Urteil des BPatG vom 11.12.2002

BPatG: beschreibende angabe, geflügel, teigwaren, begriff, verkehr, form, internet, export, subsumtion, mitbewerber

BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 148/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 66 433.5/29
hat der 28.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
11. Dezember 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, des
Richters Paetzold und der Richterin Schwarz-Angele
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des
Deutschen Patent- und Markenamtes -
Markenstelle für
Klasse 29 - vom 10. April 2000 und 3. September 2001 aufgeho-
ben, soweit der angemeldeten Marke die Eintragung für die Waren
"Lebendes Geflügel" versagt worden ist.
Im übrigen wird die Beschwerde der Anmelderin zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Wortfolge
puten-pasta
als Kennzeichnung für die Waren
"Lebendes und geschlachtetes Geflügel und Geflügelteile
sowie daraus hergestellte Geflügelspezialitäten, auch Conve-
nience-Waren, insbesondere in panierter, marinierter Form,
sowie als Fertiggerichte, Halbfertiggerichte, Tiefkühlkost und
Suppen, ausgenommen Nudeln, Nudelprodukte und Teigwa-
ren als Ingredienzien der vorgenannten Waren; Tierfuttermit-
tel aus Geflügel und Geflügelteilen"
Die Markenstelle hat die Anmeldung als glatt beschreibende Angabe im Sinne von
"Teigwaren mit Putenfleisch" wegen mangelnder Unterscheidungskraft für die Wa-
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ren "Tierfuttermittel aus Geflügel und Geflügelteilen" und im übrigen wegen Täu-
schungsgefahr gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG zurückgewiesen.
Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben und ist der Ansicht, der Verkehr werde
der Wortfolge keinen eindeutigen produktbeschreibenden Bedeutungsgehalt ent-
nehmen, zumal sie lexikalisch und im Internet nicht nachweisbar sei und keinen
Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe. Auch in Kenntnis der deutschen
Bedeutung von "pasta" sei die Marke in ihrer Gesamtheit inhaltlich eher unklar und
verschwommen und damit fantasievoll genug, um die Schutzfähigkeit zu begrün-
den. Es handle sich allenfalls um eine sprechende Marke,die dem Verbraucher
Raum für mehrere gedankliche Assoziationen lasse. Auch das Eintragungshinder-
nis der Täuschungsgefahr liege nicht vor, da bei dem hier undeutlichen Sinnge-
halt der sprachregelwidrig zusammengesetzten Wortfolge eine Täuschungsgefahr
von vornherein für jeden erdenklichen Fall ausgeschlossen sei.
Im übrigen regt die Anmelderin die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber nur hinsichtlich der bean-
spruchten Waren "lebendes Geflügel" Erfolg.
Hinsichtlich der versagten Waren hat die Markenstelle der angemeldeten Marke
zu Recht die Eintragung verweigert. Auch nach Ansicht des Senats liegt insoweit
lediglich eine unmittelbar beschreibende Angabe vor, die freizuhalten ist, § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Die lexikalisch nicht nachweisbare Wortfolge ist sprachüblich gebildet, bedeutet
bei zwangloser Übersetzung "Puten-Nudelgericht" und beschreibt die bean-
spruchten Waren dahingehend, dass es sich um Nahrungsmittel aus Teigwaren
und Putenfleisch handelt. Der italienische Begriff "pasta" ist auch deutschen Ver-
kehrskreisen im Lebensmittelbereich bekannt. Dort wird er nämlich vielfach ver-
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wendet. Dies hat nicht nur eine Umschau in Lebensmittelgeschäften, sondern
auch eine entsprechende Internet-Recherche ergeben, wo zum Beispiel von
Dr Oetker eine "Pizza Pasta" und von Iglo "pasta Gnocchi alla Pomodore"
angeboten werden.
Zudem wird die beanspruchte Wortfolge als Bezeichnung für Nudelgerichte in di-
versen Rezepten verwendet. So werden Rezepte für "Broccoli Pasta"
(www.kochen-und-rezepte.de/duensten_64)
sowie "Pastagerichte", darunter
"Pasta Hähnchenfleisch, Schinken, Broccoli, Tomatensauce" (http://pizza-taxi-
heimservice.de/pasta%20und%20fleisch%20gerichte.htm) angeboten. Auf der
Speisekarte eines Lokals erscheint unter der Bezeichnung "Puten Pasta" das Ge-
richt "zweierlei Bandnudeln in verschiedenen Soßen, mit Broccoli und frisch ge-
rillten Putenbruststreifen- im Ofen mit Käse überbacken" (http://www.treibhaus-
marxen.de/html_docs/karte_04.html). Von der "AOK" gibt es ein Informationsblatt,
auf dem unter der Überschrift "Mein Lieblings-Pasta-Rezept" die Zubereitung von
"Pflaume-Pute-Pasta" beschrieben wird.
Soweit die Anmelderin im Wege des Disclaimers im Warenverzeichnis die Ver-
wendung von Teigwaren ausschließen will, führt dies entweder zum Versagungs-
grund der Irreführung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG oder scheitert daran, dass
"pasta" auch "Paste" bedeuten kann, deren Beigabe nach dem eingeschränkten
Warenverzeichnis der Anmelderin nicht ausgeschlossen ist und vom beschreiben-
den Bereich nicht wegführen kann.
Für den Senat drängt sich angesichts dieser Feststellungen die Schlussfolgerung
auf, dass die beanspruchte Wortfolge auch in ihrer fremdsprachigen Form von den
beteiligten Kreisen als Hinweis auf ein Putengericht, nämlich für eine bestimmte
Zubereitung von Pute, verwendet und benötigt wird. Dies gilt auch unter dem Ge-
sichtspunkt, dass sich die pauschale Gleichstellung fremdsprachiger Angaben mit
der entsprechenden deutschen Übersetzung verbietet, wenn sie nicht von den
inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erkannt wird oder die Mitbewerber
den fraglichen Begriff beim inländischen Warenvertrieb oder beim Im- und Export
benötigen. Beides ist vorliegend der Fall.
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Zum einen wird der Verkehr wegen der Üblichkeit der Verwendung der Einzelbe-
griffe im Lebensmittelsektor unschwer die Bedeutung "Pute/Teigwaren" mit der
Wortfolge verbinden und sie lediglich als beschreibenden Hinweis auf die so ge-
kennzeichneten Waren verstehen. Zum andern darf es den Mitbewerbern nicht
verwehrt bleiben, die Wortfolge im Rahmen von mehrsprachigen Hinweisen, auch
zu Ex- oder Importzwecken, einzusetzen, zumal es sich um eine unmittelbar be-
schreibende Warenangabe handelt. Dies gilt auch für die beanspruchten Waren
"Tierfuttermittel aus Geflügel und Geflügelteilen". Denn es gibt auch insoweit Fut-
terpackungen mit Pute und Nudeln (z.B. www.zoonetz.de/zoonetz/shop.html) .
Die von der Anmelderin vorgebrachten Einwände gegen die Zurückweisung der
Anmeldung greifen nicht durch.
Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist der Bestandteil "puten-pasta" hier
nicht mehrdeutig. Denn eine Marke ist immer im Kontext der beanspruchten Wa-
ren zu würdigen, in welchem sie auch den beteiligten Verkehrskreisen begegnet.
Im vorliegenden Fall drängt sich die Übersetzung der Wortfolge mit
"Pute/Teigwaren" geradezu auf, nachdem diese Bedeutung - wie im Erinnerungs-
beschluss zu Recht festgestellt und belegt - lexikalisch im Zusammenhang mit
Nahrung genannt wird und der Verkehr an diese Bedeutung auch gewöhnt ist.
Dass der Begriff auch in anderen Zusammenhängen vorkommt und möglicher-
weise anders übersetzt werden kann oder muss, rechtfertigt nicht die Feststellung
einer Mehrdeutigkeit bei den hier beanspruchten Waren.
Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin bis auf die Waren "lebendes
Geflügel" zurückzuweisen. Insoweit hat die Markenstelle weder im Beanstan-
dungsbescheid noch in den beiden Beschlüssen eine Begründung angegeben. Es
ist kaum damit zu rechnen, dass es eigens für "Pasta" gezüchtete Puten gibt, die
zum Kauf angeboten werden. Es ist auch keine andere naheliegende beschrei-
bende Bedeutung des Markenwortes für diese Waren erkennbar, die einem Frei-
haltungsinteresse unterliegen könnte. Für die Verneinung der Unterscheidungs-
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kraft fehlen ebenfalls hinreichende Anhaltspunkte, so dass insoweit der Be-
schwerde stattgegeben werden konnte.
Die von der Anmelderin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht
veranlasst, da keine der in § 83 Abs. 2 MarkenG genannten Voraussetzungen vor-
liegt. Vielmehr ging es im vorliegenden Verfahren um die Klärung rein tatsächlichr
Fragen sowie die Subsumtion des Sachverhalts unter den Begriff der mangelnden
Unterscheidugnskraft, deren Beurteilung auf tatrichterlichem Gebiet liegt, ohne
dass Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung betroffen wären.
Stoppel Schwarz-Angele
Paetzold
Hu