Urteil des BPatG vom 15.03.2005

BPatG: marke, unterscheidungskraft, daten, drucker, wiedergabe, zubehör, verkehr, aufzeichnung, funk, eugh

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 23/04
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
15. März 2005
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 301 41 205.7
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 15. März 2005 durch die Vorsitzende Richterin
Dr. Schermer sowie den Richter Dr. van Raden und die Richterin Prietzel-Funk
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch
Beschluss vom 13. November 2003 die Anmeldung der Marke
WRIST TECHNOLOGY
für
„9: Tragbare Personalcomputer, persönliche digitale Assistenzge-
räte, Personalcomputer (PCs), Computerhardware-Bauteile und
Peripheriegeräte der genannten Waren; Software für Computer,
Drucker für Computer, Computersoftware für einen PC zum Zweck
des Datenaustauschs zwischen einem PC und einer Armbanduhr
oder einer digitalen Kamera und anderen elektronischen Appara-
ten und Instrumenten, elektronische Taschenrechner; elektroni-
sche persönliche Organisationsgeräte; digitale Kameras; Drucker
für digitale Kameras; LCD-Fernsehapparate, Navigationsapparate
und –instrumente, Navigationsapparate und –instrumente für
Kraftfahrzeuge, Funktelefone, elektronische Etikettendrucker, Ra-
diopager, Radios, CD-Spieler, Geräte zur Aufzeichnung, Übertra-
gung und Wiedergabe von Ton und Bild; Schallplatten, Videoplat-
ten; Filme. 14: elektronische Uhren; Uhren; Armbanduhren, die
unter anderem die Funktion haben, Daten an einen elektronischen
Terminplaner oder einen PC zu senden bzw. von diesem zu
empfangen; Funkuhren“
als nicht unterscheidungskräftige Angabe gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Wortfolge
„WRIST TECHNOLOGY“ sei sprachüblich gebildet und habe im Deutschen die
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Bedeutung von „Technologie (für das) Handgelenk“. Diesen Bedeutungsgehalt
verstehe ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise unmittelbar und
ohne weitere Überlegungen, denn bei beiden Wortbestandteilen handele es sich
um Grundworte der englischen Sprache, wobei „TECHNOLOGY“ bereits in den
deutschen Sprachschatz eingegangen sei. Zudem sei die englische Sprache auf
dem beanspruchten Warengebiet Fach- und Werbesprache. Der Durchschnitts-
verbraucher werde die angemeldete Bezeichnung nur als Sachhinweis, nicht aber
als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb auffassen, denn im Hinblick
auf die beanspruchten Waren wirke „WRIST TECHNOLOGY“ wie eine sachbezo-
gene Bezeichnung, mit der darauf hingewiesen werde, dass diese in ihrer Funkti-
onalität, beispielsweise in ihren Abmessungen, darauf ausgerichtet seien, am
Handgelenk verwendet zu werden, beispielsweise wie eine Armbanduhr getragen
zu werden. Ob ein Freihaltebedürfnis bestehe, könne angesichts der mangelnden
Unterscheidungskraft dahinstehen.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Zur Begründung führt
sie aus, die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig, weil sie die in An-
spruch genommenen Waren nicht beschreibe. Insbesondere seien weder tragbare
Personalcomputer – geschweige denn nichttragbare Personalcomputer – noch
Drucker für Computer oder digitale Kameras, LCD-Fernsehapparate, Navigations-
apparate und –instrumente für Kraftfahrzeuge, CD-Spieler, Schallplatten, Video-
platten oder Filme in ihren Abmessungen geeignet, dass sie am Handgelenk ver-
wendet, beispielsweise wie eine Armbanduhr getragen werden könnten. Sie ist
zudem der Auffassung, der Verkehr werde zwar möglicherweise das Wort „tech-
nology“ zutreffend übersetzen, das Wort „wrist“ werde von dem Durchschnitts-
verbraucher jedoch nicht zutreffend verstanden, weil es nicht zum alltäglich ge-
brauchten Wort der englischen Sprache gehöre.
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Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Eintragbarkeit
der angemeldeten Marke anzuerkennen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zutreffend hat die Markenstelle
ausgeführt, dass der Eintragung für die beanspruchten Waren das absolute
Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 Mar-
kengesetz entgegensteht.
Nach dieser Vorschrift können Marken nicht eingetragen werden, denen für die
angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer
Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens
gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR
2000, 502, 503 – St. Pauli Girl; GRUR 2005, 258, 259 - Roximycin). Dabei ist
grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch
so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwin-
den. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren
oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vorder-
grund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es
sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremd-
sprache handelt, das vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden
Verwendung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als Unterschei-
dungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – markt-
frisch;
GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; Ströbele/Hacker, Markengesetz,
7. Aufl., § 8 Rn. 70 m.w.N.) . Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist ei-
nerseits auf die in Anspruch genommenen Waren, andererseits auf die vermutete
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Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständi-
gen Durchschnittverbrauchers dieser Waren abzustellen (EuGH, GRUR 2003,
604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 – SAT.2). Werden zwei (oder gar meh-
rere) rein beschreibende Begriffe zu einem einzigen zusammengesetzt, so bleibt
der Gesamtbegriff ungeachtet des Vorliegens einer Wortneuschöpfung von der
Eintragung ausgeschlossen, wenn sich durch die Wortkombination kein über den
bloß beschreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender
weitergehender Sinngehalt ergibt (EuGH GRUR 2004, 680, 682, EG 43 –
BIOMILD).
Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke die Eignung zur Identifi-
zierung der Herkunft der beanspruchten Waren. Sie entbehrt jeder Unterschei-
dungskraft, weil die in ihr enthaltene beschreibende Aussage vollständig im Vor-
dergrund steht. Das Markenwort besteht aus zwei bekannten und zutreffend ver-
standenen englischen Wörtern, die sich ausschließlich in dem Hinweis auf den –
nach der Formulierung des Warenverzeichnisses der Anmeldung auch bestim-
mungsgemäßen - Einsatz der folgenden beanspruchten Waren „Tragbare Perso-
nalcomputer, persönliche digitale Assistenzgeräte, Personalcomputer (PCs), elekt-
ronische Taschenrechner, elektronische persönliche Organisationsgeräte, digitale
Kameras, LCD-Fernsehapparate, Navigationsapparate und –instrumente, Naviga-
tionsapparate und –instrumente für Kraftfahrzeuge, Funktelefone, elektronische
Etikettendrucker, Radiopager, Radios, CD-Spieler, Geräte zur Aufzeichnung,
Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, elektronische Uhren, Uhren,
Armbanduhren, die unter anderem die Funktion haben, Daten an einen elektroni-
schen Terminplaner oder einen PC zu senden bzw. von diesem zu empfangen,
Funkuhren“ durch die Möglichkeit des Tragens dieser Waren am Handgelenk er-
schöpfen. Die angemeldete Marke ist, wie die Markenstelle ausführlich begründet
hat und was die Anmelderin mit der Beschwerde auch nicht überzeugend ange-
griffen hat, den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres verständlich.
„Technology“ wird von dem weitaus überwiegenden Teil der deutschsprachigen
Bevölkerung schon deswegen verstanden, weil der deutsche Begriff „Technologie“
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praktisch identisch gebildet ist. Das Wort „wrist“ gehört entgegen der Auffassung
der Anmelderin zu dem jedem Schüler vermittelten Grundwissen der englischen
Sprache, wobei den hier angesprochenen, an modernsten elektronischen Geräten
interessierten Verbrauchern ohnehin ein nicht unerheblicher Wortschatz der engli-
schen Sprache, der in diesem Bereich einer unüberschaubare Vielzahl von Begrif-
fen entlehnt ist, unterstellt werden kann
.
Der Markenstelle ist danach zuzustim-
men, wenn sie meint, im Zusammenhang mit den genannten Waren sähen die
angesprochenen Verkehrskreise – das sind grundsätzlich Endverbraucher – auf
den ersten Blick den Zusammenhang mit der „Technik für das Handgelenk“. Elekt-
ronische Geräte der genannten Art können nach den der Anmelderin mitgeteilten
Internet-Recherchen des Senats ohne weiteres im Zuge der generellen Miniaturi-
sierung elektronischer Geräte dazu bestimmt sein, am Handgelenk getragen wer-
den. Das gilt insbesondere für PDA’s, Computer, TVs, digitale Kameras, Tastatu-
ren, Navigationshilfen, Taschenrechner, Funktelefone, Radiopager und Radios.
Auch für die in Anspruch genommenen „Drucker“ ist das Markenwort als rein be-
schreibend anzusehen. Es trifft nur auf den ersten Blick und auch nur für die all-
gemein üblichen Drucker für PCs zu, wenn die Anmelderin meint, derartige Geräte
könnten nicht am Handgelenk getragen werden. Zum einen kann es sich insoweit
ohne weiteres um Peripheriegeräte handeln, die für die Benutzung im Umfeld der
„Technik am Handgelenk“ vorgesehen sind, nämlich etwa mit einer besonderen
Schnittstelle für den Ausdruck der am Handgelenk gesammelten elektronischen
Daten versehen oder sonst in besonderer Weise auf die speziellen Erfordernisse
der „Technik am Handgelenk“ abgestellt und optimiert sind. Auch „Etikettendru-
cker“, zB zum Ausdruck kleiner Preisetiketten, können für den Betrieb am Hand-
gelenk vorgesehen sein. „Filme“ können als Zubehör für die „Technik am Hand-
gelenk“ angesehen werden, auf die das Markenwort Bezug nimmt. Selbst wenn
die Technik insoweit veraltet sein mag, können Filme Zubehör für Kleinstkameras,
die unauffällig am Handgelenk zu tragen sind, darstellen. Vergleichbares gilt für
„CD-Spieler“ und „Schallplatten und Videoplatten“, die wiederum Zubehör zu Peri-
pheriegeräten für die „Technik am Handgelenk“ wie die in Anspruch genommenen
„Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild“ sein
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können, um – wie im angemeldeten Warenverzeichnis beschrieben - die am
Handgelenk gesammelten elektronischen Daten aufzunehmen und zu speichern,
oder umgekehrt die auf den Peripheriegeräten vorhandenen Daten auf die „Tech-
nik am Handgelenk“ im Wege des Datenaustauschs zu übertragen. Daraus ergibt
sich unmittelbar auch die im Vordergrund stehende beschreibende Aussage von
„WRIST TECHNOLOGY“ für die Ware „Software für Computer“, die für einen sol-
chen Datenaustausch vom Handgelenk zu den Peripheriegeräten benötigt wird.
Nach alledem kann offen bleiben, ob der Eintragung der angemeldeten Marke
auch ein Freihaltebedürfnis iSv § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.
Dr. Schermer
Dr. van Raden
Prietzel-Funk
Na