Urteil des BPatG vom 28.02.2002

BPatG: farbe, dreidimensionale marke, unterscheidungskraft, bildmarke, markt, verkehr, wiedergabe, freihaltebedürfnis, eugh, nummer

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 143/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 33 507.5
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 16. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Winkler, die Richterin
Pagenberg und den Richter Kätker
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beschlossen:
1.
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der
Markenstelle für Klasse 7 vom 28. Februar 2002 aufgeho-
ben.
2.
Als Anmeldetag der Farbmarke wird der 20. September 2000
festgesetzt.
G r ü n d e
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt hat der Anmelder mit Eingabe vom
3. Mai 2000 die Anmeldung zur Eintragung einer Marke in das Register unter Ver-
wendung des Anmeldeformulars eingereicht und dabei ua zu (5) „Wiedergabe der
Marke“ die folgende Anlage beigefügt:
Farbige Eintragung mit folgenden Farben: Gelb (RAL-Nummer 1021)
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Zu Punkt (6) des Anmeldeformulars „Zur Marke werden folgende Angaben ge-
macht:“ ist lediglich das Kästchen „Farbige Eintragung mit folgenden Farben“ an-
gekreuzt und die Farbe „Gelb (RAL-Nummer 1021)“ angegeben. Das Verzeichnis
der Waren lautet:
„Zitzengummis für Melkanlagen“.
Nachdem die Markenstelle die Anmeldung auf Grund der eingereichten Angaben
zunächst als dreidimensionale Gestaltung beanstandete, hat der Anmelder mit am
20. September 2000 eingegangenen Schreiben erklärt, aus dem Anmeldeformular
gehe hervor, dass die Anmeldung einer Farbmarke begehrt werde. Die in der An-
lage beigefügte zweidimensionale graphische Wiedergabe eines gelben „Zitzen-
gummis“ zeige lediglich die konkrete Aufmachung, in der die Ware für das kau-
fende Publikum in Erscheinung trete. Die Darstellung sei eingereicht, um dem Er-
fordernis der Bestimmtheit der Marke Rechnung zu tragen. Nach dem Markenge-
setz seien Farben eintragungsfähig. Der angemeldeten Farbmarke fehle nicht jeg-
liche Unterscheidungskraft. Der Verkehr sei nicht an eine farbige Eigenschaft der
beanspruchten Waren gewöhnt. Zitzengummis würden üblicherweise nicht farblich
gestaltet. Die auf dem Markt erhältlichen Konkurrenzprodukte wiesen grundsätz-
lich eine schwarze Färbung auf. Die Farbe gelb habe für die Waren der Anmel-
dung weder eine technische noch eine ästhetische Funktion. Sie diene vielmehr
der Unterscheidung der Ware des einen Herstellers von denen eines anderen Her-
stellers. Da sie keine Eigenschaft beschreibe, bestehe auch kein Freihaltebedürf-
nis.
Mit Bescheid vom 16. November 2000 hat die Markenstelle ihre ursprüngliche Be-
anstandung dahingehend berichtigt, dass nicht eine dreidimensionale Marke, son-
dern eine Farbmarke zur Eintragung angemeldet worden sei. Ihr fehle jedoch jeg-
liche Unterscheidungskraft, weil die angesprochenen Verkehrskreise in der Farbe
lediglich ein bloßes Ausstattungselement und kein Zeichen sähen. Außerdem be-
stehe an Farben ein beachtliches allgemeines Freihaltebedürfnis.
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Der Anmelder hat daraufhin Unterlagen zur Marktsituation eingereicht und im we-
sentlichen vorgetragen, seit Ende der 60-iger Jahre werde die Farbe gelb auf dem
Markt für Zitzengummis ausschließlich vom Anmelder verwendet. Mitbewerber
böten Zitzengummis mit Ausnahme eines natur-farbenen Zitzengummis in beige-
grau stets in der Farbe schwarz an. Von den angesprochenen Verbrauchern wür-
den die Zitzengummi des Anmelders in Fachartikeln und Diskussionen im Internet
überwiegend als die „GELBEN“ bezeichnet. Der Anteil von Silikonzitzengummis
betragen mittlerweile 34 % sämtlicher Zitzengummis, wobei der Anmelder inner-
halb dieses Bereichs einen Marktanteil von 80 - 90 % innehabe.
Mit Beschluss vom 28. Februar 2002 hat die Markenstelle nach vorangegangener
erneuter Änderung der Beanstandung die Anmeldung zurückgewiesen. Sie hat
ausgeführt, dass eine farbige Bildmarke angemeldet sei, da die Anmeldeunterla-
gen eine andere Beurteilung nicht zuließen. Der Eintragung stehe das Schutzhin-
dernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen. Der angemeldeten Marke fehle
nach den Grundsätzen der BGH-Entscheidung „Autofelge“ jegliche Eignung, die
Funktion einer Marke zu erfüllen, weil es sich um eine realistische Wiedergabe
eines Melkzitzengummis mit Gestaltungselementen handele, die sich in nur wenig
einprägsamen Nuancen von den im Verkehr bereits üblichen Formen dieser Wa-
ren unterschieden. Die schlicht einfarbige gelbe Einfärbung der gesamten Waren
entbehre weitgehend jeder gestalterischen Fantasie und sei nicht unterschei-
dungskräftig, „wenn derartige Einfärbungen nur einen Hinweis auf ein bestimmtes
Material, hier Silikon, darstellten.“
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er die Eintragung
der Anmeldung als Farbmarke Gelb (RAL-Nr 1021) für die beanspruchten Waren,
hilfsweise als entsprechende Bildmarke begehrt.
Zur Begründung macht er im wesentlichen geltend, die Markenstelle sei zu Un-
recht von der Anmeldung einer farbigen Bildmarke ausgegangen, da der Anmelder
die Angabe „Bildmarke“ nicht angekreuzt habe. Dass es nicht um die Anmeldung
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einer Bildmarke ging, habe sich aus der Verwendung der RAL-Nummer ergeben,
die bei der Anmeldung einer Farbmarke, nicht aber einer farbigen Bildmarke erfor-
derlich sei. Unklarheiten hinsichtlich der Markenkategorie hätten nach Klärung al-
lenfalls zur Verschiebung des Anmeldetages und nicht zu einer aufgezwungenen
Markenform führen dürfen. Die Klarstellung sei aber spätestens mit der Eingabe
vom 19. September 2000 erfolgt. An die Unterscheidungskraft der angemeldeten
Marke dürften keine strengeren Anforderungen gestellt werden als an herkömmli-
che Markenformen. Es sei nicht festgestellt worden, dass die angemeldete Farbe
Gelb für Zitzengummis als dekorative Gestaltung, als bloßes Design oder als Hin-
weis auf ein bestimmtes Material oder sonstige Produkteigenschaften verwendet
werde, so dass auch kein Freihaltebedürfnis bestehe. Aus den gleichen Gründen
sei die Anmeldung selbst als farbige Bildmarke unterscheidungskräftig und nicht
freihaltebedürftig, weil eine derartige Farbgestaltung auf dem relevanten Waren-
gebiet der Zitzengummis unüblich und ungewöhnlich sei.
Der Anmelder hat Bestätigungen und Erklärungen aus Fachkreisen, eine eides-
stattliche Versicherung zur Farbgebung der auf dem Markt angebotenen Melkzit-
zengummis sowie entsprechende Muster eingereicht und sein Einverständnis mit
der Verschiebung des Anmeldetages erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der angemeldeten Marke stehen für ihre
Eintragung als Farbmarke „Gelb (RAL-Nr
1021)“ mit dem Anmeldetag des
20. September 2000 absolute Schutzhindernisse nicht entgegen (§§ 3, 8 Abs 1
und 2 Nr 1 und 2 MarkenG).
1. In der ursprünglich eingereichten Anmeldung war das Eintragungsbegehren
hinsichtlich der Markenform nicht eindeutig klar bestimmt, weil weder eines der
hierfür vorgesehenen Kästchen des Anmeldeformulars angekreuzt war noch die
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für die Wiedergabe beigefügte Anlage eine zweifelsfreie Angabe enthielt. Aller-
dings war das vom Deutschen Patent- und Markenamt damals empfohlene An-
meldeformular zur Eintragung einer Marke in das Register für die Anmeldung einer
Farbmarke wenig hilfreich, sondern eher geeignet, insoweit zur Entstehung von
Unklarheiten beizutragen. Unter Punkt (6) des Formulars waren zwei Kästchen für
die häufigsten Markenformen „Wortmarken“ und „Bildmarken“ mit einer kurzen
Erläuterung, sowie vier weitere Kästchen für die selteneren Formen „Dreidimensi-
onale Marke“, „Kennfadenmarke“, „Hörmarke“ und „sonstige Markenform“ vorge-
sehen, ohne den geringsten Hinweis, dass unter letzterer in erster Linie Farbmar-
ken anzugeben sind. Das 7., unmittelbar anschließende Kästchen „Farbige Eintra-
gung mit folgenden Farben:“ diente demgegenüber nicht der Bezeichnung der
Markenform, sondern allein der Angabe, ob die Eintragung der Marke zur Veröf-
fentlichung im Markenblatt schwarz/weiß oder farbig gedruckt werden sollte.
Hatte der Anmelder - entgegen seiner Annahme - die Markenform nicht eindeutig
bestimmt, so bedurften die Angaben zur Marke der Klärung durch die Marken-
stelle, weil die Wiedergabe der Marke in der Anlage eine dreidimensionale, eine
Bildmarke, eine konkretisierte Farbmarke oder theoretisch eine andere sonstige
Markenform zum Inhalt haben konnte. Denn auch die vier übereinstimmenden
zweidimensionalen graphischen Wiedergaben sind bei den Markenformen, die in
Betracht kamen, der Anmeldung jeweils als Anlage beizufügen (vgl § 8 Abs 1
Satz 1, § 9 Abs 1 Satz 1 und § 12 Abs 1 Satz 1 MarkenV). Die Angabe der für die
Veröffentlichung im Markenblatt unüblichen und nicht erforderlichen RAL-Nummer
deutete zwar bereits auf die Anmeldung einer Farbmarke. Angesichts der Ausle-
gungsbedürftigkeit der beigefügten Abbildung zu (5) in Verbindung mit der miss-
verständlichen Angabe zu (6) reichte dieser Umstand zur eindeutigen Bestimmung
des Eintragungsbegehrens zum ursprünglichen Zeitpunkt aber nicht aus, was sich
nicht zuletzt in der unterschiedlichen Beurteilung durch die Markenstelle wider-
spiegelt. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass trotz des weiten Markenbegriffs
und der sich daraus ergebenden grundsätzlichen Markenfähigkeit von Farben
- insbesondere zum Zeitpunkt der vorliegenden Anmeldung - Unsicherheit auf
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Seiten der Markenstellen wie der Anmelder bestand, wie die Farbe als Marke wie-
derzugeben und zu bestimmen ist, um als Farbmarke eingetragen zu werden.
Die Klarstellung erfolgte mit den am 20. September 2000 eingegangenen Erklä-
rungen des Anmelders, aus denen sich die Verschiebung des Anmeldetages er-
gibt. Denn erst zu diesem Zeitpunkt stand die Angabe der Markenform zweifelsfrei
fest, nämlich dass die Eintragung einer Farbmarke (Gelb RAL-Nr 1021) für die
Ware „Zitzengummis für Melkanlagen“ begehrt wird und die in der Anlage beige-
fügte zweidimensionale graphische Wiedergabe die Art der Zeichenverwendung
darstellt.
2 a.
Der Senat geht davon aus, dass der Gegenstand der Anmeldung, die Farbe
Gelb zur Einfärbung der beanspruchten Waren, grundsätzlich markenfähig iSv § 3
Abs 1 MarkenG ist (stRspr, vgl insbesondere BGH GRUR 2002, 538 - grün ein-
gefärbte Prozessorengehäuse). Dass eine Farbe oder eine Farbzusammenstel-
lung als solche eine Marke iS von Art 2 der Richtlinie 89/104/EWG, dh, unter be-
stimmten Voraussetzungen geeignet sein kann, Waren oder Dienstleistungen ei-
nes Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, hat
der Europäische Gerichtshof anerkannt (GRUR
2003, 604 -
Libertel und
GRUR 2004, 858 - Heidelberger Bauchemie).
b.
Da die konkret angemeldete Farbmarke Schutz für die gelbe Einfärbung,
nicht aber für die Form der Zitzengummis beansprucht, und die Farbe kein funk-
tionell notwendiger Bestandteil der Waren ist, stehen ihrer Eintragung die Aus-
schließungsgründe des § 3 Abs 2 MarkenG nicht entgegen. Aus diesen Gründen
findet auch die von der Markenstelle herangezogene Entscheidung des Bundes-
gerichtshofs „Autofelge“ keine Anwendung auf die vorliegende Anmeldung, da das
dort angemeldete Bildzeichen die technische Gestaltung der typischen Merkmale
einer Autofelge ohne darüber hinausgehende Elemente darstellte (GRUR 1997,
527, 529).
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c.
Mit der Abbildung der gelben Einfärbung der beanspruchten Waren in
Verbindung mit dem Farbcode und der Beschreibung der Verwendungsweise der
Farbe hat der Anmelder die Farbmarke hinreichend konkretisiert und den Ge-
genstand des Schutzes so deutlich offenbart, dass sie die Anforderungen an die
Bestimmtheit der Wiedergabe der Marke und ihre grafische Darstellbarkeit (§ 8
Abs 1 MarkenG) erfüllt (vgl hierzu BGH aaO; EuGH aaO sowie BPatG, Beschluss
vom 26.1.2005 - 32 W (pat) 353/03 - GRUR 2005, 585 - Farbmarke gelb; Strö-
bele/Hacker MarkenG, 7. Aufl, § 3 Rdn 40 f, 44, 46, 50; § 32 Rdn 20).
3.
Der angemeldeten Farbmarke fehlt auch nicht die erforderliche konkrete
Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Bei der Beurteilung der Unter-
scheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung vom Ver-
kehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren eines Un-
ternehmens von denen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, ist grund-
sätzlich davon auszugehen, dass jede noch so geringe Unterscheidungskraft aus-
reicht, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH GRUR 2001,
1154, 1155 - Farbmarke violettfarben mwN; BGH GRUR 2002, 538 - grün einge-
färbte Prozessorengehäuse). Allerdings sind bei Farbmarken die rechtlichen Er-
wägungen zu beachten, die der EuGH in den später ergangenen Entscheidungen
„Libertel“ und „Heidelberger Bauchemie GmbH“ für die Auslegung der Art 2 und 3
Abs 1 MarkenRichtl zur Eintragbarkeit einer Farbe als Marke aufgestellt hat. Da-
nach ist dem Allgemeininteresse daran Rechnung zu tragen, dass die Verfügbar-
keit der Farben für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die Waren oder Dienstleis-
tungen der von der Anmeldung erfassten Art anbieten, nicht ungerechtfertigt be-
schränkt wird. Für die Bejahung der Unterscheidungskraft einer Farbe als solcher
sind daher besondere Umstände erforderlich wie etwa, dass die Zahl der Waren
oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet ist, sehr beschränkt und der
relevante Markt sehr spezifisch ist. Bei der Würdigung der Schutzfähigkeit der
Marke sind alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, zu
denen gegebenenfalls auch die Benutzung des als Marke angemeldeten Zeichens
sowie insbesondere die Dauer des Gebrauchs der Marke gehören (EuGH
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GRUR 2003, 607 - 609, Rdn 51 bis 56, 66, 74 - Libertel und GRUR 2004, 858,
860, Rdn 41 und 42 mwN - Heidelberger Bauchemie GmbH). Entscheidend ist,
dass der Verkehr in der Farbe als Aufmachung der in Anspruch genommenen Wa-
ren oder Dienstleistungen einen Herkunftshinweis sieht und ihr weder einen un-
mittelbar beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet noch die Farbe lediglich als de-
koratives Gestaltungselement auffasst.
Die Voraussetzungen für die Eintragung sind hier gegeben. Angemeldet ist die
Farbmarke für nur eine Warenart und es handelt sich um einen sehr speziellen
Markt, der ausschließlich Fachkreise betrifft. Die vom Anmelder eingereichten
Unterlagen, Warenmuster und Erklärungen von Fachkreisen (LfL, Lehr-, Ver-
suchs- und Fachzentrum für Milchwirtschaft und Grünlandbewirtschaftung,
Kempten; LfL Institut für Tierhaltung und Tierschutz in Poing-Grub und dlz agrar-
magazin-Landwirtschaftsverlag GmbH), seine eidesstattliche Versicherung sowie
die Ermittlungen des Senats zeigen, dass Melkzitzengummis seit vielen Jahren
üblicherweise in schwarz oder allenfalls in der Naturfarbe von Silikon hergestellt
und im Inland angeboten werden. Soweit erkennbar werden farbige Zitzengummis
mit Ausnahme der Produkte des Anmelders nicht verwendet. Anders als bei Kon-
sumartikeln, die etwa durch ein gefälliges farbliches Aussehen den Abnehmer an-
sprechen sollen, liegt eine Einfärbung als dekoratives Gestaltungsmittel bei Zit-
zengummis für Melkanlagen auf Grund der Art der Produkte und ihres Einsatzes
fern. Ebenso wenig weist die Farbe Gelb einen beschreibenden Begriffsinhalt in
Bezug auf Melkzitzengummis auf. Dass eine gelbe Einfärbung der in Rede ste-
henden Waren nur einen Hinweis auf ein bestimmtes Material, hier Silikon, dar-
stelle, konnte nicht ermittelt werden. Silikon hat von Natur aus keine gelbe Farbe.
Es ist farblich unauffällig und allenfalls als transparent beige-grau zu bezeichnen.
Die Markenstelle hat auch keine entsprechenden Feststellungen getroffen, son-
dern die Annahme des Materialhinweises als Kondition fehlender Unterschei-
dungskraft aufgestellt. Die Ermittlungen des Senats haben keine Anhaltspunkte
erbracht, dass im Verkehr mit der Farbe Gelb die Materialbeschaffenheit Silikon
angegeben wird, und zwar weder für den spezifischen Markt von Melkzitzengum-
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mis noch für den im Umfeld von Melkanlagen stehenden Markt. Auch konnte nicht
festgestellt werden, dass der Verkehr der gelben Einfärbung eine technische
Funktion zuschreibt. Der Verkehr ist vielmehr an schwarze Zitzengummis ge-
wöhnt, unter denen die gelben Zitzengummis des Anmelders besonders hervor-
stechen. Für die angesprochenen Fachkreise besteht insbesondere auch deshalb
Veranlassung, in der gelben Einfärbung ein konkretes Unterscheidungsmittel zu
sehen, als weder vom Anmelder noch von anderen Anbietern auf der spezifischen
Ware Wort- oder Bildmarken angebracht werden. Ein derartiges Verständnis wird
nicht zuletzt auch durch die Benennung der Produkte des Anmelders mit „Die Gel-
ben“ durch Fachabnehmer im Internet sowie in Fachblättern (zB Allgäuer Bauern-
blatt 6/2000, Seite 24 und 25) bestätigt. Zur Annahme der herkunftshinweisenden
Funktion der angemeldeten Marke trägt ferner die behauptete lange Dauer der
Verwendung der Farbe Gelb für die Produkte des Anmelders bei.
4.
Der Eintragung der angemeldeten Marke steht auch das Schutzhindernis des
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entgegen, weil weder ein aktuelles noch ein künfti-
ges Freihaltebedürfnis vorliegt. Ebenso wie der entsprechende Art 3 Abs 1 lit c
MarkenRichtl verfolgt dieses Eintragungshindernis das im Allgemeininteresse
liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die die Waren- oder Dienstleistungs-
gruppen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von allen frei verwen-
det werden können (vgl EuGH aaO Libertel, Rdn 52 f mwN). Dabei kann die Ver-
wendung von Farben als Angabe über Merkmale einer Ware durchaus ein Frei-
haltebedürfnis von Gewicht darstellen (vgl BGH GRUR 2001, 1154 - Farbmarke
violettfarben). Abzustellen ist aber auf die besonderen Verhältnisse des maßgebli-
chen Warengebiets sowie auf das Ausmaß des Monopolrechts. Wie unter 3. aus-
geführt lassen sich mit Ausnahme der Naturfarben von Gummi und Silikon,
schwarz und beige/grau, keine hinreichenden Anhaltspunkte feststellen, dass Far-
ben allgemein - oder speziell die Farbe Gelb RAL-Nr 1021 - für Melkzitzengummis
aus dekorativen, ästhetischen, materialbezogenen oder aus sicherheits- bzw
sonstigen funktionsbedingten Gründen als beschreibende Merkmalsangaben der
Waren verwendet werden noch dass hierfür ein künftiges Bedürfnis anzunehmen
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ist. Angesichts dieser Umstände und der spezifischen Marktverhältnisse auf dem
äußerst engen und auf eine einzige Warenart bezogenen Warengebiet der vorlie-
genden Anmeldung ist unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses nicht zu
befürchten, dass die Verfügbarkeit der Farben für die anderen Wirtschaftsteilneh-
mer, die die von der Anmeldung erfassten Waren anbieten, ungerechtfertigt be-
schränkt wird.
Winkler Kätker
Pagenberg
Cl