Urteil des BPatG vom 04.11.2004

BPatG (marke, verkehr, bestandteil, beschwerde, verwechslungsgefahr, kennzeichnungskraft, computer, gesamteindruck, zeichen, benutzung)

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 87/03
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
04. November 2004
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 300 85 967.8
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hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
mündlichen Verhandlung vom 04. November 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Kliems sowie der Richterin Bayer und des Richters Merzbach
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Marke
AUCOSOFT
ist am 25. Juni 2001 unter der Nummer 300 85 967 für die Waren und Dienstleis-
tungen
„Entwicklung und Erstellung von Programmen für die Datenverar-
beitung im Steuerungsbereich (SPS) für Industrieanlagen (ein-
schließlich Visualisierung der Anlage mit ihren Bedienelementen),
Entwicklung von Computerprogrammen unter WIN
95/98/ME/NT/2000 für Betriebsdatenerfassung, Datenbanksyste-
me und kundenspezifische Softwareanwendungen; Entwicklung
und Einstellung von Webseiten ins Internet, Design und Aktualisie-
rung von Internetseiten bzw. Homepages, Bereitstellung einer E-
Commerce-Plattform im Internet für kleine bis mittelständische
Unternehmen; Computerhard- und –software“
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in das Markenregister eingetragen worden. Dagegen hat die Inhaberin der für die
Waren und Dienstleistungen
„Computer, auf maschinenlesbaren Datenträgern aufgezeichnete
Computerprogramme (Software); Erstellung von Computerpro-
grammen, Wartung von Computerprogrammen“
und seit dem 16. März 1992 eingetragenen Marke
AUCOTEC
Widerspruch erhoben, deren rechtserhaltende Benutzung seitens des Inhabers
der angegriffenen Marke bestritten ist.
Durch Beschluss der Markenstelle vom 10. März 2003 wurde der Widerspruch zu-
rückgewiesen. Die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke könne dahinge-
stellt bleiben, da auch nach der Registerlage und einer danach beachtlichen Nähe
der Waren/Dienstleistungen bzw einer teilweise möglichen Identität mangels hin-
reichender Gemeinsamkeiten der Zeichen keine Verwechslungsgefahr bestehe.
Bei der Beurteilung des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke sei von der Ge-
samtgestaltung auszugehen, da vorliegend einzelnen Bestandteilen keine selbst-
ständig kollisionsbegründende Bedeutung zukomme. In ihrer Gesamtheit seien
die Marken jedoch sowohl in bildlicher als auch in klanglicher Hinsicht wegen der
abweichenden Endungen „SOFT“ und „TEC“ ausreichend verschieden, auch
wenn sie in dem Anfangsbestandteil „AUCO“ übereinstimmten. Denn es müsse
berücksichtigt werden, dass dieser als Abkürzung für „Automatisierung“ und
„Computer“ stehe und somit kennzeichnungsschwach sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der Widerspruchsmarke vom
17. März 2003 mit dem Antrag,
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den Beschluss der Markenstelle vom 10. Februar 2003 aufzuhe-
ben und die Löschung der angegriffenen Marke für alle Waren und
Dienstleistungen anzuordnen.
Sie macht wie bereits im Verfahren vor der Markenstelle geltend, dass die Wider-
spruchsmarke über eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit verfüge. Die jährlichen
Werbeaufwendungen würden ca. … EUR betragen. Es würden ferner ent-
sprechende Werbeanzeigen geschaltet. Unzutreffend sei auch die Annahme der
Markenstelle, dass „AUCO“ eine Abkürzung und kennzeichnungsschwach sei. Es
sei vielmehr aufgrund der seit 1985 erfolgten intensiven Markennutzung von einer
gesteigerten Kennzeichnungskraft auszugehen. Demgegenüber seien die weite-
ren Bestandteile glatt beschreibend iSv „Software“ und „Technik“ und wiesen –
wenn überhaupt – eine wesentlich geringere Kennzeichnungskraft als der Be-
standteil „AUCO“ auf. Es bestehe deshalb sowohl optische als auch klangliche
Verwechslungsgefahr.
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zutreffend habe die Markenstelle eine Verwechslungsgefahr ver-
neint und nicht ausschließlich auf die Wortbestandteile „AUCO“,
sondern auf die Zeichen in ihrer Gesamtheit abgestellt. Bestritten
werde eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchs-
marke. Die vorgelegten Unterlagen seien nicht geeignet, eine ge-
steigerte Kennzeichnungskraft bzw Verkehrsbekanntheit zu be-
gründen, da es sich um völlig gängige Werbeprospekte und Pro-
duktbeschreibungen handele. Er hat zudem erneut die rechtser-
haltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten, weil diese
nur firmenmäßig, nicht aber markenmäßig verwendet werde.
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Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Zwischen der angegriffenen Marke „AUCOSOFT“ und der Widerspruchsmarke
„AUCOTEC“ besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9
Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass die Beschwerde der Widersprechenden zurückzu-
weisen war.
Der Senat geht dabei mangels anderer Anhaltspunkte wie bereits die Markenstelle
von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus.
Eine von der Widersprechenden geltend gemachte erhöhte Kennzeichnungskraft
kann der Widerspruchsmarke nicht zuerkannt werden. Allein die nicht gerade ho-
hen Umsätze der Jahre 1999/2000 und 2000/2100 von … € bzw. … €
(eidesstattliche Versicherung vom 15.08.2002) sowie jährliche Werbeaufwen-
dungen von jährlich … EUR erlauben keine Feststellungen zur Marktpositi-
onierung der Widerspruchsmarke im Vergleich zu Konkurrenzprodukten und damit
zum Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke. Die – ohnehin nur in Kopie vorlie-
gende – eidesstattliche Versicherung vom 04. August 2003 sowie die beigefügten
Anlagen enthalten ebenfalls keine Tatsachen, die Rückschlüsse auf eine erhöhte
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erlauben.
Die aufgeworfenen Benutzungsfragen können dahinstehen. Denn auch wenn man
zugunsten der Widersprechenden von der Registerlage ausgeht, wonach sich die
Zeichen teilweise auf identischen und ansonsten sehr ähnlichen Waren und
Dienstleistungen begegnen können, so dass strenge Anforderungen an den Mar-
kenabstand zu stellen sind, genügt die angegriffene Marke diesen sowohl in
klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht.
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Beim Vergleich der Marken ist maßgeblich auf den Gesamteindruck der Zeichen
abzustellen. Eine zergliedernde Betrachtungsweise einzelner Markenteile ist dabei
zu vermeiden; vielmehr ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen,
dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie ei-
ner analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl: Ströbele/Hacker, Mar-
kengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 152). Entgegen der Auffassung der Widersprechen-
den kann daher bei einem Einwortzeichen wie „AUCOTEC“ im Gegensatz zu
mehrteiligen Kombinationsmarken nicht ohne weiteres auf „Bestandteile“ abge-
stellt werden, welche den „Gesamteindruck“ des einheitlichen Worts prägen und
insoweit für sich gesehen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr mit anderen
Marken begründen könnten (vgl. BPatG, GRUR 2002, 438, 440 –
WISCHMAX/Max). Für den Verkehr besteht bei einem einheitlichen Gesamtbegriff
in der Regel kein Anlass, sich an einem einzelnen Markenbestandteil zu orientie-
ren (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 403).
Danach scheidet eine unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr beider Mar-
kenwörter aus, weil trotz des übereinstimmenden Wortanfangs AUCO- der Endbe-
standteil „-SOFT“ der angegriffenen Marke gegenüber dem Endbestandteil „-TEC“
der Widerspruchsmarke ein derart auffallendes unterschiedliches Gesamtklangbild
vermittelt, dass ein Auseinanderhalten der Wörter im jeweiligen Gesamteindruck
jederzeit gewährleistet ist.
Der gemeinsame Wortanfang „AUCO“ wirkt auch nicht deshalb kollisionsbegrün-
dend, weil die jeweiligen beschreibenden Endbestandteile „-TEC“ bzw. „-SOFT“ so
kennzeichnungsschwach sind, so dass sie im Rahmen des Gesamteindrucks
(ausnahmsweise) vernachlässigt (vgl. BPatG, GRUR 2002, 438, 440 –
WISCHMAX/Max) bzw. von dem Wortanfang „abgespalten“ werden könnten (vgl.
dazu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 449). So ergab eine In-
ternetrecherche, dass „AUCO“ von einer AUCOTEAM GmbH als Bestandteil der
Firmenbezeichnung und als Bestandteil einer entsprechenden Marke genutzt wird.
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Für dieses Unternehmen sind auch eine Reihe weiterer „AUCO-“Marken eingetra-
gen wie z.B. AUCOGRAF, AUCOMOD, AUCOVISU; AUCOCONTROL. Überhaupt
dient der Begriff „AUCO“ Unternehmen aus verschiedenen Branchen als Firmen-
bzw. Unternehmenskennzeichen (z.B. “auco auto-comfort GmbH“, AUCO GmbH
Berufskleidung). Aufgrund dieser vielfältigen und in verschiedenen Branchen ver-
breiteten Nutzung des Begriffs „AUCO“ entweder in Alleinstellung oder in Wort-
kombinationen und seiner – wenn auch nicht unbedingt auf den ersten Blick er-
kennbaren – beschreibenden Anlehnung an „Automatisierung“ und „Computer“ ist
dieser Begriff dann aber nicht so originell und einprägsam, dass er geeignet wäre,
die zwar beschreibenden, aber dennoch kurz und schlagwortartig angefügten Be-
standteile „-TEC“ und „-SOFT“ im Rahmen des Gesamteindrucks kennzeichen-
mäßig in den Hintergrund zu drängen. Für den Verkehr besteht auch keine Ver-
anlassung, in den klanglich gut erfassbaren und leicht aussprechbaren Marken-
wörtern „AUCOTEC“ bzw. „AUCOSOFT“ aus Gründen der Bequemlichkeit oder
Vereinfachung nach einem den Gesamteindruck prägenden Einzelelement zu su-
chen. Vielmehr verbinden sich die jeweiligen Wortbestandteile zu einem einheitli-
chen betrieblichen Herkunftshinweis (vgl. BGH, MarkenR 2004, 356, 358 –
NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl.,
§ 9 Rdnr. 409).
Im schriftbildlichen Gesamteindruck halten die Marken in allen üblichen Wiederga-
beformen aufgrund der auffallenden Unterschiede zwischen „TEC“ und „SOFT“
ebenfalls einen ausreichenden Abstand ein. Zu berücksichtigen ist dabei auch,
dass das Schriftbild der Marken erfahrungsgemäß sehr viel besser eine ruhige
oder auch wiederholte Wahrnehmung einer Bezeichnung gestattet als das ge-
sprochene Wort.
Der Senat sieht auch keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine assoziative
Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz MarkenG unter dem
Gesichtspunkt des Serienzeichens, weil der Verkehr den Bestandteil „AUCO“ in
Markenwortbildungen als Hinweis auf die Widersprechende auffassen könnte.
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Dass die Widersprechende den Markenbestandteil „AUCO“ für ihre Produkte als
Serienzeichen etabliert hätte, hat die Widersprechende nicht vorgetragen und ist
auch sonst nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass für die Widersprechende
mehrere Marken mit dem gemeinsamen Bestandteil „AUCO“ eingetragen sind,
besagt ohne Vortrag zu Inhalt und Umfang einer Benutzung dieser Marken nichts
über die Verwendung dieses Bestandteils als Serienzeichen. Den eingereichten
Unterlagen lässt sich lediglich eine Nutzung der Produktmarke „AUCOPLAN“ ent-
nehmen; eine Recherche im Internet deutet zudem auf eine mögliche Verwendung
der weiteren Marke „AUCOPROVIS“ hin. Für die Feststellung einer Gewöhnung
des Verkehrs an einen entsprechenden Stammbestandteil „AUCO“ im Rahmen ei-
ner Serienmarkenbildung der Widersprechenden reicht dies aber nicht aus.
Zudem ist der Markenbestandteil „AUCO“ ohnehin kaum geeignet, vom Verkehr
als Stammbestandteil einer Zeichenserie aufgefasst zu werden und eine entspre-
chende Hinweisfunktion auf den Betrieb der Widersprechenden auszuüben. Dies
könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn es sich bei „AUCO“ um einen be-
sonders hervorstechenden oder in Alleinstellung als Firmenkennzeichnung ver-
wendeten Bestandteil handeln würde oder wenn sonstige Umstände diesen
Schluss aufdrängen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 476).
Davon kann bei dem Markenbestandteil „AUCO“ nicht ausgegangen werden,
selbst wenn man berücksichtigt, dass die jeweiligen Endbestandteile „-TEC“ bei
der Widerspruchsmarke bzw. „-SOFT“ bei der angegriffenen Marke beschreibend
und daher für sich gesehen kennzeichnungsschwach sind. Zwar können solche
abweichenden und kennzeichnungsschwachen Elemente geeignet sein, die Auf-
merksamkeit des Verkehrs auf den gemeinsamen Markenteil lenken und diesen
als das eigentliche Betriebskennzeichen erscheinen lassen (vgl. BPatG, GRUR
2002, 438 WISCHMAX/Max). Der Annahme einer solchen Verkehrsauffassung
stehen hier überwiegende Gesichtspunkte entgegen. Zunächst fehlt dem Wortbe-
standteil „AUCO“ mit seiner beschreibenden Anlehnung an die Begriffe „Automati-
sierung“ und „Computer“ schon die Originalität, die die angesprochenen Verkehrs-
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kreise veranlassen könnte, in ihm einen Hinweis auf den Betrieb der Widerspre-
chenden zu sehen. Die Verwendung des Begriffs „aucomatisch“ durch die Wider-
sprechende im Rahmen ihrer Werbung bzw. Präsentation der (Software-) Pro-
dukte (Bl. 31 GA) verdeutlicht zudem, dass eine beschreibende Annäherung von
„AUCO“ an die Begriffe „Automatisierung““ und „Computer“ durchaus gewollt ist.
Vor allem jedoch wegen seiner zuvor erörterten vielfältigen und in verschiedenen
Branchen verbreiteten Nutzung entweder in Alleinstellung oder in Wortkombinatio-
nen fehlt diesem Begriff die Eignung, im Verkehr den Eindruck entstehen zu las-
sen, die damit gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen seien demselben Be-
trieb zuzuordnen bzw. stammen aus diesem.
Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass
(§ 71 Abs. 1 MarkenG).
Kliems Bayer
Merzbach
Na