagend ist, zumal, wenn er im Zusammenhang mit dem Be-
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standteil „Deluxe“ verwendet wird, was eine bestimmte Qualitätsassoziation
hervorrufen mag, in den Gesamtbegriff jedenfalls von einer Sachaussage
noch weiter weg führt.
Insgesamt hat der Verkehr daher keine Veranlassung, die angemeldete Kenn-
zeichnung als etwas anderes denn als herstellerbezogenen Ursprungshinweis
anzusehen.
Ein Freihaltebedürfnis, das der Eintragung des angemeldeten Zeichens ge-
mäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen würde, ist mangels beschrei-
benden Inhalts ebenfalls nicht erkennbar.
Für den von der Markenstelle befürchteten Verstoß gegen die guten Sitten
bestehen nach Ansicht des Senats im konkreten Fall keine hinreichenden An-
haltspunkte. Es kann dahinstehen, ob für bestimmte Waren der Ausdruck
„Pussy“ in Alleinstellung oder in anderen Wortkombinationen diskriminierende,
frauenfeindliche oder sonst anstößige Bedeutungen annehmen kann, die einer
Eintragung in das Markenregister gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG entgegen-
stehen würden. Die vorliegend angemeldete Marke jedenfalls entfernt sich,
wie oben dargelegt, schon durch die Kombination mit dem Markenbestandteil
„Deluxe“ hinreichend deutlich von einem abwertenden, diskriminierenden In-
halt, so dass, selbst wenn neben anderen Bedeutungen der von der Marken-
stelle herangezogene Inhalt erkannt werden sollte, hierin noch kein Grund ge-
sehen werden kann, schwerwiegend Anstoß zu nehmen.
gez.
Unterschriften