Urteil des BPatG vom 25.04.2007
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BUNDESPATENTGERICHT
19 W (pat) 327/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
25. April 2007
…
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
…
BPatG 154
08.05
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betreffend das Patent 100 35 745
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 25. April 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Das Patent 100 35 745 wird widerrufen.
G r ü n d e
I.
Für die am 22. Juli 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene
Anmeldung wurde die Erteilung des nachgesuchten Patents am 5. Februar 2004
veröffentlicht.
Das Patent betrifft eine
Temperaturerfassungseinrichtung für einen elektrischen Strahlungsheizkörper.
Gegen das Patent hat die A… Stiftung & Co. KG in B…, am 4. Mai 2006
Einspruch erhoben mit der Begründung, der Gegenstand des Patents sei gegen-
über einem im einzelnen genannten Stand der Technik nicht neu bzw. beruhe ge-
genüber diesem nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Auch sei die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fach-
mann sie ausführen könne; schließlich gehe der Gegenstand des Patents erteilter
Fassung auch über den Inhalt der ursprünglichen Unterlagen hinaus.
- 3 -
Die Einsprechende stellt den Antrag,
das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag,
das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhal-
ten:
Patentansprüche 1 bis 12 sowie geänderte Beschreibung Spal-
ten 1 und 2 hierzu, jeweils überreicht in der mündlichen Verhand-
lung vom 25. April 2007, übrige Beschreibung und Zeichnungen
gemäß Patentschrift.
Hilfsweise:
Patentansprüche 1 bis 10 nach Hilfsantrag sowie geänderte Be-
schreibung Spalten 1 und 2 hierzu, jeweils überreicht in der münd-
lichen Verhandlung vom 25. April 2007, übrige Beschreibung und
Zeichnungen gemäß Patentschrift.
Von den einander nebengeordneten - gemäß Haupt- und Hilfsantrag gleichlauten-
den - Patentansprüchen 1 und 5 lautet der Patentanspruch 5:
„Temperaturerfassungseinrichtung
für einen elektrischen Strahl-
heizkörper, dem ein aktiver Sensor zur Erfassung der Positi-
onierung eines Kochgefäßes auf einer den Strahlheizkörper über-
deckenden Kochplatte, insbesondere einer Glaskeramikplatte, zu-
geordnet ist, wobei der Sensor Teil einer Steuerung (31) ist und
mindestens eine Sensorschleife mit elektrisch leitfähigem Material
aufweist, die im Bereich wenigstens einer von elektrischen Strah-
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lungsheizelementen beheizbaren Heizzone angeordnet ist, wobei
die
Sensorschleife (30; 63; 70) mindestens einen Teilab-
schnitt (50;73; 86) aufweist, der funktionaler Bestandteil eines
Temperatursignale abgebenden Temperatursensors (51) der Tem-
peraturerfassungseinrichtung ist, wobei ein elektrisch aktives
Element (52, 53; 72; 81, 82; 88) des Temperatursensors (51) vor-
gesehen ist, das von dem mindestens einen Teilabschnitt als
Träger getragen ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Teilab-
schnitt das elektrisch aktive Element des Temperatursensors mit
Abstand von dem Isolierrand der Heizzone oberhalb der Strahl-
heizelemente hält.“
Zu den Patentansprüchen 1 gemäß Haupt- bzw. Hilfsantrag und einem gemäß
Hauptantrag weiteren nebengeordneten Patentanspruch 7 wird auf die Akten ver-
wiesen.
Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, für gattungsgemäße Strahlheizkör-
per eine Temperaturerfassungseinrichtung zu schaffen, die besonders einfach und
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tenden Beschreibung).
Die Einsprechende ist der Ansicht, dass das kennzeichnende Merkmal des nach
Haupt- und Hilfsantrag geltenden Patentanspruchs 5 die Temperaturerfassungs-
einrichtung gemäß dem Oberbegriff nicht weiterbilde, sondern nur eine bestimmte
Einbausituation betreffe. Der Oberbegriff jedoch sei im Blick auf die aus der Pa-
tentschrift nur ungenaue gegenseitige Abgrenzung der Begriffe „gebildet ist..“ und
„getragen ist..“ durch den selbsttragenden Temperatursensor gemäß
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Die Pateninhaberin ist der Auffassung, dass die einander nebengeordneten Pa-
tentansprüche weder vom Stand der Technik vorweggenommen noch durch die-
sen nahegelegt seien; dies gelte insbesondere für den Patentanspruch 5.
Denn ausgehend von der voll funktionsfähigen Temperaturerfassungseinrichtung
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zweiteilige Anordnung überzugehen, bei der das elektrisch aktive Element des
Temperatursensors von dem Sensorelement getragen werde.
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Fachmann jeder Anlass oder Anregung, den dort als Stabregler mit angebauter
Steuerung ausgebildeten Temperatursensor an der darüberliegenden Sensor-
schleife zu befestigen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Der Einspruch hat Erfolg
1. Zum Einspruchsverfahren
Gemäß der Zuständigkeitsregelung in § 147 Abs. 3 PatG in der Fassung vom
9. Dezember 2004 liegt die Entscheidungsbefugnis über den unstreitig zulässigen,
am 30. Juni 2006, d. h. vor der Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG noch anhängi-
gen, Einspruch bei dem hierfür zuständigen 19. Senat (Technischer Beschwerde-
senat) des Bundespatentgerichts. Dieser hatte aufgrund mündlicher Verhandlung
zu entscheiden.
Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.
Als für die Beurteilung der Lehre des Streitpatents und des Standes der Technik
zuständiger Fachmann ist hier ein Diplom-Ingenieur (FH) der Elektrotechnik mit
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Berufserfahrungen in der Entwicklung und dem Betrieb von Kochplatten mit
Strahlheizkörpern anzusehen, der hinsichtlich der im Patentanspruch 7 nach
Hauptantrag beanspruchten speziellen Temperaturerfassung über Impulslaufzei-
ten von einem Diplom-Physiker (Univ.) mit Erfahrungen bei Temperaturmesssys-
temen beraten wird.
2. Zur Patentfähigkeit
Der Gegenstand gemäß des Patentanspruchs 5 nach Haupt- und Hilfsantrag be-
ruht auf keiner erfinderischen Tätigkeit.
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elektrischen Strahlungsheizkörper 11 bekannt (Anspr. 15, Fig. 1 und 2), dem ein
aktiver Sensor 30 zur Erfassung der Positionierung eines Kochgefäßes 51, 51a
auf einer den Strahlheizkörper 11 überdeckenden Kochplatte 12, insbesondere ei-
ner Glaskeramikplatte, zugeordnet ist (Sp. 4 Z. 10 bis 59 und Sp. 8 Z 19 bis 43),
wobei der Sensor 30 Teil einer Steuerung 31 ist und mindestens eine Sensor-
schleife 30 mit elektrisch leitfähigem Material aufweist (Sp. 4 Z. 60 bis Sp. 5 Z. 5
und Sp. 5 Z. 27 bis 55), die im Bereich wenigstens einer von elektrischen Strah-
lungsheizelementen 21, 22 beheizbaren Heizzone 18, 19 angeordnet ist (Fig. 1
und 2 i. V. m. Sp. 4 Z. 29 bis 43 sowie Anspr. 1).
Die bekannte Temperaturerfassungseinrichtung weist auch einen Temperatursig-
nale abgebenden Temperatursensor 24, 26 auf, wobei ein elektrisch aktives Ele-
ment 26 (dort der auf Kontakte einwirkende Temperaturfühler) des Temperatur-
sensors 24, 26 vorgesehen ist (Sp. 4 Z. 49 bis 55). Das elektrisch aktive Ele-
ment 26 des Temperatursensors 24, 26 ist auch oberhalb der Strahlheizele-
mente 21, 22 gehalten (Fig. 2 und Anspr. 15).
Die Sensorschleife 30 ist mit Teilabschnitten in Vertiefungen des Isolierkörper-Au-
ßenrandes und auf einer Zwischenwand 20 abgestützt (Sp. 4 Z. 13 bis 32 und
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Sp. 6 Z. 13 bis 24), während der Temperatursensor durch radiale Öffnungen im
Außenrand bzw. in der Zwischenwand hindurchgesteckt ist.
Die im kennzeichnenden Teil angegebenen Merkmale betreffen lediglich die Ein-
bausituation der anspruchsgemäßen Temperaturerfassungseinrichtung und ge-
stalten sie selbst jedoch nicht aus. Sie müssen daher unberücksichtigt bleiben.
Der Gegenstand gemäß dem geltenden Patentanspruch 5 unterscheidet sich
demnach von diesem Stand der Technik dadurch, dass
a) die Sensorschleife mindestens einen Teilabschnitt aufweist, der
funktionaler Bestandteil des Temperatursensors ist,
b) dass das elektrisch aktive Element von dem mindestens einen Teilab-
schnitt als Träger getragen ist, und zwar
c) mit Abstand von dem Isolierrand der Heizzone.
Dieser Unterschied kann aber nicht patentbegründend sein.
Die Aufgabe, für gattungsgemäße Strahlheizkörper eine Temperaturerfassungs-
einrichtung zu schaffen, die besonders einfach und kostengünstig herstellbar ist,
stellt sich dem Fachmann in der Praxis regelmäßig von selbst. Denn Fertigungs-
zeit und -kosten bestimmen den Preis eines Produkts wesentlich und müssen bei
der Weiterentwicklung bekannter Produkte schon aus Wettbewerbsgründen vom
Fachmann beachtet werden.
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heizkörper ist erkennbar aufwendig aufgrund der erforderlichen zwei getrennten
Montagevorgänge für den Temperatursensor
24,
26 bzw. für die Sensor-
schleife 30. Denn der Temperatursensor muss radial durch Öffnungen im Isolier-
rand 17 und in der Zwischenwand 20 eingeführt und mittels einer am Boden des
Blechtellers 13 verschraubten Lasche fixiert werden (Fig. 2 i. V. m. Sp. 4 Z. 55
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bis 59). Die selbsttragende, formstabile Sensorschleife 30 wird dagegen von oben
in Ausnehmungen des Außenrandes und der Zwischenwand eingelegt (Sp. 3
Z. 29 bis 37, Sp. 6 Z. 13 bis 24).
Da es zu den Grundprinzipien montagefreundlicher Konstruktionen gehört, Bau-
teile zu Baugruppen zusammenzufassen und mit einem einzigen Montageschritt
einzubauen, wird der Fachmann bei dem bekannten Strahlungsheizkörper in Be-
tracht ziehen, Temperatur- und Topferkennungssensor als Baugruppe zusam-
menzufassen, die mit einem einzigen Montageschritt montierbar ist.
Um das Auflegen der Sensorspule 30 auf den bereits mit Heizelementen 21, 22
versehenen Heizkörper 11 als einfachen Montageschritt beibehalten zu können,
wird er dabei als erstes in Betracht ziehen, auch den Temperatursensor 24, 26
von oben montieren zu können.
Dies ist möglich, wenn im Außenrand 17 und in der Zwischenwand 20 anstelle von
radial offenen Durchgangslöchern nach oben offene Ausnehmungen vorhanden
sind, wie sie bereits an den Auflagepunkten der Sensorspule 30 vorhanden sind.
Der Fachmann braucht dann nur noch den Temperatursensor 24, 26 unterhalb der
Sensorspule 30 an dieser als Träger zu befestigen, und verwirklicht damit das
Unterschiedsmerkmal b).
Hiervon ist der Fachmann auch nicht dadurch abgehalten, dass der bekannte
Temperatursensor 24, 26 von den Abmessungen her größer ist als die Sensor-
spule 30; denn diese ist als sehr stabil bis in hohe Temperaturbereiche hinein
ausgebildet (Sp. 5 Z. 27 bis 55), so dass sie sich als Träger für den Temperatur-
sensor unmittelbar anbietet.
Da die Teilabschnitte der Sensorspule 30, an denen die Befestigungen für den
Temperatursensor 24, 26 angebracht sind, dadurch im Sinne des Streitpatentes
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funktionaler Bestandteil des Temperatursensors werden, ist bei einer solchen
Baugruppe auch Unterschiedsmerkmal a) mitwirklicht.
Für die Anordnung der Befestigungen des Temperatursensors an der Sensorspule
bieten sich dem Fachmann die einzige Kreuzungsstelle des elektrisch aktiven
Elements 26 mit der Sensorschleife 30 und die beiden dem freien Ende des Ele-
ments benachbarten, auf dieses zu verlaufenden Bereiche der Sensorspule 30 an
(vgl. Draufsicht Fig. 2). Denn dort können die beiden Teile mit geringstem Materi-
alaufwand auf kürzestem Wege und unter Vermeidung unnötiger Abschattungen
der Strahlheizkörper miteinander verbunden werden.
Diese beiden Bereiche liegen jeweils radial innerhalb der Zwischenwand, und da-
mit - in Übereinstimmung mit Unterschiedsmerkmal c) - mit Abstand von dem Iso-
lierrand der Heizzone 18.
Eine derartige montagevereinfachende Veränderung der aus der
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1 und
2) bekannten Temperaturerfassungseinrichtung
gehört zum üblichen fachmännischen Handeln und bedarf keines erfinderischen
Tuns des Fachmanns.
Mit dem Patentanspruch 5 nach Haupt- bzw. Hilfsantrag fallen auch die diesem je-
weils nebengeordneten weiteren Patentansprüche, da ein Patent nur so aufrecht-
erhalten werden kann, wie es beantragt ist (BGH GRUR 1997, 120 - „Elektrisches
Speicherheizgerät“).
gez.
Unterschriften