Urteil des BPatG vom 05.06.2001

BPatG (marke, bezeichnung, unterscheidungskraft, verpflegung, verkehr, eugh, beschwerde, eintragung, vollmacht, schreibfehler)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 34/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 301 33 299
hat der 25.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
6. Februar 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
Danceline
ist am 30. Mai 2001 für die Dienstleistungen
"Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle
Aktivitäten im Bereich eines Tanzstudios ; Erteilung von Tanzun-
terricht und Durchführung von Tanzveranstaltungen; Bewirtung
und Verpflegung von Gästen; Betrieb einer Sport- und Tanzschule
sowie Tanzcafes einschließlich Gästebewirtung; Verpflegung;
Veranstaltung von Workshops für Ballett, Kindertanz, Stepptanz,
Kinderstepptanz, Aerobic, Jazztanz, Flamenco, Jazzkids, Hip Hop,
Gesellschaftstanz, Fitnessgymnastik, Training nach Pilates; Dar-
bietung von Musik- und Konzertveranstaltung"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden, wobei die korrekte Be-
zeichnung der Marke lediglich aus dem Anschreiben und der beigefügten Voll-
macht ersichtlich ist, im Anmeldeformular sie dagegen "Daneline" geschrieben
wurde. Mit Eingabe vom 5. Juni 2001 teilte der Anmelder mit, dass die Marke
"Danceline" lautet und es sich bei "Daneline" um einen Schreibfehler gehandelt
habe.
In zwei Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 41 vom 13. Februar 2002 und
vom 28. August 2003, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist,
wurde die Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewie-
sen. In Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen werde das angemel-
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dete Zeichen "Danceline" als Gesamtaussage in dem Sinne verstanden, dass es
sich bei den so gekennzeichneten Dienstleistungen um solche aus dem Bereich
des Tanzes handele bzw. dass die Dienstleistung "Bewirtung und Verpflegung von
Gästen" im Zusammenhang mit Tanzveranstaltungen erbracht werde. Dieser
Sinngehalt erschieße sich dem Verkehr auch ohne nähere analysierende Be-
trachtungsweise. Bei "dance" und "line" handele es sich um leichtverständliche,
zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörende Begriffe, die wegen ih-
rer Ähnlichkeit zu den entsprechenden deutschen Begriffen zur Bezeichnung einer
Reihe, eines Sortiments, einer Kategorie, einer Branche oder eines Tätigkeitsbe-
reichs üblich geworden seien. Die beiden Wörter seien zu einer grammatikalisch
korrekten, sprachüblichen Kombination zusammengefasst. Der Bestandteil "line"
werde nicht nur im Mode- und Haushaltswarenbereich als beschreibender Hinweis
auf eine Produktlinie verstanden. Auf den Umstand, dass das Markenwort lexika-
lisch nicht nachweisbar sei, komme es nicht an. Der Verkehr sei daran gewöhnt,
ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene
oder ausschließlich werbemäßige Informationen in einprägsamer Form übermittelt
würden.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders mit dem Antrag (sinnge-
mäß),
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft liege nicht vor. Das von
der Markenstelle ins Feld geführte Merkmal der betrieblichen Herkunftskennzeich-
nung gelte nicht mehr als ausschließliches Kriterium zur Unterscheidungskraft ei-
ner Marke. Vielmehr müsse der Multifunktionalität der Marke bereits im Eintra-
gungsverfahren Rechnung getragen werden, was vorliegend versäumt worden sei.
Die Wortfolge "Danceline" sei geeignet, die angebotenen Dienstleistungen des
Markeninhabers zu identifizieren. Außerdem sei die Wortfolge im Hinblick auf die
angemeldeten Dienstleistungen nicht rein deskriptiv, sondern einer darüber hi-
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nausgehenden Interpretation zugänglich. Es sei nicht ausreichend für die An-
nahme eines absoluten Schutzhindernisses, dass die angesprochenen Verkehrs-
kreise hinter der Wortfolge irgendetwas im Zusammenhang mit "Tanz" vermuteten.
Die interpretationsbedürftige Mehrdeutigkeit einer Marke indiziere deren Unter-
scheidungskraft. Um auf ein Tanzstudio zu schließen, bedürfe es einiger Phanta-
sie bzw. Interpretation, so dass die Wortfolge im Bezug auf die hier ausschlagge-
bende Waren- und Dienstleistungsgruppe nicht rein beschreibend sei. Insbeson-
dere beschreibe die Bezeichnung nicht die Dienstleistung "Bewirtung und Verpfle-
gung von Gästen". Die Anmeldemarke insgesamt stelle weder in der deutschen
noch in der englischen Sprache ein lexikalisch gebräuchliches Wort dar. Außer-
dem habe der Begriff "line" mehrere Bedeutungen. Es dränge sich kein beschrei-
bender Bedeutungsinhalt in den Vordergrund. Es bestehe auch kein Freihaltungs-
bedürfnis.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg,
denn der Eintragung der Bezeichnung "Danceline" steht für die beanspruchten
Dienstleistungen zumindest ein Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG entgegen.
Angemeldet ist die Wortmarke "Danceline", auch wenn sie im Anmeldeformular
"Daneline" geschrieben wurde, denn es handelt sich dabei um einen offensichtli-
chen Schreibfehler. In dem Anschreiben vom 30. Mai 2001, dem das Anmelde-
formular beigefügt war, sowie in der gleichzeitig eingegangenen Vollmacht wird
die Marke jeweils mit "Danceline" wiedergegeben. Auch wenn regelmäßig eine
Berichtigung der Marke mit einem offensichtlichen Rechtschreibfehler nicht in Be-
tracht kommt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., Rdn. 15), da ein den
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Orthographieregeln widersprechendes Markenwort nicht ohne weiters als ersichtli-
cher Schreibfehler gewertet werden darf, sondern als Phantasiewort verstanden
werden kann, ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass sich aus dem An-
schreiben und der beigefügten Vollmacht bereits im Anmeldezeitpunkt ergibt, wel-
ches Markenwort angemeldet werden sollte, und dass es sich bei der Wiedergabe
im Formular um einen Tippfehler handelt. Dies hat der Anmelder mit Schreiben
vom 5. Juni 2001 auch bestätigt.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger
Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungs-
identität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten,
die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unter-
scheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen
eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu
werden (vgl. zur st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 – Cityservice; EuGH GRUR
2004, 674 – Postkantoor). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eig-
nung zur Ausübung der Herkunftsfunktion verbunden sein (Ströbele/Hacker,
Markengesetz, 7. Aufl. § 8 Rdn. 42), auch wenn eine Marke zusätzlich noch
weitere Funktionen haben kann.
Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Wa-
ren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Ver-
kehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines
durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnitts-
verbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ist.
Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche
Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren
und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden
Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 – Postkantoor). Je-
doch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschrei-
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bende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterschei-
dungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen
Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor; GRUR 2004, 680 –
Biomild).
Die hier zu beurteilenden Dienstleistungen können breite Verkehrskreise anspre-
chen. Diese allgemeinen Verkehrskreise werden die angemeldete Marke nicht als
betrieblichen Herkunftshinweis, sondern lediglich als sachlichen Hinweis verste-
hen, dass es sich um Dienstleistungen in einem Geschäftsbereich handelt, die den
Tanz zum Gegenstand hat.
Das aus dem Englischen stammende Wort "dance" (Tanz) gehört zum Grundwort-
schatz der englischen Sprache und ist auch deutschen Verkehrskreisen allgemein
bekannt. Der ebenfalls englische Begriff "line" weist auf einen bestimmten Ge-
schäfts- oder Tätigkeitsbereich bzw. bei Waren auf eine Produktsparte hin (vgl.
EuGH GRUR Int 2003, 56 - COMPANYLINE; BGH GRUR 1998,394 - Active Line;
die angemeldete Marke daher darauf hin, dass es sich um einen Tätigkeitsbereich
auf dem Gebiet des Tanzes handelt. Es ist auch nicht erforderlich, dass die
sprachüblich gebildete Bezeichnung lexikalisch nachgewiesen werden kann (vgl.
BGH GRUR 2001, 1151, - marktfrisch).
Die angemeldete Marke ist für sämtliche angemeldeten Dienstleistungen lediglich
ein Sachhinweis, da alle angemeldeten Dienstleistungen einen engen Zusam-
menhang mit dem Tanzbereich haben können. Es kann sich z.
B. um
Dienstleistungen von Tanzschulen oder bei Tanzveranstaltungen handeln. Dies
gilt nicht nur für die Dienstleistungen "sportliche und kulturelle Aktivitäten im
Bereich eines Tanzstudios; Erteilung von Tanzunterricht und Durchführung von
Tanzveranstaltungen; Betrieb einer Sport- und Tanzschule sowie Tanzcafes
einschließlich Gästebewirtung; Veranstaltung von Workshops für Ballett,
Kindertanz, Stepptanz, Kinderstepptanz, Aerobic, Jazztanz, Flamenco, Jazzkids,
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Hip Hop, Gesellschaftstanz", die schon in der Formulierung sich auf den
Tanzbereich beziehen. Auch die Dienstleistungen "Erziehung, Ausbildung,
Unterhaltung; Bewirtung und Verpflegung von Gästen; Verpflegung; Veranstaltung
von Workshops für Fitnessgymnastik, Training nach Pilates; Darbietung von
Musik- und Konzertveranstaltung" können einen engen Bezug zum Tanzbereich
haben, der bei den verwendeten Oberbegriffen nicht ausgenommen ist. So
können die Dienstleistungen "Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung; Darbietung
von Musik- und Konzertveranstaltung" den Tanz zum Gegenstand haben oder ihn
einbeziehen. Die Dienstleistungen hinsichtlich der Fitnessgymnastik und des
Trainings nach Pilates können auch im Rahmen einer Tanzschule angeboten
werden, um den Tänzern bzw. Tanzschülern für das Tanzen zu mehr körperlicher
Fitness zu verhelfen. Soweit der Beschwerdeführer meint, die Bezeichnung
"Danceline" beschreibe insbesondere nicht die Dienstleistungen "Bewirtung und
Verpflegung von Gästen", ist zu berücksichtigen, dass es sich dabei um
Oberbegriffe handelt, die auch die "Bewirtung und Verpflegung von Gästen" z. B.
in Tanzstudios umfasst. Auch sind Tanzveranstaltungen häufig mit "Bewirtung und
Verpflegung von Gästen" verbunden. Zudem setzt das Schutzhindernis des § 8
Abs.
2 Nr.
1 MarkenG nicht voraus, dass die Dienstleistung durch die
Bezeichnung unmittelbar beschrieben wird.
Der Bezeichnung "Danceline" ist nicht deshalb eine Unterscheidungskraft zuzubil-
ligen, weil man aus ihr noch nicht ersehen kann, dass es sich z. B. um Dienstleis-
tungen eines Tanzstudios handelt. Vielmehr ist die Unterscheidungskraft zu ver-
neinen, wenn der Verkehr in der Bezeichnung in Verbindung mit den jeweils an-
gemeldeten Dienstleistungen einen Sachhinweis sieht und die Bezeichnung - wie
hier - nicht als Marke versteht. Die mit einer verallgemeinernden Aussage wie
"Danceline" einhergehende Unbestimmtheit einer Angabe oder die Unkenntnis der
durch den Begriff im Einzelfall repräsentierten tatsächlichen Inhalte steht einem
Verständnis als bloße Sachangabe nicht entgegen (vgl. für die Sammelbezeich-
nung "Bücher für eine bessere Welt" auch BGH MarkenR 2000, 330, 332; BGH
WRP 2003, 1429 - Cityservice). Eine begriffliche Unbestimmtheit kann insoweit
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sogar gewollt sein, um einen möglichst weiten Bereich dienstleistungsbezogener
Eigenschaften zu erfassen, ohne diese im Einzelnen benennen zu müssen.
Der Hinweis des Anmelders, dass das englische Wort "line" viele Bedeutungen
haben kann, rechtfertigt nicht die Bejahung der Schutzfähigkeit. Im vorliegenden
Fall steht nämlich die Bedeutung im Sinne von Produktbereich, Branche im Vor-
dergrund. In der konkreten Wortverbindung und im Zusammenhang mit den an-
gemeldeten Dienstleistungen ist nicht damit zu rechnen, dass der Verkehr die Be-
zeichnung in einem anderen Sinne (z. B. als Tanztelefonverbindung) versteht. Zu-
dem kann auch nach EuGH GRUR 2004, 147 "DOUBLEMINT" ein Wortzeichen
von der Eintragung ausgeschlossen sein, wenn es zumindest in einer seiner mög-
lichen Bedeutungen ein Merkmal der Waren/Dienstleistungen bezeichnet.
Voreintragungen mit dem Bestandteil "line" wie die Bezeichnung "STARTLINE",
auf die der Anmelder in seiner Beschwerdebegründung hingewiesen hat, rechtfer-
tigen demgegenüber keine andere Beurteilung, da der jeweilige Einzelfall zu be-
urteilen ist und zudem die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke
keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage darstellt (Ströbele/Hacker, Marken-
gesetz, 7. Aufl. § 8 Rdn. 262). Der vorliegende Fall unterscheidet sich zudem von
dem oben genannten Fall, den der 33. Senat (BPatGE 46,17 - STARTLINE) ent-
schieden hat, da der Verkehr bei "STARTLINE" zwar an eine Startlinie im sportli-
chen Wettkampf denken mag, jedoch das deutsche Wort "Tanzlinie" im Sinne ei-
ner Linie, die getanzt wird, dem Verkehr nicht so geläufig ist, dass diese Bedeu-
tung für den Verkehr bei dem Verständnis der angemeldeten Marke im Vorder-
grund stünde.
Da die Eintragung der angemeldeten Bezeichnung für die beanspruchten Dienst-
leistungen bereits gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu versagen ist, kann dahin-
gestellt bleiben, ob auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor-
liegt.
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Die Beschwerde des Anmelders war deshalb zurückzuweisen.
gez.
Unterschriften