Urteil des BPatG vom 05.02.2003

BPatG (marke, unterscheidungskraft, beschreibende angabe, bezeichnung, musik, tonträger, telekommunikation, werbung, dienstleistung, beschwerde)

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 96/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 61 032
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 5. Februar 2003 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, die
Richterin Pagenberg und die Richterin k.A. Fink
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I
Die Bezeichnung
mobileSound
ist für die Dienstleistungen der Klassen 35 und 38
„Werbung; Übertragung von Musik- und Tonträgertiteln sowie Ver-
mittlung von Angeboten und Preisen für Tonträger, insbesondere
CDs, mittels Telekommunikation“
zur Eintragung als Marke in das Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung durch zwei Beschlüsse, von denen einer in der Erinnerung ergangen
ist, gemäß § 8 Abs 2 Satz 1 und 2 MarkenG als sprachüblich gebildete Zusam-
mensetzung der englischen Wörter „mobile“ und „Sound“ zurückgewiesen. Das
englische Wort „mobile“ sei den deutschen Verkehrskreisen auf dem Dienst-
leistungsgebiet der Telekommunikation bekannt. Es weise darauf hin, daß etwas
mobil angeboten bzw erhalten werden könne, insbesondere mittels Handys. Das
weitere Wort „Sound“ sei ebenfalls in den deutschen Sprachschatz eingegangen
und beschreibe, was mobil angeboten und empfangen werden könne. Auch die
Vermittlung von Angeboten und Preisen für Tonträger, insbesondere CDs, mittels
Telekommunikation, könne mobil in Anspruch genommen werden. Der Sound sei
daher auch in dieser Hinsicht mobil. Für die Dienstleistung „Werbung“ beschreibe
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die angemeldete Bezeichnung den Gegenstand der Dienstleistung. Eine Mehr-
deutigkeit der angemeldeten Marke sei nicht gegeben, da die weiteren von der
Anmelderin angegebenen Bedeutungen für die beanspruchten Dienstleistungen
nicht im Vordergrund stünden. Die angemeldete Bezeichnung sei auch nicht unter-
scheidungskräftig. Im Bereich der Telekommunikation und der Werbung seien
englischsprachige Begriffe üblich. Der angemeldete Gesamtbegriff werde als rein
beschreibende Angabe aufgefaßt.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung ihres Eintragungsbe-
gehrens stützt sie sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und auf
die Begründung des Regierungsentwurfs zur Beurteilung der Unterscheidungs-
kraft. Die angesprochenen Verkehrskreise nähmen ein als Marke verwendetes
Zeichen in seiner Gesamtheit ohne zergliedernde und analytische Betrachtungs-
weise so auf, wie es ihnen entgegentrete. Es komme allein darauf an, daß die
Wortmarke „mobileSound“ kein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache sei
und ihr auch kein für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehender
beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden könne. Die beanspruchten
Dienstleistungen hätten mit der auditiven Übertragung von Musik, Klängen und
Tönen nichts zu tun, da es um eine visuelle Übermittlung von Musik- und Tonträ-
gertiteln sowie von Angeboten und Preisen von Tonträgern, insbesondere CDs,
gehe. Die angemeldete Marke sei eine originelle Wortneuschöpfung, für die auch
kein Freihaltungsbedürfnis bestehe, weil es sich bei den angebotenen Dienst-
leistungen um Informationen über Musiktitel und Angebote für Tonträger handele
und allenfalls ein mittelbarer Zusammenhang bestehe. Die angemeldete Bezeich-
nung sei in den vom Senat übersandten Rechercheunterlagen nicht enthalten und
auf Vergleichswörter komme es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs nicht an.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
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Sie ist ferner der Ansicht, daß die Rechtsbeschwerde zugelassen werden müsse,
wenn der Senat die Eintragung der angemeldeten Marke ablehne, weil bei jeder
denkbaren rechtlichen Erwägung damit von der Rechtsprechung des Bundesge-
richtshofs abgewichen würde.
II
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg. Der angemeldeten Marke
steht das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen, weil ihr
jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewoh-
nende (konkrete) Eignung vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der
Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber sol-
chen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Der Senat geht mit der Anmel-
derin von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus, wonach jede noch so
geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden.
Unterscheidungskraft ist demnach gegeben, wenn einer Marke kein für die fragli-
chen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet
werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer
bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer ent-
sprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden wird (st Rspr BGH, seit GRUR 1999, 1089
- YES; WRP 2003, 517, 518 - Buchstabe „Z“; vgl auch EuGH GRUR 2001, 1145
- Baby-dry; EuG GRUR Int. 2002, 751, 753 - CARCARD).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist festzustellen, daß der erkennbar aus den
Wörtern „mobile“ und „Sound“ zusammengesetzten Kombination nach dem Ver-
ständnis der angesprochenen breiten Fach- und interessierten Laienkreise der im
Vordergrund stehende beschreibende Sinngehalt eines „mobil zu empfangenden
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bzw übermittelten Sounds im Sinne eines Musikstückes, Musiktitels bzw Musik-
stils“ zukommt, wenn sie in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen
verwendet wird. Denn mit dem englischen Wort „mobile“ und seiner deutschen
Entsprechung „mobil“ wird - wie die Markenstelle bereits zutreffend ausgeführt
hat - auf dem Gebiet der Telekommunikation in erster Linie auf die mobile Kom-
munikation per Handy (= mobile phone) hingewiesen. So wird z.B. von „mobilen
Multimedia-Anwendungen, mobilen Unterhaltungsdiensten, mobiler Datenübertra-
gung, mobiler Kommunikation, mobilen PCs, mobilen Kleinstgeräten, mobilem
Funknetz, mobilem Internet“ sowie von „Man kann auch mehr als nur SMS ver-
schicken mit einem Mobile“ gesprochen (vgl übersandte Internetrecherche
google.de vom 20.6.2002 zu Mobile-Sound-Welt; FAZ v. 9. März 2002 S 23; SZ v.
6. März 2002 „UMTS-Studie“; Cebit Spezial Multimedia in Der Spiegel 11/2002
S 100 f, 128, 129; s.a. 29 W (pat) 94/00 vom 14. August 2002 - Online Mobil).
„Sound“ ist als Fremdwort in den inländischen Sprachgebrauch eingegangen und
bedeutet im Zusammenhang mit der Übertragung von und der Information über
Inhalt und Preise von Musik- und Tonträgertiteln „Musikstil, Sound, Klangfarbe“
(vgl PONS Großwörterbuch - für Experten und Universität Englisch-Deutsch, Neu-
bearbeitung 2001, 798 unter „sound“ die Beispielssätze: „who did the sound on
that commercial?“ Wer hat die Musik zu diesem Werbespot geschrieben? (charac-
teristic of musicians style) Sound; the sound of the eighties - der Sound der Acht-
ziger; DUDEN Fremdwörterbuch 5. Aufl 1990, 730).
Mit dem Markenelement „mobile“ wird die Art der Übertragung bzw. das Informa-
tionsmedium beschrieben und mit „Sound“ auf das jeweilige Musikstück oder die
Stilrichtung der Musik- und Tonträgertitel bzw CDs und sonstigen Tonträger Bezug
genommen. Die Wortverbindung mit vorangestelltem Adjetiv und Subjektiv ist den
englischen wie deutschen Sprachregeln entsprechend gebildet. Vergleichbar zu-
sammengesetzte Wörter, insbesondere „mobile phone, mobile shop“ zeigen dies.
Englische Begriffe und aus dem Englischen stammende Fremdwörter sind auf
dem Gebiet der Musiktitel und Tonträger weitverbreitet und tonangebend. Für die
angesprochenen breiten inländischen Verkehrskreise ist der beschreibende Be-
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griffsgehalt daher ohne weiteres erkennbar und verständlich. Bei der angemel-
deten Bezeichnung steht damit die Sachaussage der angebotenen Dienste im
Vordergrund. Nachdem die Zeichenbildung völlig sprachgerecht ist und auch keine
anderweitigen, z.B. graphischen Markenelemente von dem beschreibenden Be-
griffsgehalt wegführen, fehlt der angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterschei-
dungskraft (vgl BGH MarkenR 2001, 314 - marktfrisch).
Entgegen der Ansicht der Anmelderin wird die angemeldete Bezeichnung bereits
als Gesamtbegriff beschreibend eingesetzt. Es findet sich bei einer Internet-Re-
cherche unter dem Stichwort „M-Commerce“ und „Messaging Entertainment“ Mo-
bile Sound, Mobile Gaming, Mobile Music (MP3), Mobile Betting (Wetten ...), Mo-
bile Video (ab GPRS und UMTS)“ (vgl www.google.de „mobile sound“ Deutsche
Seiten vom 20.6.2002; Mobile Sound Lösung; Mobile-Sound-Werkstatt; Mo-
bile-Sound: Music, Sound and Light ready to go). Von einer originellen Wortneu-
schöpfung kann umso weniger die Rede sein, als die Recherchebeispiele zeigen,
wie die Bereiche Musiktitel, Videoclips, Filme, Reklame, Fotos, Spiele ua zuneh-
mend „mobil“ übertragen, zur Verfügung gestellt oder vermittelt werden.
Für die Dienstleistung „Werbung“ bezeichnet die angemeldete Marke deren Ge-
genstand. Dabei ist entscheidend, daß die Art der Werbedienste beschrieben wird,
in dem sie z.B. mittels oder für mobile Medien wie Handy, UMTS-Anwendungen
etc mit bzw für den jeweiligen Sound erbracht bzw. angeboten.
Angesichts der fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Bezeichnung
kann dahingestellt bleiben, ob der Anmeldung darüber hinaus das Eintragungs-
hindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht, auch wenn die Recherche-
beispiele konkrete Anhaltspunkte für die Bejahung eines Freihaltungsbedürfnisses
bieten.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung, da die
Beurteilung der Rechtsfrage der fehlenden Unterscheidungskraft der angemelde-
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ten Marke wegen deren beschreibenden Sinngehalts auf tatsächlichen
Feststellungen beruht und von keiner Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab-
gewichen wird.
Grabrucker Pagenberg
Fink
Cl