Urteil des BPatG vom 15.12.2006

BPatG (kosmetisches mittel, stand der technik, verhalten, menge, patent, fachmann, patentanspruch, umfang, behandlung, gegenstand)

BUNDESPATENTGERICHT
14 W (pat) 338/03
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
15. Dezember 2006
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 100 32 118
BPatG 154
08.05
- 2 -
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Das Patent 100 32 118 wird widerrufen.
G r ü n d e
I
Die Erteilung des Patents 100 32 118 mit der Bezeichnung
„Antithixotropes kosmetisches Mittel“
ist am 27. März 2003 veröffentlicht worden. Das Patent umfasst 11 Patentansprü-
che, von denen der Anspruch 1 wie folgt lautet:
da-
durch gekennzeichnet
Verhalten aufweist und eine Polymerkombination enthält aus
(A)
mindestens einem anionischen Polymer und
(B)
mindestens einem kationischen Polymer
in einem wässrigen, alkoholischen oder wässrig-alkoholischen
Medium, wobei Art und Menge der Polymere so gewählt sind,
dass sie dem Mittel das antithixotrope (rheopexe) Verhalten ver-
leihen.
- 3 -
Zum Wortlaut der Ansprüche 2 bis 10, die besondere Ausgestaltungen des kos-
metischen Mittels nach Anspruch 1 betreffen, und des Anspruchs 11, der die Ver-
wendung eines antithixotropen kosmetischen Mittels zur Haarfestigung betrifft,
wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Gegen dieses Patent sind mit den am 25. und 27. Juni 2003 eingegangenen
Schriftsätzen zwei Einsprüche erhoben worden, von denen ein Einspruch im Laufe
des Einspruchsverfahrens zurückgenommen wurde. Die Einsprüche sind auf die
Behauptung gestützt, dem vorliegend beanspruchten Gegenständen fehle es an
der Neuheit bzw. an der erfinderischen Tätigkeit sowie an der ausreichenden Of-
fenbarung.
Dazu verweisen die Einsprechenden insbesondere auf die Druckschrift
D9:
DE 28 11 010 C2.
Die Gegenstände der jeweiligen Hauptansprüche der Hilfsanträge 1, 2 und 3 seien
gleichfalls nicht neu. In der mündlichen Verhandlung räumt die verbliebene Ein-
sprechende ein, dass der Gegenstand des Hilfsantrags 4 gegenüber dem Stand
der Technik zwar neu sei, jedoch gegenüber einer Kombination der Druckschrift
D9 mit
D10:
Melissa J. Vitale, Eidesstattliche Versicherung über die öf-
fentliche Zugänglichkeit von D10a, D10b, D10c
D10a: Öffentlicher Vortrag vom Oktober 1999 mit „Declaration“
D10b: Werbesprospekt „AMAZE® Starch Fixative” Mai 2000 mit
„Declaration“
D10c: Rezeptur 9986-101, Oktober 1999 mit „Declaration“
nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
- 4 -
Die Einsprechende beantragt,
das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt,
die Einsprüche zurückzuweisen und das Patent in vollem Umfang
gemäß Hauptantrag, hilfsweise im Umfang eines der Hilfsan-
träge 1 bis 4 aufrechtzuerhalten.
Die Patentinhaberin tritt dem Vorbringen der Einsprechenden entgegen und ver-
folgt ihr Patent gemäß Hauptantrag in vollem Umfang weiter, hilfsweise im Umfang
der Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag 1, weiter hilfsweise im Umfang der
Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 2, sowie der Patentansprüche 1 bis 5
gemäß Hilfsantrag 3 und der Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag 4 je-
weils vom 23. Mai 2006.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:
da-
durch gekennzeichnet
Verhalten aufweist und eine Polymerkombination enthält aus
(A) 0,01 bis 20 Gew.% mindestens eines filmbildenden anioni-
schen Polymers,
(B) 0,01 bis 20 Gew.% mindestens eines filmbildenden kationi-
schen Polymers und
(C) 0 bis 20 Gew.% mindestens einer modifizierten Stärke, in ei-
nem wässrigen, alkoholischen oder wässrig-alkoholischen Me-
dium, wobei Art und Menge der Polymere so gewählt sind, dass
sie dem Mittel das antithixotrope (rheopexe) Verhalten verleihen,
dadurch gekennzeichnet
- 5 -
von 5 bis 65 Gew.%, das Polymer (B) in einer Menge von 8 bis
60 Gew.% und das Polymer (C) in einer Menge von 0 bis
75 Gew.% vorliegt, wobei die Mengenangaben jeweils auf die Ge-
samtmenge der Polymere (A), (B) und (C) bezogen sind.
Der Patentanspruch
1 des Hilfsantrags
2 unterscheidet sich vom Patentan-
spruch 1 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass als zusätzliches Merkmal entsprechend
dem erteilten Anspruch 8 das Verhältnis der Polymeren so gewählt ist, dass es in
dem schraffierten Bereich des Dreiecksdiagramms der Abbildung 1/1 der Streit-
patentschrift liegt und der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 3 vom Patentan-
spruch 1 des Hilfsantrags 2 dadurch, dass zusätzlich der Inhalt der erteilten An-
spruche 4 und 5 zur Spezifizierung der anionischen und kationischen Polymere
aufgenommen ist. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 lautet:
da-
durch gekennzeichnet
Verhalten aufweist und eine Polymerkombination enthält aus
(A) 0,2 bis 2 Gew.%, bezogen auf die Gesamtzusammensetzung
des Mittels, Polystyrolsulfonat,
(B) 0,4 bis 2 Gew.%, bezogen auf die Gesamtzusammensetzung
des Mittels, mindestens eines filmbildenden kationischen
Polymers, ausgewählt aus quaternisierten Vinylpyrroli-
don/Dialkylaminoalkylmethacrylat Copolymeren, Methylviny-
limidazoliumchlorid/Vinylpyrrolidon Copolymeren, Methylvi-
nylimidazolium Methylsulfat/Vinylpyrrolidon Copolymeren
und Copolymeren aus Vinylcaprolactam, Vinylpyrrolidon und
quaternisiertem Vinylimidazol und
(C) 0,1 bis 10 Gew.% mindestens einer modifizierten Stärke,
ausgewählt aus nichtionisch modifizierten Stärkederivaten,
in einem wässrigen alkoholischen oder wässrig-alkoholischen Me-
dium, wobei Art und Menge der Polymere so gewählt sind, dass
- 6 -
sie dem Mittel das antithixotrope (rheopexe) Verhalten verleihen,
dadurch gekennzeichnet
von 10 bis 55 Gew.%, das Polymer (B) in einer Menge von 10 bis
55 Gew.% und das Polymer (C) in einer Menge von 10 bis
70 Gew.% vorliegt, wobei die Mengenangaben jeweils auf die Ge-
samtmenge der Polymere (A), (B) und (C) bezogen sind und wo-
bei das Verhältnis der Polymere (A), (B) und (C) so gewählt ist,
dass es in dem schraffierten Bereich des Dreieckdiagramms der
Abbildung 1/1 liegt.
Die Patentinhaberin macht schriftsätzlich im Wesentlichen geltend, dass der ent-
gegengehaltene Stand der Technik die beanspruchten Gegenstände nach Haupt-
antrag weder vorwegnehme noch nahelege, da in keiner der entgegengehaltenen
Druckschriften antithixotrope kosmetische Mittel mit einer Kombination von katio-
nischen und anionischen Polymeren gemäß Streitpatent offenbart seien. Die An-
gabe singulärer Werte für die Viskosität bei einzelnen Druckschriften impliziere,
dass die Viskosität zeitlich konstant sei. Bei antithixotropen Zusammensetzungen
wäre aber die Viskosität bei konstanter Schergeschwindigkeit nicht konstant. Der
Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents beruhe auch auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit, da sich aus keinem der zitierten Dokumente für den Fachmann
eine Veranlassung ergebe, ein Haarbehandlungsmittel mit antithixotropen Eigen-
schaften herzustellen. Rheoplexie sei ein bis heute unverstandenes und damit un-
vorhersehbares Phänomen. Antithixotropes Verhalten sei für Kosmetika generell
nicht wünschenswert und müsse vermieden werden. Die Gegenstände der erteil-
ten Ansprüche und insbesondere der Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen seien
daher vom Stand der Technik nicht nur nicht nahegelegt, sondern überwänden ein
Vorurteil.
Zur mündlichen Verhandlung ist die Patentinhaberin wie angekündigt nicht er-
schienen.
- 7 -
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der Ansprüche 2 bis 11
gemäß Hauptantrag und der weiteren Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4
wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
1.
Er führt zum Widerruf des Patents.
2.
sind, da ihre Gegenstände mangels Neuheit nicht patentfähig sind. Die Ansprüche
der Hilfsanträge 1 bis 4 sind jedenfalls aus dem erteilten Patent sowie den Erst-
unterlagen ableitbar. Auch besteht für den Fachmann kein Zweifel daran, wie die
Mengenangaben für die Polymeren in den jeweiligen Ansprüchen 1 der Hilfsan-
träge 1 bis 4 zu verstehen sind. Denn die Mengenangaben in Gew.-% für die Po-
lymeren im Oberbegriff dieser Ansprüche beziehen sich sämtlich unter Hinzuzie-
hen von Beschreibung und insbesondere der Beispiele der Streitpatentschrift auf
die Gesamtzusammensetzung der kosmetischen Mittel, wogegen die Mengenan-
gaben in den kennzeichnenden Teilen dieser Ansprüche sich auf die Gesamt-
menge der Polymere (A), (B) und (C) beziehen, wie es in diesen Ansprüchen auch
explizit angegeben ist. Die diesbezüglichen Einwände der Einsprechenden können
daher nicht durchgreifen.
3.
Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 3 sind nicht neu.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags betrifft ein Mittel mit den
Merkmalen:
- 8 -
1.
Kosmetisches Mittel zur Behandlung von Haut oder Haaren, das
2. ein
antithixotropes
Verhalten aufweist und
3.
eine Polymerkombination enthält aus
3.1 (A) mindestens einem anionischen Polymer und
3.2 (B) mindestens einem kationischen Polymer
4. in einem wässrigen, alkoholischen oder wässrig-alkoholi-
schen Medium,
5.
wobei Art und Menge der Polymere so gewählt sind, dass sie
dem Mittel das antithixotrope (rheopexe) Verhalten verleihen.
Aus D9 sind Mittel zur Behandlung von Haaren bekannt, die eine Polymerkombi-
nation mit einem anionischen und kationischen Polymer enthalten (S. 2 Z. 3 bis 7).
Die Mittel können 0,5 g eines Natriumsalzes von Polystyrolsulfonat und 0,5 g ei-
nes quaternären Polyvinylpyrrolidon-Copolymers (Polyquaternium-11) in 100 g
wässriger Lösung aufweisen und bilden ein Gel (vgl. S. 52 Beispiel 57 i. V. m.
S. 44 unter Anionische Polymere (b) und S. 45 unter Kationische Polymere (ddd)).
Aus D9 sind damit Mittel mit den Merkmalen 1, 3, 3.1, 3.2 und 4 bekannt. Aber
auch die Merkmale 2 und 5 des Gegenstandes des Anspruchs 1 werden bei D9
erfüllt. Beim Streitpatent wird nach Anspruch 4 und bei allen Beispielen ein Natri-
umsalz von Polystyrolsulfonat, und nach Anspruch 5 i. V. m. den Beispielen 1 bis
4 Polyquaternium-11 eingesetzt. Nach Anspruch 8 i. V. m. S. 4 Abs. [0019] des
Streitpatents wird zur Auswahl geeigneter Mengenverhältnisse der Polymere das
Dreiecksdiagramm Abb. 1/1 herangezogen. Bei Verhältnissen der Polymeren ein-
schließlich der optional einzusetzenden Stärkederivate (C) im schraffierten Be-
reich der Figur 1 des Streitpatents weisen die Mittel danach ein antithixotropes
Verhalten auf. Dies ist zumindest beim Beispiel 57 von D9 der Fall, denn bei ei-
nem Gehalt von jeweils 0,5 g der Polymeren des Beispiels 57 ergibt sich ein Wert
von jeweils 50 % für Polymer (A) und (B), der in den schraffierten Bereich der Fi-
gur 1 des Streitpatents fällt. Obwohl in D9 nicht darauf hingewiesen wird, dass das
Mittel antithixotropes Verhalten aufweist, gehört auch diese Eigenschaft des Mit-
tels zum Offenbarungsgehalt von D9, denn zwangsläufige Ergebnisse, die sich bei
- 9 -
der Nacharbeitung der dargestellten Lehre ergeben, sind für einen Fachmann
auch dann offenbart, wenn sie in der Entgegenhaltung nicht erwähnt werden (BGH
GRUR 1980, 283 - Terephthalsäure; Schulte PatG 7. Aufl. § 3 Rdn. 99).
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist damit gegenüber D9 nicht
mehr neu. Das gleiche gilt für die Gegenstände der jeweiligen Ansprüche 1 der
Hilfsanträge 1 bis 3. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 weist gegenüber dem
Hauptantrag die zusätzlichen Merkmale auf, dass das anionische (A) und das ka-
tionische (B) Polymer filmbildend sind und in einer Menge von jeweils 0,01 bis
20 Gew.% enthalten sind, 0 bis 20 Gew.% mindestens einer modifizierten Stärke
(C) enthalten sein können, sowie das Polymer (A) in einer Menge von 5 bis
65 Gew.%, das Polymer (B) in einer Menge von 8 bis 60 Gew.% und das Polymer
(C) in einer Menge von 0 bis 75 Gew.% jeweils bezogen auf die Gesamtmenge
der Polymere vorliegen. Wie vorstehend dargelegt, sind beim bei D9 insbesondere
in Betracht gezogenen Beispiel 57 jeweils 0,5 Gew.% filmbildendes anionisches
und kationisches Polymer im Mittel enthalten, was bezogen auf die Gesamtmenge
der Polymere jeweils 50 Gew.% ergibt. Damit sind auch die zusätzlichen Merk-
male des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 von D9 vorweggenommen. Im An-
spruch 1 des Hilfsantrags 2 wird zusätzlich noch darauf Bezug genommen, dass
das Verhältnis der Polymere (A), (B) und (C) so gewählt ist, dass es in dem
schraffierten Bereich des Dreieckdiagramms der Abbildung 1/1 liegt. Wie vorste-
hend bereits dargelegt wird auch dieses Merkmal bei D9 erfüllt. Auch die gegen-
über dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 zusätzlichen Merkmale, Polystrolsulfonat
als Komponente (A) und unter anderem quaternisiertes Vinylpyrroli-
don/Dialkylaminoalkylmetharcrylat Copolymeres als Komponente (B), des An-
spruchs 1 des Hilfsantrags 3 sind bei D9 bereits erfüllt. Denn, wie vorstehend dar-
gelegt, wird beim Beispiel 57 der D9 Polystyrolsulfonat als anionisches Polymer
und Vinylpyrrolidon/Dialkylaminoalkylmetharcrylat Copolymer, d. h. Polyquater-
nium-11, als kationisches Polymer eingesetzt.
- 10 -
Die Ansprüche 1 nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 3 haben da-
her mangels Neuheit ihrer Gegenstände keinen Bestand.
4.
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 weist gegenüber dem Anspruch 1 des Hilfsan-
trags 3 unter anderem das Merkmal auf, dass die Polymerkombination 0,1 bis
10 Gew.% mindestens einer modifizierten Stärke, ausgewählt aus nichtionisch
modifizierten Stärkederivaten enthält. Die aus D9 bekannten kosmetischen Mittel
mit einer Kombination von anionischen und kationischen Polymeren enthalten die-
sen Zusatz nicht. Auch die weiteren im Verlauf des Einspruchsverfahrens ge-
nannten Druckschriften können die Neuheit der Mittel nach Anspruch 1 des Hilfs-
antrags 4 nicht Frage stellen, denn in keiner dieser Druckschriften wird ein kosme-
tisches Mittel mit einer Kombination eines Polystyrolsulfonats als anionischem
Polymer, eines speziellen kationischem Polymer sowie einer nichtionisch modifi-
zierten Stärke beschrieben.
5.
auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, die rheologischen Nachteile be-
kannter kosmetischer Zusammensetzungen zu vermeiden sowie neue kosmeti-
sche Mittel zur Verfügung zu stellen mit neuen, attraktiven haptischen Eigen-
schaften (vgl. Streitpatent S. 2 Abs [0004]). Diese Aufgabe ist durch die aus D9
bekannten Mittel bereits gelöst. Mittel in wässriger Lösung, die 0,5 Gew.% Polysty-
rolsulfonat als anionisches Polymer (A) und 0,5 Gew.% Polyquaternium-11 als ka-
tionisches Polymer (B) gemäß Beispiel 57 von D9 enthalten, weisen nämlich be-
reits zwangsläufig diese Eigenschaften auf. Die Mittel des Streitpatents sollen sich
darüber hinaus insbesondere als Haarfestiger eignen (vgl. Anspruch 2 des Hilfs-
antrags 4 i. V. m. S. 5 Abs. [0027] und den Beispielen 2 bis 6 des Streitpatents).
Um ausgehend von D9 die Mittel insbesondere im Hinblick für ihre Eignung als
- 11 -
Haarfestiger zu verbessern und zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsan-
trag 4 zu gelangen, war es für den Fachmann durch D10 bis D10b nahegelegt,
dem Mittel eine nichtionische Stärke zuzusetzen. Als Fachmann ist dabei ein
Kosmetikchemiker zu betrachten, der mit einem Physiker oder Physikochemiker,
der sich mit dem Fließverhalten von Polymeren in wässrigen und alkoholischen
Lösungen auskennt, zusammenarbeitet. Die Dokumente D10 bis D10b betreffen
einen Vortrag (D10a) über die Anwendung von AMAZE
®
, einem nichtionisch mo-
difizierten Stärkederivat, und einen Werbeprospekt (D10b) über AMAZE
®
, deren
öffentliche Zugänglichkeit vor dem Anmeldetag des Streitpatents unwidersprochen
von der Patentinhaberin durch die eidesstattliche Versicherung (D10) belegt ist.
AMAZE
®
wird dabei als nichtionisch modifizierter Stärkefestiger bezeichnet, der
Haarfestigern in Form von Schäumen und Gelen zugesetzt wird, nicht klebrig ist
und dem Haar einen griffigen Halt verleiht (vgl. D10b S. 1 li. Sp. Abs. 1 und 2
i. V. m. D10a S. 2 obere Folie). Diese nichtionisch modifizierte Stärke kann mit
anionischen und kationischen Polymeren kombiniert werden, wobei die in D9 und
im Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 genannten Polymere Flexan
®
130 (Natriumsalz
von Polystrolsulfonat) und Polyquaternium-11 besonderes hervorgehoben werden
(D10b S. 2 mittlere Sp. unter Hold bis re. Sp. Abs. 1; D10a S. 6 obere Folie). Da-
bei wird auch eine Mischung von 1,5 % AMAZE
®
mit 0,5 % Flexan
®
130 in wässri-
ger Lösung herausgestellt. Im Streitpatent werden gleichfalls diese Polymere in
Kombination eingesetzt (vgl. S. 6 Beispiele 2 bis 4). Der Fachmann wird nicht er-
warten, dass sich durch den Zusatz des nichtionischen Stärkederivats das antithi-
xotrope Verhalten des Mittels ändert, da er lediglich von ionisch gegensätzlich
geladenen Polymeren, die ein Assoziat bilden können, einen Einfluss auf das rhe-
ologische Verhalten des Mittels erwartet. Er war also nicht davon abgehalten,
durch einen einfachen Versuch festzustellen, ob beim Zusatz von 1,5 % des Stär-
kederivats zu einem Mittel, das 0,5 Gew.% des anionischen Polymers und
0,5 Gew.% des kationischen Polymers, wie Beispiel 57 von D9, enthält, das an-
tithixotrope Verhalten erhalten bleibt. Wie die Einsprechende in der mündlichen
Verhandlung gezeigt hat, fällt diese Mischung dann auch Mitten in den die antithi-
xotropen Mischungen kennzeichnenden schraffierten Bereich der Abbildung 1/1
- 12 -
des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4. Der Fachmann brauchte also weder die Men-
genverhältnisse der Polymeren zur Gesamtzusammensetzung noch zur Gesamt-
menge der Polymeren zu verändern, um durch die von D9 und D10a, b nahege-
legte Kombination zu den Mitteln des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 zu gelangen.
Der Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 hat daher mangels erfinderischer Tätigkeit
seines Gegenstandes keinen Bestand.
6.
teilen das Schicksal der jeweiligen Ansprüche 1 (vgl. BGH GRUR 1997, 120 -
elektrisches Speicherheizgerät).
gez.
Unterschriften