Urteil des BPatG vom 20.09.2000

BPatG: patent, marke, prüfer, vertretung, vertreter, mangel, rückzahlung, amt, billigkeit, käse

BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 207/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 398 67 817.0
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 20. September 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schramm
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für
Klasse
29 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
22. Mai 2000 aufgehoben.
Die Sache wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurück-
verwiesen.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
G r ü n d e
I.
Angemeldet für Waren der Klassen 29 und 30 ist die Marke 398 67 817.0
Käseschnecke
Die Markenstelle hat durch Beschluß vom 22. Mai 2000 die Erinnerung der An-
melderin teilweise zurückgewiesen, in dem sie die Eintragung für die Waren "Käse
und Käsezubereitungen" versagt hat. Der Beschluß endet wie folgt:
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Die Markeninhaberin hat Beschwerde erhoben und beantragt,
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuhe-
ben und die Marke zur Eintragung zuzulassen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist nach §§ 66, 107 MarkenG statthaft, weil sie
sich gegen eine mit "Beschluß" überschriebene Entscheidung einer Markenstelle
des Deutschen Patent - und Markenamts richtet, die zum Nachteil der Anmelderin
ergangen ist. Sie hat auch in der Sache Erfolg, weil das Verfahren vor dem Amt an
einem wesentlichen Mangel leidet (§ 70 Abs 3 Nr 2 MarkenG).
Der 30. wie auch der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenate) des Bundespatent-
gerichtes waren in mehreren Verfahren (30 W (pat) 157/96; 24 W (pat) 125/97;
30 W (pat) 193/97) mit gleichgelagerten Fällen befaßt. Dort ging es ebenfalls um
eine mit "Beschluß" überschriebene Entscheidung einer Markenstelle, die zum
Nachteil der Beschwerdeführer ergangen war und am Ende oberhalb des maschi-
nenschriftlich angegebenen Verfasser die Unterschrift einer anderen Person mit
dem Zusatz "i.V." enthielt.
Mit den oben genannten Entscheidungen haben die Senate die entsprechenden
Beschlüsse der Markenstellen aufgehoben und die Sache an das Deutsche Pa-
tentamt zurückverwiesen. Zur Begründung heißt es im Beschluß des 30. Senats
vom 3. Februar 1998 (30 W (pat) 193/97):
"...der Beschluß ist im Rechtssinne nicht unterschrieben. Beschlüsse des Deut-
schen Patentamts sind schriftlich auszufertigen (§ 61 Abs 1 Satz 1 MarkenG).
Dies beinhaltet notwendigerweise, daß sie auch unterschrieben werden müssen
(vgl Benkard/Schäfers, PatG und GmbG, 9. Aufl, PatG § 47 Rdn 5). Dem Unter-
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schriftserfordernis ist nur dann genügt, wenn der Unterzeichner durch seine Un-
terschrift erkennen läßt, daß er auch die Verantwortung für den Inhalt der Ent-
scheidung übernimmt. Das ist hier nicht der Fall, weil nicht deutlich wird, welcher
Prüfer des Patentamtes die Entscheidung getroffen hat. Der maschinenschriftlich
angegebene Verfasser (Regierungsrat z. A. Siering) hat ersichtlich den Beschluß
nicht unterzeichnet. Die Unterschrift des Unterzeichnenden kann wegen des Zu-
satzes "i.V." nicht als ordnungsgemäße Unterschrift angesehen werden. Durch
diesen Zusatz wird nämlich in allgemein üblicher Weise zum Ausdruck gebracht,
daß die Unterschrift nur vertretungsweise, also für einen Fremden abgegeben
werden soll. Bei der Beschlußfassung einer Markenstelle ist jedoch kein Raum für
ein Vertretungs- oder Auftragsverhältnis. Die hier zuständige Markenstelle hat ein
Prüfer wahrzunehmen (§ 56 Abs 2 MarkenG). Dieser ist allein und eigenverant-
wortlich für die Entscheidung zuständig. Ist er verhindert, den Beschluß, der bis
zur Unterschrift stets nur ein Entwurf ist, zu unterschreiben, so kann dieser von
seinem Vertreter im Amt nur eigenverantwortlich unterzeichnet werden. Der hier
gewählte Zusatz "i.V." läßt dies nicht erkennen, sondern deutet nach allgemeinen
Regeln zur Vertretung (vgl § 164 Abs 1 BGB) wie auch möglicherweise nach dem
Willen des Unterzeichnenden darauf hin, daß er keine eigene Entscheidung tref-
fen, sondern nur eine verwaltungsmäßige Fortführung des Verfahrens herbeifüh-
ren wollte. Ebenso wie bei Urteilen kann aber auch bei den Beschlüssen der Mar-
kenstelle nicht ein Vertreter für jemand anderen unterschreiben. § 315 Abs 1
Satz 2 ZPO ermöglicht es nur bei Kollegialgerichten, die Unterschrift eines ver-
hinderten Richters entfallen zu lassen und durch einen entsprechenden Vermerk
des Vorsitzenden bzw des ältesten Beisitzers zu ersetzen, wobei auch dann des-
sen Unterschrift nur den anzugebenden Verhinderungsgrund bestätigt und nicht
etwa für den verhinderten Richter (im Sinn einer gesetzlichen Vertretung) unter-
zeichnet wird.
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Da somit nicht feststeht, welche Person die Entscheidung im Rechtssinn erlassen
hat, leidet der Beschluß an einem wesentlichen Mangel, so daß er aufzuheben ist
und die Sache an das Deutsche Patentamt zurückverwiesen werden muß."
Diesen Überlegungen schließt sich der erkennende Senat für den vorliegenden
Fall an.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist anzuordnen, da dies angesichts des
aufgezeigten Verfahrensfehlers der Billigkeit entspricht (§ 71 Abs 3 MarkenG).
Schramm
prö