Urteil des BPatG vom 22.10.2003

BPatG: verkehr, verwechslungsgefahr, wartung, kennzeichnungskraft, zubehör, firma, auto, england, fahrzeug, markenregister

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 35/03
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
22. Oktober 2003
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 300 10 073
- 2 -
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2003 unter Mitwirkung des Vorsit-
zenden Richters Stoppel, des Richters Paetzold und der Richterin
Schwarz-Angele
beschlossen:
Die Beschwerde der Markeninhaber wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
In das Markenregister eingetragen wurde unter der Rollennummer 300 10 073 die
Marke
Mighty Mini
als Kennzeichnung für folgende Waren und Dienstleistungen:
Kraftfahrzeuge und deren Teile; Kraftfahrzeugzubehör, näm-
lich Dachablagen, Luftzufuhrrohre aus Metall für Kfz, Ablage-
fächer; Wartung von Kraftfahrzeugen
Die Inhaberin der rangälteren Gemeinschaftsmarke EU 143 909
MINI
hat dagegen Widerspruch erhoben. Diese Marke ist unter anderem für folgende
Waren und Dienstleistungen eingetragen:
- 3 -
Landfahrzeuge und Motoren für Landfahrzeuge; Teile, Bestand-
teile und Zubehör für alle vorstehend genannten Waren; Repa-
ratur, Wartung; Wiederinstandsetzung, Aufarbeitung und Kunden-
dienst, alles in Bezug auf Kraftfahrzeuge und deren Teile und
Bestandteile.
Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts hat eine
Verwechslungsgefahr bejaht und die Löschung der jüngeren Marke angeordnet.
Zur Begründung ist ausgeführt, „mighty“ werde vom Verkehr nur als Hinweis auf
die Stärke und Mächtigkeit des Motors gesehen, womit sich die Marken ange-
sichts der Waren- und Dienstleistungsidentität zu nahe stünden.
Die Markeninhaber haben hiergegen Beschwerde eingelegt, denn sie sind der An-
sicht, bei „Mini“ handle es sich um eine kennzeichnungsschwache Marke. Im tägli-
chen Sprachgebrauch werde das Wort „Mini“ für die Bezeichnung eines kleinen
Fahrzeuges gebraucht, zB Mini-Mercedes, Mini-Opel, womit der Markenabstand
ausreiche.
Die Markeninhaber beantragen,
den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und den Wider-
spruch zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie beruft sich insbesondere auf die große, seit 40 Jahren bestehende Bekannt-
heit der Marke MINI für ein Kraftfahrzeug, das teilweise sogar Kultstatus erreicht
habe. Damit sei von einer hohen Kennzeichnungskraft der Marke auszugehen. Die
jüngere Marke, die in der Übersetzung soviel wie „mächtiger oder gewaltiger MINI“
- 4 -
heiße, werde vom Verkehr als Abwandlung der ihm bekannten Marke MINI gese-
hen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss sowie auf
den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 165 Abs 4 und 5, 66 Abs 1 und Abs 2 MarkenG),
hat in der Sache aber keinen Erfolg, denn es besteht Verwechslungsgefahr iSv § 9
Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die Rechtsfrage, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Berücksichtigung
des Einzelfalls nach Abwägung insbesondere der Faktoren Ähnlichkeit der Waren
und Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und Ähnlich-
keit der Marken zu entscheiden (ständige Rechtsprechung zB EuGH MarkenR
1999, 20 - Canon; BGH MarkenR 2001, 204 - EVIAN/REVIAN). Diese Faktoren
stehen zueinander in Wechselwirkung, so dass zB ein geringerer Grad an Marken-
ähnlichkeit ausgeglichen werden kann durch einen höheren Grad an Kennzeich-
nungskraft der älteren Marke.
Im Streitfall ist es zunächst die vollständige Waren- und Dienstleistungsidentität,
die einen deutlichen Abstand der Marken notwendig macht. Verstärkt werden
diese Anforderungen durch die Bekanntheit und Berühmtheit der älteren Marke,
womit aus dieser Marke ein über das Normalmaß hinausgehender erhöhter
Schutzumfang beansprucht werden kann.
Mit der Marke MINI wird seit mehreren Jahrzehnten ein Fahrzeug der Firma Rover
(nunmehr BMW) gekennzeichnet, das in Deutschland eine hohe Bekanntheit ge-
nießt. Diese Bekanntheit der Automarke erstreckt sich auch auf die hier maßgebli-
- 5 -
chen Waren und Dienstleistungen, also die Teile, das Zubehör und die Wartung
von Kraftfahrzeugen. Es ist auch keine Schwächung dadurch eingetreten, dass es
daneben noch Kennzeichnungen wie „Mini Cooper“, „Austin Mini“ oder „Mini One“
gibt, denn damit ist jeweils das Kraftfahrzeug der Widersprechenden gemeint, was
dem Verkehr auch bekannt ist. Ebenso wenig wird der erweiterte Schutzumfang
maßgebend dadurch tangiert, dass mit „Mini“ teilweise die Kleinwagen – Version
anderer Automarken beschrieben wird, denn alle von den Markeninhabern vorge-
legten und vom Gericht recherchierten Beispiele belegen einen Gebrauch des
Wortes „Mini“ ausnahmslos zusammen mit dem Namen des Kfz – Herstellers, also
„Skoda Mini“, „Mini-Mercedes“ usw. MINI in Alleinstellung jedoch bezieht sich im-
mer auf die Automarke der Widersprechenden.
Die jüngere Marke greift in diesen Schutzbereich der Widerspruchsmarke ein.
„Mighty Mini“ und „MINI“ sind beim Gesamtvergleich zwar durchaus hinreichend
verschieden, dies lässt aber unberücksichtigt, dass „mighty“ „stark“ und „mächtig“
bedeutet, ein für einen Kleinwagen ganz wesentliche Aussage, die im übrigen dem
seit Jahrzehnten bestehenden Vermarktungskonzept der Widersprechenden, ein
kleines, aber starkes Auto zu liefern, entspricht. Auch wenn das Wort „mighty“
nicht unbedingt zum englischen Grundwortschatz gehört, so erschließt sich doch
sein Bedeutungsinhalt im Zusammenhang mit dem englischen Wort „mini“. Dies
gilt umso mehr, als es sich bei dem von der Widerspruchsmarke gekennzeichne-
ten PKW um eine ehemals britische Marke und ein auch jetzt noch in England
hergestelltes Kraftfahrzeug handelt. Der Gebrauch eines englischen Adjektivs ist
für den Verkehr daher nicht überraschend, sondern verstärkt vielmehr den Hinweis
auf die Widersprechende. Die jüngere Marke „mighty Mini“ vermittelt damit demje-
nigen, der die Automarke „Mini“ kennt und beide Marken auf identischen Waren
und Dienstleistungen antrifft, dass die Widersprechende eine stärkere Version ih-
rer bekannten Fahrzeugmarke geschaffen hat, oder doch zumindest für diese
neue Marke die Produktverantwortung übernimmt.
Dies ist ausreichend um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.
- 6 -
Damit war die Beschwerde ohne Erfolg
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 71 Abs 1 Satz 2 Markengesetz.
Stoppel Paetzold
Schwarz-Angele
Na