Urteil des BPatG vom 22.04.2009

BPatG: stand der technik, transport, patentanspruch, fig, form, beschränkung, bestandteil, verzicht, lebenserfahrung, kunststoff

BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
5 Ni 4/09
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
22. April 2009
In der Patentnichtigkeitssache
betreffend das Patent DE 102 42 198
- 2 -
hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 22. April 2009 durch die Richterin Schuster sowie
die Richter Dipl.-Ing. Bork, Gutermuth, Dipl.-Ing. Reinhardt und Dr.-Ing. Höchst
für Recht erkannt:
I.
Das deutsche Patent 102 42 198 wird dadurch teilweise für
nichtig erklärt, dass die Patentansprüche folgende Fassung
erhalten:
1.
Körperaufnahme für ein fahrbares Rahmengestell ei-
nes Fahrradanhängers, die mit mindestens einem Be-
festigungselement im Rahmengestell befestigt werden
kann, zum Transport von Babys in einer Liegesitzposi-
gekennzeichnet durch
seitlich an der Matte (21), insbesondere in Höhe des
Gesäßbereichs, angeordnete Wandungen, die einem
seitlichen Herausrutschen eines Körpers entgegenwir-
ken, und Gurte als seitliche, in Längsrichtung der Mat-
te (21) verlaufende Spannelemente, die an der Ober-
kante der Wandungen verlaufen, sowie mindestens ei-
nen an der Rückseite der Matte (21) im Gesäßbereich
befestigten Gurt (31, 32), wobei die Matte (21) mit den
seitlichen Gurten (22, 23) in Längsrichtung der Matte
und dem mindestens einen an der Rückseite der Mat-
te (21) befestigten Gurt (31, 32) nach hinten in die
Transportform verspannt werden kann.
2.
dadurch gekenn-
zeichnet
mit einer Polsterung versehen sind.
- 3 -
3.
dadurch
gekennzeichnet
durchlässigen Gewebe (37) ausgebildet sind.
4.
Körperaufnahme nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet
Gurte (22, 23) Befestigungselemente (24, 25, 26, 27)
angeordnet sind.
5.
Körperaufnahme nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet
nerhalb von schlauchartigen Hülsen (28, 29) verlaufen.
6.
dadurch gekenn-
zeichnet
schäumten Material bestehen.
7.
dadurch
gekennzeichnet
sen (28, 29) eingeklebt sind.
8.
Körperaufnahme nach einem der Ansprüche 5 bis 7,
dadurch gekennzeichnet
elastisch und insbesondere faltbar sind.
9.
Körperaufnahme nach einem der Ansprüche 5 bis 8,
dadurch gekennzeichnet
Längsrichtung gebogen sind und die Stützfläche in Ar-
beitsposition konkav vorgeformt ist.
10. Körperaufnahme nach einem der Ansprüche 1 bis 9,
dadurch gekennzeichnet
- 4 -
Matte (21) mit einer Polsterung versehen ist, die ge-
genüber der Stützfläche erhaben ist.
11. Körperaufnahme nach einem der Ansprüche 1 bis 10,
gekennzeichnet durch
Rückseite der Matte (21) befestigten, quer zu ihrer
Längsrichtung verlaufenden Gurt, an dessen Enden
Befestigungselemente angeordnet sind.
12. Körperaufnahme nach einem der Ansprüche 1 bis 11,
dadurch gekennzeichnet
te (22, 23, 31, 32) an mindestens einem ihrer Enden
einstellbar ist.
13. Körperaufnahme nach einem der Ansprüche 1 bis 12,
dadurch gekennzeichnet
Befestigungselemente (24, 25, 26, 27, 33, 34) als
Schnellverschluss (33) ausgebildet ist, der mit einem
entsprechenden Gegenstück (34), das am Rahmenge-
stell angeordnet ist, zusammenwirkt.
14. Körperaufnahme nach einem der Ansprüche 1 bis 13,
dadurch gekennzeichnet
mindest teilweise, insbesondere im Bereich von Pols-
terungen, mit einem Vlies versehen sind.
15. Körperaufnahme nach einem der Ansprüche 1 bis 14,
dadurch gekennzeichnet
destens teilweise aus einem Textilgewebe (43) be-
steht.
- 5 -
dadurch ge-
kennzeichnet
seite der Matte bildet.
gekennzeichnet
durch
Kunststoff (44) auf der Oberseite des Textilgewe-
bes (43).
dadurch ge-
kennzeichnet
aktiv ist.
19. Körperaufnahme nach einem der auf Ansprüche 1
dadurch
gekennzeichnet
te (22, 23) bzw. Hülsen (28, 29) in das Textilgewe-
be (43) eingenäht sind.
20. Körperaufnahme nach einem der Ansprüche 1 bis 19,
gekennzeichnet durch
der Körper.
gekennzeichnet
durch
zum Durchführen von am Rahmengestell oder an der
Rückseite der Matte (21) befestigten Sicherheitsgur-
ten (12, 14).
gekenn-
zeichnet durch
Ende des Gesäßbereichs für eine zwischen den Bei-
- 6 -
nen des Körpers hindurchzuführenden Sicherheits-
gurt (12).
23. Körperaufnahme nach einem der Ansprüche 20 bis 22,
gekennzeichnet durch
paar (39, 41, 42), das ein Durchführen von Schulter-
gurten (14) ermöglicht.
gekennzeichnet
durch
paare (39, 41, 42).
II.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 2/3 und
die Beklagte 1/3.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreck-
bar.
T a t b e s t a n d
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 10. September 2002 angemelde-
ten deutschen Patents 102 42 198 (Streitpatent), dessen Erteilung am
13. April 2006 veröffentlicht worden ist.
Das Streitpatent betrifft eine Körperaufnahme für ein fahrbares Rahmengestell
zum Transport von Babys oder Kleinkindern und besteht aus einem Hauptan-
spruch und 26 Unteransprüchen.
- 7 -
Der Hauptanspruch gemäß Streitpatentschrift lautet:
1.
"Körperaufnahme für ein fahrbares Rahmengestell zum Trans-
port von Babys oder Kleinkindern, die mit mindestens einem
Befestigungselement im Rahmengestell befestigt werden
kann, gekennzeichnet durch eine flexible Matte (21), die durch
seitliche, in Längsrichtung der Matte (21) verlaufende Spann-
elemente (22, 23, 31, 32) in die Transportform gebracht wer-
den kann, und durch seitlich an der Matte (21), insbesondere
in Höhe des Gesäßbereichs angeordnete Wandungen, die ei-
nem seitlichen Herausrutschen eines Körpers entgegenwir-
ken."
An den Hauptanspruch schließen sich 26 rückbezogene Unteransprüche an, zu
deren Wortlaut auf die Streitpatentschrift verwiesen wird.
Die Klägerin macht als Nichtigkeitsgrund geltend, der Gegenstand des Streitpa-
tents sei nicht patentfähig, weil er gegenüber dem Stand der Technik zum Anmel-
dezeitpunkt nicht neu sei, zumindest aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit
beruhe.
Zur Begründung bezieht sie sich auf folgende Entgegenhaltungen bzw. weitere
Unterlagen
D1
DE 92 15 797 U1
D2
US 5 785 333
D3
US 5 076 599
D4
WO 01/89 907 A1
D5
DE-Publ.: Babyschale, Weber Technik Werkzeugbau GmbH
D6
EP 0 339 890 B1
D7
GB 175 742
D8
DE-PS 207 434
- 8 -
D9
US 2 829 702
D10
D11
D12
D13
D14
D15
D16
D17
Die Klägerin beantragt,
das deutsche Patent 102 42 198 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Nichtigkeitsklage abzuweisen.
Hilfsweise verteidigt sie das Patent in der Fassung der Hilfsanträge 1 und 2 vom
26. Januar 2009 sowie weiterhin in der Fassung der in der Verhandlung vom
22. April 2009 überreichten Hilfsanträge 3 bis 5.
Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und ist der An-
sicht, die patentierte Körperaufnahme sei neu und beruhe auf einer erfinderischen
Tätigkeit, jedenfalls in einer der hilfsweise beantragten Fassungen.
Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 vom 26. Januar 2009 lautet wie folgt:
1.
"Körperaufnahme für ein fahrbares Rahmengestell eines Fahr-
radanhängers, die mit mindestens einem Befestigungselement
im Rahmengestell befestigt werden kann, zum Transport von
Babys in einer Liegesitzposition, gekennzeichnet durch eine
- 9 -
flexible Matte (21), die durch seitliche, in Längsrichtung der
Matte (21) verlaufende Spannelemente (22, 23, 31, 32) in die
Transportform verspannt werden kann, und durch seitlich an
der Matte (21), insbesondere in Höhe des Gesäßbereichs an-
geordnete Wandungen, die einem seitlichen Herausrutschen
eines Körpers entgegenwirken."
Hilfsantrag 2 vom 26. Januar 2009 entspricht Ziffer I des Entscheidungstenors.
Bezüglich der Hilfsanträge 3 bis 5 vom 22. April 2009 wird auf die Anlagen zum
Protokoll vom 22. April 2009 verwiesen.
Zur Stützung ihres Vorbringens bezieht sich die Beklagte auf folgende Unterlagen:
Anlage St1: DIN EN 1888 - Nov. 2005
Anlage St2: Duden Bedeutungswörterbuch, 1970 Bd. 10, zu
"spannen"
Anlage St3: Gutachten
IPEK 22.4.2008
(Prof. Dr. Albers,
=
WRSF 16).
Nach Auffassung der Klägerin sind auch die hilfsweise beanspruchten Gegen-
stände nicht patentfähig, bei den Hilfsansprüchen 3 bis 5 liege zudem auch eine
unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs vor, weiter seien sie auch nicht von
der ursprünglichen Offenbarung gedeckt. Dies bestreitet die Beklagte.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Die zulässige Klage, mit der der in § 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG vor-
gesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht
- 10 -
wird, ist teilweise begründet. Ob die Hilfsanträge 3 bis 5 eine zulässige Beschrän-
kung darstellen, kann dahinstehen, weil in der Fassung des Hilfsantrages 2 die
Schutzfähigkeit zu bejahen ist.
1) Das Streitpatent betrifft eine Aufnahme für ein fahrbares Rahmengestell zum
Transport von Babys oder Kleinkindern.
Nach der Patentbeschreibung ist der Transport von Kleinkindern und Babys in
Fahrradanhängern nicht ohne Weiteres möglich, da die Sitze der Fahrradanhän-
ger hierfür nicht ausgelegt sind. Aufgrund des Mangels an geeigneten Lösungen
für dieses Problem würden häufig für Autos konzipierte Babyschalen in Fahrradan-
hänger eingesetzt und darin mit Gurten befestigt. Zwar könne ein Kleinkind auf
diese Weise grundsätzlich in einem Fahrradanhänger transportiert werden, aller-
dings bestehe dabei der wesentliche Nachteil, dass die Babyschalen sehr klobig
und in der Regel breiter als eine für ein Kind vorgesehene Sitzfläche seien. Dies
sei insbesondere bei zweisitzigen Fahrradanhängern ein Problem, da bei Einset-
zen der Babyschale in den Fahrradanhänger neben der Schale kaum noch Platz
für ein zweites Kind, geschweige denn für eine zweite Babyschale verbleibe. Gän-
gige Transportschalen aus Kunststoff seien außerdem sperrig, wodurch die Befes-
tigung der Babyschale in einem Sitz im Fahrradanhänger erschwert werde und
eine platzsparende Lagerung, beispielsweise in einem Warenlager oder einer Ga-
rage nicht möglich sei. Starre Babyschalen könnten sich weiterhin nicht an die
Lage und Bewegung eines Babys oder Kleinkindes anpassen und seien nicht at-
mungsaktiv. Die üblichen Fahrradanhänger für Kinder mit einem in vertikaler Rich-
tung zusammenklappbaren Rohrrahmen zum Transport von Kindern seien entwe-
der aufgrund der durch den Rohrrahmen vorgegebenen Form oder darum, weil die
Sitze keine ausreichende Formfestigkeit aufwiesen und daher nicht genügend Halt
gäben, für den Transport von Babys und Kleinkindern nicht ohne Weiteres geeig-
net.
Aufgabe des Streitpatents sei es deshalb, eine Alternative zu den zuvor beschrie-
benen Babyschalen zur Verfügung zu stellen, mit der ein Transport von Babys in
- 11 -
einem Fahrradanhänger ermöglicht wird und bei der die oben beschriebenen
Nachteile nicht bestehen.
2) Die Grundidee der Erfindung besteht nach der Patentschrift darin, die Körper-
aufnahme aus einem flexiblen Material zu bilden, das bei Bedarf durch ein Ver-
spannen des Materials von außen und/oder in sich selbst in die für den Transport
des Körpers benötigte Form gebracht werden kann. Ein Verspannen von außen
erfolgt dadurch, dass außerhalb der Körperaufnahme am Rahmengestell gelager-
te Spannelemente so angeordnet sind, dass sie die Matte auf Zug belasten, wobei
als Spannelemente beispielsweise längenverstellbare federelastische Gurte in Be-
tracht kommen.
Patentanspruch 1 beschreibt eine
(1)
Körperaufnahme für ein fahrbares Rahmengestell zum
Transport von Babys oder Kleinkindern.
(1.1.) Die Körperaufnahme kann mit mindestens einem Befesti-
gungselement im Rahmengestell befestigt werden.
(1.2.) Die Körperaufnahme ist gekennzeichnet durch eine flexible
Matte (21) und durch Wandungen
(1.2.1.)
Die flexible Matte kann durch seitliche, in
Längsrichtung der Matte (21) verlaufende
Spannelemente (22, 23, 31, 32) in die
Transportform gebracht werden kann.
(1.2.3.)
Die Wandungen sind seitlich an der Mat-
te (21) [, insbesondere in Höhe des Gesäß-
bereichs] angeordnet und wirken einem seit-
- 12 -
lichen Herausrutschen eines Körpers ent-
gegen.
An den Patentanspruch 1 schließen sich Patentansprüche 2 bis 27 direkt oder in-
direkt rückbezogen an.
II.
Als maßgeblichen Fachmann für das Auffinden einer solchen Lehre sieht der Se-
nat einen Maschinenbauingenieur an, der als Konstrukteur für Kindertransportvor-
richtungen eines Fahrrad- und/oder Zubehörherstellers tätig ist.
1)
Zum Hauptantrag
Die Körperaufnahme gemäß Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung mag
neu sein. Für den Durchschnittsfachmann ist sie jedoch durch den Stand der
D4
Ein fahrbares Rahmengestell mit einer Körperaufnahme zum Transport von zu-
D4
Fahrradanhänger mit rohrförmigen Rahmenteilen offenbart, vgl. insbes. S. 1 Z. 11
bis 17 i. V. m. nachstehender Fig. 19. Die Aufnahme für den Körper des Kleinkin-
des bildet ein Kindersitz 210, der mit seitlichen Unterstützungsbändern 212, 214
und Gurten 222, 230, 238 im Rahmengestell befestigt ist, vgl. insbes. S. 7 Z. 24
bis S. 8 Z. 18. Die vorbekannte Körperaufnahme (Kindersitz 210) besteht aus ei-
ner flexiblen
- 13 -
Matte in Form eines Textil- oder Gewebetuches ("fabric seat" S. 7 Z. 24). Die Be-
D4
Spannelemente ausgebildet. Ausweislich der vorstehenden Fig. 19 sichern sie die
Körperaufnahme in ihrer Transportform, indem sie die flexible Matte gegenüber
dem Rahmengestell verspannen. Bestandteil der Gurte sind Schnallen bzw. Gurt-
schlösser 224, 236, 240, mit denen die Spannung eingestellt werden kann. Der
Fig. 19 ist auch zu entnehmen, dass die seitlich an der Matte, insbesondere in Hö-
he des Gesäßbereichs angeordneten Unterstützungsbänder 212 und 214 Wan-
dungen der Matte bilden, die einem seitlichen Herausrutschen des Körpers entge-
genwirken.
Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich die streitgegenständliche Kör-
peraufnahme allenfalls dadurch, dass "seitliche, in Längsrichtung der Matte (21)
verlaufende Spannelemente" vorgesehen sind. Durch den Plural dieser Merkmals-
formulierung wird zum Ausdruck gebracht, dass beim Streitgegenstand mehrere
D4
- 14 -
ges mittig angeordnetes Spannelement 222 vorgesehen ist, vgl. vorstehende
D4
ohne Weiteres (ggf. zusätzliche) seitliche Gurte vorsehen, sollte sich die einzige
mittige Anordnung des Befestigungsgurtes 222 in der Praxis möglicherweise als
unzureichend für eine sichere Sitzbefestigung herausstellen. Insoweit wird eine
bedarfsgerechte Anordnung der Spannelemente von dem Durchschnittsfachmann
regelmäßig erwartet und stellt deshalb keine erfinderische Tätigkeit dar.
2)
Zum Hilfsantrag 1
Patentanspruch 1 in der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 ist zulässig. Die Körperauf-
nahme gemäß diesem Patentanspruch mag auch neu sein. Für den Durch-
D4
i. V. m. seinem Fachwissen nahegelegt.
Soweit die Merkmale der Körperaufnahme gemäß Patentanspruch 1 des Hilfsan-
trages 1 mit denen der Körperaufnahme gemäß Patentanspruch 1 des Hauptan-
trages identisch sind, gelten die vorstehenden Ausführungen zum Hauptantrag un-
eingeschränkt fort. In dem geltenden Patentanspruch 1 ist das fahrbare Rahmen-
gestell auf dasjenige eines Fahrradanhängers zulässig beschränkt worden und
ebenso darauf, dass die flexible Matte in die Transportform verspannt ist. Beide
Konkretisierungen sind zur Unterscheidung vom Stand der Technik untauglich,
D4
vgl. insbes. Anspruch 1 sowie S. 8 a. a. O.. Anders verhält es sich mit dem im gel-
tenden Patentanspruch 1 nunmehr ausschließlich beanspruchten Transport von
D4
haft dargestellte Kindersitz 210 mit seiner vornehmlich aufrechten Rücken-
lehne 218 ist offensichtlich für ein Kleinkind vorgesehen, welches darin sitzend
transportiert wird.
Dass Babys in den ersten Lebensmonaten liegend und erst anschließend zuneh-
mend sitzend transportiert werden, ist eine allgemein bekannte Lebenserfahrung.
- 15 -
Darauf wird sich auch der Durchschnittsfachmann stützen, wenn er mit der Auf-
D4
ren, das noch nicht sitzen kann. Als geeignete Lösung wird er in nächstliegender
Weise die Neigung der Rückenlehne 218 so verändern, dass das Baby eine Lie-
gesitzposition einnehmen kann. Eine Anregung zu einer derartigen Vorgehenswei-
se liefert außer der Lebenserfahrung auch der einschlägige Stand der Technik
D1
Kindersitz 3 ist für einen Fahrradanhänger vorgesehen. Der Sitz besteht ebenso
wie die streitgegenständliche Körperaufnahme aus einer flexiblen Matte, nämlich
einem Tuch, und ist mittels karabinerhakenbestückten Gurten am Fahrradanhän-
ger und am Überrollbügel 2 befestigt, vgl. insbes. Ansprüche 7 und 9. Insbeson-
dere die Rückenlehne ist an den in Fig. 2 gezeigten Aufhängungsösen 5 des
Überrollbügels 2 mit den Karabinerhaken 6 alternativ befestigbar, "so dass die Po-
sition der Rückenlehne von senkrecht bis halbliegend variiert werden kann.", vgl.
insbes. S. 8 Z. 7/8. Daran, dass die halbliegende Position der Rückenlehne für
den Transport von Babys geeignet ist, besteht kein Zweifel. Vor diesem Hinter-
grund bedurfte eine babygerechte Einstellung der Rückenlehne der vorbekannten
D4
denfalls keiner erfinderischen Tätigkeit.
- 16 -
3)
Zum Hilfsantrag 2
3 a) Zulässigkeit
Die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 vorgenommenen Änderungen ge-
genüber dem Patentanspruch 1 des Streitpatents sind zulässig, weil sie eine Be-
schränkung der Körperaufnahme nach dem Patentanspruch 1 des Streitpatents
durch offenbarte Merkmale darstellen:
- Das fahrbare Rahmengestell gemäß Patentanspruch 1 des
Streitpatents ist präzisiert als Bestandteil eines Fahrradanhän-
gers, offenbart in Anspruch 27 des Streitpatents bzw. An-
spruch 28 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen.
- Die Verwendung des fahrbaren Rahmengestells zum Transport
von Babys oder Kleinkindern gemäß Patentanspruch 1 des
Streitpatents ist durch Streichung der Alternative "oder Kleinkin-
der" beschränkt auf den Transport von Babys.
- Der Transport gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents ist
nunmehr beschränkt auf einen bestimmten Transport, nämlich
"in einer Liegesitzposition". Diesbezüglich ist in Abs. 10 der
Streitpatentschrift offenbart, dass die Körperaufnahme aus ei-
nem flexiblen Material besteht, dan die für den Transport
des Körpers benötigte Form gebracht werden kann." Diese
Transportform ist in Fig. 1 dargestellt und beschrieben in
Abs. 31 als "..Körperaufnahme 19 mit einer eine Liegesitzfläche
bildenden Matte 21..". Die gleichlautende Ursprungsoffenba-
rung findet sich auf S. 8 Abs. 3 der ursprünglichen Anmel-
dungsunterlagen.
- Die Spannelemente 22, 23 gemäß Patentanspruch 1 des Streit-
patents sind beschränkt auf Gurte als seitliche, in Längsrich-
- 17 -
tung der Matte 21 verlaufende Spannelemente, die an der
Oberkante der Wandungen verlaufen, offenbart in den Ansprü-
chen 4 und 5 des Streitpatents bzw. in den Ansprüchen 5 und 6
der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen.
- Die Spannelemente 31, 32 gemäß Patentanspruch 1 des Streit-
patents sind beschränkt auf mindestens einen an der Rückseite
der Matte 21 befestigten Gurt 31, 32, offenbart in Anspruch 13
der Streitpatentschrift sowie in Anspruch 14 der ursprünglichen
Anmeldungsunterlagen. Die zusätzliche räumliche Zuordnung
der Gurte "im Gesäßbereich" geht zumindest aus der Fig. 1
i. V. m. Abs. 12 u. 17 der Streitpatentschrift und ebenso aus
Fig. 1 i. V. m. S. 4 Abs. 1 und S. 5 Abs. 3 der ursprünglichen
Anmeldungsunterlagen hervor.
- Die im Patentanspruch 1 des Streitpatents enthaltene Wir-
kungsangabe, wonach die flexible Matte durch Spannelemente
in die Transportform gebracht werden kann, ist dahingehend
präzisiert, dass "seitliche Gurte (22, 23) in Längsrichtung" und
"der an der Rückseite der Matte (21) befestigten Gurt (31, 32)
nach hinten" die flexible Matte verspannen, offenbart in Fig. 1
i. V. m. Abs. 19 der Streitpatentschrift sowie Fig. 1 i. V. m. S. 5
letzter Abs. bis S. 6 Abs. 1 der ursprünglichen Anmeldungs-
unterlagen.
3 b) Neuheit
Die Körperaufnahme gemäß Patentanspruch 1 in der Fassung gemäß Hilfsan-
trag 2 für ein fahrbares Rahmengestell eines Fahrradanhängers zum Transport
von Babys in einer Liegesitzposition ist neu, denn eine Körperaufnahme mit sämt-
lichen nunmehr beanspruchten Merkmalen zeigt der Stand der Technik nicht.
- 18 -
D4
verfügt, wie vorstehend am Beispiel der Fig. 19 nachgewiesen, über seitliche
Wandungen 212 und 214. Diese Wandungen verhindern nicht nur ein seitliches
Herausrutschen des zu transportierenden Körpers, sondern sichern zudem die
Sitzfläche 216 in ihrer Höhe gegenüber dem Rahmengestell. Dazu umgreifen die
Wandungen die seitlichen oberen und unteren Rohre 18 bzw. 22 und 20 bzw. 24
des Rahmengestells 14, vgl. insbes. S. 3 letzter Abs. sowie S. 7 Z. 25/26 i. V. m.
Fig. 19, und verspannen die Sitzfläche 216 in etwa senkrechter Richtung. An der
Oberseite der Wandungen in Längsrichtung des Sitzes verlaufende Spannelemen-
te sind dazu nicht notwendig und auch nicht offenbart.
D3
weislich der nachstehenden Figuren bestehen die dortigen Körperaufnahmen aus
einem flexiblen Stoff, der mit der streitgegenständlichen Matte zumindest ver-
gleichbar ist. Die Matten sind jeweils mit seitlichen und zumindest rückseitigen
Wandungen über Rohrrahmen geführt. Dadurch sind die Matten in ihrem jeweili-
gen Rahmengestell hinreichend fixiert, weshalb keine seitlichen, in Längsrichtung
der Matte verlaufenden Spannelemente notwendig bzw. offenbart sind, die an der
Oberseite der Wandungen verlaufen.
D11
schmiegsamem Stoff bestehenden Sitz in Form einer prismatischen Tasche aus-
- 19 -
gestattet ist, vgl. insbes. Anspruch 1. Darin wird das Kind nicht in einer Liegesitz-
position transportiert, wie nach dem Streitpatent nunmehr vorgesehen ist, sondern
sitzend, vgl. insbes. S. 2 Z. 66 bis 71. Dreieckige Seitenteile des Sitzes weisen
seitliche Verlängerungen mit endseitigen Schnurösen
bis
auf, vgl. insbes.
Abb. 2
a
. Die Schnurösen
bis
halten den Sitzkörper gespannt, indem sie an
den Enden von Quertraversen und befestigt werden, die durch Saumschlau-
fen und des
Stoffsitzes verlaufen, vgl. insbes. S. 2 Z. 23 bis 37 sowie Z. 59 bis 63 i. V. m.
Abb. 1. Im Gegensatz zum beanspruchten Streitgegenstand sind auch hier keine
Gurte offenbart, die an der Oberseite der Wandungen verlaufen.
D1
Sitzfläche und einer Rückenlehne, vgl. vorstehende Fig. 3. Seitliche Wandungen
sind dabei nicht vorhanden. Seitliche Wandungen fehlen ebenfalls bei dem Kinder-
D2
1
der Körperauf-
D7
- 20 -
D8
ren und unteren Fixpunkten in Eisenbahnen, Flugzeugen oder Schiffen befestigt
und dienen vorzugsweise zur sitzenden Körperaufnahme, vgl. den jeweiligen An-
spruch 1 i. V. m. den nachstehenden Figuren. Bei keinem dieser Hängesitze er-
folgt eine Verspannung in die Transportform nach hinten durch einen an der Rück-
seite der Körperaufnahme befestigten Gurt.
Dies gilt auch für die Hängematten als Körperaufnahme gemäß den Druckschrif-
D14
- 21 -
D5
Fahrradanhänger oder in buggyähnliche Kinderwagenrahmen eingesetzt werden
können, vgl. jeweilige Figuren. Eine flexible Matte als Körperaufnahme ist dabei
nicht vorgesehen. Gegenteiliges wurde nicht geltend gemacht.
- 22 -
3 c) erfinderische Tätigkeit
Die Körperaufnahme für ein fahrbares Rahmengestell eines Fahrradanhängers
zum Transport von Babys in einer Liegesitzposition gemäß Patentanspruch 1 be-
ruht auf erfinderischer Tätigkeit, denn eine fachgerechte Zusammenschau des
Standes der Technik vermag den Streitgegenstand in seiner verteidigten Fassung
mit konkret festgelegter Gurtanordnung gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsan-
trag 2 nicht nahezulegen.
Bei der dem Streitgegenstand am nächsten kommenden Körperaufnahme gemäß
D4
nes Fahrradanhängers festgelegt. In der Höhenlage ist die Sitzfläche 216 durch
seitliche Wandungen 212/214 (sowie durch die obere Befestigung der Rückenleh-
ne 218) fixiert und in Fahrtrichtung nach vorne ist sie durch einen zentralen, mittig
an der Sitzfläche 216 angreifenden Gurt 222 gegenüber einer Rahmenhalte-
rung 40 verspannt, vgl. insbes. S. 8 Abs. 2. Aus dieser Textstelle i. V. m. Fig. 19
geht weiter hervor, dass die Sitzfläche 216 in Fahrtrichtung nach hinten ein im Ge-
säßbereich befestigter Gurt 230 spannt, der zwischen zwei Schrauben 232 der
seitlichen unteren Rahmenrohre verläuft.
Sollte dem Durchschnittsfachmann diese zentrale mittige Abspannung der Sitzflä-
D4
möglicherweise nahe, mehr als einen Gurt vorzusehen und diese Gurte auch seit-
lich anzuordnen, wie vorstehend ausgeführt. Da die Abspannung der Sitzfläche zu
verbessern ist, wird er zusätzliche Gurte in jedem Fall an der Sitzfläche befestigen
und gerade nicht an der Oberseite der Wandungen, wie nunmehr beansprucht ist.
D1
die Anregung, die Sitzfläche mit zwei seitlich außen angeordneten Gurten nach
D1
fassung der Klägerin führt eine fachgerechte Übertragung dieser Anregung aller-
dings auch nicht zu einer Anordnung mit an der Oberkante der Wandungen ver-
- 23 -
laufenden Gurten, wie sie nunmehr beim Streitgegenstand beansprucht ist, son-
dern eher davon weg. Hinsichtlich der Befestigung der Sitzfläche 216 nach vorne
D1
ßenenden der Sitzfläche 216 befestigt sind, also etwa in der Nähe der Verbin-
dungsstelle zwischen der Sitzfläche 216 und der jeweiligen Wandung 212 bzw.
214, d. h. in der Mitte der Wandungen 212 bzw. 214. Dieser Anregung folgend
wird der streitgegenständliche Verlauf der Spannelemente an der Oberkante der
Wandungen jedoch nicht erreicht.
D1
D4
Wandungen vollständig zu verzichten, zumal wenn sich die Fixierung der Sitzflä-
che 216 in seitlicher Richtung durch den im Gesäßbereich angeordneten Gurt 230
als ausreichend erweisen sollte. Diese Anregung führt allerdings noch weiter vom
Streitgegenstand weg, denn bei einem Verzicht auf Wandungen sind daran an-
greifende Spannelemente, wie nunmehr beansprucht, erst recht nicht notwendig.
Die Klägerin erachtet den beschränkten Streitgegenstand auch durch eine Zusam-
D4
nicht überzeugen. Beide Druckschriften offenbaren zusammenklapp- bzw. zusam-
menlegbare Rahmengestelle, in die jeweils ein Kindersitz als Körperaufnahme aus
flexiblem Material einspannbar ist. Die vorstehende Neuheitsprüfung dieser beiden
Druckschriften hat bereits ergeben, dass an der Oberseite der Wandungen in
Längsrichtung des jeweiligen Sitzes verlaufende Spannelemente nicht vorhanden
sind. Folglich kann sich ein derartiges Merkmal auch nicht bei einer Zusammen-
schau einstellen.
Das gilt ebenso für die von der Klägerin als naheliegend angesehene Zusammen-
D4
zeigt, weisen insbesondere die seitliche Wandung des dortigen Kindersitzes 1
Saumschlaufen 19 auf, durch die sich Rohre 4 des Rahmengestells erstrecken,
vgl. auch S. 2 Z. 47 bis 54. Durch seitlich auf der Sitzrückseite des Sitzes in weite-
- 24 -
ren Saumschlaufen 27 verlaufende Gurte 11 wird zur Befestigung des Kindersit-
zes in einem Fahrzeug eine Spannung erzeugt, die sich etwa senkrecht zum Ver-
lauf der Rohre 4 auswirkt, vgl. insbes. Fig. 2 i. V. m. S. 2 Z. 89 bis 91. Infolgedes-
sen sind auch die Saumschlaufen 19 als Oberkanten der Sitzwandung etwa senk-
recht zu ihrer Erstreckung in Längsrichtung des Sitzes belastet und somit um etwa
90° anders als beim nunmehr beanspruchten Streitgegenstand. Eine Übertragung
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kann folglich nicht zum Streitgegenstand führen.
Schließlich hat die Klägerin noch geltend gemacht, eine Ausgestaltung der Körper-
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mann ohne Weiteres zum Streitgegenstand. Dabei übersieht sie jedoch, dass bei-
de Vorrichtungen an der Oberseite von seitlichen Wandungen verlaufende Gurte
gerade nicht als bekannt nachweisen, wie vorstehend dargetan. Wandungen, die
laut Streitpatent einem seitlichen Herausrutschen eines Körpers entgegenwirken,
sind an der vorbekannten Babyhängematte nicht vorhanden. Denn um ein Heraus-
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Gurtsystem 5 befestigt, in welches das Baby eingebunden wird, vgl. insbes. Fig. 1
i. V. m. S. 3 Abs. 4 ff. Da die Babyhängematte im Übrigen nur kopf- und fußseitig
befestigt ist, würde eine unvoreingenommene und vollständige Übertragung auf
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Rückseite der Matte befestigten Gurte einhergehen und insoweit vom Streitgegen-
stand wegführen. Für ein mosaikartiges Herauslösen und Übertragen einzelner
Merkmale der Babyhängematte ist kein Anlass erkennbar.
Die übrigen Entgegenhaltungen liegen vom Streitgegenstand weiter ab als der
vorstehend diskutierte Stand der Technik. Sie sind in der Argumentation der Klä-
gerin in der mündlichen Verhandlung deshalb auch nicht mehr aufgegriffen wor-
den. Einen Hinweis darauf, dass die spezielle Gestaltung der beanspruchten Kör-
peraufnahme durch fachmännisches Wissen ggf. im Zusammenhang mit einer der
vorbekannten Vorrichtungen nahegelegen haben sollte, hat der Senat nicht er-
kannt. Dies ist auch von der Klägerin nicht geltend gemacht worden.
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Vor diesem Hintergrund ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfs-
antrag 2 patentfähig. Dies gilt auch für die Gegenstände der darauf direkt oder
indirekt zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 24.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO.
Durch die Beschränkung gegenüber der erteilten Fassung hat sich der Wert des
Patents nach Einschätzung des Senats um etwa 1/3 vermindert, dies entspricht
der ausgesprochenen Quotelung der Kosten. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
Schuster
Bork
Gutermuth
Reinhardt
Dr. Höchst
Ko