Urteil des BPatG vom 09.11.2006

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BUNDESPATENTGERICHT
17 W (pat) 42/04
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
9. November 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 102 33 006.9-51
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 9. November 2006 unter Mitwirkung …
BPatG 154
08.05
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse B 05 B des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 5. Februar 2004 aufgehoben und das Patent erteilt.
Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 12,
Beschreibung S. 1 bis 18,
2 Blatt Zeichnungen mit 2 Figuren,
jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.
G r ü n d e
I.
Die vorliegende Patentanmeldung ist am 20. Juli 2002 mit der Bezeichnung
"Verfahren zur Versorgung einer Lackapplikationseinrichtung mit
Lack"
beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.
Die Prüfungsstelle für Klasse B 05 B hat die Anmeldung mit Beschluss vom 5. Fe-
bruar 2004 unter Bezug auf die im Bescheid vom 12. Juni 2003 genannten Gründe
mangels erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
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Sie beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte
Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 12, Beschreibung Seiten 1 bis 18,
2 Blatt Zeichnungen mit 2 Figuren, jeweils überreicht in der
mündlichen Verhandlung.
Der geltende Anspruch lautet:
"Verfahren zur Versorgung einer Lackapplikationseinrichtung mit
Lack, bei dem
a) jeweils ein bestimmtes Lackvolumen zwischen zwei Molchen
durch eine Molchleitung von einer mit der Versorgungsquelle des
Lacks verbindbaren ersten Molchstation zu einer mit der Lackap-
plikationseinrichtung verbindbaren zweiten Molchstation befördert
wird;
b) die Molchleitung auf dem Rückweg der Molche von der zweiten
zur ersten Molchstation durch eine bestimmte Menge Reinigungs-
mittel, die von mindestens einem Molch mitgeführt wird, gereinigt
wird;
c) die Molche durch ein unter Druck stehendes Schiebemedium
durch die Molchleitung geführt werden,
dadurch gekennzeichnet, daß
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d) der nach Abschluß des Lackiervorganges zwischen den beiden
Molchen (10a, 11a, 10b, 11b) verbleibende Restlack über die
zweite Molchstation (7a, 7b) entsorgt wird,
e) das Reinigungsmittel auf dem Rückweg von der zweiten Molch-
station (7a, 7b) zu der ersten Molchstation (6a, 6b) zwischen den
beiden Molchen (10a, 11a, 10b, 11b) transportiert wird."
Zu den Unteransprüchen 2 bis 12 und zu den weiteren Unterlagen wird auf den
Akteninhalt verwiesen.
Nach Ansicht der Anmelderin ist die nunmehr beanspruchte Lehre durch den im
Erteilungsverfahren genannten Stand der Technik weder bekannt noch nahegelegt
und demzufolge patentierbar.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten
Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist.
1. Die Änderungen in den geltenden Unterlagen sind zulässig.
Die Aufnahme des Merkmals d) in den kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 ist
im Hinblick auf die ursprüngliche Beschreibung, S. 14, Z. 23-27 zulässig. Die Än-
derung in Anspruch 7 geht aus der ursprünglichen Beschreibung S. 16, Z. 6-11
i. V. m. S. 7, Z. 16-24 hervor. Die Änderungen in der Beschreibung beziehen sich
auf die zulässige Korrektur von Schreibfehlern und die ebenfalls zulässige Anpas-
sung der in der Beschreibung und in den Figuren angegebenen Bezugszeichen.
2. Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Versorgung einer Lackapplikationsein-
richtung mit Lack, bei dem
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a) jeweils ein bestimmtes Lackvolumen zwischen zwei Molchen durch eine Molch-
leitung von einer mit der Versorgungsquelle des Lacks verbindbaren ersten Molch-
station zu einer mit der Lackapplikationseinrichtung verbindbaren zweiten Molch-
station befördert wird;
b) die Molchleitung auf dem Rückweg der Molche von der zweiten zur ersten
Molchstation durch eine bestimmte Menge Reinigungsmittel, die von mindestens
einem Molch mitgeführt wird, gereinigt wird;
c) die Molche durch ein unter Druck stehendes Schiebemedium durch die Molch-
leitung geführt werden.
Die dem erfindungsgemäßen Verfahren zugrundeliegende Aufgabe wird darin ge-
sehen, mit möglichst geringem apparativen Aufwand eine gute Reinigung der
Molchleitungen zu ermöglichen.
Der eine Lösung dieser Aufgabe aufzeigende Anspruch 1 ist im vorhergehenden
Abschnitt dieses Beschlusses angegeben.
Die beanspruchte Lehre stellt sich dem Fachmann, einem FH-Konstrukteur mit
mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung, wie folgt dar:
Der Zerstäuber 1 einer Lackapplikationseinrichtung ist mit Lack unterschiedlicher
Farbe zu versorgen. Hierfür wird die Lack mit der benötigten Farbe führende Farb-
versorgungsleitung 2 über eine Farbwechseleinheit 27a mit einer ersten Molchsta-
tion 6a verbunden. In dieser Molchstation befinden sich zwei Molche 10a, 11a, in
deren Zwischenraum über die Leitung 25a und das geöffnete Absperrventil 18a
(Fig. 2) der gewünschte Lack eindringt und hierbei den Molch 10a bei geöffnetem
Stopper 20a über die Leitung 35a in Richtung zweite Molchstation 7a bewegt. Ist
die benötigte Lackmenge - ermittelt mit der in der Leitung 25a befindlichen Men-
genmesseinrichtung 26a - erreicht, so wird die Lackzufuhr zur ersten Molchstation
durch Schließen des Absperr-Ventils 18a gesperrt und über die Leitung 29a
Druckluft auf den Molch 11a gegeben, so dass sich die von den beiden Mol-
chen 10a, 11a eingeschlossene Lacksäule zur zweiten Molchstation 7a bewegt. Ist
der vorauslaufende Molch 10a dort angekommen - dieses wird durch die Senso-
ren 12a, 13a detektiert -, so wird der Lack bei geöffnetem zugehörigen Absperr-
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ventil über die Leitung 50a zur Dosierpumpe 56 und von dort weiter zum Zerstäu-
ber 1 geleitet.
Ist der Lackiervorgang mit Lack der entsprechenden Farbe beendet, so wird für
den Raum zwischen den jetzt in der zweiten Molchstation 7a befindlichen Mol-
chen 10a, 11a und für die Leitung 50a der Entsorgungsvorgang für den Restlack
durch Öffnen der zur zweiten Molchstation 7a gehörenden Ventile 67a und 18a
und Umschalten des Umstell-Ventils 51 begonnen.
Nach Beendigung des Entsorgungsvorgangs erfolgt nach Einbringung von Reini-
gungsmittel in den Raum zwischen beiden Molchen 10a, 11a deren Rücktransport
zur ersten Molchstation mittels Druckluft auf den jetzt nachlaufenden Molch 10a.
3. Von der Prüfungsstelle wurde auf die Druckschriften
1) EP 1 172 152 A1
2) DE 197 42 588 A1
3) EP 1 208 915 A2
4) DE 690 03 621 T2
Bezug genommen.
Von der Anmelderin wurde noch die Druckschrift
5) DE 198 30 029 A1
genannt.
Hinsichtlich dieses Standes der Technik ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu,
da keine der genannten Druckschriften ein Verfahren zur Versorgung einer Lack-
applikationseinrichtung mit Lack mit allen Merkmalen dieses Anspruchs zeigt. Der
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beanspruchte Gegenstand beruht darüber hinaus auch auf erfinderischer Tätig-
keit.
D1 offenbart ein Verfahren zur Versorgung einer Lackapplikationseinrichtung (Zer-
stäuber) Z mit Lack, bei dem jeweils ein bestimmtes Lackvolumen zwischen zwei
Molchen M1A, M2A; M1B, M2B durch eine Farbzuführleitung ZLA; ZLB von einer
mit der Versorgungsquelle des Lackes (Farbwechsler FWA; FWB) verbindbaren
Molchstation MS2A; MS2B (siehe Sp. 4, Z. 13, 18/19) zu einer mit der Lackappli-
kationseinrichtung Z verbindbaren Molchstation MS1A; MS1B befördert wird. Die
Molche M1A, M2A; M1B, M2B werden durch ein Schiebemedium (Isoliermedium)
bewegt, dessen Druck von der Dosierpumpe PA; PB erzeugt wird (Fig. 1 mit Be-
schreibung; Anspruch 1). Die Reinigung der Farbzuführleitung ZLA; ZLB erfolgt
mittels eines für diesen Zweck umgestalteten Molches (Anspruch
8, Sp.
6,
Z. 33-50).
Das Verfahren nach D1 stimmt mit jenem gemäß Anspruch 1 somit bezüglich der
oberbegrifflichen Merkmale a) bis c) überein.
Die Unterschiede zwischen beiden Verfahren werden durch die kennzeichnenden
Merkmale des Anspruchs 1 wiedergegeben, wonach
d) der nach Abschluss des Lackiervorganges zwischen den beiden Molchen (10a,
11a, 10b, 11b) verbleibende Restlack über die zweite Molchstation (7a, 7b) ent-
sorgt wird (und anschließend)
e) das Reinigungsmittel auf dem Rückweg von der zweiten Molchstation (7a, 7b)
zu der ersten Molchstation (6a, 6b) zwischen den beiden Molchen (10a, 11a, 10b,
11b) transportiert wird.
Unterschiedlich hierzu wird beim Verfahren nach D1 die Reinigung der Farbzulei-
tung in der Weise durchgeführt, dass der beim Lacktransport zur Lackapplikations-
einrichtung Z vorauseilende Molch als Tandemmolch ausgebildet ist, dessen Zwi-
schenraum 9 mit dem zur Leitungsreinigung eingesetzten Spülmittel gefüllt ist
(Sp. 6, Z. 33-50; Anspruch 8; Fig. 2). Dieser Tandemmolch bildet dann den nach-
laufenden Molch bei der Rückführung des Restlacks zur versorgungsquellenbe-
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nachbarten Molchstation MS2A; MS2B, wobei dieser Restlack z. B. über das Ven-
til 32 und eine Rückführleitung entsorgt wird (Sp. 5, Z. 16-22 und Z. 45-52). Auf
diese Weise ist für die Farbzuführleitung zwischen den Molchstationen kein eige-
ner Spülvorgang erforderlich (Sp. 1, Z. 45-49), wodurch sich Zeitersparnis durch
geringeren Spülaufwand (Sp. 1, Z. 31-38) einstellt.
Bei diesem Sachverhalt besteht für den Fachmann keine Veranlassung, das in D1
gegebene Verfahren entsprechend den Merkmalen d) und e) der beanspruchten
Lehre umzustellen, da mit einer solchen Umstellung die angegebenen Vorteile
verloren gingen.
Demzufolge vermag D1 das Verfahren nach Anspruch 1 nicht nahezulegen. Die-
ses gilt auch für die weiteren Druckschriften D2 bis D5.
Bei dem in D2 beschriebenen Verfahren zur Lackapplikation wird lediglich ein in
der Verbindungsleitung 12 bewegbarer Molch eingesetzt, der auf seinem Weg von
der Molchstation 8 zur Molchstation 14 die am Ende eines Applikationsvorganges
in dieser Leitung befindliche Restfarbe zum Lackapplikationsorgan (Zerstäuber) 10
und auf seinem Rückweg den zur Reinigung verwendeten Verdünner befördert
(vgl. Figur 1 mit Sp. 3, Z. 12-41).
Bei den in D2, Figuren 2 und 3 dargestellten Vorrichtungen zur Versorgung einer
Lackapplikationseinrichtung werden die jeweiligen zur Farbzufuhr eingesetzten
Verbindungsleitungen 22A, 22B und 32A, 32B für den Transport von Restlack und
für Reinigungsvorgänge ebenfalls mit jeweils einem Molch beschickt.
Beim Verfahren nach D3 erfolgt der Lacktransport in einer zwischen zwei Mol-
chen 19, 22 befindlichen Lacksäule 21, wobei als Schiebemedium Druckluft oder
isolierende Flüssigkeit eingesetzt wird (Zusammenfassung, Fig. 3). Der Einsatz
von Reinigungsmitteln ist nicht angesprochen.
D4 zeigt Farbleitungen, die durch schlangenförmig aufgewickelte Teilabschnitte
künstlich verlängert sind (S.
9, 3.
Abs., Anspruch
14; einz.
Fig., Bezugszei-
chen "S").
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Bei der Lackiervorrichtung nach D5 werden Farbmaterialien 8 von unterschiedli-
cher Farbe jeweils zwischen Molchen 6 von der Farbladestation 9 zum Farbwech-
selsteuermodul 4 (mit angeschlossener Farbpistole 1) transportiert, wobei vor und
nach diesem Farbtransport jeweils molcheingeschlossene Reinigungsflüssigkeit 7
durch die Zuführleitung 5 geschickt wird. Die Molche werden zusammen mit ver-
brauchter Reinigungsflüssigkeit nach beendetem Transport über die Rückführlei-
tung 14 zur Farbladestation 9 zurück transportiert bzw. entsorgt (Sp. 2, Z. 48 bis
Sp. 3, Z. 27; Figur).
Aus den aufgezeigten Gründen vermögen die abgehandelten Druckschriften D2
bis D5 weder einzeln noch bei verbindender Betrachtungsweise das Verfahren
nach Anspruch 1 nahezulegen. Dieses Verfahren beruht somit auch auf erfinderi-
scher Tätigkeit und Anspruch 1 ist demzufolge gewährbar.
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 12 beinhalten zweckmäßige, nicht selbstver-
ständliche Weiterbildungen des Verfahrens nach Anspruch 1 und sind somit eben-
falls gewährbar.
gez.
Unterschriften