Urteil des BPatG vom 22.05.2006

BPatG: patentanspruch, einspruch, patentfähigkeit, erfindung, blindgänger, widerruf, streumunition

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
20 W (pat) 338/03
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
22. Mai 2006
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 101 39 502
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hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2006 durch …
beschlossen:
Das Patent wird widerrufen.
G r ü n d e
I.
Die Einsprechende führt im Einspruchsschriftsatz aus, der Gegenstand des Pa-
tents sei nicht patentfähig, gehe über den Inhalt der ursprünglichen Unterlagen
hinaus und sei nicht ausführbar. Sie stützt ihren Einspruch u. a. auf folgende
Druckschrift:
(10) EP 0 637 760 A2
Die Einsprechende beantragt,
das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberinnen beantragen,
das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten
Patentansprüchen 1 bis 10 aufrechtzuerhalten.
Der in der mündlichen Verhandlung überreichte Patentanspruch 1 lautet:
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„Bomblet, auf dessen Außenmantelfläche ein passives, auf Hoch-
frequenzbestrahlung reflektiv reagierendes Antwort-Etikett aufge-
bracht ist, dessen Antwortsignal, sofern das Bomblet nicht deto-
niert, sondern als Blindgänger mit unzerstörtem Etikett niederge-
gangen ist, aus der näheren Umgebung mittels eines Detektors
aufnehmbar ist.“
Die Einsprechende führt im Wesentlichen aus, der Gegenstand des neuen Patent-
anspruches 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Außerdem sei der
Patentanspruch 1 unzulässig, weil er einen anderen Gegenstand als das Patent
betreffe.
Die Patentinhaberinnen sind dagegen der Ansicht, der neue Patentanspruch 1
beinhalte eine Einschränkung auf ein Bomblet. Er sei daher zulässig. Außerdem
beruhe er auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die nächstkommende Druck-
schrift (10) beschreibe die Abschaltung von Panzerminen und betreffe somit eine
andere Problematik.
II.
Der Einspruch führt zum Widerruf des Patents.
Der neue Patentanspruch 1 führt zu einer Erweiterung des Schutzbereichs des
Patents.
Das Patent betrifft gemäß den erteilten Patentansprüchen 1 und 2 ein Verfahren
zum Detektieren von Streumunitions-Blindgängern sowie eine Vorrichtung zur
Detektion von Streumunitions-Blindgängern. Bei der Streumunition kann es sich
zwar entsprechend der fakultativen Angabe in den erteilten Patentansprüchen 1
und 2 um Bomblets handeln, Bomblets selbst werden mit dem Patent jedoch nicht
unter Schutz gestellt. Entgegen der Ansicht der Patentinhaberinnen beinhaltet der
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neue Patentanspruch 1 somit nicht eine Einschränkung des erteilten, auf eine Vor-
richtung zur Detektion von Streumunitions-Blindgängern gerichteten Vorrichtungs-
anspruchs. Bei dem Gegenstand des neuen Patentanspruchs 1 handelt es sich
vielmehr um ein „aliud“, also eine andere Erfindung. Der neue Patentanspruch 1
führt daher zu einer Erweiterung des Schutzbereichs des Patents.
Bei dieser Sachlage kommt es auf die Patentfähigkeit des Gegenstands des Pa-
tentanspruches 1 nicht mehr an. Nach Überzeugung des Senats beruht der Ge-
genstand des Patentanspruches 1 jedoch auch nicht auf einer erfinderischen Tä-
tigkeit. Die Druckschrift (10) betrifft Minen (Sp. 3 Z. 38-42), auf deren Außenman-
telfläche ein passives, auf Hochfrequenzbestrahlung reflektiv reagierendes Ant-
wort-Etikett aufgebracht ist (Minenpflaster: Sp. 2 Z. 51 - Sp. 3 Z. 11, Hochfre-
quenzbestrahlung: Sp. 4 Z. 24). Das Antwortsignal des Etiketts ist aus der nähe-
ren Umgebung mittels eines Detektors aufnehmbar, sofern die Mine vorher nicht
detoniert ist und somit ein unzerstörtes Etikett aufweist. Auf Grund des engen
technologischen Zusammenhangs liegt es für den Fachmann nahe, solche Ant-
wortetiketten auch bei Bomblets einzusetzen.
gez.
Unterschriften