Urteil des BPatG vom 22.06.2005

BPatG: unterscheidungskraft, begriff, verbraucher, beschränkung, markenregister, aktiven, verkehr, kunststoff, härte, kennzeichnung

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 134/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 13 469.0
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 22. Juni 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel,
des Richters Paetzold und der Richterin Schwarz-Angele
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist das Wort
Active
als Kennzeichnung für die Waren
Klasse 1: Blattmetalle und Metall in Pulverform für Maler und Dekorateure.
Klasse 2: Anstrichmittel, Farben, Lacke, Firnisse; Spachtelmassen zum Glätten
und Ausbessern eines rauhen Untergrundes; Glaserkitt, Beschichtungsmittel aus
Kunststoff als Paste oder flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz
gegen Feuchtigkeit.
Die Markenstelle für Klasse 2 hat die Anmeldung mit Erstbeschluss vollständig zu-
rückgewiesen, in der Erinnerung jedoch hinsichtlich der Waren der Klasse 1 für
schutzfähig erachtet und die Erinnerung im übrigen zurückgewiesen. Die Marke
sei insoweit ohne Unterscheidungskraft, denn sie werde nur als Beschaffenheits-
angabe verstanden. In der Farbenlehre gebe es sog. „aktive“, nämlich warme und
bunte Farben. Darüber hinaus könne „aktiv“ auch auf die Wirkungsweise des An-
strichmittels hinweisen, so zB beim aktiven Schutz gegen Nässe. Dieses Schutz-
hindernis bestehe auch bei den „Beschichtungsmitteln aus Kunststoff ..., Spach-
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telmassen, Glaserkitt“, denn auch diese könnten sich „aktiv“ in den Fugen aus-
dehnen und so gegen Feuchtigkeit wirken.
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Begehren
auf Eintragung weiter. Sie meint der Begriff sei mehrdeutig und interpretationsbe-
dürftig, denn der Verbraucher werde wegen der ungewöhnlichen Schreibweise
(großer Erstbuchstabe, c anstatt k) nicht ohne weiteres an den Begriff „aktiv“ den-
ken. Zudem sei dies kein die noch maßgeblichen Waren unmittelbar beschreiben-
der Sachbegriff.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt sowie auf die der Anmelde-
rin zur Kenntnis übersandten Fundstellen über die Verwendung des Begriffes „ak-
tiv“ in Verbindung mit den beanspruchten Waren hingewiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn der begehrten Eintragung in
das Markenregister steht sowohl das Eintragungshindernis der beschreibenden
freihaltungsbedürftigen Angabe wie der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen
(§ 8 Abs 2 Nr 2 u. 1 MarkenG).
Die Markenstelle hat bereits überzeugend und unter Beifügung entsprechender
Verwendungsnachweise ausgeführt, dass die angemeldete Marke für die jeweili-
gen Waren als beschreibende Sachangabe in Betracht kommt und vom Verbrau-
cher auch so verstanden wird. Der deutsche Verkehr, auch wenn er nur über ge-
ringe englische Sprachkenntnisse verfügt, wird in dem Wort „Active“ – so er es
überhaupt übersetzt – ohne weiteres das deutsche Wort „aktiv“ sehen. Die Groß-
schreibweise des ersten Buchstabens wird ohne weitere Überlegung hingenom-
men und nicht als Eigentümlichkeit gesehen werden, sie kann also nicht schutz-
begründend sein. Das Wort „aktiv“ hat aber im Bereich der Farben, Beschich-
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tungsmittel, Spachtelmassen, Kitt einen unmittelbar beschreibenden Aussagege-
halt.
Zum einen gibt es sog. „aktive“ Farben, das sind warme Farbtöne wie zB rot, gelb,
orange, gold. In einem Fachbuch (www.deutsches-fachbuch.de:Acrylmalerei) wer-
den „leuchtende Aktivfarben“ als Kontrast zu „beruhigenden Passivfarben“
empfohlen. Es wird unterschieden zwischen Schatten-, Licht- und „Aktivfarbrei-
hen“, wobei die „Aktivreihe“ durch drei Aufhellungstöne definiert wird
(www.mappe.de). Aktive Farben sollen anregen und das Wohlbefinden steigern,
wohingegen ein Zuviel an passiven Farben ermüden soll (www.agw.de: Mit Far-
ben wohnen). Somit scheidet ein Schutz für alle Produkte der Anmelderin aus, bei
denen der Farbton eine Rolle spielen kann (was an sich auch für die Waren der
Klasse 1 zutreffen würde). Da teilweise auch die Farbe weiß zu den aktiven Far-
ben gezählt wird (www.farbenundleben.de), könnte eine entsprechende Beschrän-
kung des Warenverzeichnisses nicht zu einem Schutz der Marke führen.
Zum anderen gibt es sog „aktive Pigmente“ (Gegensatz „inaktive Pigmente“), an
Hand derer bestimmte Eigenschaften des Anstrichfilms mit der Folge beeinflusst
werden, dass dadurch zB die Wasserbeständigkeit erhöht, die Dehnfähigkeit ver-
bessert oder die Härte des Anstrichs verbessert wird (Federl, Malerlexikon S. 33).
Demzufolge werden in Produktbeschreibungen Begriffe wie „aktiver Rostschutz“,
„Korrosionsschutz durch aktive Pigmentierung“, „Aktiv gegen Nässe und Feuchtig-
keit“ udgl verwendet. Die Markenstelle hat belegt, dass derartige Begriffe nicht
nur bei Anstrichmittel, sondern auch bei den übrigen Waren, wie Beschichtungs-
mittel, Spachtelmassen und Glaserkitt eine für den Verbraucher maßgebliche
Rolle spielen (zB Spachtelmasse, die sich „aktiv“ in Fugen ausdehnt), so dass der
Begriff auch für diese Waren einen beschreibenden Inhalt hat. Da Imprägniermittel
auch farbig angeboten werde, kann eine Beschränkung des Warenverzeichnisses,
mit dem Korrosionsschutzmittel ausgenommen werden, zu keiner Eintragungsfä-
higkeit der Marke führen.
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Zuletzt kann der Schutz auch nicht durch doppelten Bedeutungsinhalt des ge-
wünschten Markenwortes erreicht werden, denn in jedem Fall bezeichnet eine der
Bedeutungen ein Merkmal der Ware unmissverständlich und unmittelbar (EuGH,
Mitt 2004, 28 – Doublemint). Eine Mehrdeutigkeit kann nur dann die
Eintragungsfähigkeit bewirken, wenn sie auch erkennbar ist und dem Verkehr
Anlass zur Überlegung gibt. Ist jede Bedeutung für sich genommen sinnvoll und
zur Produktbeschreibung brauchbar, wird damit der Aussagegehalt des Begriffes
nicht verwässert, sondern verstärkt.
Das gewünschte Zeichen muss infolgedessen für die Mitbewerber zur freien Ver-
fügung bleiben (§ Abs 2 Nr 2 MarkenG) und es ist auch ohne Unterscheidungs-
kraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).
Die Beschwerde war damit zurückzuweisen.
Stoppel Paetzold
Schwarz-Angele
Bb