Urteil des BPatG vom 11.10.2001

BPatG (stand der technik, gegenstand, abstand, gebrauchsmuster, stand, technik, entnahme, fachmann, beschwerde, umfang)

BUNDESPATENTGERICHT
5 W (pat) 445/00
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
11. Oktober 2001
B E S C H L U S S
In Sachen
BPatG 154
6.70
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betreffend das Gebrauchsmuster 92 17 562
hier: Löschungsantrag
hat der 5. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2001 unter Mitwirkung des Vor-
sitzenden Richters Goebel sowie der Richter Dipl.-Ing.
Küstner und
Dipl.-Ing. Winklharrer
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß
des Deutschen Patent- und Markenamts –- Gebrauchsmus-
terabteilung I - vom 31. Juli 2000 aufgehoben.
Das Gebrauchsmuster 92 17 562 wird gelöscht, soweit es
über den Schutzanspruch 1 in der Fassung vom 11. Okto-
ber 2001 und die hierauf bezogenen Schutzansprüche 2 bis
13 in der Fassung des 1. Hilfsantrags vom 31. Juli 2000 hin-
ausgeht.
- 3 -
Im übrigen werden der Löschungsantrag und die Be-
schwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug werden ge-
teilt, die Kosten des Verfahrens im zweiten Rechtszug tragen
die Antragstellerin zu 5/6 und die Antragsgegner zu 1/6.
G r ü n d e
I
Die Antragsgegner sind Inhaber des am 22. Dezember 1992 beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt angemeldeten und am 1. Juli 1993 mit der Bezeichnung
Fahrradhaus zur Unterbringung von Fahrrädern
in die Rolle eingetragenen Gebrauchsmusters 92 17 562. Die Schutzdauer ist
verlängert.
Die mit der Anmeldung des Gebrauchsmusters eingereichten und der Eintragung
zugrundeliegenden Schutzansprüche 1 bis 14 lauten:
1. Fahrradhaus zur Unterbringung von Fahrrädern, da-
durch gekennzeichnet, daß die Fahrräder (1) an einer
um die vertikale Achse (2) (Drehspindel) drehbaren
Haltevorrichtung (3) mittels Haltemitteln (4) in Umfang-
richtung nebeneinander lösbar gehalten sind.
- 4 -
2. Fahrradhaus
nach
Absatz 1, dadurch gekennzeichnet,
daß die Haltevorrichtung (3) mit den Haltemitteln (4)
durch am oberen Ende der vertikalen Achse (2) ange-
brachte, sich in radialer Richtung erstreckende Halte-
arme (5) gehalten werden.
3. Fahrradhaus
nach
Absatz 2, dadurch gekennzeichnet,
daß die Haltevorrichtung (3) zwölf Haken als Haltemit-
tel (4) zum Einhängen eines Rades des betreffenden
Fahrrades (1) aufweist.
4. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß die Haltemit-
tel (4) unabhängig voneinander höhenverstellbar sind.
5. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß Sicherungsmit-
tel (6) vorgesehen sind, mit denen die Fahrräder (1)
unabhängig lösbar mit der vertikalen Achse (2) verbun-
den werden können.
6. Fahrradhaus
nach
Absatz 5, dadurch gekennzeichnet,
daß die Sicherungsmittel (6) als sich radial von der ver-
tikalen Achse (2) erstreckende Arme ausgebildet sind.
7. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß in der Wand
des Fahrradhauses eine Doppeltür (7) vorgesehen ist,
die verschließbar ausgeführt sein kann.
- 5 -
8. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß eine Aufnahme
von 12 Fahrrädern (1) möglich ist.
9. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß höhenverstell-
bare Stützfüße (8) zum Erreichen eines geraden Stan-
des auf unebenem Boden vorgesehen sind, mit denen
der Grundrahmen (10) ausnivelliert wird.
10. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß die Halte-
arme (5) nach Abs. 2 ein Drehen der Haltevorrich-
tung
(3) mit den Haltemitteln
(4) um die vertikale
Achse (2) in den Türbereich (7) ermöglichen.
11. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß an der vertika-
len Achse (2) Abstandshalter (9) so angebracht sind,
daß die Fahrräder (1) in Umfangsrichtung abwechselnd
jeweils einen größeren bzw. kleineren Abstand zur
Drehachse einnehmen.
12. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß es einen im we-
sentlichen runden Grundriß besitzt.
13. Fahrradhaus nach Absatz 12, dadurch gekennzeichnet,
daß der Grundriß durch eine 12 - eckige Form gebildet
wird.
- 6 -
14. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß es eine im we-
sentlichen wettersichere Ausführung darstellt.
Die Antragstellerin hat am 4. September 1999 beim Patentamt Antrag auf Lö-
schung des Gebrauchsmusters gestellt, da der Gegenstand der Schutzansprüche
im Hinblick auf den Stand der Technik nach einem vorbenutzten Fahrradhaus
nicht schutzfähig sei. Das vorbenutzte Fahrradhaus beruhe auf einen Entwurf des
Architekten S… und sei von ihr Mitte der 80er Jahre gebaut und ver-
kauft worden. Ein entsprechendes Fahrradhaus sei ua in H… im
Jahre 1985 aufgestellt worden. Nachdem S… seine Entwicklung an die
Antragstellerin übertragen habe, hätten die Antragsgegner sie mit der Anmeldung
widerrechtlich entnommen.
Die Antragsgegner haben dem Löschungsantrag widersprochen. Später haben sie
das Gebrauchsmuster in beschränktem Umfang und sodann hilfsweise mit zwei
weiter eingeschränkten Anspruchsfassungen verteidigt. Die Schutzansprüche 1
bis 13 des ersten Hilfsantrags (vom 31. Juli 2000) lauten:
1.
Fahrradhaus zur Unterbringung von Fahrrädern, wobei
die Fahrräder (1) an einer um die vertikale Achse (2)
(Drehspindel) drehbaren Haltevorrichtung (3) mittels
Haltemitteln (4) in Umfangsrichtung nebeneinander lös-
bar gehalten sind, dadurch gekennzeichnet, daß an der
vertikalen Achse (2) Abstandshalter (9) so angebracht
sind, daß die Fahrräder (1) in Umfangsrichtung ab-
wechselnd jeweils einen größeren bzw. kleineren Ab-
stand zur Drehachse einnehmen.
2. Fahrradhaus nach Anspruch 1, dadurch gekennzeich-
net, daß die Haltevorrichtung (3) mit den Haltemit-
- 7 -
teln (4) durch am oberen Ende der vertikalen Achse (2)
angebrachte, sich in radialer Richtung erstreckende
Haltearme (5) gehalten wird.
3. Fahrradhaus nach Anspruch 2, dadurch gekennzeich-
net, daß die Haltevorrichtung (3) zwölf Haken als Hal-
temittel (4) zum Einhängen eines Rades des betreffen-
den Fahrrads (1) aufweist.
4. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Halte-
mittel (4) unabhängig voneinander höhenverstellbar
sind.
5. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß Sicherungs-
mittel (6) vorgesehen sind, mit denen die Fahrräder (1)
unabhängig lösbar mit der vertikalen Achse (2) verbun-
den werden können.
6. Fahrradhaus nach Anspruch 5, dadurch gekennzeich-
net, daß die Sicherungsmittel (6) als sich radial von der
vertikalen Achse (2) erstreckende Arme ausgebildet
sind.
7. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß in der Wand
des Fahrradhauses eine Doppeltür (7) vorgesehen ist,
die verschließbar ausgeführt sein kann.
- 8 -
8. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß eine Auf-
nahme von 12 Fahrrädern (1) möglich ist.
9. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß höhenver-
stellbare Stützfüße (8) zum Erreichen eines geraden
Standes auf unebenem Boden vorgesehen sind, mit
denen der Grundrahmen (10) ausnivelliert wird.
10. Fahrradhaus nach Anspruch 2, dadurch gekennzeich-
net, daß die Haltearme (5) ein Drehen der Haltevor-
richtung (3) mit den Haltemitteln (4) um die vertikale
Achse (2) in den Türbereich (7) ermöglichen.
11. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß es einen im
wesentlichen runden Grundriß besitzt.
12. Fahrradhaus nach Anspruch 11, dadurch gekennzeich-
net, daß der Grundriß durch eine 12 - eckige Form ge-
bildet wird.
13. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen
Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß es eine im
wesentlichen wettersichere Ausführung darstellt.
Die Gebrauchsmusterabteilung I des Patentamts hat Schriften zum Stand der
Technik genannt. Sie hat am 31. Juli 2000 das Gebrauchsmuster gelöscht, soweit
es über die Schutzansprüche 1 bis 13 nach Hilfsantrag I der Antragsgegner hi-
nausgeht.
- 9 -
Die Gebrauchsmusterabteilung hat erklärt, daß der Gegenstand nach dem ersten
Hilfsantrag gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik auf einem erfin-
derischen Schritt beruhe, ohne allerdings darzutun, warum der in erster Linie ver-
teidigte Gegenstand zu löschen sei.
Gegen diesen Beschluß wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie
macht geltend, der Vortrag zur offenkundigen Vorbenutzung und zur widerrechtli-
chen Entnahme sei mit dem angefochtenen Beschluß als unsubstantiiert zurück-
gewiesen worden, ohne daß ihr Gelegenheit zur Ergänzung des Vortrags gegeben
worden sei. Zu Unrecht sei überdies der Gegenstand nach dem ersten Hilfsantrag
für schutzfähig erklärt worden.
Die Antragsgegner verteidigen das Gebrauchsmuster mit dem Schutzanspruch 1
in der der während der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2001 einge-
reichten Fassung und mit den hierauf bezogenen Schutzansprüchen 2 bis 13 in
der Fassung des Hilfsantrags 1 vom 31. Juli 2000.
Der Schutzanspruch 1 vom 11. Oktober 2001 lautet:
Fahrradhaus zur Unterbringung von Fahrrädern, wobei die
Fahrräder (1) an einer um die vertikale Achse einer Dreh-
spindel (2) drehbaren Haltevorrichtung (3) mittels Haltemit-
teln (4) in Umfangsrichtung nebeneinander lösbar gehalten
sind, dadurch gekennzeichnet, daß an der Drehspindel (2)
Abstandshalter (9) so angebracht sind, daß die Fahrräder (1)
in Umfangsrichtung abwechselnd jeweils einen größeren bzw
kleineren Abstand zur Drehspindel (2) einnehmen, derart,
daß die einen Abstandshalter (9) in unmittelbarer Nähe der
Drehspindel (2) und die anderen Abstandshalter (9) in einem
solchen Abstand zur Drehspindel (2) angeordnet sind, daß
sich die Pedale nicht verhaken.
- 10 -
Die Unteransprüche 2 bis 13 entsprechen (bei angepaßter Rückbeziehung auf den
neuen Schutzanspruch 1) den Unteransprüchen 2 bis 13 gemäß Hilfsantrag 1 vom
31. Juli 2000.
Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß)
die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Lö-
schung des Gebrauchsmusters in vollem Umfang.
Die Antragsgegner beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie treten dem Vorbringen der Antragstellerin entgegen.
II
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin beruht der angefochtene Be-
schluß zwar nicht auf einer Versagung des rechtlichen Gehörs. Soweit die
Gebrauchsmusterabteilung hinsichtlich der vorgetragenen offenkundigen Vorbe-
nutzung und in Verbindung damit auch hinsichtlich der geltend gemachten wider-
rechtlichen Entnahme mangelnde Substantiierung angenommen hat und dem
Vorbringen deshalb nicht weiter nachgegangen ist, ist der Antragstellerin zuvor
Gelegenheit zur Ergänzung ihrer Darstellung gegeben worden. In dem Prüfungs-
bescheid vom 3. Juli 2000 hat die Gebrauchsmusterabteilung nämlich in Wahr-
nehmung ihrer Aufklärungspflicht darauf hingewiesen, daß sie das Vorbringen für
unzureichend erachtet.
- 11 -
Der angefochtene Beschluß ist allerdings schon deshalb aufzuheben, weil er einer
Begründung ermangelt, warum das Gebrauchsmuster in dem in erster Linie ver-
teidigten Umfang gelöscht worden ist. Der Löschungsantrag mit den beiden gel-
tend gemachten Löschungsansprüchen ist insoweit nur im Tenor beschieden. Der
Senat sieht trotz dieses wesentlichen Verfahrensmangels (§ 79 Abs 3 Nr 2 PatG)
von einer Zurückverweisung an die Gebrauchsmusterabteilung ab, um das Verfah-
ren nicht wesentlich zu verzögern, nachdem kein neuer Tatsachenvortrag mehr
erfolgt ist.
2. Soweit das Gebrauchsmuster nicht mehr verteidigt wird, ist der Löschungsan-
trag ohne weiteres aus § 17 Abs 1 Satz 2 GebrMG begründet. Der Löschungsan-
trag ist aber im Umfang der verteidigten Fassung nicht begründet.
a) Der Hauptanspruch besteht aus einer zulässigen Zusammenfassung der
eingetragenen Ansprüche 1 und 11 und aus Merkmalen der Beschreibung und der
Zeichnung. Die Aufnahme der Merkmale des Anspruchs 11 in den Anspruch 1
führt offensichtlich zu einer Beschränkung des Gebrauchsmustergegenstandes.
Auch die aus der Beschreibung und der Zeichnung aufgenommenen Merkmale
haben beschränkenden Charakter. Denn sie sind dort als Gegenstand einer Aus-
führungsform der unter Schutz gestellten Lehre aufgeführt (vgl für das Patentrecht
BGH GRUR 1966, 312, 316 - Appetitzügler; GRUR 1991, 307, 308 - Bodenwalze).
Die Ausgestaltung der Abstandshalter sind auf S 1 (6. Abs) der Beschreibung und
in dem in den Zeichnungen dargestellten entsprechenden Ausführungsbeispiel in
Fig 3 wiedergegeben. Diese Merkmale sind für den Fachmann (hier: einen Tech-
niker des Maschinenbaus) ohne weiteres entnehmbar.
b) Der geltend gemachte Löschungsanspruch wegen mangelnder Schutzfähig-
keit (§ 15 Abs 1 Nr 1 GebrMG) ist nicht gegeben.
- 12 -
Der Gegenstand des verteidigten Schutzanspruchs 1 ist gegenüber den Gegen-
ständen der im Laufe des Verfahrens genannten Entgegenhaltungen und gegen-
über dem angeblich vorbenutzten Fahrradhaus neu (§ 3 GebrMG).
Keiner der Gegenstände nach den genannten Entgegenhaltungen
DE 40 14 158 A1,
DE 90 03 053 U1,
DE 89 08 931 U1,
DE 87 05 973 U1,
DE-GM 74 41 170, DE-GM 19 78 118, DE-GM 16 96 220, EP 0 257 494 A1,
FR 2 546 123, FR 2 503 654, und GB 255 452 weist alle Merkmale des kenn-
zeichnenden Teils des Schutzanspruchs 1 auf.
Das angeblich vorbenutzte Fahrradhaus unterscheidet sich von der Lösung nach
dem Schutzanspruch 1 ua dadurch, daß die Abstandshalter an der Drehspindel so
angebracht sind, daß die Fahrräder (1) in Umfangsrichtung nicht abwechselnd je-
weils einen größeren bzw kleineren Abstand zur Drehspindel (2) einnehmen, der-
art, daß die einen Abstandshalter (9) in unmittelbarer Nähe der Drehspindel (2)
und die anderen Abstandshalter (9) in einem solchen Abstand zur Drehspindel (2)
angeordnet sind, daß sich die Pedale nicht verhaken.
Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 beruht im Hinblick auf den berücksich-
tigten Stand der Technik auf einem erfinderischen Schritt (§ 1 GebrMG).
Das angeblich vorbenutzte Fahrradhaus nach dem Entwurf des Architekten
S… ist nach den vorgelegten Konstruktionszeichnungen (11 Blatt) vom
17. Mai 1984 dazu geeignet, 12 Fahrräder unterzubringen. Die Fahrräder sind an
einer drehbaren Haltevorrichtung, die aus mehreren Drehgriffen, zwei konzentri-
schen Ringen und diese verbindenden radialen Streben sowie Haltemitteln (Ha-
ken) bestehen, lösbar gehalten. Die Haltevorrichtung dreht dabei um die vertikale
Achse einer Drehspindel (vgl hierzu Blatt 4, 5 und 11 der Zeichnungen). Die ein-
gehängten Fahrräder hängen dabei gemäß Blatt 2 mit dem Hinterrad frei in der
Luft. Gemäß Blatt 10 scheint aber auch vorgesehen zu sein, daß die Hinterräder
der eingehängten Fahrräder an einem an der Drehspindel konzentrisch befestig-
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ten Rohr anliegen, das radial abstehende Flügel aufweist. Die Hinterräder der
Fahrräder werden dabei durch die Flügel seitlich auf Abstand zueinander gehal-
ten. Das Rohr mit den Flügeln kann somit als Abstandshalter für die Fahrräder an-
gesehen werden. Da die Hinterräder der Fahrräder dabei alle den selben relativ
kleinen Abstand zum Rohr bzw zur Drehspindel aufweisen, kann ein Verhaken der
Pedale nicht ausgeschlossen werden. Der Fachmann erhält daher keine Anregung
zu einer konstruktiven Ausgestaltung des Abstandshalters gemäß den kennzeich-
nenden Merkmalen des Schutzanspruchs 1.
Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob das angeblich vorbenutzte
Fahrradhaus vor dem Anmeldetag des Gebrauchsmusters tatsächlich der Öffent-
lichkeit zugänglich gemacht und damit Stand der Technik wurde.
Einen ähnlichen Abstandshalter 3, 4, der konzentrisch zur Drehspindel 5 angeord-
net ist, enthält auch das Fahrradhaus nach dem DE-GM 16 96 220. Auch dort lie-
gen alle Hinterräder der aufgehängten Fahrräder äquidistant zur Drehachse am
Abstandshalter an. Der Abstandshalter weist dabei einen großen radialen Abstand
zur Drehspindel auf, so daß sich infolge dieses Abstandes die Pedale der Fahrrä-
der nicht verhaken können. Das Fahrradhaus weist aber wegen der Konstruktion
der Abstandshalter einen großen Durchmesser und damit eine große Stellfläche
auf, was beim Gegenstand des Schutzanspruchs 1 vermieden werden soll. Somit
weist diese Ausführung eines Fahrradhauses den Fachmann eher von der vorlie-
genden Aufgabe und der beanspruchten Lösung weg.
Gleiches gilt für den Fahrradständer nach dem DE-GM 19 78 118. Dort ist der Ab-
standshalter durch einen mehreckigen Stützring 10 gebildet, der in einem größe-
ren Abstand zur Drehspindel 4 befestigt ist. Am Abstandshalter befinden sich
Sattelbleche 12, in die die Hinterräder der Fahrräder eingestellt werden können.
Die Sattelbleche sind dabei an den Ecken und mittig zwischen den Ecken des
mehreckigen Stützrings angeordnet. Aufgrund dieser Konstruktion weisen die
Fahrräder bzw deren Hinterräder einen größeren bzw einen geringfügig kleineren
- 14 -
Abstand zur Drehspindel auf, was aber bezüglich der Problematik des Verhakens
der Pedale benachbarter Fahrräder wegen des großen Abstands der Abstands-
halter zur Drehspindel keine Rolle spielt. Diese Konstruktion ist somit auch nicht
so ausgelegt, daß der Fahrradständer eine kleinstmögliche Stellfläche benötigt.
Somit muß der Fachmann ausgehend von diesem Gegenstand über seine fachli-
che Routine hinausgehen, um zu einer Lösung mit den Merkmalen des Schutzan-
spruchs 1 zu gelangen.
Der Fahrradständer nach dem DE 90 03 053 U1 weist unmittelbar an der Dreh-
spindel 1 befestigte Führungsschienen 5 als Abstandshalter für die Hinterräder der
eingestellten Fahrräder auf. Damit hat dieser Fahrradständer einen geringen Stell-
flächenbedarf. Wenn jedoch ausgeschlossen werden soll, daß die Pedale der
Fahrräder sich verhaken können, kann in diesen Ständer nur eine kleine Anzahl
von Fahrrädern (im Ausführungsbeispiel 8) eingestellt werden. Da das Problem
des Verhakens der Pedale in dieser Druckschrift nicht angesprochen ist, bedarf es
für den Fachmann auch hier überroutinemäßiger Bemühung um eine Lösung ge-
mäß den Merkmalen des Schutzanspruchs 1 zu finden.
Der übrige Stand der Technik liegt - wie sich aus den Ausführungen zur Neuheit
ergibt - dem verteidigten Gegenstand noch ferner, so daß er weder für sich, noch
in Kombination mit einer oder mehreren der bereits genannten Druckschriften zur
verteidigten Lehre führen kann.
c) Mit dem Gegenstand des Schutzanspruchs 1 bleiben auch die verteidigten
Unteransprüche 2 bis 13, die sich auf den Hauptanspruch rückbeziehen und
zweckmäßige Fortbildungen seines Gegenstandes darstellen, von der Löschung
verschont.
d) Auch soweit sich die Antragstellerin auf widerrechtliche Entnahme des
Gegenstandes (§ 15 Abs 2 iVm § 13 Abs 2 GebrMG) beruft, ist ein Löschungsan-
spruch nicht gegeben. Denn der wesentliche Inhalt der Eintragung ist, soweit sie
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schutzfähig ist, schon nicht der Beschreibung und den Zeichnungen zu dem Ent-
wurf S… entnommen.
Wie bereits ausgeführt wurde, ist das Fahrradhaus nach dem verteidigten Schutz-
anspruch 1 gegenüber dem angeblich vorbenutzten Fahrradhaus neu und erfinde-
risch. Nur für einen Gegenstand, der in diesen Unterlagen bereits offenbart ist,
kann aber eine widerrechtliche Entnahme in Betracht kommen. Denn die Unterla-
gen des sich auf eine widerrechtliche Entnahme Berufenden müssen den vertei-
digten Erfindungsgedanken für den Durchschnittsfachmann erkennbar enthalten
(vgl RG GRUR 40, 35, 39). Wenn die Unterlagen nur ein allgemeines Lösungs-
prinzip enthalten, ist für eine "Entnahme" ausreichend, daß das verteidigte Schutz-
recht eine vom Durchschnittsfachmann ohne weiteres erkennbare und auffindbare
konkrete Ausgestaltung betrifft (vgl BGH GRUR 1981, 186, 189 – Spinnturbine II).
Das ist nicht der Fall, wenn – wie hier – der verteidigte Gegenstand den Unterla-
gen, auf die sich der Löschungsantragsteller bezieht, nicht ohne weiteres ent-
nehmbar, sondern im Hinblick auf diese und den übrigen Stand der Technik nur
mit erfinderischem Zutun aufzufinden ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs 3 Satz 2 GebrMG iVm § 84
Abs 2 PatG und § 92 Abs 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entschei-
dung.
Goebel Winklharrer Küstner
Fa/Na