Urteil des BPatG vom 22.02.2007

BPatG (marke, verwechslungsgefahr, beschwerde, gesamteindruck, bestandteil, kennzeichnungskraft, beurteilung, einrede, bezug, verkehr)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 27/08
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 305 41 052
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
27. Januar 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Kliems sowie der
Richterin Bayer und des Richters Merzbach
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
Omnisan
ist am 2. September 2005 für
„Heftpflaster; Lösungsmittel zum Entfernen von Heftpflaster; Pa-
pier für Senfpflaster; Pflaster für Fußballenentzündungen; Pflaster
für medizinische Zwecke; Senfpflaster"
in das Markenregister unter der Nummer 305 41 052 eingetragen worden.
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Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der älteren, seit dem 8. November 2001
unter der Nummer 301 31 914 u. a. für die Waren
„Pflaster aller Art, nämlich Heftpflaster, Pflaster für Heilzwecke,
auch als Wundschnellverbände; Fixierpflaster, Pflaster für
Schwielen und Hühneraugen, Pflaster mit transdermalen Wirk-
stoffen, Rheumapflaster, Nierenpflaster, … mit Desinfektionsmit-
teln und/oder Öl und/oder Reinigungsmitteln getränkte Watte oder
Zellstofftücher für medizinische und hygienische Zwecke“
eingetragenen Wortmarke
Omnival.
Das Widerspruchsverfahren gegen die Eintragung dieser Marke wurde am
9. Januar 2003 abgeschlossen. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat mit
Schriftsatz vom 22. Februar 2007 vorgetragen, dass die Widerspruchsmarke of-
fenbar nicht innerhalb des geschützten Bereichs genutzt werde, jedoch auch
selbst darauf hingewiesen, dass die Benutzungsschonfrist noch nicht abgelaufen
sei.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
zwei Beschlüssen vom 17. Januar 2007 und 29. April 2008, von denen einer im
Erinnerungsverfahren ergangen ist, die angegriffene Marke 301 55 759 gelöscht.
Ausgehend von der Registerlage könnten sich die Vergleichsmarken teilweise auf
identischen und ansonsten undenklich ähnlichen Waren begegnen. So bestehe
Identität zwischen den von der angegriffenen Marke beanspruchten „Heftpflaster;
Papier für Senfpflaster,- Pflaster für Fußballenentzündungen; Pflaster für medizini-
sche Zwecke; Senfpflaster" und den für die Widerspruchsmarke eingetragenen
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„Pflaster aller Art, nämlich Heftpflaster, Pflaster für Heilzwecke, auch als Wund-
schnellverbände; Fixierpflaster, Pflaster für Schwielen und Hühneraugen, Pflaster
mit transdermalen Wirkstoffen, Rheumapflaster, Nierenpflaster", da diese die
betreffenden Waren der angegriffenen Marke mit umfassten. Zwischen den „Lö-
sungsmitteln zum Entfernen von Heftpflaster" der angegriffenen Marke und den
Waren „mit Desinfektionsmitteln und/oder Öl und/oder Reinigungsmitteln getränkte
Watte oder Zellstofftücher für medizinische und hygienische Zwecke" der Wider-
spruchsmarke bestehe ohne weiteres Ähnlichkeit, da bei diesen Waren hinsicht-
lich ihrer stofflichen Beschaffenheit und ihrer Wirkungsweise Überschneidungen
bei Herstellern, Vertriebswegen, Verkaufsstätten ohne weiteres möglich seien.
Unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke seien daher strenge Anforderungen an den Markenabstand zu
stellen, den die angegriffene Marke jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht einhalte,
selbst wenn man berücksichtige, dass der vorliegend maßgeblich zu beachtende
Endverbraucher Waren des Gesundheitsbereiches erfahrungsgemäß eine gestei-
gerte Aufmerksamkeit entgegenbringe.
Denn aufgrund der gemeinsamen Lautfolge „Omni“ am Wortanfang sowie der
Übereinstimmungen in der Vokalfolge „o-i-a“, der Silbenzahl und im Sprech- und
Betonungsrhythmus verfügten beide Markenwörter über ein verwechselbares Ge-
samtklangbild, dem die konsonantischen Abweichungen im regelmäßig wenig
auffälligen Zeicheninneren sowie am Zeichenende nicht ausreichend entgegen-
wirkten. Auch wenn es sich bei „Omni“ um einen häufig verwendeten und damit
verbrauchten Bestandteil handele, dürfe dieser bei der Beurteilung des Gesamt-
eindrucks beider Markenwörter nicht unberücksichtigt bleiben, zumal „Omnisan“
und „Omnival“ für die allgemeinen Verkehrskreise eher als Fantasieworte wirkten .
Auch von der Wort- und Begriffsbildung her bestehe keine Hilfestellung gegen ein
evtl. Verhören, da sowohl die Bedeutung von „-san“ als auch von „Omni“ nicht all-
gemein bekannt seien.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke mit
dem Antrag,
unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle
für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
17. Januar 2007 und 29. April 2008 den Widerspruch zurückzu-
weisen.
Die Markenstelle habe bei ihrer Entscheidung nicht hinreichend berücksichtigt,
dass der Verbraucher Gesundheitsprodukten eine gesteigerte Aufmerksamkeit
entgegenbringe. Einer Verwechslungsgefahr wirke zudem entgegen, dass dem
Verkehr die Bedeutung von „san“ allgemein bekannt sei und es sich bei „Omni“ um
einen weit verbreiteten und daher verbrauchten Wortbestandteil handele.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da der Senat mit der
Markenstelle ebenfalls davon ausgeht, dass zwischen beiden Marken die Gefahr
von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist nach ständiger
Rechtsprechung unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls und vor allem
der Waren- bzw. Dienstleistungsidentität oder –ähnlichkeit, der Markenidentität
oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke vorzu-
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nehmen (zur ständigen Rspr. vgl. zuletzt BGH MarkenR 2005, 519 Rn. 12
- coccodrillo; MarkenR 2006, 402, 404 - Malteserkreuz; MarkenR 2008, 405
Tz. 10 - SIERRA ANTIGUO; EUGH GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO).
Für die Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit ist mangels Erhe-
bung der Einrede der Nichtbenutzung die Registerlage maßgebend. Soweit die
Inhaberin der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 22. Februar 2007 vorgetra-
gen hat, dass die Widerspruchsmarke offenbar nicht innerhalb des geschützten
Bereichs genutzt werde, hat sie selbst zutreffend bemerkt, dass die Benutzungs-
schonfrist der Widerspruchsmarke - welche erst mit Abschluss des gegen die Ein-
tragung der Widerspruchsmarke gerichteten Widerspruchsverfahrens am
9. Januar 2003 begann (§ 26 Abs. 5 MarkenG) - zu diesem Zeitpunkt noch nicht
abgelaufen war. Eine im Zeitpunkt der Erhebung unzulässige Einrede darf nicht
mit Ablauf der maßgeblichen Frist - hier: 9. Januar 2008 - als nachträglich zulässig
gewordene Einrede bewertet werden (BPatG GRUR 2000, 1052, 1053 - Rhoda-
Hexan/Sota-Hexal). Im weiteren Verfahren ist die Inhaberin der angegriffenen auf
Benutzungsfragen nicht mehr eingegangen. Bei der Widerspruchsmarke sind des-
halb ebenso wie bei der angegriffenen Marke alle im Register eingetragenen Wa-
ren zu berücksichtigen.
Danach können sich beide Marken aus den von der Markenstelle in den ange-
fochtenen Beschlüssen genannten zutreffenden Gründen, auf die der Senat zur
Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt und die seitens der Inhaberin der
angegriffenen Marke im Beschwerdeverfahren nicht mehr angegriffen wurden,
teilweise auf identischen und ansonsten jedenfalls durchschnittlich ähnlichen Wa-
ren begegnen.
Der Senat geht weiterhin von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und
damit einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Wenngleich es
sich bei dem Bestandteil „Omni“ um einen weit verbreiteten und in seinem Be-
deutungsgehalt „All“ auch durchaus bekannten Bestandteil handelt, so fehlt es in
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Kombination mit dem Endbestandteil „val“ in Bezug auf die hier maßgeblichen Wa-
ren jedoch an einem erkennbaren und nachvollziehbaren warenbeschreibenden
Anklang, der geeignet wäre, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in
ihrer Gesamtheit zu schwächen.
Ausgehend davon weisen beide Marken dann aber keinen hinreichenden Abstand
auf, um eine Verwechslungsgefahr in einem markenrechtlich relevantem Umfang
auszuschließen.
Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der
Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist,
dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie ei-
ner analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. Ströbele/Hacker, Mar-
kengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 111). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüber-
stehenden Zeichen ist dabei im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-
)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei
regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus
(BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH MarkenR 2008, 393, 395 Tz. 21 - HEITEC).
Davon ausgehend sind nach Auffassung des Senats beide Marken bereits im
klanglichen Gesamteindruck so stark angenähert, dass eine hinreichend sichere
Unterscheidung nicht gewährleistet ist.
Die Vergleichsmarken stimmen bei gleicher Silbenzahl, gleichem Sprechrhythmus
und identischer Vokalfolge im Wortanfangsbestandteil „Omni" überein. Selbst
wenn man mit der Inhaberin der angegriffenen Marke davon ausgeht, dass es sich
bei „Omni“ auch auf dem hier einschlägigen Warengebiet um einen verbrauchten
und damit kennzeichnungsschwachen Bestandteil handelt, dem allein keine kolli-
sionsbegründende Wirkung beigemessen werden kann, ist zu berücksichtigen,
dass auch solche Bestandteile dennoch den jeweiligen maßgeblichen Gesamtein-
druck der Markenwörter durchaus mitbestimmen und im Zusammenhang mit wei-
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tergehenden Gemeinsamkeiten Bedeutung für die Bejahung der Verwechslungs-
gefahr erlangen (vgl. BGH, GRUR 2004, 783, 785 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-
FIBRAFLEX). So ist auch vorliegend aufgrund des übereinstimmenden Wortan-
fangs „Omni“ davon auszugehen, dass die Unterschiede der weiteren Wortteile
„val“ und „san“ im Gesamteindruck beider Marken nicht für eine ausreichende
Unterscheidung in klanglicher Hinsicht sorgen. So befinden sich die Abweichun-
gen in den Konsonanten „v/s“ bzw. „l/n“ nicht nur im regelmäßig weniger beachte-
ten Wortinnern bzw. am Wortende, sondern diese Unterschiede werden auch
durch den gemeinsamen Vokal „a“ überlagert, welcher aufgrund seiner gedehnten
Aussprache das Klangbild der Endsilbe maßgeblich beeinflusst. Angesichts der
weitgehenden Übereinstimmungen in beiden Markenwörtern stellen daher diese
konsonantischen Abweichungen kein ausreichendes Gegengewicht dar, um einem
verwechselbar ähnlichen (klanglichen) Gesamteindruck beider Marken hinrei-
chend entgegenzuwirken, insbesondere wenn berücksichtigt wird, dass der Ver-
kehr die Marken in aller Regel nicht zeitgleich oder in unmittelbarer zeitlicher Ab-
folge wahrnimmt und seine Auffassung daher erfahrungsgemäß von einem eher
undeutlichen Erinnerungsbild bestimmt wird (vgl. EuGH, MarkenR 1999, 236,
239 – Lloyd/Loints). Angesichts dieses weitgehenden Gleichklangs beider Mar-
kenwörter wirkt auch ein eventuell erkennbarer Begriffsanklang von „san“ einer
Verwechslungsgefahr selbst bei Berücksichtigung eines erhöhten Aufmerksam-
keitsgrads, den die vorliegend neben dem Fachverkehr uneingeschränkt zu be-
rücksichtigenden allgemeinen Verbraucher allem, was mit der Gesundheit zu tun
hat, entgegenbringen (vgl. BGH GRUR 1995, 50 – INDOREKTAL/INDOHEXAL),
nicht hinreichend entgegen. Denn dieser Unterschied wird gerade im Falle eines
angesichts der weitgehenden Übereinstimmung beider Zeichen ohne weiteres
möglichen Verhörens bei mündlicher Wiedergabe bzw. Übermittlung nicht erfasst.
Da bereits die klangliche Verwechslungsgefahr zu bejahen war, kann dahinstehen,
ob Verwechslungsgefahr auch in schriftbildlicher Hinsicht besteht.
Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.
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Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass
(§ 71 Abs. 1 MarkenG).
Kliems
Bayer
Merzbach
Bb