Urteil des BPatG vom 20.10.2004
BPatG (marke, verwechslungsgefahr, beschwerde, verkehr, auto, abstand, kennzeichnungskraft, teil, grad, eugh)
BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 271/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 398 48 231
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hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 20. Oktober 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Albert
sowie des Richters Kraft und der Richterin Eder
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die für die Waren
„Spiele, Spielzeug“
unter der Nummer 398 48 231 eingetragene Marke
Trabi
ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 1 036 431
TRAMPY,
die für die Waren
„Spielwaren, insbesondere Spielfiguren“
eingetragen ist.
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Die Markenstelle für Klasse 28 hat diesen Widerspruch zurückgewiesen. Die mit-
einander zu vergleichenden Waren könnten zwar identisch sein und sich wirt-
schaftlich nahestehen. Unter Zugrundelegung einer normalen Kennzeichnungs-
kraft der Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke den erforderlichen, er-
heblichen Abstand jedoch ein. Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr liege
nicht vor, da sich die Marken in ihren Wortlängen deutlich unterschieden. Da beide
Marken zudem eher kurz seien, würden diese Unterschiede vom Verkehr verstärkt
wahrgenommen. Darüber hinaus sei „Trabi“ die Abkürzung für den in der ehemali-
gen DDR verbreiteten Kleinwagen „Trabant“. Dieser inhaltliche Bezug biete dem
Verkehr eine zusätzliche Merk- und Unterscheidungshilfe. Eine klangliche Ähn-
lichkeit liege ebenfalls nicht vor. Zwar bestünden beide Marken aus zwei Silben
und wiesen dieselbe Vokalfolge auf. Bei kurzen Wörtern fielen aber die Unter-
schiede stärker auf. Der Mittelkonsonant „b“ in der angegriffenen Marke werde
doppelt als „bb“ gesprochen. Deswegen werde der vorangehende Vokal in der an-
gegriffenen Marke kürzer artikuliert. Zudem werde der (klangliche) Doppelkonso-
nant „bb“ eher weich gesprochen, während der Buchstabe „P“ in der Wider-
spruchsmarke wegen des vorangehenden Konsonanten „M“ als Sprenglaut wirke.
Unter Berücksichtigung des inhaltlichen Bezugs der angegriffenen Marke sei da-
her eine Verwechslungsgefahr durch unmittelbares Verhören oder nach dem Er-
innerungseindruck ausgeschlossen. Eine Ähnlichkeit der Marken aus anderen Ge-
sichtspunkten sei weder vorgetragen noch ersichtlich.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde, mit der sie die
Aufhebung des angegriffenen Beschlusses beantragt. Es liege Warenidentität vor,
was zu einer erhöhten Verwechslungsgefahr führe. Die Vergleichswörter wiesen
klanglich gesehen eine identische Vokalfolge auf. Die charakteristische Konso-
nantenfolge „Tr“ am Wortanfang stimme ebenfalls überein. Die Konsonanten „b“
und „P“ unterschieden sich lediglich in ihrer Härte und zudem träten sie in der un-
betonten Endsilbe auf. Von einem markenrechtlichen Unterschied könne keinerlei
Rede mehr sein, wenn man zusätzlich berücksichtige, daß ein markenrechtlich
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beachtlicher Anteil der Verkehrskreise, vor allem in Sachsen, beide Konsonanten
praktisch gleich ausspreche. Der zusätzliche Konsonant „M“ in der Widerspruchs-
marke verschmelze mit dem nachfolgenden „P“ mehr oder weniger und reiche
nicht aus, um ein Verhören zu verhindern. Zwar möge der Sinngehalt des Wortes
„Trabi“ als Abkürzung für ein Auto von einem Teil des angesprochenen Verkehrs
erfasst werden, dies schließe jedoch nicht aus, daß ein markenrechtlich erhebli-
cher Teil der Verkehrskreise diesen Sinn nicht erfasse, da das entsprechende
Fahrzeug seit Jahren nicht mehr zur Diskussion stehe. Überdies könne ein mögli-
cher Sinngehalt eine klangliche Verwechslungsgefahr nicht ausschließen, da ein
Verhören bzw Versprechen möglich sei, bevor der Sinngehalt überhaupt zu Be-
wusstsein gelange.
Der Markeninhaber hat sich nicht geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Mit der Markenstelle hält der Senat
eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 Mar-
kenG für nicht gegeben.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände
des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 – Sabèl/Puma). Dabei
besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren,
insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekenn-
zeichneten Waren bzw Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der
prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren bzw
Dienstleistungen kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken aus-
geglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 – Canon; BGH
GRUR 2000, 506, 508 – ATTACHÉ/TISSERAND). Im vorliegenden Fall sind die
miteinander zu vergleichenden Waren gleich bzw hochgradig ähnlich. Die Kenn-
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zeichnungskraft der älteren Marke kann mangels anderer Anhaltspunkte als
durchschnittlich angenommen werden. Trotz der damit strengen Anforderungen,
die an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand zu stellen sind, unter-
scheiden sich die Vergleichszeichen in jeder Hinsicht deutlich.
Die Zeichenwörter „Trabi“ und „TRAMPY“ weisen zwar durchaus Gemeinsamkei-
ten und Übereinstimmungen auf. Sie sind zweisilbig und die Vokalfolge ist jeden-
falls in klanglicher Hinsicht gleich (a – i/y). Auch die Wortanfänge stimmen über-
ein. Dennoch führen die Unterschiede in den Konsonanten im vorliegenden Fall
dazu, daß sich die Vergleichswörter in klanglicher Hinsicht hinreichend unter-
scheiden. Die angegriffene Marke „Trabi“ erhält wegen des weichklingenden Kon-
sonanten „b“ in ihrer Wortmitte eine insgesamt weichere und fließendere Ausspra-
che. Demgegenüber wirkt die Widerspruchsmarke in ihrem Klangverlauf härter
und knapper. Dies wird durch den Konsonanten „M“ und den nachfolgenden hart-
klingenden Konsonanten „P“ in der Wortmitte erreicht. Diese Konsonantenfolge
führt zu einem deutlichen sprachlichen Abschluß der ersten Silbe und damit ins-
gesamt zu einer deutlicheren Artikulation der einzelnen Silben als dies bei der an-
gegriffenen Marke der Fall ist. Die Vergleichswörter sind recht kurz, was zusätzlich
dazu führt, daß die vorhandenen Abweichungen deutlicher wahrgenommen wer-
den als bei längeren Wörtern. Hinzu kommt, wie bereits die Markenstelle zutref-
fend festgestellt hat, der Sinngehalt, der dem Wort „Trabi“ innewohnt und hinrei-
chend bekannt ist, auch wenn das Auto als solches nicht mehr gebaut wird. Dem
angesprochenen Verkehr ist der Hinweis auf das so benannte Auto aber so geläu-
fig, daß er diesen Sinngehalt ohne weiteres Nachdenken sofort erfassen wird. Da-
gegen konnte eine Aussprache, die landestypisch verwaschen oder undeutlich ist
und deshalb beide Marken klanglich gleich erscheinen läßt, nicht berücksichtigt
werden. Eine undeutliche Aussprache, ob dialektisch geprägt oder nicht, führt
nämlich regelmäßig zu Verständigungsschwierigkeiten und ggf Nachfragen
(Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 9 Rdnr 203 f).
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Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr ist wegen der unterschiedlichen
Schreibweisen und – bei Kleinschreibung – Ober- und Unterlängen nicht zu be-
fürchten. Anhaltspunkte für sonstige Verwechslungsgefahren liegen nicht vor.
Besondere Gründe, einem Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens ge-
mäß § 71 Abs 1 MarkenG aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen, sind nicht gege-
ben.
Albert
Richter Kraft kann wegen
Urlaubs nicht unterschrei-
ben.
Albert
Eder
Bb