Urteil des BPatG vom 23.07.2002
BPatG: beschreibende angabe, bildmarke, unterscheidungskraft, verkehr, wiedergabe, visa, patent, form, farbe, originalität
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 33/01
_______________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 397 18 355.0
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 23. Juli 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Winkler,
des Richters v. Zglinitzki und des Richters k.A. Kätker
BPatG 152
10.99
- 2 -
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Marken-
stelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
6. September 1999 aufgehoben.
G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 „Deutsches Patent- und
Markenamt“) ist am 18. April 1997 die Bildmarke
siehe Abb. 1 am Ende
für die Waren
„Klasse 7: Tragbare Elektrowerkzeuge (ausgenommen Gartenwerk-
zeuge), einschl. Bohrmaschinen, Schlagbohrmaschinen,
Schneidwerkzeuge, Sägen, Stichsägen, Kreissägen, Geh-
rungssägen, Kappsägen, Oberfräsen, Trimmer, Hobel,
Schrauber, Bohrmaschinen mit Schrauberfunktion, Nagler,
Hämmer, Bohrhämmer, Meißelhämmer, Winkelschleifer,
- 3 -
Polierer, Schleifer mit blattförmigem, bandförmigem oder
scheibenförmigem Schleifmittel“
zur farbigen (Farben: gelb, schwarz) Eintragung in das Register angemeldet wor-
den.
Die Markenstelle für Klasse 7 hat die Anmeldung durch den von einem Mitglied
des Patentamts erlassenen Beschluß vom 6. September 1999 gemäß §§ 8 Abs 2
Nr 1, 37 Abs 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Zur Begründung ist ausgeführt worden, Gegenstand der Anmeldung sei eindeutig
eine farbige Bildmarke und nicht etwa eine abstrakte Farbmarke. Der angespro-
chene Verkehr werde in der Anmeldemarke keinen betrieblichen Herkunftshinweis
sehen, denn bei dem farblich gelb und schwarz geteilten Rechteck handele es
sich um eine äußerst einfache Graphik. Solche farbigen Rechtecke dienten gerade
auf Verpackungen von Geräten zur Kennzeichnung der jeweiligen Farbe des Ge-
rätes. Die Farbigkeit sei eine notwendige Eigenschaft der hier betroffenen Geräte.
Zudem trage die Farbe sowohl zum Oberflächenschutz als auch zum Design bei.
Die Anmelderin hat gegen diese Entscheidung des Patentamts Beschwerde ein-
gelegt. Sie beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben,
und trägt im wesentlichen vor, Farbzusammenstellungen seien von Hause aus
unterscheidungskräftig. Dies wisse jeder beispielsweise bei Sportbekleidung von
Fußballmannschaften. Markenanmeldungen wie die vorliegende trage das Deut-
sche Patentamt auch laufend ein; dazu werde eine kleine Auswahl von Veröffentli-
chungskopien derartiger Marken beigefügt. Im übrigen weise sie auf die neuere
Entscheidung des Bundesgerichtshofes „Farbmarke violettfarben“ hin.
- 4 -
II
Die Beschwerde ist begründet.
Der Senat hält die angemeldete farbige Bildmarke hinsichtlich der beanspruchten
Waren - entgegen der Beurteilung der Markenstelle - für unterscheidungskräftig;
die Eignung als freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe hat die Markenstelle
zu Recht nicht angenommen, denn auch der Senat vermag derartige
Anhaltspunkte nicht festzustellen. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2
Nr 1 oder 2 MarkenG stehen der Eintragung der angemeldeten Marke gemäß
§§ 33 Abs 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen.
Gegenstand der Markenanmeldung ist - wie die Markenstelle in ihrem Beschluß
bereits zutreffend dargelegt hat und die Anmelderin jedenfalls im Beschwerdever-
fahren nicht mehr in Frage stellt - eindeutig die der Anmeldung beigefügte zwei-
farbige (gelb/schwarz) ,denn in derAnmeldung wurde gemäß §§ 3
Abs 1 Nr 2, 6 Nr 2, 8 MarkenV „Bildmarke gemäß Anlage“ sowie „Farbige Eintra-
gung ....“ angegeben und angekreuzt. Zur Prüfung und Beurteilung der Schutzfä-
higkeit der angemeldeten Marke darf daher lediglich von dieser Bildmarke in ihrer
konkreten Form und Wiedergabe ausgegangen werden, wobei die besondere
Farbgebung einen graphischen Bestandteil der Marke darstellt, da die farbige
Eintragung beantragt worden ist (vgl BPatG GRUR 1997, 285 f - VISA-Streifenbild;
HABM, 1. Bk, GRUR Int 2000, 556 ff schwarz-grün-schwarz; BGH GRUR 2001,
239 f - Zahnpastastrang).
Der angemeldeten Bildmarke kann - insbesondere wegen ihrer Farbgebung - die
notwendige Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
Unterscheidungskraft iSd § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die konkrete Eignung einer
Marke, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Wa-
ren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unte-
- 5 -
nehmen aufgefaßt zu werden; hierbei reicht grundsätzlich jede noch so geringe
Unterscheidungskraft aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (stRspr, vgl zB
BGH aaO - Zahnpastastrang).
Einer Bildmarke fehlt vor allem dann jegliche Unterscheidungskraft, wenn es sich
bei dem Bild um eine warenbeschreibende Angabe handelt (vgl BGH WRP 2001,
690, 691 f - Jeanshosentasche; BGH aaO - Zahnpastastrang). Die flächig be-
grenzte Farbkombination gelb/schwarz der Anmeldemarke enthält aber offenbar
keine beschreibende Angabe, insbesondere keinen Hinweis auf technische Merk-
male der beanspruchten Waren.
Das Markenbild weist zwar lediglich eine gelbe rechteckige Fläche sowie rechts
daneben angrenzend eine eben so große schwarze Fläche auf. Es wirkt seinem
Gesamteindruck nach daher graphisch sehr schlicht und leicht erfaßbar. Eine
Bildmarke bedarf aber keiner besonderen gestalterischen, graphischen Eigentüm-
lichkeit oder Originalität, um als unterscheidungskräftig angesehen werden zu
können (vgl BGH aaO - Zahnpastastrang; BGH aaO - Jeanshosentasche).
Andererseits besitzen allerdings einfache geometrische Formen oder sonstige ein-
fache graphische Gestaltungselemente, die in der Werbung, auf Warenverpackun-
gen, Geschäftsbriefen etc üblicherweise in bloß ornamentaler, schmückender
Weise verwendet werden, keine Unterscheidungskraft (vgl BGH aaO - Zahnpasta-
strang; BGH GRUR 1985, 383 -
BMW-Niere). Die angemeldete Bildmarke
erschöpft sich jedoch nicht in der Wiedergabe eines in zwei gleich große
Reckecke unterteilten Rechtecks. Vielmehr ergibt die konkret konturierte Farb-
kombination gelb/schwarz ein charakteristisches Erscheinungsbild, das bei mar-
kenmäßiger Benutzung iSd §§ 26, 43 Abs 1 MarkenG durchaus zur betrieblichen
Herkunftsunterscheidung geeignet ist (vgl auch zB Beschlüsse des Senats aaO
-
VISA-Streifenbild, vom 1.
Dezember 1999 - 33 W (pat) 173/99 - Bildmarke
grau/gelb, vom 7. Juli 2000 - 33 W (pat) 248/98 - Bildmarke gelb/weiß-Verlauf;
HABM aaO - schwarz-grün-schwarz).
- 6 -
Soweit die Markenstelle in ihrem Beschluß auf eine Aufmachung oder ein Design
der beanspruchten Waren in den Farben der Anmeldemarke abgestellt hat, han-
delt es sich um nicht den Prüfungsgegenstand betreffende Erwägungen, die hier
außer Betracht bleiben müssen, weil mit der angemeldeten Marke nicht eine Auf-
machung der jeweiligen gesamten Ware oder gar der Schutz einer abstrakten
Farbkombination beansprucht wird, sondern bloß die klar umgrenzte - und von der
Form der angemeldeten Waren unabhängige - Bildmarke.
Winkler Kätker
v.
Zglinitzki
Cl
Abb. 1