Urteil des BPatG vom 10.02.2004

BPatG (marke, beschreibende angabe, buchstabe, sicherheit, verkehr, verwendung, unterscheidungskraft, beschwerde, bezeichnung, eigenschaft)

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 251/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 398 69 750.7
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 10. Februar 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Winkler sowie der Richterinnen Pagenberg und Dr. Hock
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der
Markenstelle für Klasse 19 des Patentamts vom 7. Juli 1999 und
22. Mai 2002 aufgehoben.
G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 3. Dezember 1998 die Wortmarke
Portal-S
für
„Türen, Zargen und Türelemente (nicht aus Metall)“
zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 19 hat die Anmeldung durch Erstprüferbeschluß vom
7. Juli 1999 gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen und diese Entschei-
dung im Erinnerungsbeschluß vom 22. Mai 2002 bestätigt. Zur Begründung wurde
ausgeführt, daß der Begriff „Portal“ die Art der beanspruchten Waren bezeichne.
Die daran angefügte Abkürzung „S“ werde im Zusammenhang mit den bean-
spruchten Waren von einem Großteil der angesprochenen Verkehrskreise als Ab-
kürzung für „Sicherheit, Schutz“ und damit als Hinweis auf den hohen Sicherheits-
standard der bezeichneten Produkte verstanden. Gerade auf diesem Warengebiet
werde die Ware nach ihrer Funktion oder einer besonderen Eigenschaft bezeich-
net. Die Marke beschreibe somit eine wesensbestimmende Eigenschaft der Ware.
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Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben und beantragt,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Sie hat vorgetragen, daß die Verwendung des Buchstabens „S“ im Zusammen-
hang mit den hier angemeldeten Waren als Hinweis auf „Sicherheit“ nicht ge-
bräuchlich sei. Die Schutzfähigkeit der Marke ergebe sich aber auch aus deren
Gesamtheit. Selbst wenn „S“ mit „Sicherheit, Schutz“ gleichgestellt werden könne,
wäre die angemeldete Marke als „Portalsicherheit“ bzw „Portalschutz“ zu lesen.
Um einen Sinngehalt der Marke erkennen zu können, sei daher noch eine Um-
stellung der beiden Markenbestandteile erforderlich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die Beschwerde ist begründet.
Der Senat hält die angemeldete Wortmarke - entgegen der Beurteilung der Mar-
kenstelle - für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Ihrer Eintra-
gung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG stehen daher keine absoluten Schutzhin-
dernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.
1.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewoh-
nenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der
Marke erfaßten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unter-
nehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzule-
gen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses
Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH GRUR 2002, 540
- OMEPRAZOK; GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Dies gilt insbesondere deshalb,
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weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt,
wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise un-
terzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren im
Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und
handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder
einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer ent-
sprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt
dafür, daß ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungs-
kraft fehlt (stRspr BGH aaO - Cityservice).
Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze der jüngeren Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs nach dem Erlaß der Entscheidung des Europäischen Ge-
richtshofs „Farbe Orange“ (MarkenR 2003, 227 ff) in Zukunft in vollem Umfang
weiter aufrechterhalten werden können. Die angemeldete Marke ist jedenfalls
auch unter Berücksichtigung der möglicherweise etwas strengeren Maßstäbe des
Europäischen Gerichtshofs schutzfähig.
Das angemeldete Zeichen ist aus den zwei Bestandteilen „Portal“ und „S“ verbun-
den durch einen Bindestrich gebildet. „Portal“ ist den hier angesprochenen Ver-
kehrskreisen - neben Fachkreisen auch dem allgemeinen Publikum - ohne weite-
res geläufig.
Der Buchstabe „S“ als Einzelbuchstabe ist nach der ausdrücklichen Bestimmung
der insoweit mit Art 2 MarkenRL übereinstimmenden Vorschrift des § 3 Abs 1
MarkenG abstrakt markenfähig (stRspr BGH WRP 2001, 33 - Buchstabe „K“;
BlPMZ 2003, 183 - Buchstabe „Z“). Eine Verneinung der Unterscheidungskraft
setzt auch bei Einzelbuchstaben tatsächliche Feststellungen voraus, aus denen
sich ergibt, daß der Verkehr den Buchstaben für bestimmte Waren nicht als Her-
kunftsbezeichnung versteht (BGH aaO - Buchstabe“K“; Buchstabe „Z“). „S“ ist als
Abkürzung für verschiedenste Begriffe u.a. „Sonderklasse“, „symmetrisch“, „Ser-
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vice“ aber auch „Security“ bzw „Sicherheit“, „Schutz“ aufgeführt (vgl Lanze, Das
Abkürzungsbuch für den Ingenieur 1980, S 268; Lichtenstern Lexikon der Abkür-
zungen, 1974, S 150; Wennrich, Anglo-amerikanische und deutsche Abkürzungen
in Wissenschaft und Technik, 1980, S 507; Duden, Wörterbuch der Abkürzungen,
1999, S 268; Koblischke, Lexikon der Abkürzungen, 1994, S 402). Weder die Mar-
kenstelle noch der Senat konnten im Rahmen ihrer Recherchen jedoch feststellen,
daß auf dem hier einschlägigen Warengebiet der Türen der Buchstabe „S“ nach
derzeitigem Sachstand als gebräuchliche spezielle Abkürzung für „Sicherheit“ oder
für einen anderen Begriff verstanden wird.
Selbst für den Fall, daß ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise das ange-
meldete Gesamtzeichen im Sinne von „Portalsicherheit“ deuten wird, läßt sich kein
ausreichend eindeutiger Zusammenhang zu den angemeldeten Waren herstellen.
Es bedarf entsprechender anaylisierender Zwischenschritte im Sinne einer Um-
stellung der angemeldeten Markenwörter um dem angemeldeten Zeichen den In-
halt zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin „Sicherheitstüren“ bzw „Türen mit
besonders hohen Sicherheitsstandards“ anbietet.
Insgesamt fehlt es daher an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß die ange-
sprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke im Sinne einer schlagwortarti-
gen Aussage über eine bestimmte Eigenschaft oder ein sonstiges Merkmal der
damit gekennzeichneten Waren werten, nicht aber als Kennzeichnungsmittel ver-
stehen werden.
2.
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Mar-
ken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua
zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeich-
nung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist
davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine
Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach
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den Umständen erfolgen wird (BGH Mitt 2001, 366 - Test it; 1202 - Gute Zeiten -
Schlechte Zeiten).
Solche Umstände werden durch die angemeldete Marke „Portal-S“ nicht klar und
eindeutig verständlich genannt. Eine Verwendung der Gesamtbezeichnung als
beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren konnte
der Senat nicht nachweisen. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sach-
angabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis ist daher insoweit nicht ausgegangen
worden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zu-
sammenhang mit den beanspruchten Waren in Zukunft eine Verwendung der an-
gemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.
Winkler Pagenberg Dr.
Hock
Cl