Urteil des BPatG vom 06.10.2008

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 18/06
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 60 040.3
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 6. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Vogel
von Falckenstein sowie die Richterin Hartlieb und den Richter Paetzold
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 9 vom 11. November 2005 aufgehoben und
- 2 -
an die Markenstelle zur Entscheidung über die Erinnerung zurück-
verwiesen.
G r ü n d e
I .
Angemeldet zur Eintragung als Wortmarke für die Waren
„Geräte zum Senden, Empfangen, Übertragen und Wiedergabe
von Ton, Bild und Daten; Software und Softwareplattform für sol-
che Geräte“
„Starsat“
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung mit Beschluss vom 1. September 2004 unter Hinweis auf die Gründe
ihres Beanstandungsbescheides nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückge-
wiesen. Der Beschluss wurde vom Amt am 10.9.2004 als Übergabeeinschreiben
abgesandt.
Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin Erinnerung mit Schreiben vom 6. Ok-
tober 2004 eingelegt; die Erinnerungsgebühr ist beim Amt am 15. Oktober 2004
eingegangen. Daraufhin hat die Markenstelle mit Beschluss vom 11. Novem-
ber 2005 festgestellt, dass die Erinnerung mangels rechtzeitiger Zahlung der Erin-
nerungsgebühr als nicht eingelegt gelte, die spätestens am 13.9.2004 hätte ein-
gehen müssen. Soweit sich die Empfängerin auf einen Zugang erst am
15. September 2004 wegen eines entsprechenden internen Datumsstempels auf
dem Anschreiben berufe, sei dies unerheblich, da eine Nachfrage bei der …
AG
ergeben
habe,
dass
der
streitige
Beschluss
tatsächlich
am
13. September 2004 zugestellt worden sei.
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Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde und beantragt sinn-
gemäß,
den Beschluss der Markenstelle vom 11. November 2005 aufzu-
heben.
Eine Begründung hat sie nicht eingereicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten
Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat auch in der Sache Erfolg. Die Mar-
kenstelle hat zu Unrecht festgestellt, dass die Erinnerung der Anmelderin wegen
verspäteter Zahlung der Erinnerungsgebühr als nicht eingereicht gelte.
Zwar ist der Markenstelle darin zuzustimmen, dass nach der Zustellungsfiktion des
§ 4 Abs. 2 VwZG die Erinnerungsgebühr spätestens am 13. Oktober 2004 hätte
eingehen müssen. Wenn jedoch diese Fiktion zugunsten des Empfängers wider-
legt ist, weil er den rechtzeitigen Zugang des Schreibens glaubhaft bestreitet, ist,
wie die Markenstelle selbst ausführt, der rechtzeitige Zugang des Schreiben nach
§ 4 Abs. 2 S. 2 MarkenG durch die Behörde nachzuweisen. Dies ist jedoch nicht
geschehen.
Bei Einschreiben ohne Rückschein sind die Einlieferungsbescheinigung und die
Empfangsbestätigung der gemeinsame Nachweis der Zustellung. Hat die Behörde
es versäumt, den tatsächlichen Übergabezeitpunkt des Einschreibens innerhalb
der sechsmonatigen Aufbewahrungsfrist für Zustellungsnachweise durch einen
Nachforschungsauftrag bei der Post zu klären, geht dies zu ihren Lasten (vgl.
Sadler, VwZG, § 4 Rdn. 15, 16 m. w. N.).
- 4 -
Ein entsprechender Urkundsbeweis ist der Akte nicht zu entnehmen. Soweit die
Markenstelle sich auf eine Nachfrage bei der D… AG beruft, die erge-
ben habe, dass der Beschluss am 13. September zugestellt worden sei, so ist dies
hier nicht ausreichend. Als Beweis kommt zwar auch eine Auskunft der Post über
das Datum der Empfangsbescheinigung in Betracht (vgl. Ströbele/Hacker, Mar-
kenG, 8. Aufl. 2006, § 94 Rdn. 14). Allerdings muss dies, um der Nachweispflicht
der Behörde Genüge zu tun, in geeigneter Weise, nämlich schriftlich geschehen.
Selbst wenn man eine telefonische Auskunft bei der Post genügen lassen wollte,
hat diese im vorliegenden Fall keinen hinreichenden Niederschlag in der Akte ge-
funden. Lediglich in der Aktenlasche findet sich ein Bestätigungsschreiben über
die Absendung des Beschlusses am 10.09.04. Auf diesem Faxschreiben ist hand-
schriftlich der Vermerk angebracht: „zugestellt 13.09.04“, ohne dass jedoch der
Verfasser dieses Vermerks erkennbar ist; eine Unterschrift oder Paraphe fehlt.
Auch bleibt unklar, auf welcher Informationsquelle der Vermerk beruht. Damit sind
die Anforderungen an eine Beweisurkunde nicht erfüllt, abgesehen davon, dass
das Schriftstück nicht einmal in der Akte einfoliiert war. Derartige Unterlagen
rechtfertigen jedenfalls nicht die Schlussfolgerung, der rechtzeitige Zugang sei
gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 VwZG nachgewiesen.
Nach alledem war der Beschluss der Markenstelle vom 11. November 2005 aufzu-
heben und die Sache zurückzuverweisen.
Dr. Vogel von Falckenstein
Hartlieb
Paetzold
Cl