Urteil des BPatG vom 15.01.2003

BPatG: salz, verwechslungsgefahr, kennzeichnungskraft, reis, zucker, stamm, herkunft, behandlung, kakao, wortmarke

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 127/02
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
15. Januar 2003
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 300 07 335
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hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) auf die mündliche Verhandlung vom
15. Januar 2003 durch die Vorsitzende Richterin Winkler, Richter Dr. Albrecht und
Richter Sekretaruk
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Gegen die noch für die Waren
Seifen, Parfümeriewaren; Mittel zur Körper- und Schön-
heitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel, insbesondere un-
ter Verwendung oder Beigabe von Salz, Salz mit Kamillen-
auszügen als Badesalz;
pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse
sowie Präparate für Gesundheitspflege, insbesondere unter
Verwendung oder Beigabe von Salz; Salzpastillen, ausge-
nommen Nasentropfen oder -sprays, insbesondere Sole-
Nasentropfen oder -sprays, Salz zur Inhalation oder zur
Herstellung einer Nasenspülung, insbesondere in Dosier-
beuteln, Badesalz für medizinische Zwecke, insbesondere
unter Beigabe von Kamillenauszügen; Salz als Zusatz zum
Wasser zur dermatologischen Aufwertung in Badewannen,
Bädern und Schwimmbecken, auch versehen mit Aromaex-
trakten und/oder Naturkräutern;
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Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, insbe-
sondere Vitamin-, Mineral-, Aminosäurepräparate;
Salz, Würzmittel, Gewürze; Mehle und Getreidepräparate,
Brot, feine Backwaren, insbesondere Salzgebäck, Salzstan-
gen und andere Snacks (soweit in Klasse 30 enthalten);
Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Senf; Essig,
Saucen (Würzmittel); Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis,
Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel.
beanspruchte Wortmarke 300 07 335
SALPIN
ist Widerspruch erhoben aus der Wortmarke 398 18 930
SALIN
die seit 1998 für "Nasentropfen, Nasenspray" eingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den
Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen, weil das P
in SALPIN markant hervortrete und der Begriffsinhalt von SALIN die Verwechs-
lungsgefahr mindere.
Gegen diese Entscheidung hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, zu
deren Begründung sie vor allem darauf abstellt, die Zeichen sprächen allgemeine
Verbraucherkreise an, die die geringen Unterschiede nicht wahrnähmen.
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Die Widersprechende beantragt,
den Beschluss der Markenstelle vom 18. März 2002 aufzuheben
und die angegriffene Marke zu löschen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das P in SALPIN setze dieses Wort von SALIN deutlich ab.
Sie hat in der mündlichen Verhandlung das Warenverzeichnis hinsichtlich der
pharmazeutischen Erzeugnisse und Präparate für Gesundheitspflege durch den
Zusatz "ausgenommen zur Behandlung der Nase" beschränkt und auf "Nasen-
tropfen oder -sprays, insbesondere Sole-Nasentropfen oder -sprays, Salz zur In-
halation oder zur Herstellung einer Nasenspülung, insbesondere in Dosierbeuteln"
verzichtet.
II
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache (nach Einschränkung des Warenver-
zeichnisses) keinen Erfolg, denn jedenfalls in dem verbleibenden Umfang besteht
wegen der geringen Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren kei-
ne Gefahr von Verwechslungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Ob zwei konkurrierende Marken einer Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9
Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unterliegen, hängt im wesentlichen vom Zusammenwirken
der Faktoren Warenähnlichkeit, Markenähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der
älteren Marke ab. Diese Kriterien sind zwar für sich gesehen voneinander unab-
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hängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechs-
lungsgefahr (st. Rspr.; z.B. BGH GRUR 1999, 995 – HONKA).
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Der be-
schreibende Anklang von SALIN an Salz mindert die Kennzeichnungskraft der Wi-
derspruchsmarke nicht in entscheidungserheblichem Umfang, weil ihn weite Teile
der Nasentropfen und -sprays verwendenden allgemeinen Verbraucherkreise nicht
erkennen.
SALPIN und SALIN unterscheiden sich aber im Schriftbild deutlich, weil das P auf-
fällt. In Kleinschreibung (Salpin) hat es sogar eine Unterlänge.
Klanglich sind sich SALPIN und SALIN zwar ähnlich, aber das klanglich markante
P in SALPIN mindert die Verwechslungsgefahr doch soweit, dass diese nur bei
Warenidentität oder hoher Warenähnlichkeit zum Tragen käme.
Die durch die beiden Marken erfassten Waren liegen sich nach Einschränkung
des Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke jedoch ferner. Entscheidend
für den Grad der Warenähnlichkeit ist, inwieweit die Waren unter Berücksichtigung
aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbe-
sondere Beschaffenheit, regelmäßige betriebliche Herkunft und Vertriebsart, Ver-
wendungszweck, Nutzung, wirtschaftliche Bedeutung, Eigenart als miteinander
konkurrierende oder einander ergänzende Produkte - Berührungspunkte aufwei-
sen.
Eine regelmäßige gemeinsame betriebliche Herkunft liegt noch nicht vor, wenn
einzelne Unternehmen, in denen mehrere branchenverschiedene Betriebe zusam-
mengefasst sind, beide Waren herstellen.
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Gleichen Vertriebsstätten kommt ebenfalls eine eher untergeordnete Bedeutung
zu, weil der Verbraucher daran gewöhnt ist, in vielen Bereichen (Kaufhäuser, Su-
permärkte) einer Vielzahl völlig unterschiedlicher Angebote zu begegnen.
Seifen, Parfümeriewaren, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer,
Zahnputzmittel und Badesalz, Salzpastillen sowie Salz als Zusatz zum Wasser zur
dermatologischen Aufwertung sind von Nasensprays und -tropfen durch Inhalts-
stoffe, Zweck und Handhabung abgesetzt.
Pharmazeutische Erzeugnisse und Präparate zur Gesundheitspflege sind - wenn
sie für die Behandlung der Nase nicht bestimmt sind - vom Anwendungsbereich
her von Nasensprays und -tropfen ebenfalls ausreichend abgesetzt. Veterinärme-
dizinische Erzeugnisse haben ohnehin einen speziellen Einsatzbereich und ande-
re Vertriebswege als Nasensprays und -tropfen.
Noch entfernter davon sind Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke,
Aminosäurepräparate, Salz, Würzmittel, Mehl und Getreidepräparate, Brot und fei-
ne Backwaren, Honig, Melassesirup, Hefe, Backpulver, Senf, Essig, Saucen, Kaf-
fee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago sowie Kaffee-Ersatzmittel, da sie
dem Verzehr dienen.
Damit ist in keinen Fall eine so enge Warenähnlichkeit gegeben, dass eine unmit-
telbare Verwechslungsgefahr angenommen werden könnte.
Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr als Serienzeichen lässt der Streitfall
nicht erkennen. Dazu müsste die Widersprechende über mehrere prioritätsältere
Marken verfügen, welche einen Stamm (hier: SAL) erkennen ließen, aus dem die
angegriffene Marke abgeleitet sein könnte. Dies ist weder vorgetragen noch sonst
feststellbar.
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SAL tritt in SALPIN auch nicht so hervor, dass der Verkehr sogar ohne Gewöh-
nung an mehrere Marken mit dem selben Stamm auf einen solchen schließen
würde (vgl. BGH BlPMZ 1975, 252 - BiBA; 1977, 371 - Kabelrap). In einem sol-
chen Fall bedarf es konkreter Anhaltspunkte, dass sich ein Zeichen zu einem Zei-
chenstamm entwickelt (BGH GRUR 1996, 777 - JOY). Diese liegen hier nicht vor.
Die Vorsitzende Richterin
Winkler ist wegen Urlaubs
an der Unterschrift verhin-
dert.
Dr. Albrecht
Sekretaruk Dr.
Albrecht
Hu/Ko