Urteil des BPatG vom 26.02.2008

BPatG (stand der technik, patent, gegenstand, zeichnung, patentanspruch, einspruch, strahlung, firma, versehen, vorbenutzung)

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
_______________
(Aktenzeichen)
26. Februar 2008
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
gegen das Patent 102 54 888
21 W (pat) 304/05
Verkündet am
- 2 -
hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf-
grund der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2008 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Winterfeldt sowie der Richter Baumgärtner,
Dipl.-Phys. Dr. Morawek und Dipl.-Ing. Bernhart
beschlossen:
Das Patent DE 102 54 888 wird widerrufen.
G r ü n d e
I
Auf die am 21. November 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt einge-
reichte Patentanmeldung ist das nachgesuchte Patent 102 54 888 mit der Be-
zeichnung "Reflexionslichttaster" erteilt worden. Die Veröffentlichung der Erteilung
ist am 16. September 2004 erfolgt.
Der erteilte Patentanspruch 1 lautet - mit einer Merkmalsgliederung versehen:
Ma
mit
Hintergrundausblendung zur Detek-
tion von Objekten unter Ausnutzung der diffusen Reflexion
an der Objektoberfläche
Mb
Mc
Md
und mindestens eines Strahlung aus dem Fernbereich emp-
dadurch gekennzeichnet,
- 3 -
Me
Fernbereich räumlich getrennt voneinander in voneinander
16, 17
Mf
6, 7
13, 14
bestimmt sind.
Zu den Unteransprüchen 2 bis 10 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.
Gegen das Patent ist am 19. Dezember 2004 Einspruch erhoben worden. Zur Be-
gründung ihres Einspruchs macht die Einsprechende offenkundige Vorbenutzung
geltend und verweist dazu auf
D1
Firma Leuze electronic vom Januar 1995
D2.1
D3
D3
flektionslichttaster DFRK 61/4-2000L vom 18. Oktober 1999
D4
des Reflexionslichttasters DFRK
61/4-2000L vom
19. August 1999
D5
eines Optikteils des Reflexionslichttasters DFRK 61/4-2000L
vom 23. August 1999
- 4 -
D6
Reflexionslichttasten DFRK
61/4 - 2000L an die Firma
Karl Seitel Elektro GmbH, 86863 Langenneufnach
und
D7
von Reflexionslichttastern DFRK 61/4-2000L an die Firma
Karl Seitel Elektro GmbH, 86863 Langenneufnach.
Ferner benennt sie einen Zeugen.
Zum Stand der Technik verweist sie zudem unter anderem auf die
D10
Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 10. August 2005 einen neuen Patent-
anspruch 1 gemäß Hilfsantrag sowie verbleibende Unteransprüche 2 bis 9 einge-
reicht. Der Patentanspruch 1 nach diesem Hilfsantrag weist gegenüber dem An-
spruch 1 gemäß Hauptantrag als weiteres Merkmal auf:
Mg
senkrecht auf die Lichteintrittsflächen mit dem Lichtsen-
der (1) nicht auf einer Linie liegen.
Hinsichtlich der sich anschließenden Unteransprüche 2 bis 9 wird auf die Akte ver-
wiesen.
Die Einsprechende ist der Auffassung, dass der Gegenstand des erteilten An-
spruchs 1 durch den von ihr vor dem Anmeldetag des angegriffenen Patents ver-
triebenen Reflexionslichttaster DFRK 61/04 - 2000L neuheitsschädlich vorwegge-
- 5 -
nommen sei. Auch der Gegenstand des hilfsweise verteidigten Anspruchs 1 sei
gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig.
Die Einsprechende beantragt schriftsätzlich wiederholt den vollständigen Widerruf
des Patents 102 54 888.
Die Patentinhaberin beantragt,
die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung gemäß
Hauptantrag,
hilfsweise mit einer durch die Aufnahme der Merkmale des An-
spruchs 4 in den Anspruch 1 eingeschränkten Fassung.
Weder die Patentinhaberin noch die Einsprechende sind, wie schriftsätzlich ange-
kündigt, zur mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2008 erschienen.
II
1. Da die Einspruchsfrist im vorliegenden Verfahren nach dem 1. Januar 2002 zu
laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist,
ist das Bundespatentgericht für die Entscheidung gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 gültigen Fassung weiterhin zuständig
(vgl. BGH GRUR 2002, 862 ff. - Informationsübermittlungsverfahren II; BPatG
GRUR 2007, 449 f. - Rundsteckverbinder).
2. Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig, denn die für die Be-
urteilung des geltend gemachten Widerrufsgrundes der mangelnden Patentfähig-
keit maßgeblichen tatsächlichen Umstände sind von der Einsprechenden inner-
halb der gesetzlichen Frist anhand der als Beweismittel für die behauptete offen-
kundige Vorbenutzung zu den Akten gereichten Belege im Einzelnen so dargelegt
worden, dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerun-
- 6 -
gen für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ohne eigene
Ermittlungen ziehen können. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von der Patentin-
haberin im Übrigen nicht bestritten worden.
3. Der Einspruch erweist sich auch als begründet, da sowohl der Gegenstand des
Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag als auch der gemäß Hilfsantrag gegen-
über dem vor dem Anmeldtag des Streitpatents durch die Einsprechende der Öf-
fentlichkeit zugänglich gemachten Reflexionslichttaster DFRK 61-04 - 2000L nicht
neu sind. Daher kann es dahinstehen, ob der Patentanspruch 1 gemäß Hauptan-
trag und Hilfsantrag durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt ist und ob sein
Gegenstand den Schutzbereich des Streitpatents erweitert.
Das Streitpatent betrifft einen Reflexionslichttaster mit Hintergrundausblendung
zur Detektion von Objekten.
Wie in der Streitpatentschrift ausgeführt ist, wird bei bekannten Reflexionslichttas-
tern mit einem Element mit spiegelnder Oberfläche, das mit Lichtempfangsele-
menten zusammenwirkt, zwar der Nahbereich erweitert, es erfolgt damit jedoch
keine Hintergrundausblendung (vgl. Patentschrift Absätze [0010, 0011]).
Daran orientiert sich die dem Patent zugrundeliegende Aufgabe, einen Reflexions-
lichttaster hinsichtlich der Erweiterung des Erfassungsbereichs sowie der Ausblen-
dung des Hintergrundes noch wirkungsvoller zu gestalten (Abs. [0012]).
Als Fachmann ist hier ein Dipl.-Physiker zu definieren, der sich mit optoelektroni-
schen Vorrichtungen befasst und über einschlägige Berufserfahrung mit Refle-
xionslichttastern verfügt.
4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist durch den of-
fenkundig vorbenutzten Reflexionslichttaster DFRK 61/04 - 2000L neuheitsschäd-
lich vorweggenommen. Die Patentinhaberin hat nicht bestritten, dass dieser Ge-
- 7 -
genstand vor dem 21. November 2002 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wur-
de. Sie hat lediglich vorgetragen, dass dort die kennzeichnenden Merkmale des
Anspruchs 1 nicht verwirklicht seien. Im Übrigen stützen auch die vorgelegten Be-
lege die offenkundige Vorbenutzung.
D1, D2.1
D1
branchenüblichen Codierung 9501 für das Druckdatum Januar 1995 versehen.
D6
ebenfalls vom 5. September 2001, belegen den Verkauf des Reflexionslichttasters
(vgl. Pos. 10 auf beiden Schriftstücken) zeitig vor dem Anmeldetag des Patents.
Mit dem damit belegten vorbehaltlosen Verkauf war die öffentliche Zugänglichkeit
ohne Geheimhaltungspflicht des auf dem Markt befindlichen Reflexionslichttasters
gegeben (BGH GRUR 1999, 976, 977 - Anschraubscharnier).
Von einer Zeugeneinvernahme war bei dieser Sachlage abzusehen.
4.1. Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin offenbart dieser Reflexionslicht-
taster sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag:
D1
Reflexionslichttaster hingewiesen (Punkt 2 neben der Abbildung), auf der Rücksei-
te unter "Hinweise" sodann auf die Direktabtastung (Detektion) diffus reflektieren-
Ma
Mb
nahme des gelieferten Gerätes sind die Komponenten und weitere Konstruktions-
einzelheiten im Inneren des Gerätes erkennbar, wie sie auch die detaillierten Kon-
D3
- 8 -
D3
Sender-Linsenanordnung sowie unter Bezugszeichen 90 zwei Linsen für die da-
Mc
D1
Nah"). Ein Lichtempfangselement empfängt somit Strahlung aus dem Nahbereich
Md
D3
D1
D3
Me
D5
Schnitte A-A; B-B). Deren Gesichtsfelder werden somit für jedes Empfangsele-
Mf
schriftlich mit "B" bezeichnet, wobei die Blende je nach Einbaulage mit den fett
umrandeten Fotoelementen BC das jeweilige Gesichtsfeld bestimmt).
4.2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag ist durch den Re-
flexionslichttaster DFRK 61/4-2000 L ebenfalls neuheitsschädlich vorweggenom-
men.
D3
mente, (die - nicht explizit dargestellt - notwendigerweise hinter den Linsen 90 und
Blenden 20 auf den Plättchen 115 montiert sein müssen) in Blickrichtung senk-
recht auf die Lichteintrittsflächen, d. h. mit Blick von vorne auf das Gehäuse mit
D1
unten) mit dem Lichtsender B1 (hinter Linse 100) nicht auf einer Linie liegen. So-
Mg
gefügt wurde, aus dem vorbenutzten Reflexionslichttaster bekannt.
- 9 -
5. Die Patentinhaberin hat beantragt, das Patent in der erteilten Fassung aufrecht-
zuerhalten, hilfsweise mit einer durch die Aufnahme der Merkmale des An-
spruchs 4 in den Anspruch 1 eingeschränkten Fassung. Dass sie daneben auch
eine Aufrechterhaltung des Streitpatents im Umfang der erteilten Unteransprü-
che 2 bis 10 begehrt, hat sie weder ausdrücklich noch stillschweigend zu erken-
nen gegeben. Darüber hinaus lassen diese Unteransprüche, ebenso wie die ver-
bleibenden Unteransprüche nach Hilfsantrag, keine patentbegründenden Merkma-
le erkennen, was die Patentinhaberin im Übrigen auch nicht geltend gemacht hat
(vgl. dazu BGH GRUR 2007, 862 ff. - Informationsübermittlungsverfahren II in
Fortführung von BGH GRUR 1997, 120 ff. - elektrisches Speicherheizgerät).
Dr. Winterfeldt
Baumgärtner
Dr. Morawek
Bernhart
Pr/Be/Pü