Urteil des BPatG vom 18.09.2000

BPatG: informationstechnik, verwechslungsgefahr, computer, kennzeichnungskraft, datenverarbeitung, factoring, wartung, beratung, geschäftsführung, vermietung

BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 24/00
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
6.70
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betreffend die angegriffene Marke 394 07 538
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 18. September 2000 unter Mitwirkung des Vorsit-
zenden Richters Dr. Buchetmann sowie der Richterin Winter und des Richters
Schramm
beschlossen:
Die Beschwerde der aus der Marke 1 155 644 Widersprechenden
wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
medAS
ist unter der Nummer 394 07 538 als Marke in das Markenregister eingetragen
worden.
Sie ist nach Teilverzicht und Teillöschung des Warenverzeichnisses im Be-
schwerdeverfahren bestimmt für
"Elektrische und elektronische Geräte, Maschinen, Apparate und
Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten) sowie daraus gebildete
Anlagen zur Erfassung, Eingabe, Übertragung, Wandlung, Spei-
cherung, Verarbeitung und Ausgabe von Daten, Informationen und
Signalen; Computer sowie daraus zusammengestellte Anlagen;
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Computer-Periperiegeräte, nämlich Dateneingabe-, -ausgabe-, -
übertragungs- und -speichergeräte; Teile aller vorgenannten
Waren; alle vorgenannten Waren auch in Verbindung mit
aus-
genommen Schlafapnoe-Diagnostik- und - Therapiegeräte,
Oxymeter und Vernebler;
16 enthalten), auf vorgenannten Datenträgern gespeicherte Com-
puterprogramme und Datensammlungen, Computerprogramme in
Form von Programmdokumentationen; Bedienungs- und Benut-
zungsanleitungen; Programmhandbücher sowie anderes schriftli-
ches Begleitmaterial für Programme; Lehr- und Unterrichtsmittel in
Form von Druckereierzeugnissen; Bücher, Kataloge, Broschüren,
Zeitschriften, Zeitungen und andere gedruckte Publikationen auf
dem Gebiet der Informationstechnik, insbesondere für ärztliche
und zahnärztliche Praxen; Schreibwaren und Druckereierzeug-
nisse als Planungsmittel für ärztliche und zahnärztliche Praxen;
sowie als Verbrauchsmaterial für Computer und Computeranla-
gen; Entwickeln und Erstellen von Computerprogrammen für
Dritte; Geschäftsführung für Dritte, einschließlich Factoring; Da-
tenverarbeitung für andere; Betrieb einer Datenbank; Vermietung
und Wartung von Computern; Vermietung von Computerpro-
grammen; technische und betriebswirtschaftliche Beratung ärztli-
cher und zahnärztlicher Praxen auf dem Gebiet der Informations-
technik; Schulung und Fortbildung Dritter auf dem Gebiet der In-
formationstechnik; Veröffentlichung und Herausgabe von Druck-
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Widerspruch erhoben hat ua die Inhaberin der älteren Marke 1 155 644
MEDOS
seit dem 12. März 1990 eingetragen für
"Elektronische Datenverarbeitungsanlagen, insbesondere für Be-
fundung, Privatliquidation, Mahnwesen und Korrespondenz ein-
schließlich medizinische Dokumentation und Statistik für Arzt-
praxen und Krankenhäuser, auch als Mehrplatzsystem ausgebil-
det, Teile vorgenannter Anlagen und Geräte, nämlich Bildschirm-
und Tastaturgeräte, Schnittstellengeräte, Peripheriegeräte in Form
von Dateneingabe- und -ausgabegeräten; auf Datenträger
befindliche Datenverarbeitungsprogramme (Software) soweit in
Klasse 9 enthalten für die Information, Organisation, das Abrech-
nungswesen und die Dokumentation in Kliniken, Ärztehäusern und
Arztpraxen; Planung und Installation von aus Datenverarbei-
tungsgeräten bestehenden Anlagen bestimmt für Kliniken und
Arztpraxen; Inbetriebnahme solcher Anlagen; Wartung von auf
Datenträgern befindlichen Datenverarbeitungsprogrammen; Aus-
bildung und Training von Personen für den Einsatz von EDV-Sy-
stemen in Klinik oder Arztpraxis; Erstellen von Programmen zum
Betreiben dieser Datenverarbeitungsanlagen als medizinisches
Informationssystem für den Einsatz in Kliniken und für die system-
unterstützte Befundung mit ONLINE-Rechtschreibkontrolle und für
differentialdiagnostische Vorschläge."
Der Widerspruch ist zunächst ohne warenmäßige Beschränkung erhoben worden.
Die Widersprechende hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß sich ihr
Widerspruch nicht gegen die Dienstleistung "Geschäftsführung für Dritte, ein-
schließlich Factoring" richte.
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Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke
bereits im Verfahren vor der Markenstelle des Patentamts bestritten. Nach der
Vorlage von Benutzungsunterlagen hat sie mitgeteilt, daß sie die Einrede
mangelnder Benutzung nicht aufrechterhalte. In der mündlichen Verhandlung hat
sie jedoch erklärt, daß sie die Benutzungseinrede aufrechterhalte.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen.
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie hält mit näheren Ausführun-
gen die Gefahr von Verwechslungen für gegeben, weil die Anmeldung wie "me-
das" ausgesprochen werde; die Aussprache "med-as" widerspreche der Lebens-
erfahrung.
Die Widersprechende beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der
angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält mit näheren Ausführungen den angefochtenen Beschluß der Markenstelle
für zutreffend.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluß der Markenstelle sowie
auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg.
Soweit die Widersprechende den Widerspruch in zulässiger Weise beschränkt hat,
hat sie ihrer Beschwerde selbst den Grund entzogen, so daß insoweit von
vornherein die angegriffene Marke nicht gelöscht werden kann.
Im Übrigen ist der nach § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG erhobene Widerspruch von der
Markenstelle zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen wor-
den. Die Eintragung der angegriffenen Marke ist auch nach Auffassung des Se-
nats wegen fehlender Gefahr von Verwechslungen (§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG) nicht
zu löschen.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wech-
selbeziehung zueinander stehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der
Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke (stRspr, zB EuGH MarkenR 1999, 22 -
CANON; BGH MarkenR 1999, 297 - HONKA).
Aufgeworfene Benutzungsfragen können dahinstehen, insbesondere auch die
Entscheidung der Frage, ob in der Erklärung, den Einwand mangelnder Benut-
zung nicht aufrechterhalten zu wollen, ein Verzicht auf die Einrede mangelnder
Benutzung liegt (vgl dazu BGH MarkenR 2000, 359 - Bayer/BeiChem oder ob das
erneute Bestreiten der Benutzung in der mündlichen Verhandlung aus anderen
Gründen (zB wegen Verspätung) unbeachtlich wäre). Denn auch bei einer - un-
terstellten - vollständigen Berücksichtigung aller Waren und Dienstleistungen der
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Widerspruchsmarke nach der Registerlage ist eine Verwechslungsgefahr nicht
gegeben. Die Marken können danach zwar zum Teil zur Kennzeichnung identi-
scher Waren und Dienstleistungen verwendet werden. Andererseits ist die Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke eher geringer einzustufen. Die Marke
setzt sich aus 2 beschreibenden Bestandteilen zusammen (MED = medizinisch,
OS = operating system, vgl zB Rosenbaum, Glossar EDV, S. 199), wobei die Zu-
sammenfügung in der von Kürzeln beherrschten Computersprache nicht als be-
sonders individuell prägend gesehen werden dürfte).Unter Berücksichtigung der
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist bei der Prüfung der Verwechs-
lungsgefahr somit ein eher milderer Maßstab anzulegen. Der danach erforderliche
Abstand zur älteren Widerspruchsmarke wird von der jüngeren Marke noch
gewahrt.
Die Marken stimmen zwar in der Lautfolge "med-s" überein. Die Übereinstimmung
im Markenbestandteil "med" hat jedoch kaum Gewicht, denn er ist, wie schon
ausgeführt, als Kurzform von "Medizin" (vgl Dr. med.) deutlich beschreibend und
wird bei der Datenverarbeitung, Beratung und Schulung im medizinischen Bereich
auch vielfach verwendet. Die angesprochenen Kreise werden daher die übrigen
Markenbestandteile genauer beachten, denn nur diese helfen ihnen bei der Un-
terscheidung der betreffenden Waren und Dienstleistungen weiter. Die abwei-
chenden Schlußvokale der Markenwörter werden deshalb den hier Beteiligten
noch eine ausreichende Unterscheidungshilfe geben; dabei fällt auch ins Gewicht,
daß es sich um relativ kurze Markenwörter handelt, die durch einzelne Ab-
weichungen stärker beeinflußt werden als längere Markenwörter. Darüber hinaus
ist zu berücksichtigen, daß durch die Verwendung von Klein- und Großbuchstaben
bei der Schreibweise der angegriffenen Marke eine Hervorhebung des Mar-
kenbestandteils "AS" erfolgt, die der Verkehr in aller Regel auch beachtet und
auch bei der Aussprache berücksichtigt. Wird aber die angegriffene Marke wie
"med-as" ausgesprochen, so führt diese Hervorhebung am Wortende gegenüber
der entweder gleichmäßig fließenden Aussprache der Widerspruchsmarke wie
"medos" oder unter Hervorhebung ihres Begriffs "OS" zu so hinreichenden Unter-
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schieden im Klang- und Sprechrhythmus, daß Verwechslungen in rechtserhebli-
chem Ausmaß nicht zu befürchten sind. Auch in bildlicher Hinsicht unterscheiden
sich die Marken von daher noch hinreichend deutlich.
Zu einer Auferlegung von Kosten besteht kein Anlaß (§ 71 Abs 1 MarkenG).
Dr. Buchetmann
Winter
Schramm
prö