Urteil des BPatG vom 14.11.2001

BPatG (marke, spirituosen, klasse, verwechslungsgefahr, kennzeichnungskraft, eugh, beschwerde, gesamteindruck, gefahr, ware)

BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 207/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 152
10.99
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betreffend die Marke 395 20 454.2
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter
Mitwirkung der Richter Kraft und Reker sowie der Richterin Eder in der Sitzung
vom 14. November 2001
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die für die Waren und Dienstleistungen
"Klasse 33: Weine, Spirituosen und Liköre; alkoholische Präparate
für die Zubereitung von Getränken; alkoholische
Milchmischgetränke; Cocktails und Aperitifs auf Spiri-
tuosen- oder Weingrundlage; weinhaltige Getränke;
Klasse
25: Turn- und Sportbekleidungsstücke, einschließlich
Turn- und Sportschuhe und Kopfbedeckungen;
Klasse 39: Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, Veranstal-
tung von Stadtbesichtigungen, Reisebegleitung"
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eingetragene Marke 395 20 454.2
siehe Abb. 1 am Ende
ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 2 102 391
"Ballermann"
die für die Ware "Spirituosen" eingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
Beschluss vom 13. Oktober 1999 auf den Widerspruch hin die teilweise Löschung
der Marke 395 20 454.2 für die Waren "Weine, Spirituosen und Liköre; alkoholi-
sche Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Milchmischge-
tränke; Cocktails und Aperitifs auf Spirituosen- oder Weingrundlage; weinhaltige
Getränke" angeordnet und den Widerspruch im übrigen zurückgewiesen. Die da-
gegen gerichtete Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke ist erfolglos
geblieben. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, zwischen den Marken
bestehe eine klangliche und begriffliche Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2
MarkenG, soweit die erforderliche Ähnlichkeit der Waren gegeben sei. Für einen
rechtlich beachtlichen Teil des deutschen Verkehrs, dem der auf die Insel Mallorca
bezogene Sinngehalt der angegriffenen Marke nicht bekannt sei, besitze das
deutsche Wort "BALLERMANN" innerhalb der Gesamtmarke eine selbständig
kennzeichnende Stellung und eine den Gesamteindruck der Marke prägende Be-
deutung iSd aktuellen Rechtsprechung des EuGH und des BGH, weil es in optisch
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hervorgehobener Weise an erster Stelle stehe und gegenüber dem spanischspra-
chigen Wort "BALNEARIO" leichter merk- und aussprechbar sei. Eine Verwechs-
lungsgefahr bestehe auch dann, wenn zu Gunsten der Markeninhaberin unterstellt
werde, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auf Grund von be-
nutzten Drittmarken mit dem Bestandteil "Ballermann" gemindert sei.
Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde, die sie innerhalb
der von ihr erbetenen Frist nicht begründet hat. Auch der Widersprechende hat
sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zwischen der Marke 395 20 454.2 und
der älteren Marke 2 102 391 besteht in dem von der Markenstelle festgestellten
Umfang die Gefahr von Verwechslungen iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände
des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 – Sabèl/Puma). Dabei
besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren,
insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekenn-
zeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke.
Insbesondere kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen
höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt
(EuGH GRUR 1998, 922, 923 – Canon).
Zu den Faktoren, die das Verhältnis der Waren kennzeichnen, zählen insbeson-
dere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als mitein-
ander konkurrierende oder einander ergänzende Waren (EuGH aaO – Canon). Im
vorliegenden Fall handelt es sich bei den Waren der Klasse 33, für die die ange-
griffene Marke eingetragen ist, sowie bei der Ware "Spirituosen" der Wider-
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spruchsmarke jeweils um alkoholhaltige Getränke bzw. um alkoholische Präparate
zu deren Zubereitung. Soweit nicht bereits eine Identität der Waren besteht, wer-
den die von der Markeninhaberin beanspruchten Waren in der Regel von den glei-
chen Unternehmen hergestellt und angeboten wie die Spirituosen, für die die Wi-
derspruchsmarke Schutz genießt. Auch ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung
als Genussmittel sind identisch. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass selbst
der Abstand zwischen den Waren "Wein" und "Mineralwasser" nicht als besonders
groß einzustufen ist (BGH BlPMZ 2001, 213, 214 – EVIAN/REVIAN), ist auch bei
den hier maßgeblichen beiderseitigen Waren von einer mindestens durchschnittli-
chen Ähnlichkeit auszugehen.
Auch für die Annahme einer entscheidungserheblichen Schwächung der Wider-
spruchsmarke bzw. des Wortes "BALLERMANN" in der angegriffenen Marke fehlt
es an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Wie der BGH in der gleichna-
migen Streitsache (GRUR 2000, 1028, 1029) festgestellt hat, besitzt der Begriff
"Ballermann" von Haus aus in Ermangelung eines alkoholische Getränke be-
schreibenden Begriffsinhalts für diese Ware eine normale Kennzeichnungskraft.
Zwar kann eine normal kennzeichnungskräftige Bezeichnung nachträglich in Folge
einer Benutzung durch Dritte geschwächt werden. Über den Umfang der Benut-
zung des Wortes "Ballermann" für alkoholhaltige Getränke durch Konkurrenten
des Widersprechenden ist jedoch mangels eines entsprechenden Sachvortrags
der Markeninhaberin nichts bekannt. Lediglich eingetragene Drittmarken, deren
Benutzung nicht feststeht, sind nicht geeignet, die Kennzeichnungskraft einer
Marke im Verkehr zu schwächen. Sie können zwar als Indiz für einen von Haus
aus bestehenden Originalitätsmangel gewertet werden (BGH GRUR 1999, 241,
243 – Lions). Allerdings erfordert eine solche Annahme eine erhebliche Zahl im
engsten Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarke liegender Drittmarken auf
dem gleichen oder eng benachbarten Warengebieten (BGH aaO- Lions; GRUR
1967, 246, 250 – Vitapur), die im vorliegenden Fall nicht feststellbar sind. Von den
insgesamt 55 im nationalen Markenregister eingetragenen Marken mit dem Wort-
bestandteil "Ballermann" sind lediglich elf für alkoholische Getränke und weitere
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sechs für das benachbarte Warengebiet der Biere und alkoholfreien Getränke ge-
schützt. Diese Zahl reicht nach Überzeugung des Senats noch nicht aus, um eine
Originalitätsschwäche dieser Bezeichnung nachzuweisen.
Aber selbst dann, wenn zu Gunsten der Markeninhaberin eine – allerdings allen-
falls geringe – Schwäche des Wortes "Ballermann" unterstellt wird, besteht wegen
der Identität bzw. mindestens durchschnittlichen Ähnlichkeit der Waren zwischen
den Marken die Gefahr klanglicher Verwechslungen.
Bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist auf den jewei-
ligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Marken abzustellen (EuGH
aaO – Sabèl/Puma). Der genannte Grundsatz beruht auf der Erwägung, dass der
markenrechtliche Schutz von der eingetragenen Gestaltung der Marke auszuge-
hen hat und eine Ähnlichkeit der Marke mit einem angegriffenen Zeichen nur in
Bezug auf die konkrete Form, in der dieses verwendet wird, festgestellt werden
kann. Das schließt aber nicht aus, dass einem einzelnen Markenbestandteil eine
besondere, die gesamte Marke prägende Kennzeichnungskraft beizumessen ist
und deshalb bei Übereinstimmung von Marken in dem jeweils prägenden Be-
standteil die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtbezeichnungen zu
bejahen ist (BGH Mitt. 2000, 65 f. – RAUSCH/ELFI RAUCH).
Die angegriffene Marke wird, wie der BGH (aaO – Ballermann) bereits ausdrück-
lich festgestellt hat, unter Berücksichtigung des Erfahrungssatzes, dass mehrtei-
lige Wortzusammenstellungen schon aus Gründen der Bequemlichkeit und ange-
sichts der besseren Merkbarkeit vom angesprochenen Verkehr gerne abgekürzt
werden, von dem Wort "BALLERMANN" geprägt, weil der deutsche Verkehr den
weiteren Markenbestandteil "BALNEARIO 6" wegen seiner fehlenden Geläufigkeit
und der ihm eigenen Fremdheit im deutschen Sprachgebiet eher weniger beach-
ten wird. Angesichts der klanglichen Identität des den Gesamteindruck der ange-
griffenen Marke prägenden Wortes "BALLERMANN" mit der Widerspruchsmarke
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besteht eine erhebliche Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken, so dass
die Beschwerde der Markeninhaberin erfolglos bleiben musste.
Gründe dafür, einem Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens
aus Gründen der Billigkeit aufzuerlegen (§ 71 Abs 1 S 1 MarkenG), liegen nicht
vor.
Kraft Eder
Reker
prö
Abb. 1