Urteil des BPatG vom 03.06.2002
BPatG: computer, unterscheidungskraft, software, patent, wörterbuch, musik, rom, video, aufzeichnung, wiedergabe
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 169/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 398 34 679
BPatG 152
10.99
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hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 3.
Juni
2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Buchetmann sowie der Richter Voit und Schramm
beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für
Klasse
9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
24. Juli 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren
"bespielte Compact Disks für Ton, Bild und ROM, Musik- und
Filmkassetten, Video, Schallplatten" zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister ist unter 398 34 679 angemeldet die Be-
zeichnung
tune it
für die Waren
"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton
und Bild, Magnetaufzeichnungsträger, bespielte Compact Disks
für Ton, Bild und ROM, Musik- und Filmkassetten, Video, Disket-
ten, Schallplatten
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Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Computer-Programme,
Computer-Software, Telefone."
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch
Beschluß des Prüfers die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zu-
rückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung
stelle für die versagten Waren aus dem Computerhard- und softwarebereich (ein-
schließlich solcher Waren, die Software enthalten könnten) eine ohne weiteres
verständliche werbliche Aufforderung zum Tunen der Waren dar, die zudem das
Versprechen enthielte, daß die so gekennzeichneten Waren einer nachträglichen
Leistungs- bzw Effektivitätssteigerung zugeführt werden könnten.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie stützt diese im wesentlichen dar-
auf, daß die Bezeichnung für die angesprochenen – breiten – Verkehrskreise nicht
verständlich und mehrdeutig sei. Zudem bleibe unklar, ob die Ware selbst Ziel ei-
ner leistungssteigernden Behandlung oder Mittel für die Leistungssteigerung eines
weiteren Gegenstandes sein solle.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluß der Markenstelle aufzuheben.
Hilfsweise beantragt sie, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
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II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.
Die Markenstelle hat die Anmeldung für die Waren "Geräte zur Aufzeichnung,
Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Magnetaufzeichnungsträger, Dis-
ketten, Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Computer-Programme, Computer-
Software, Telefone" zu Recht wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8
Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von sloganartigen Wortfolgen sind
keine unterschiedlichen Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken gerecht-
fertigt. Vielmehr kann auch in diesem Fall von mangelnder Unterscheidungskraft
lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen
allgemeiner Art ausgegangen werden. Indiziell für die Annahme einer Unterschei-
dungskraft können die Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wort-
folge sein (BGH BlPMZ 2001, 242, 243 – TEST it, vgl auch BPatGE 44, 271 - se-
lect iT).
Bei der gegenständlichen Bezeichnung in ihrer Gesamtheit handelt es sich um
eine sloganartige Ermunterung zum Tunen von Produkten.
Das englische Verb "to tune" steht für "stimmen, einstellen, frisieren" (Duden Ox-
ford, Großwörterbuch Englisch, 1990). In dieser Bedeutung hat es auch Eingang
in die deutsche Sprache gefunden. Dort wurde es zunächst auf dem Kraftfahr-
zeugsektor als Begriff für die nachträgliche Erhöhung der Leistung eines Kraftfahr-
zeugmotors verwendet (Duden, Fremdwörterbuch, 6. Aufl, 1997). Gegenwärtig
wird dieses Verb in den verschiedensten Bereichen für leistungssteigernde Maß-
nahmen an bestimmten Produkten verwendet (vgl Carstensen Aglizismen-Wörter-
buch 2001; Krämer, Modern Talking auf deutsch, 2. Aufl, 2000, vgl auch HABM,
PAVIS PROMA, Bender R353/99-1 - MICROTUNE).
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Durch das nachgestellte englische Personalpronomen "it" wird der Verbraucher
zum Tunen der einschlägigen Waren aufgefordert (vgl BPatG, PAVIS PROMA;
Kliems, 33 W (pat) 224/97 – Do it!, 27 W (pat) 28/99 – DO IT).
Eine Versagung des markenrechtlichen Schutzes kommt jedoch nur für diejenigen
Waren in Betracht, für die die angemeldete Bezeichnung in der dargelegten Be-
deutung einen produktbeschreibenden Bezug aufweist. Eine beschreibende
Sachaussage kann zum einen für solche Produkte angenommen werden, die
selbst "getunt" werden, aber auch für solche Waren, die – auch als Hilfsmittel –
zum Tunen eingesetzt werden können. Unter diese Gruppen fallen alle Waren, die
leistungssteigernden Maßnahmen, sei es durch mechanische, elektrische oder
elektronische (zB Software-Update) Veränderungen, zugänglich sind.
Dies läßt sich für die im Beschlußtenor genannten Waren nicht hinreichend sicher
feststellen. Bei diesen Produkten ist im Gegensatz zu den übrigen Waren der dort
enthaltene Datenbestand üblicherweise fest gespeichert und unterliegt demgemäß
keinen leistungssteigernden Verbesserungen.
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlaßt, da ausgehend von der
Rechtsprechung des BGH eine Würdigung in tatsächlicher Hinsicht vorgenommen
worden ist (§ 83 Abs 2 MarkenG).
Dr. Buchetmann
Voit
Schramm
Hu