Urteil des BPatG vom 09.12.2008
BPatG (hoheitszeichen, bekleidung, anmeldung, klasse, public relations, papier, zeichen, nachahmung, eintragung, verkehr)
BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 32/07
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 306 09 306.5
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 9. Dezember 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Bender sowie der Richter Knoll und Kätker
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 4. Januar 2007 aufgehoben.
G r ü n d e
I .
Am 30. Januar 2006 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Bildmarke
unter Beanspruchung der Farben Schwarz, Weiß, Rot, Gelb, Grün, Blau, Orange
für folgende Waren angemeldet worden:
Klasse 16:
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, so weit
in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel;
Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwa-
ren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel;
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Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr-
und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Drucklettern;
Druckstöcke; Papierhandtücher, -servietten, Filterpapier, Papierta-
schentücher, Toilettenpapier, Papierwindeln, Verpackungsbehäl-
ter, Verpackungstüten, Tier- und Pflanzenpräparate als Unter-
richtsmaterial zu Unterrichtszwecken, Globen, Wandtafelzeichen-
geräten; Adressiermaschinen, Frankiermaschinen, Aktenordner,
Briefkörbe, Brieföffner, Schreibunterlagen, Locher, Hefter, Büro-
und Heftklammern, Farbbänder, Korrekturmittel für Bürozwecke,
Stempel, Stempelkissen, Stempelfarbe, Tinten zum Schreiben und
Zeichnen, Tusche, Tintenfässer, Tintenpatronen für Schreibgeräte,
Befestigungshalter für Schriftstücke, Ordner und Aktendeckel für
Schriftstücke, Rücken für Ordner und Aktendeckel, Halter für Ku-
gelschreiber und Bleistifte, Bleistiftspitzer, Schreibtischgarnituren,
Federhalterschalen, Karteikästen, Pultordner, Ringbücher, Konfe-
renzmappen, Schreibmappen, Dokumentenmappen aus Papier
und/oder Pappe (Schreibwaren), Schreib- und Rechenhefte, No-
tenhefte, Vokabelhefte, Aufgabenhefte, Verpackungsmaterial aus
Kunststoff, nämlich Hüllen, Beutel und Folien; Hüllen für Amtspa-
piere; Fotoalben, Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für
Haushaltszwecke, auch zum Basteln; Selbstklebebänder für Pa-
pier- und Schreibwaren oder für Haushaltszecke; Künstlerbedarfs-
artikel, nämlich Modelliermasse, Leinwände, Tuschen, Malerpa-
letten und -staffeleien; Pinsel; Schreibgeräte, einschließlich Stifte,
Füller, Kugelschreiber, Briefbeschwerer, Packpapier, Schreib-
kreide, Radierer; Druckereierzeugnisse, Bücher, Kalender, Alben,
Atlanten, Photographien, Notizbücher, Broschüren, Prospekte,
Plakate, Zeitungen, Zeitschriften, Comic-Hefte; Aufkleber; Künst-
lerbedarfsartikel; Schreibmaschinen, sowie deren Zubehör soweit
in Klasse 16 enthalten; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen
Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in
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Klasse 16 enthalten; Folien für Verpackungszwecke aus regene-
rierter Zellulose, Viskose, Plastik und/oder Kunststoff; Farbbänder;
Malerrollen;
Modelliermasse; Papiertüte;
Verpackungsbeutel
[-hüllen, -taschen] aus Papier oder Kunststoff;
Klasse 25:
Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Freizeit-,
Sport-, Ski-, Schwimm-, Bade- und Strandbekleidung, Lederbe-
kleidung, Kopfbedeckungen, einschließlich Kappen, Mützen, Bas-
kenmützen, Mützenschirme, Hüte, Kapuzen, Kopftücher, Hand-
schuhe (Bekleidung); Stirnbänder [Bekleidung]; Badeanzüge, Ba-
dehosen, Bademäntel, Bademützen, Bikinis, Badesandalen, Ba-
deschuhe; Bekleidung aus Lederimitat; Bekleidung für Autofahrer;
Fausthandschuhe [Bekleidung]; Fischerwesten [Anglerwesten];
Fußsäcke [nicht elektrisch beheizt]; Galoschen; Gamaschen;
Geldgürtel [Bekleidung]; Gürtel [Bekleidung]; Gymnastikbeklei-
dung, Gymnastikschuhe; Halstücher; Handschuhe [Bekleidung];
Hemdblusen, Hemdeinsätze, Hemdkragen [lose], Hemden; Hemd-
Höschenkombinationen [Unterbekleidung]; Hosen, Hosenstege,
Hosenträger; Hüftgürtel; Anzüge, Jacken, Kleider, Hosen, Röcke;
Kleidereinlagen [konfektioniert]; Lätzchen, nicht aus Papier; Oh-
renschützer [Bekleidung]; Overalls; Pelze [Bekleidung]; Rad-
fahrerbekleidung; Lederschuhe, Sandalen, Stoffschuhe [Espadril-
los], Hausschuhe, Holzschuhe, Strandschuhe, Sportschuhe;
Schuhwaren, einschließlich Absätze [für Schuhe], Absatzstoß-
platten für Schuhe, Einlegesohlen, Schuhsohlen; Schals, Schär-
pen; Schlafanzüge, Schlafmasken, Schleier [Bekleidung]; Stiefel,
Halbstiefel [Stiefeletten]; Schürzen [Bekleidung]; Unterwäsche,
einschließlich Unterhemden, Unterhosen, Corsagen, Schlüpfer,
Slips, Büstenhalter, Unterröcke; Koresettleibchen, Korsetts, Leib-
wäsche [schweißaufsaugend]; Skischuhe; Socken, Sockenhalter;
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Sportbekleidung und -unterwäsche; Strumpfbänder, Strümpfe,
Strumpfhalter, Strumpfhosen, Wadenstrümpfe; Wasserskianzüge;
Westen; Wirkwaren [Bekleidung];
Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroar-
beiten; Einzelhandelsdienstleistungen betreffend die Waren der
Klassen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18,
19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33 und 34,
auch über das Internet; Aktualisierung von Werbematerial; Bear-
beitung und Abwicklung von Bestellungen [Büroarbeiten]; Aufstel-
lung von Kosten-Preis-Analysen; Auskünfte in Geschäftsangele-
genheiten; Beratung bei der Organisation und Führung von Unter-
nehmen; Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung; Be-
schaffungsdienstleistungen für Dritte [Erwerb von Waren und
Dienstleistungen für andere Unternehmen]; Bestellannahme, Lie-
ferauftragsservice und Rechnungsabwicklung; Dienstleistungen
einer Werbeagentur; Durchführung von Auktionen und Versteige-
rungen; Erteilung von Auskünften (Information) und Beratung für
Verbraucher in Handels- und Geschäftsangelegenheiten [Ver-
braucherberatung]; Kommerzielle Verwaltung der Lizenzierung
von Waren und Dienstleistungen für Dritte; Kundengewinnung und
-pflege durch Versandwerbung (Mailing); Marketing auch in
digitalen Netzen; Merchandising; Meinungsforschung; Markt-
forschung; Öffentlichkeitsarbeit [Public Relations]; Organisation
und Durchführung von Werbeveranstaltungen; Planung und
Gestaltung von Werbemaßnahmen; Präsentation von Waren in
Kommunikations-Medien, für den Einzelhandel; Verbreitung von
Werbeanzeigen; Verfassen von Werbetexten; Vermietung von
Werbeflächen, auch im Internet (Bannerexchange); Vermittlung
von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von e-com-
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merce; Vermittlung von Mobilfunkverträgen [für Dritte]; Vermittlung
von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren;
Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von
Dienstleistungen; Vermittlung von wirtschaftlichen Know-How
(Franchising); Verteilen von Werbemitteln; Verteilung von Werbe-
material [Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben]; Zu-
sammenstellung von Waren für Dritte zu Präsentations- und Ver-
kaufszwecken.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat mit Beschluss vom 4. Januar 2007 die Anmel-
dung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG zurückgewiesen, weil
Marken von der Eintragung ausgeschlossen seien, die Staatswappen, Staatsflag-
gen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes
oder eines inländischen Gemeinde- oder Kommunalverbandes enthielten. Diese
Vorschrift diene der Umsetzung von Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie
89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten über die Marken (MarkenRL; ABl. 1989 Nr. L 40/1 vom
11.2.1989). Mit diesem Eintragungsverbot werde verhindert, dass Statussymbole
des Staats als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen monopolisiert würden.
Nach Auffassung der Markenstelle ist dem Eintragungsverbot von in- und auslän-
dischen Staatsflaggen ein erweiterter Flaggenbegriff zugrunde zu legen, von dem
die hier auf dem Ball abgebildete Fahnendarstellung umfasst werde. Die ange-
meldete Bildmarke enthalte u. a. eine sinnbildliche Fahnendarstellung unter Ver-
wendung der Farben Schwarz, Rot und Gold, die ohne weiteres als Wiedergabe-
form für die bundesdeutsche Staatsflagge aufgefasst werde, da die Landesfarben
hinsichtlich der Farbintensität und -anordnung nach Art der bundesdeutschen
Fahne gestaltet seien. Die Flaggendarstellung trete auch als Markenbestandteil
innerhalb des Gesamtzeichens deutlich und unmissverständlich in Erscheinung.
Um der ungerechtfertigten Ausnutzung hoheitlicher Symbole entgegen zu wirken
und zu verhindern, dass mit einem hoheitlichen Zeichen versehene Marken für
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einen einzelnen Anbieter monopolisiert würden, dürften sie nicht ohne Befugnis
Gegenstand von Monopolrechten sein. Eine derartige Befugnis sei hier nicht vor-
gelegt worden.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der
sie sinngemäß beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Zur Begründung trägt sie vor, dass der Anmeldung das Schutzhindernis des § 8
Abs. 2 Nr. 6 MarkenG nicht entgegenstehe. Soweit sich Bestandteile der Anmel-
dung an die Staatsflaggen verschiedener Länder anlehnten, erfolge dies lediglich
in dekorativer Art und Weise, ohne dass darin ein Hinweis auf eine offizielle Legi-
timation erblickt werden könne. Wiedergabeformen von Flaggen, die aufgrund ab-
weichender Größenverhältnisse, Gestaltungen und Darstellungsformen nicht den
Eindruck einer Flagge als Hoheitszeichen erweckten, könnten ein Eintragungshin-
dernis nicht begründen. Die beanspruchte Bildmarke bestehe zunächst einmal aus
der Darstellung eines Fußballs mit den entsprechenden eigentümlichen Sechs-
ecken, die durch weiße Linien und eine räumliche Darstellung (Schattierung) be-
sonders hervorgehoben seien. Die Oberfläche dieser Sechsecke werde durch
unmittelbar aneinander grenzende und ineinander übergehende Flaggen ausge-
füllt, wobei die weißen Linien und Schattierungen zwischen den Sechsecken diese
an Flaggen angelehnten Darstellungen durchliefen und unterbrächen. Die mit den
verschiedenen Landesfarben ausgefüllten Flächen wiesen zum weit überwiegen-
den Teil keine rechteckigen Umrisse auf, sondern seien trapezförmig verzerrt, was
erhebliche Unterschiede zu staatlichen Fahnen schaffe. Zwar erstrecke sich das
Schutzhindernis auch auf Abwandlungen von Hoheitszeichen, jedoch sei der Be-
griff der Abwandlung eng auszulegen. Es handele sich hier um keine Abwandlung
von Hoheitszeichen, sondern um eine rein dekorative Gestaltung, weil bei der
Farbgebung des Balles Elemente verschiedener Staatsflaggen aufgegriffen wor-
den seien. Eine offizielle Legitimation könne der Darstellung nicht entnommen
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werden. Der Verkehr werde sich an viele verschiedene Flaggen und Staaten erin-
nert fühlen, zumal keine, auch nicht die bundesdeutsche, in herausgehobener,
prägender Stellung verwandt werde. Die Anmeldung schaffe vielmehr den Ein-
druck von Internationalität, der durch die Fußballfigur noch unterstrichen werde,
zählten doch internationale Begegnungen zu den Höhepunkten dieses Sports. Die
Anmelderin mache sich weder Flaggen noch deren Bestandteile zu eigen, sondern
suche um Schutz für einen kunstvoll verzierten Ball nach.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Anmeldung kann hinsichtlich der
verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Schutz nicht wegen
des Enthaltens eines staatlichen Hoheitszeichens versagt werden.
1.
Von der Eintragung ausgeschlossen sind nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG näm-
lich Marken, die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszei-
chen oder Wappen eines inländischen Ortes oder eines inländischen Gemeinde-
oder Kommunalverbandes enthalten. Diese Vorschrift ist wegen § 8 Abs. 4 Satz 1
MarkenG auch anzuwenden, wenn die Marke die Nachahmung eines dort aufge-
führten Zeichens enthält.
§ 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG dient der Umsetzung des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe h
MarkenRL, der wiederum Art. 6ter PVÜ Rechnung trägt. Sein gesetzgeberischer
Zweck liegt darin, zu verhindern, dass öffentliche Hoheitszeichen für geschäftliche
Zwecke ausgenutzt oder gar missbraucht werden, zumal sie auch nicht Gegen-
stand von Monopolrechten einzelner Privater werden dürfen (Ströbele/Hacker,
Markengesetz, 8. Aufl., § 8, Rdn. 405). Eine solche Eintragung oder Benutzung
würde nämlich das Recht des Staates verletzen, die Verwendung der Symbole
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seiner Hoheitsgewalt zu kontrollieren, und könnte außerdem den Verkehr über
den Ursprung der mit solchen Marken gekennzeichneten Waren irreführen (EuG
GRUR 2004, 773, Rn. 39 - ECA; BGH GRUR 2003, 705, 706 - Euro-Billy).
Zur Schutzversagung reicht bereits aus, wenn die Marke ein Hoheitszeichen als
Bestandteil enthält, soweit dieser hinreichend deutlich in Erscheinung tritt, um eine
dahingehende negative Wirkung zu entfalten (Ströbele/Hacker, Markengesetz,
8. Aufl., § 8, Rdn. 406). Die staatlichen Hoheitszeichen sind nämlich nicht nur ge-
gen die Eintragung und die Benutzung von Marken geschützt, die mit ihnen iden-
tisch sind oder sie enthalten, sondern wegen § 8 Abs. 4 Satz 1 MarkenG auch da-
gegen, dass eine Nachahmung dieser Kennzeichen im heraldischen Sinne in eine
Marke aufgenommen wird. Eine derartige Nachahmung wird nicht bereits dadurch
ausgeschlossen, dass das Emblem in bestimmter Weise stilisiert oder dass nur
ein Teil von ihm verwendet worden ist (EuG GRUR 2004, 773, Rn. 40, 41 - ECA;
Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8, Rdn. 407).
Wegen § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG dürfen ausdrücklich Marken nicht eingetragen
werden, die in- oder ausländische Staatsflaggen enthalten. Um der ungerechtfer-
tigten Ausnutzung staatlicher Hoheitszeichen zu kommerziellen Zwecken entge-
genzuwirken, ist ein erweiterter Flaggenbegriff zugrunde zu legen, der auch Fah-
nen, Standarten, Stander und Wimpel umfasst, die wie Staatsflaggen eingesetzt
und aufgefasst werden (BPatG GRUR 2005, 679, 680 - Bundesfarben; Strö-
bele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8, Rdn. 411).
Nicht als Hoheitszeichen, denen sich nur der Staat zur Ausübung seiner Hoheits-
funktion bedient, sind dagegen solche Wiedergaben anzusehen, die wegen ab-
weichender Größenverhältnisse und Darstellungsformen nicht den Eindruck einer
Flagge als Hoheitssymbol erwecken. Letztlich kommt es maßgeblich darauf an, ob
das jeweilige Gebilde den Eindruck eines hoheitlichen Bezugs (z. B. einer staatli-
che Prüfung, Empfehlung) erweckt oder ob es sich lediglich auf eine rein dekora-
tive Verwendung ohne Hinweis auf offizielle Legitimationen beschränkt (BPatG
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GRUR 2005, 679, 681 - Bundesfarben; LG Hamburg GRUR 1990, 196, 197
- BP CARD; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8, Rdn. 412; Fezer, Mar-
kengesetz, 3. Aufl., § 8, Rdn. 371; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 8,
Rdn. 311).
Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG ist eng auszulegen und einer aus-
dehnenden Interpretation nicht zugänglich (BGH GRUR 1993, 47, 48 - SHAM-
ROCK; Fezer, Markengesetz, 3. Aufl., § 8, Rdn. 359). Für eine zurückhaltende
Anwendung spricht auch die Tatsache, dass nach § 145 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3
MarkenG die widerrechtliche Benutzung einer Flagge i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 6
MarkenG im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung von Waren und
Dienstleistungen als Ordnungswidrigkeit bußgeldbewehrt ist.
Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit ist das beanspruchte Zeichen in seiner
Gesamtheit unter Berücksichtigung der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise
zu betrachten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, Rdn. 48 - SAT.2). Dabei ist auf das
Verständnis eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verstän-
digen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (EuGH GRUR Int. 1998, 795, Rand-
nummer 31 - 6-Korn-Eier/Gut Springenheide). Dieser allgemeine Grundsatz gilt
nicht nur im Zusammenhang mit Eintragungshindernissen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis
5 MarkenG, sondern auch mit solchen nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG. Hier ist
ebenfalls nicht lediglich isoliert auf ein abstraktes Kriterium abzustellen, sondern
auf die allgemeine Verkehrsauffassung, also auf das Verständnis der angespro-
chenen Verkehrskreise (so auch BPatG 30, 233, 235; HABM Zweite Beschwerde-
kammer GRUR 2005, 684, Rdn. 17 - efcon). Diese bestehen hier angesichts des
weiten Spektrums der beanspruchten Waren der Klassen 16 und 25 aus dem all-
gemeinen Publikum, hinsichtlich der begehrten Dienstleistungen der Klasse 35
dagegen aus speziellen Fachkreisen in Industrie und Handel mit gewissen profes-
sionellen Kenntnissen.
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Unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks, den die Anmeldung beim ange-
sprochenen Verkehr hervorruft, gelangt der Senat zu der Erkenntnis, dass im vor-
liegenden Fall das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6 und Abs. 4 Satz 1 Mar-
kenG nicht durchgreift, da die Anmeldung in ihrer Gesamtheit dem Publikum nicht
als Marke gegenübertritt, die ein Staatsflaggensymbol oder seine Nachahmung im
heraldischen Sinne als Hoheitszeichen enthält, also einen Eindruck von Hoheit-
lichkeit hervorruft. Vielmehr erscheint sie als ein dekoratives Element, das durch
die Vielzahl von Staatsflaggen und deren Einfügung in eine Fußballform eher den
Eindruck von Supranationalität und internationalen Sportereignissen schafft, so
dass die Flaggen sich somit zur reinen Verzierung verwandeln.
Zwar enthält die beanspruchte Bildmarke, wenn auch mehr oder weniger stark
perspektivisch verzerrt, die nationalen Flaggen von zahlreichen Ländern, neben
Kroatien, Brasilien, Argentinien, Südkorea, Deutschland, Portugal, Schweden,
Mexiko, Saudi-Arabien, Japan und Ukraine im Vordergrund, zusätzlich noch
- wenn auch schwerer identifizierbar - diejenigen von Paraguay, Ecuador, der El-
fenbeinküste, Tunesien, die auch als Staatsflaggen trotz der perspektivischen
Verschiebungen und der weißen durch sie hindurch laufenden Trennlinien der
Sechsecke auf der Oberfläche des Fußballs deutlich erkennbar sind und die auch
als solche erkannt werden sollen. Somit könnten bei rein formaler Betrachtungs-
weise die Voraussetzungen von § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG vorliegen, wie die Prü-
ferin angenommen hat, indem sie sich auf die als solche eindeutig erkennbare
bundesdeutsche Flagge konzentriert hat, zumal die Anmelderin auch keine Befug-
nis zur Führung der Flaggen gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 MarkenG geltend gemacht
hat.
Jedoch hat die Prüferin letztlich nur einen Teil der Anmeldemarke beurteilt. Zwar
reicht es grundsätzlich aus, wenn die Anmeldung ein Hoheitszeichen als Be-
standteil oder als heraldische Nachahmung enthält. Zusätzlich muss jedoch noch
hinzukommen, dass die verfahrensgegenständlichen Flaggensymbole hoheitlich
verwendet werden, nämlich den vom Sinn und Zweck der Vorschrift allein missbil-
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ligten Eindruck eines hoheitlichen Bezugs erwecken. Dies erschließt sich jedoch
erst aufgrund einer Gesamtschau auf das Zeichen.
Betrachtet man die Anmeldung nämlich nach ihrem maßgeblichen Gesamtein-
druck und im Hinblick auf das angesprochene Publikum, führt dies zu einem ande-
ren Ergebnis. Hierbei fällt nicht nur die Form eines Fußballs mit seinen sechsecki-
gen Teilflächen auf - was weniger von Bedeutung ist -, sondern in den Vorder-
grund rückt vielmehr die Vielzahl der Flaggen, teilweise perspektivisch verzerrt
und reduziert, was insgesamt einen Eindruck von Universalität und Internationa-
lismus hervorruft, einen hoheitlichen Eindruck aber gerade neutralisiert.
Im vorliegenden Fall geht nämlich das einzelne nationale Symbol für den Be-
trachter in einer Vielzahl anderer auf- und unter, so dass ein konkreter nationaler
hoheitlicher Bezug oder mehrere rein nationale und hoheitliche Bezüge des Zei-
chens nicht mehr erkennbar sind. Nach dem maßgeblichen Gesamteindruck ent-
steht durch die Fülle der verschiedenen Symbole gerade der Eindruck von Supra-
nationalität, Mehrstaatlichkeit und Internationalität. Die Form des Fußballs ver-
stärkt diesen Eindruck noch durch seine Andeutung in Richtung auf multinationale
Sportereignisse. Die jeweilige einzelne Staatsflagge geht in ihrer hoheitlichen
Symbolwirkung in der Masse der letztlich unmittelbar nicht erfassbaren anderen
Flaggen unter, die sich auch noch auf die nicht einsehbare Rückseite des Balls
erstrecken. Insoweit ist die Anmeldung einem Foto vergleichbar, auf dem ein Wald
von internationalen Flaggen abgebildet ist. Zudem sind die Flaggenabbildungen
auf dem Fußball teilweise nicht vollständig oder verschwinden in der Perspektive,
so dass sie nicht eindeutig zuordenbar sind (z .B. evtl. USA, Serbien, Nieder-
lande). All das schafft eher den Eindruck einer internationalen Organisation oder
einer überstaatlichen Fußballgemeinschaft (internationaler Fußball), als den eines
nationalen Hoheitsträgers oder gar mehrerer von ihnen.
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Nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 und Abs. 4 Satz 1 MarkenG sind von der Eintragung Marken
ausgeschlossen, die staatliche Hoheitszeichen oder ihre heraldischen Nachah-
mungen, wenn auch neben anderen Elementen enthalten. Dieses absolute Ver-
bot, das staatliche Hoheitszeichen vor Missbrauch und privater Monopolisierung
schützen soll, greift jedoch angesichts der erforderlichen engen Anforderungen
nur dann, wenn das Hoheitszeichen als solches mit hoheitlichem Bezug erkennbar
ist. An einer derartigen Erkennbarkeit fehlt es, wenn ein Zeichen neben anderen
Elementen aus der Kombination mehrerer verschiedener nationaler Symbole (hier:
Staatsflaggen) besteht, so dass eine Zuordnung zu einem einzigen Hoheitsträger
nicht mehr möglich ist, sondern im Gegenteil ein Eindruck von Internationalität mit
rein dekorativem Charakter entsteht.
Der angesprochene Verbraucher bekommt nämlich beim Betrachten des mit ver-
schiedenen Nationalflaggen auf der Oberfläche geschmückten Fußballbildes kei-
nen Hinweis auf einen einzelne oder mehrere nationale Autoritäten, sondern ge-
rade den Eindruck einer Vielfalt von eher zufälligen Fahnenkombinationen. Selbst
wenn der Verbraucher die Fahnen wiedererkennt und sie einzelnen Staaten zu-
ordnen kann, was angesichts der Bekanntheit der meisten von ihnen ohne Zweifel
möglich sein wird, so erhält er doch keinesfalls den Eindruck, dass sie auf der
Balloberfläche und im Zeichen eine hoheitliche Funktion erfüllen. Er wird die Flag-
gen vielmehr als rein schmückendes Dekor wahrnehmen, das dem Fußball ein
buntes und internationales Ambiente verschaffen, nicht aber eine hoheitliche
Würde verleihen soll.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Beschluss aufzu-
heben.
Dem Deutschen Patent- und Markenamt bleibt anheimgestellt, noch die Klassifi-
zierung der Anmeldung, insbesondere im Hinblick auf die in Klasse 35 bean-
spruchten „Einzelhandelsdienstleistungen betreffend die Waren der Klassen 1, 2,
3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26,
- 14 -
27, 28, 29, 30, 31, 32, 33 und 34, auch über das Internet“, zu überprüfen. Nach
der Rechtsprechung des erkennenden Senats bestehen nämlich gegen die Kon-
kretisierung von Einzelhandeldienstleistungen durch die bloße Angabe der Klas-
sen der gehandelten Waren Bedenken (BPatG GRUR 2008, 435 - Dienstleis-
tungsverzeichnis für Einzelhandelsdienstleistungen).
Schließlich bleibt dem Amt die Überprüfung der Anmeldung im Hinblick auf evtl.
anderweitige Eintragungshindernisse vorbehalten.
Bender
Knoll
Kätker
Cl