Urteil des BPatG vom 31.03.2000

BPatG: marke, beschreibende angabe, verwechslungsgefahr, kennzeichnungskraft, gesamteindruck, aufmerksamkeit, verkehr, eugh, patent

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 194/99
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 152
10.99
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betreffend die Marke 2 902 512
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 31. März 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Winkler,
des Richters v. Zglinitzki und der Richterin Pagenberg
beschlossen:
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurück-
gewiesen.
G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 "Deutsches Patent- und
Markenamt") ist gegen die am 29. April 1995 veröffentlichte Eintragung der Marke
2 902 512
MAGIX
für Waren- und Dienstleistungen der Klassen, 35, 3, 9, 15, 16, 25, 41, 42, insbe-
sondere für die Waren
"Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen",
auf Grund der unter anderen für die Waren
"Kopfbedeckungen, Bekleidungsstücke"
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am 13. August 1954 eingetragenen Marke 661 412
Magic
Widerspruch erhoben worden.
Die Markenstelle für Klasse 35 des Patentamts hat den Widerspruch zunächst
durch Beschluß vom 5. Mai 1998 zurückgewiesen, auf die Erinnerung der Wider-
sprechenden jedoch durch Beschluß vom 16. August 1999 unter teilweiser Auf-
hebung des Erstbeschlusses die teilweise Löschung der Eintragung der angegrif-
fenen Marke im Umfang der Waren "Bekleidungsstücke und Kopfbedeckungen"
gemäß §§ 43 Abs 2, 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG wegen Verwechslungsgefahr mit der
Widerspruchsmarke angeordnet und die Erinnerung im übrigen zurückgewiesen.
In den Gründen ist ausgeführt worden, die Widerspruchsmarke sei zwar kenn-
zeichnungsschwach und besitze nur einen verminderten Schutzumfang, es be-
stehe aber Warenidentität sowie eine starke klangliche und bildliche Ähnlichkeit
der beiden Markenwörter.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat gegen diese Entscheidung des Pa-
tentamts Beschwerde eingelegt. Sie trägt im wesentlichen vor, die Gefahr mar-
kenrechtlicher Verwechslungen bestehe auch hinsichtlich der Waren
"Bekleidungsstücke und Kopfbedeckungen" nicht. Die Widerspruchsmarke ent-
halte nur eine schutzunfähige, im Sinne von "magisch, zauberhaft" beschreibende
Angabe, die auch durch die häufige Verwendung in Drittzeichen völlig verbraucht
sei, so daß sich ihr Schutzumfang auf die konkrete Eintragungsform beschränke.
Somit genügten bereits geringfügige Abweichungen, um eine Verwechslungsge-
fahr zu vermeiden. Auffällige Abweichungen wie die Kreation eines Phantasiebe-
griffes durch Verwendung des auffälligen "X" bei "MAGIX" fielen daher keinesfalls
in den Schutzbereich der Widerspruchsmarke, zumal es sich bei "MAGIX" um ein
sehr kurzes Zeichen handele und die Abweichung hier quantitativ ein größeres
Gewicht habe. Unter Berücksichtigung des äußerst geringen Schutzumfanges der
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Widerspruchsmarke hebe sich "MAGIX" sowohl schriftbildlich als auch phonetisch
und begrifflich deutlich von der Widerspruchmarke "Magic" ab und halte zu ihr
einen ausreichenden Abstand ein.
Sie beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluß der Markenstelle des Patentamts
vom 16. August 1999 aufzuheben, soweit die Löschung der ange-
griffenen Marke angeordnet worden ist.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, der Erinnerungsbeschluß der Markenstelle sei in vollem
Umfang zutreffend; die Angriffe der Beschwerdebegründung seien nicht geeignet,
das sachgerechte Ergebnis in Zweifel zu ziehen. Die Kennzeichnungskraft der
älteren Marke sei als lediglich weiterer, neben die übrigen Bestimmungsfaktoren
tretender Aspekt der Verwechslungsgefahr zu prüfen. Die Abwandlung des engli-
schen Wortes "Magics" durch den Buchstaben "X" zu "MAGIX" sei durchaus wer-
beüblich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre
Schriftsätze Bezug genommen.
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II
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist unbegründet.
Der Senat folgt der Beurteilung der Markenstelle des Patentamts im Erinnerungs-
beschluß vom 16. August 1999, daß hinsichtlich der beiderseitigen identischen
Waren "Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen" die Verwechslungsgefahr gemäß
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zwischen der angegriffenen Marke 2 902 512 "MAGIX"
und der Widerspruchsmarke 661 412 "Magic" gegeben ist. Die Markenstelle hat
daher die Löschung der angegriffenen jüngeren Marke in diesem Umfang gemäß
§ 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG iVm §§ 9 Abs 1 Nr 2, 152 MarkenG zu Recht ange-
ordnet.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG umfaßt alle
Umstände des Einzelfalls und würdigt die in Betracht kommenden Faktoren,
insbesondere der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und der Ähnlichkeit der
Marken sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, auch in ihrer
Wechselbeziehung untereinander (vgl EuGH GRUR 1998, 922, 923 Ez 16, 17, 18
- Canon; BGH GRUR 1999, 731, 732 - Canon II; BGH GRUR 1999, 995, 997
- HONKA; BGH GRUR 1999, 241, 242 f - PATRIC LION).
Die beschwerdegegenständlichen Waren "Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen"
der angegriffenen Marke sind mit den Waren der Widerspruchsmarke insoweit
identisch.
Außerdem sind die sich gegenüberstehenden Marken "MAGIX" und "Magic" klan-
glich, schriftbildlich und begrifflich hochgradig ähnlich. Die beiden Markenwörter
stimmen klanglich und schriftbildlich weitgehend, insbesondere auch in den übli-
cherweise stärker beachteten Wortanfängen überein. Die Klangbilder der beiden
Marken unterscheiden sich - bei englischer ebenso wie bei deutscher Ausspra-
che - nur unauffällig und leicht überhörbar durch den zusätzlichen Konsonanten
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"s" am Ende der jüngeren Marke, da der Buchstabe "x" als Affrikat "ks" gespro-
chen wird. Falls diese Abweichung vom Verkehr überhaupt bemerkt wird, kann der
Endlaut "-s" auch ohne weiteres als Plural- oder Genitivform aufgefaßt werden.
Schriftbildlich wird der Gesamteindruck im wesentlichen durch den identischen
Wortkomplex "MAGI.." bestimmt, während die verschiedenen Endbuchstaben "X"
gegenüber "C" jedenfalls bei üblicher Aufmerksamkeit der Durchschnittskunden,
mit der Bekleidungsstücke und Kopfbedeckungen unvorbereitet und häufig in Eile
gekauft zu werden pflegen, kaum genau in Erinnerung bleiben. Im übrigen liegt
aber auch eine starke begriffliche Ähnlichkeit vor. Die zumindest klanglich
geringfügige Abwandlung des Markenwortes "MAGIX" von dem regelmäßig
bekannten englischen Adjektiv "Magic" läßt eine Gleichsetzung der Bedeutung
"magisch" naheliegend erscheinen, zumal "MAGIX" wie der Plural oder Genitiv
von "Magic" klingt.
Angesichts der Warenidentität sowie der in dreifacher Hinsicht hochgradigen
Ähnlichkeit der Marken kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, ob oder in
welchem Maße die Widerspruchsmarke "Magic" kennzeichnungsschwach ist.
Denn selbst wenn hier nur ein enger Schutzumfang der Widerspruchsmarke un-
terstellt wird, beschränkt er sich jedenfalls nicht auf die - bereits in § 9 Abs 1 Nr 1
MarkenG geregelte - Identität, sondern erstreckt sich auch auf einen zwar ver-
hältnismäßig kleinen Ähnlichkeitsbereich, der aber die angegriffene Marke
"MAGIX" sicher noch erfaßt. Die Verwechslungsgefahr kann somit auch bei An-
nahme einer geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht verneint
werden.
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III
Die Beteiligten tragen die ihnen erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens
jeweils selbst (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).
Winkler Pagenberg
v.
Zglinitzki
Cl