Urteil des BPatG vom 18.07.2001
BPatG: verwechslungsgefahr, gesamteindruck, verbraucher, bestandteil, schokolade, kakao, wortmarke, kennzeichnungskraft, inhaber, ausdehnung
BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 203/00
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
18. Juli 2001
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B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 396 46 388
BPatG 154
6.70
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hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) auf die mündliche Verhandlung vom
18. Juli 2001 durch die Vorsitzende Richterin Winkler, Richter Dr. Albrecht und
Richterin Klante
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die am 15. Januar 1997 für die Waren
Kakao und Kakaopulver, insbesondere lnstant-Pulver, kakaohal-
tige Getränkepulver; Kakaoerzeugnisse, nämlich Schokolademas-
sen und Kuvertüren; Schokolade und Schokoladewaren, insbe-
sondere Schokoladetafeln, auch in Form portionierter Einzel-
stücke; Konfekt und Zuckerwaren; Marzipan, Marzipanhappen,
Marzipanersatz; Nougat, Nougathappen; Schokolade- und
Zuckerwaren als Christbaumschmuck; mit Schokolade gefüllte
Adventskalender; Bonbons, Pralinen; Waffeln mit Schokoladen-
überzug, insbesondere Waffelkekse und Waffelpralinen; Schoko-
laden-Riegel, insbesondere gefüllte Riegel; schokolierte Dragees,
insbesondere schokolierte Rosinen, Nüsse, Mandeln und Früchte;
Back- und Konditorwaren, Kekse, Bisquits, Schokolade-Nuß-Nou-
gatcremes als Brotaufstrich; Kakao- und Schokoladengetränke;
alle vorgenannten Waren auch als Diabetikerwaren (nicht für me-
dizinische Zwecke)
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eingetragene Wortmarke
Andes After Dinner
ist Widerspruch erhoben aus der Wortmarke 2 026 063
After Dinner Ferrero,
die seit 8. Dezember 1992 für
Schokolade, Schokoladewaren, insbesondere Pralinen, auch mit
einer Füllung aus nichtalkoholischen oder alkoholischen Geträn-
ken sowie Obst; Fein- und Dauerbackwaren; Zuckerwaren; Brot-
aufstrich, im wesentlichen bestehend aus Zucker, pflanzlichen
Ölen und Fetten, Haselnüssen, Kakao, Milchpulver
eingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den
Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren er-
gangen ist, zurückgewiesen, weil der beiden Marken gemeinsame Bestandteil
„After Dinner“ beschreibend im Sinne von „Nachtisch“ und damit kennzeichnungs-
schwach sei, also keinesfalls prägend. Es handle sich um einfachste englische
Wörter, die jeder verstehe. Der Verkehr werde sich an „Andes“ und „Ferrero“
orientieren. Firmennamen träten im Gesamteindruck generell nicht zurück und kei-
nesfalls neben kennzeichnungsschwachen Bestandteilen.
Die Widersprechende hat dagegen Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung
sie vor allem darauf abstellt, klanglich und begrifflich seien die beiden Marken
hochgradig verwechselbar, zumal die Waren im engsten Ähnlichkeitsbereich lä-
gen. „Ferrero“ und „Andes“ seien Firmennamen, die im Gesamteindruck zurück-
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träten. Damit sei in beiden Marken „After Dinner“ prägend. „Nach dem Abendes-
sen“ sei nicht beschreibend. Allenfalls werde ein Begriffsanklang angedeutet; er
erschließe sich aber erst über mehrere Gedankenschritte. Dementsprechend sei
AFTER DINNER als Marke (558 147) eingetragen worden.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschlüsse vom 2. Oktober 1998 und vom 16. Mai 2000 auf-
zuheben
Die Markeninhaberin hat Entscheidung nach Aktenlage beantragt.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 9 Abs 1 Nr 2, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im
Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer ein-
getragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden
Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen be-
steht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Ver-
bindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Be-
rücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine
Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere
der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Wa-
ren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke (vgl BGH MarkenR
2000; 359 - Bayer/BeiChem).
Obwohl die sich gegenüberstehenden Waren zT identisch, im übrigen sehr ähnlich
sind, ist eine Verwechslungsgefahr nicht feststellbar, denn die Marken „Andes Af-
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ter Dinner“ und „After Dinner Ferrero“ unterscheiden sich im Gesamteindruck
hinreichend deutlich. Der Verbraucher wird die angegriffene Marke nicht allein mit
„After Dinner“ benennen, denn dieser Bestandteil der Kombinationsmarke prägt
nicht den Gesamteindruck (vgl BGH GRUR 1996, 198 - Springende Raubkatze).
„After Dinner“ ist im Zusammenhang mit Süßigkeiten, die gerne als Nachtisch ge-
nossen werden, eine kennzeichnungsschwache Bestimmungsangabe. Dass sie
deutsche Verbraucher ohne weiteres so verstehen, hat die Markenstelle bereits
zutreffend ausgeführt; die englische Bezeichnung entspricht anderen bekannten
Wörtern, wie zB Aftershave. Die von der Widersprechenden angesprochene Ein-
tragung von „AFTER DINNER“ in Alleinstellung spricht nicht gegen eine hier zu
berücksichtigende Kennzeichnungsschwäche, da Kennzeichnungsschwäche kein
Eintragungshindernis ist.
Der Herstellername „Andes“ neben dem nur schwach kennzeichnenden Bestand-
teil „After Dinner“ wird den Verbraucher veranlassen, „Andes“ nicht außer Acht zu
lassen, sondern diesen Namen als zusätzliche Unterscheidungshilfe zu verwen-
den (vgl BGH GRUR 1996, 774 - falke-run/LE RUN; 1996, 406 - JUWEL), zumal
„Andes“ - anders als „After Dinner“ – für die beanspruchten Waren keinen be-
schreibenden Bezug hat.
„Andes“ ist auch kein in Deutschland bekannter Firmenname, dem der Verbrau-
cher ein umfangreiches Sortiment zuordnen und sich deshalb an „After Dinner“ als
eine von vielen Sorten orientieren wird (BGH GRUR 1977, 218, 219 - MERCOL;
1996, 200, 202 - Innovadiclophlont; aaO - BLENDAX Pep).
Zudem steht „Andes“ am allgemein stärker beachteten Zeichenanfang, was den
Verbraucher ebenfalls dazu bewegen wird, vornehmlich diesen Bestandteil als
Unterscheidungsmerkmal herauszugreifen.
Das angesprochene Publikum wird die Marken auch nicht gedanklich miteinander
in Verbindung bringen (§ 9 Abs 1 Nr 2 letzter Halbsatz MarkenG).
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Die Widersprechende kann sich nicht darauf berufen, die angegriffene Marke rufe
jedenfalls die Erinnerung an ihr Zeichen wach. Dies setzt eine erhöhte Kennzeich-
nungskraft der älteren Marke voraus (vgl BGH GRUR 1990, 274, 276 - Klettver-
schluß; 1990, 367 - alpi/Alba Moda), was vorliegend nur für den nicht überein-
stimmenden Markenbestandteil „Ferrero“ gegeben sein könnte.
Dass beide Marken Übereinstimmungen in einem kennzeichnungsschwachen Be-
standteil aufweisen, kann schon aus Rechtsgründen keine assoziative Verwechs-
lungsgefahr begründen. Kennzeichnungsschwache Bestandteile, hier „After Din-
ner“, dürfen keinen weiteren Schutzumfang dadurch erhalten, dass beim Verwen-
den desselben Begriffs in jüngeren Zeichen eine Verwechslungsgefahr im Hinblick
auf eine gedankliche Verbindung angenommen wird. Der Schutzbereich einer
Widerspruchsmarke bemisst sich allein nach Maßgabe ihrer die Eintragungs-
fähigkeit begründenden Eigenprägung im Gesamteindruck, ohne dass ihr Inhaber
aus ihr einen Schutz für Elemente oder gegen alle Kombinationen damit bean-
spruchen kann. Andernfalls käme es zu einer dem Gebot der Rechtssicherheit
zuwiderlaufenden unabsehbaren Ausdehnung des Begriffs der Verwechslungs-
gefahr.
Zu einer Kostenauferlegung bestand kein Anlass (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).
Winkler
Klante
Dr. Albrecht
Cl