Urteil des BPatG vom 23.01.2002
BPatG: papier, kunststoff, beschreibende angabe, begriff, banknote, englisch, wörterbuch, eugh, wortmarke, verschmutzung
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 173/00
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
23. Januar 2002
…
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 398 70 684.0
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2002 durch die Vorsitzende Richte-
rin Grabrucker, den Richter Baumgärtner und die Richterin Pagenberg
BPatG 154
6.70
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beschlossen:
Die Beschwerde wird im Hauptantrag zurückgewiesen; das Verfah-
ren wird zur weiteren Entscheidung über den Hilfsantrag vom
11. Februar 2000 zurückverwiesen.
G r ü n d e
I
Die Wortmarke
TOPNOTE
soll für die Waren
"Wertdruckartige Druckereierzeugnisse aus Papier und/oder Kunst-
stoff, insbesondere Banknoten, Schecks, Aktien und Pässe; Sub-
strate aus unbedrucktem Papier und/oder unbedrucktem Kunststoff
für derartige Druckereierzeugnisse (Klasse 16)"
in das Register eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung durch Beschluß vom 22. Februar 2000 als freihaltebedürftige Sachan-
gabe nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG teilweise zurückgewiesen und zwar für die
Waren
"Wertdruckartige Druckerzeugnisse aus Papier und/oder Kunststoff,
insbesondere Banknoten".
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Die angemeldete Bezeichnung "TOPNOTE" besage in Verbindung mit den im Wa-
renverzeichnis beispielhaft genannten Banknoten nichts anderes, als daß diese
eine Spitzenqualität hinsichtlich des Materials, der Farben, des Druckes, der Halt-
barkeit, der Fälschungssicherheit u.ä. besitzen.
Bezüglich der Waren "Schecks, Aktien und Pässe; Substrate aus unbedrucktem
Papier und/oder unbedrucktem Kunststoff für derartige Druckereierzeugnisse"
werde das Verfahren fortgesetzt. Der Hilfsantrag, die Marke mit dem einge-
schränkten Warenverzeichnis zuzulassen, sei aufgrund der Entscheidung in der
Hauptsache gegenstandslos.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Auffassung nach be-
stehe die angemeldete Marke aus der ungewöhnlichen Kombination zweier kon-
trastierender Begriffe. Das Wort "TOP" sei der modernen, eher umgangssprachli-
chen Alltagssprache entlehnt und es stehe im Spannungsfeld zu dem konservati-
ven Gebiet der Wertpapierbranche. Demgegenüber handele es sich bei dem Be-
griff "NOTE" zur Bezeichnung von Banknoten um ein antiquiertes Wort, das heut-
zutage in Alleinstellung nicht mehr benutzt werde. Als Begriff einer toten Sprache
werde das Wort "NOTE" zur Bildung neuer Fachausdrücke nicht verwendet, so
daß kein Freihaltungsbedürfnis bestehe. Da der Markenteil "TOP" sowohl im
Sinne von "Spitze" wie von "oben" verstanden werde und als englischer Begriff
auch die Bedeutung des oberen Endes eines Mastes habe, sei er unscharf und
mehrdeutig. Eine Zweideutigkeit des Begriffs "TOPNOTE" ergebe sich außerdem
daraus, daß "NOTE" im Sinne von "Benotung" oder im Sinne von "Banknote" zu
verstehen sei. Die angemeldete Kombination besitze das erforderliche Mindest-
maß an Unterscheidungskraft.
Die Anmelderin beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, hilfs-
weise, die Sache an das deutsche Patent- und Markenamt mit der Maßgabe zu-
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rückzuverweisen, daß über den Hilfsantrag vom 15. November 1999 entschieden
wird, der am 11. Februar 2000 erneut eingereicht worden ist.
II
Die zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg und zwar soweit die Zurückverwei-
sung der Sache hilfsweise beantragt worden ist. Dagegen war der Hauptantrag
zurückzuweisen, weil der angemeldeten Marke insoweit die Eintragungshinder-
nisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.
Gegenstand der Beschwerde nach dem Hauptantrag ist die (Teil-)Zurückweisung
der Anmeldung für Banknoten als wertdruckartige Druckerzeugnisse aus Papier
und/oder Kunststoff. Hierbei hat die Markenstelle aber übersehen, dass die An-
meldung generell für „wertdruckartige Druckereierzeugnisse aus Papier und/oder
Kunststoff“ erfolgt ist. Die nachfolgenden Waren wie „Banknoten, Schecks ...“
stellen nur Beispiele ohne beschränkenden Charakter dar, so dass insoweit eine
Teilzurückweisung unzulässig war. Im Ergebnis wurde die Anmeldung aber zu
Recht zurückgewiesen. Denn für wertdruckartige Druckereierzeugnisse in Gestalt
von Banknoten hat die angemeldete Bezeichnung "TOPNOTE" den innerhalb der
verschiedenen Bedeutungen von "Note" im Vordergrund stehenden eindeutigen
Sinngehalt von „Topbanknote“. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat,
kann die angemeldete Bezeichnung damit dazu dienen, die beanspruchte Ware
ihrer Art und Beschaffenheit nach im Verkehr als Spitzenbanknote zu bezeichnen,
wenn die besondere Qualität der für Banknoten wesentlichen Eigenschaften wie
weitgehendste Fälschungssicherheit, Papier-, Druck- und Farbbeständigkeit, Le-
bensdauer u.ä. herausgestellt werden sollen.
Es handelt sich bei der angemeldeten Bezeichnung nämlich nicht um eine Wort-
kombination, die auf Grund ihrer sprachlichen Form von der beschreibenden Aus-
sage wegführt. Denn die Verbindung der Angabe "TOP" im Sinne von "Spitze,
Spitzenstellung" mit dem Wort "NOTE" - hier im Sinne von Banknote - entspricht
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den allgemeinen Sprachregeln von Komposita. Die Kombination ist weder von der
Sprachform noch von der Sprachebene her ungewöhnlich. Wortverbindungen mit
"TOP" sind in der Umgangssprache ebenso wie in der seriösen Geschäftssprache
anzutreffen wie z.B. Top-ten, Topmodel, Topmanager, Topmanagement, top level,
Topqualität, top secret, Topspin, Top Service, top holiday resort oder top-line profit
= Bruttogewinn (vgl DUDEN OXFORD Großwörterbuch Englisch 1990, 757;
PONS Collins Großwörterbuch Deutsch/Englisch 1997, 1641) und keinesfalls auf
eine marktschreierische Sprachebene beschränkt. Die Zusammensetzung von
"TOP" als eines gängigen modernen Wortes mit dem angeblich veralteten Begriff
"NOTE" weist keine sprachliche Besonderheit auf, wenn sie zur Beschreibung von
Banknoten verwendet wird. Der Senat vermag der Markenanmelderin nicht in der
Beurteilung des Wortes "NOTE" als eines antiquierten Begriffs für Banknoten zu
folgen, der heutzutage nicht mehr benutzt wird und etwa wie das Wort einer toten
Sprache zu bewerten sei. Der Begriff "Note" für Banknote ist im gegenwärtigen
Sprachgebrauch insbesondere in Zusammensetzungen gebräuchlich, bei denen
der Zusammenhang mit Banknoten offenkundig ist und z.B. aus Gründen des
sprachlichen Ausdrucks zur Vermeidung von Wiederholungen oder von Wortun-
getümen an Stelle des Wortes Banknote die Kurzform Note verwendet wird (z.B.
Berichte über Maßnahmen der amerikanischen Notenbank sowie die genannten
Beispiele "Notenumlauf", "Notendeckung" etc.). Bestätigt wird dies nicht zuletzt
durch den Internetauftritt der Markenanmelderin, in dem sie zur Erläuterung von
Systemlösungen für die Banknotenbearbeitung gelegentlich selbst das Wort "No-
ten" bzw. die Wortverbindung "Einzelnote" als Fachwort verwendet, wenn aus dem
Zusammenhang eindeutig zu erkennen ist, daß es sich um Bank- und nicht etwa
um Musiknoten handelt: z.B. „Eine hochinnovative Technologie“, die das Bankno-
tenpapier sowie den Druck verkapselt und so die Banknote vor schneller Ver-
schmutzung schützt. Denn die Verschmutzung ist meist verantwortlich für das
frühzeitige Aussortieren der Noten". "Banknoten-Identifizierungs-Module für Ein-
zelnoten“ oder "Qualitätsendkontrolle frisch gedruckter Einzelnoten oder Bankno-
tenbogen in Banknotendruckereien“. Schließlich spricht man auch im Englischen
bei einer Fünfpfundnote von "a five-pound note“ (vgl. PONS Collins aaO S 1357).
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Die angemeldete Bezeichnung ist mit den von der Anmelderin genannten Bei-
spielen der höchstrichterlichen und der europäischen Spruchpraxis nicht ver-
gleichbar. Weder weicht die angemeldete Wortverbindung von der Ausdruckweise
ab, die im üblichen Sprachgebrauch verwendet wird, wie es der EuGH im Fall
"Baby-dry" entschieden hat (MarkenR 2001, 400, 403), noch fällt die Bezeichnung
"TOPNOTE" für Banknoten in gleicher Weise wie EASYBANK für Bankdienstlei-
stungen bzw. den deutschen Entsprechungen wie etwa "Leichtbank, Bequem-
bank, Einfachbank" aus dem üblichen Sprachrahmen (EuGH MarkenR 2001, 181,
183). Anders als die Wortmarke "INDIVIDUELLE" (BGH GRUR 2002, 64, 65) be-
steht bei "TOPNOTE" auch eine konkrete Eignung zur beschreibenden Aussage
über die Spitzenstellung bzw. die Spitzenqualität, wenn die Bezeichnung für
Banknoten verwendet wird. Hierfür ist ein Freihaltungsbedürfnis gegeben.
Soweit ein Teil des angesprochenen Verkehrs, insbesondere die Fachabnehmer
der Zentralbanken, die angemeldete Bezeichnung als eine „Topbenotung“ ver-
steht, weil ihm etwa die Ergebnisse der Ausschreibung sowie der Qualitäts- und
Abnahmeanforderungen bei der Herstellung bzw. der Einführung der Euroscheine
bekannt sind, so fehlt der angemeldeten Marke auch die Unterscheidungskraft.
Eine Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit der angemeldeten Bezeich-
nung ergibt sich daraus nicht, denn bei einem Verständnis von "TOPNOTE" als
Spitzenbanknote wie als Topbenotung im Wettbewerb um den Druckauftrag von
Euro-Banknoten liegt eine gleichermaßen beschreibende Angabe über die Spit-
zenstellung bzw. über die Spitzenqualität der beanspruchten Banknoten vor.
Auf die Zurückweisung der Anmeldungen "TOPTOOLS" für Computer, Software
und Druckereierzeugnisse (HABM, R 0207/98-1 v. 31.5.1999, ABl 10/1999, 1252),
"TOPCUT" für handbetätigte Werkzeuge und Zangen (HABM, R 0118/99 - 1 vom
12.1.2000, ABl 9/2000, 1098) sowie "TopControl" für Beratung bei der Unterneh-
menssteuerung unter Verwendung eines PC-Programmes (BPatG 29 W (pat)
163/92 vom 5.7.1995) wird hingewiesen.
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Die Sache war auf den Hilfsantrag hin zurückzuverweisen, weil über das am
15. November 1999 bzw. am 11. Februar
2000 hilfsweise beantragte einge-
schränkte Warenverzeichnis
"Wertdruckartige Druckereierzeugnisse aus Papier und/oder Kunst-
stoff, nämlich Schecks, Aktien, Pässe; Substrate aus unbedrucktem
Papier und/oder unbedrucktem Kunststoff für derartige Erzeug-
nisse" (Klasse 16)"
von der Markenstelle im Beschluß vom 22. Februar 2000 noch nicht förmlich ent-
schieden ist.
Grabrucker Baumgärtner Pagenberg
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