Urteil des BPatG vom 20.02.2002
BPatG: beschreibende angabe, telekommunikation, internet, unterscheidungskraft, verkehr, begriff, wörterbuch, vermietung, fremdsprache, unternehmen
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 64/00
_______________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 399 28 717.5
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 20. Februar 2002 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den
Richter Baumgärtner und die Richterin Pagenberg
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
6.70
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G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
"LinkService"
soll für die Waren und Dienstleistungen der
Klasse 9:
Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder
Unterrichtsapparate und –instrumente (soweit in Klasse 9 enthal-
ten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und
Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Daten-
aufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für
geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Compu-
ter;
Klasse 16:
Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder ge-
prägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmit-
tel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Mö-
bel);
Klasse 38:
Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen
für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernse-
hen;
Klasse 41:
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportli-
chen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Her-
ausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeug-
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nissen sowie entsprechenden elektronischen Medien (ein-
schließlich CD-ROM und CD-I);
Klasse 42:
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstlei-
stungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten
zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern
von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Da-
tenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung
und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation
als Wortmarke in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung zunächst mit Bescheid vom 14. September 1999 wegen fehlender
Unterscheidungskraft und eines Freihaltebedürfnisses beanstandet und dazu
ausgeführt: "Das angemeldete Markenwort "LinkService" stellt für die bean-
spruchten Waren/Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Angabe dar,
da es lediglich darauf hinweist, daß es sich um Verbindungs-Serviceleistungen
handelt. Als ohne weiteres verständliche, unmittelbar beschreibende Angabe ist
das Markenwort Link-Service nicht geeignet, die betreffenden Wa-
ren/Dienstleistungen hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem Unternehmen von
denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Ihm fehlt daher jegliche
Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Als ohne weiteres verständli-
cher, die beanspruchten Waren/Dienstleistungen unmittelbar beschreibenden
Angabe besteht daher ein Freihaltebedürfnis im Verkehr (§ 8 Abs 2 Nr 2 Mar-
kenG)." Mit Beschluss vom 17.
November
1999 hat die Markenstelle für
Klasse 39 die angemeldete Marke dann zurückgewiesen. Sie hat hierbei auf die
Gründe des Amtsbescheids vom 14. September 1999 Bezug genommen, de-
nen die Anmelderin nicht widersprochen habe. Auch eine erneute Prüfung der
Sach- und Rechtslage könne gegenüber dem Bescheid zu keiner abweichen-
den Beurteilung führen.
Mit ihrer gegen den Zurückweisungsbeschluss gerichteten Beschwerde macht
die Anmelderin geltend, dass die angemeldete Marke das erforderliche Min-
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destmaß an Unterscheidungskraft aufweise und nicht freihaltungsbedürftig sei.
"LinkService" beschreibe keine Eigenschaften oder sonst bedeutsame Um-
stände der angemeldeten Waren und Dienstleistungen, zu denen die Bezeich-
nung keinerlei Bezug aufweise. Der Bedeutungsinhalt des Markenworts sei un-
scharf und lasse ohne weitere Angaben keinen eindeutig beschreibenden Inhalt
erkennen.
Nach Übersendung des Ergebnisses der Internetrecherche des Senats hat die
Anmelderin ihren hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung zu-
rückgenommen und um Entscheidung nach Aktenlage gebeten.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg, da
die Markenstelle dem angemeldeten Zeichen zu Recht die Eintragung versagt
hat.
1.
Allerdings leidet der Beschluss vom 17. November 1999 an einem Begrün-
dungsmangel hinsichtlich der mit dem Waren-/Dienstleistungsverzeichnis
beanspruchten Waren (§ 61 Abs 1 S 1 MarkenG), da sich sein Inhalt in der
Verweisung auf den Beanstandungsbescheid erschöpft. Zwar kann ein
Beschluss grundsätzlich in zulässiger Weise durch Bezugnahme auf ein
dem Beteiligten bekanntes Schreiben begründet werden (vgl
Kopp-Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl 2000, Rn 17 zu
§ 39). Dieses muß jedoch selbst die inhaltlichen Anforderungen an eine
Begründung erfüllen, was hier nicht der Fall ist. Im Beanstandungsschrei-
ben finden sich nur Ausführungen zur unmittelbar beschreibenden Eigen-
schaft des angemeldeten Zeichenwortes "LinkService" für Verbin-
dungs-Dienstleistungen. Ihm ist nicht zu entnehmen, auf Grund welcher
tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen der Begriff für die beanspruch-
ten freizuhalten ist und womit insoweit die mangelnde Unterschei-
dungskraft begründet wird (vgl. Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 83
Rdn 49; Ingerl/ Rohnke MarkenG, Rn 4 zu § 61; Fezer, Markenrecht,
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3. Aufl 2000, Rn 5 zu § 61). Diese fehlende Begründung setzt sich da-
durch im angefochtenen Beschluss fort, dass er außer der Verweisung auf
den Bescheid keine eigenen Erwägungen enthält. Deshalb ist nicht er-
kennbar, welcher Grund für die Entscheidung über die Zurückweisung der
Waren vor der Eintragung maßgeblich gewesen ist (BGH Beschl. v.
24. Januar 2002, I ZB 18/01; unveröffentlicht, Umdruck S
6 -steuertip;
GRUR 2000, 53 - SLICK 50, mwN).
Eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Begründung im Be-
schluß war vorliegend auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich die Anmel-
derin nicht auf den Amtsbescheid geäußert hat. Durch einen derartigen
Bescheid wird lediglich das verfassungsrechtlich garantierte rechtliche
Gehör gewährt. Einer Entscheidung dürfen nämlich nur solche Umstände
zu Grunde gelegt werden, zu denen ein Verfahrensbeteiligter die Möglich-
keit hatte, sich zu äußern. Macht der Anmeldervon seinem Recht keinen
Gebrauch, hat dies keinerlei Einfluss auf die Verpflichtung des Amtes, die
gegen den Eintragungsanspruch stehenden Gründe darzulegen. Die
Pflicht hierzu beruht unabhängig vom Verhalten des Beteiligten allein auf
dem Rechtsstaatsprinzip und der Bindung staatlicher Gewalt an Gesetz
und Recht. Lediglich im Fall einer positiven Entscheidung im einseitigen
Verfahren besteht eine Ausnahme vom Begründungszwang (§ 61 Abs 1
S 3 MarkenG).
2.
Der Senat hat vorliegend von einer Zurückverweisung gemäß § 70 Abs 2
Nr 2 MarkenG abgesehen, denn es ist ihm zum einen aufgrund eigener
Sachkunde und der Möglichkeit zu eigenen Tatsachenfeststellungen eine
Entscheidung in der Sache möglich. Zum anderen kommt auch der Senat
anhand dieser Feststellungen zu keinem anderen Ergebnis als die Mar-
kenstelle. In einem solchen Falle wäre eine Zurückverweisung eine über-
flüssige, mit dem Gebot der Prozessökonomie unvereinbare Maßnahme
(BGH, GRUR 1998, 394, 396 - Active Line).
3. Der Eintragbarkeit des Begriffs "LinkService" steht teilweise ein
Freihaltebedürfnis entgegen, insgesamt fehlt ihm die erforderliche Unter-
scheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 2 und Nr 1, § 37 Abs 1 MarkenG).
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a)
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind solche Zeichen von der Eintra-
gung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen,
die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Beschaffenheit oder zur
Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistun-
gen dienen können, was hier bei den beanspruchten Dienstlei-
stungen der "Telekommunikation" in Klasse 38 und den weiteren
in Klasse 42 der Fall ist. Die angemeldete Marke besteht, durch
die Schreibweise mit einem großen "S" zu Beginn des zweiten
Wortes deutlich erkennbar, aus den Bestandteilen "Link" und "Ser-
vice". Beide Begriffe haben Eingang in die deutsche Sprache ge-
funden. "Link" steht allgemein für "Verbindung" und – im hier rele-
vanten EDV- und Telekommunikationsbereich – als Kurzform für
"Hyperlink", also für Verbindungen zu Dokumenten innerhalb des
Internets (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl 2001;
Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl 2000; Duden, Das große
Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden, 1999, jeweils
zum Stichwort "Link"). "Service" ist ein gebräuchliches Wort für
"(Kunden-)Dienst" (Duden, Deutsches Universalwörterbuch,
4. Aufl 2001; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl 2000; Duden,
Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden,
1999, jeweils zum Stichwort "Service"). Der angemeldete Begriff in
seiner Gesamtheit hat auch nur die unmittelbar beschreibende,
ohne weiteres verständliche Bedeutung einer Dienstleistung, die
Links unmittelbar herstellt bzw zur Verfügung stellt, zB durch Auf-
nahme in Internet-Link- bzw Adressenverzeichnissen und Such-
maschine. "Linkservice" wird in dieser Bedeutung im Verkehr auch
allgemein die Leistungen beschreibend verwendet. Der Senat hat
bei seiner Internet-Recherche eine sehr hohe Anzahl von Treffern
erzielt, die ergeben haben, dass unter dem Stichwort "Linkservice"
im Internet unterschiedliche Anbieter in nahezu jedem denkbaren
Gebiet "Links", also Verbindungen zu weiterführenden Web-Sites
zur Verfügung stellen. Hinsichtlich der beanspruchten Dienstlei-
stungen "Telekommunikation" und "Betrieb von Einrichtungen für
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die Telekommunikation" beschreibt der angemeldete Begriff dem-
zufolge unmittelbar deren Gegenstand, nämlich das Her- oder
Zurverfügungstellen von (Telekommunikations-) Verbindungen
sowie den entsprechenden Einrichtungen, so dass insoweit ein
Freihaltungsbedürfnis besteht. Gleiches gilt bezüglich der Dienst-
leistungen der Klasse 42. Dort beschreibt das Markenwort die
Zweckbestimmung der zu erstellenden Computerprogramme und
der zu projektierenden und zu planenden Einrichtungen für die
Telekommunikation sowie den Gegenstand der Dienstleistungen
der Datenbanken, die beispielsweise Internet-Linkverzeichnisse
sein können, sowie die Erfassung und Bereitstellung der entspre-
chenden Daten und erforderlichen Informationen im weitesten
Sinn.
b)
Auch für die übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen
fehlt dem Zeichen "Linkservice" jedenfalls die erforderliche Unter-
scheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Dieses Eintra-
gungshindernis liegt dann vor, wenn einer Wortfolge ein für die in
Fragen stehenden Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund
stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann
oder es sich um einen verständlichen Ausdruck der deutschen
oder einer bekannten Fremdsprache handelt, der vom Verkehr –
etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Wer-
bung – stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel
verstanden wird (BGH MarkenR 2001, 480 f – LOOK mwN). Letz-
teres ist hier der Fall.
Wie bereits festgestellt, stellt der angemeldete Begriff für den Ver-
kehr eine konkrete Sachangabe dar, die in EDV und Telekommu-
nikation dergestalt verwendet wird, dass Verbindungen/Links im
Internet zu entsprechenden Websites für das jeweils gewünschte
Gebiet hergestellt bzw angeboten werden. Insoweit stellt "Link-
Service" einen aus Worten einer geläufigen Fremdsprache gebil-
deten Begriff dar, der stets nur als solcher verstanden wird und
nicht dazu geeignet ist, die Waren und/oder Dienstleistungen ei-
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nes Unternehmens von denen eines anderen zu unterscheiden,
denn "Linkservice" bedeutet in Verbindung mit Waren oder
Dienstleistungen lediglich, dass Links zu deren Herstellern oder
Anbietern verfügbar sind oder dass Übersichten mit weiterführen-
den Links bestehen, als Orientierungs- oder Arbeitshilfe für den
Benutzer. Die Linkservices zB von "Kabelsignal" und "Links4me"
verfügen über eine vorgegebene Übersicht wählbarer Waren, wie
Zeitschriften, Computer und Internet, oder Dienstleistungen aus
den Bereichen Sport, Freizeit und Unterhaltung sowie Wissen-
schaft, Forschung und Technik. Die Internet-Recherche des Se-
nats hat des weiteren unter dem Suchbegriff "Linkservice" eine
Vielzahl von entsprechenden Treffern der unterschiedlichsten
Branchen und Sparten ergeben. Aus den hier beanspruchten Wa-
ren und Dienstleistungen seien exemplarisch folgende Treffer he-
rausgegriffen: Der Bambusverlag verweist unter seinem Linkser-
vice für Spieler auf einschlägige Druckereierzeugnisse (Zeitschrif-
ten), ebenso der Linkservice "ebay" unter "Wwwarchitekten im
Internet" auf Zeitschriften für Architekten. Auch für die "Heraus-
gabe von Zeitschriften" bestehen diverse Hinweise in Linkservice-
Seiten, neben den bereits erwähnten zB unter "Interessante Links
zur Erwachsenenbildung" auf den Ko Päd Verlag. Diese Fund-
stelle wie verschiedene weitere ("Historisches Seminar" – Abt.
Frühe Neuzeit, Lehrstuhl Prof. Dr. Winfried Schulze, Linkservice
für München; Links4me, Bildungszentrum Neuwied etc) decken
auch das beanspruchte Gebiet der Ausbildung ab.
Aus diesen Gründen bestehen im vorliegenden Fall genügend An-
haltspunkte dafür, dass der Verkehr das Zeichen auf Grund seiner
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eindeutigen und beschreibenden Aussage nur als Sachangabe
und nicht als betrieblichen Herkunftsnachweis auffassen wird.
Grabrucker Baumgärtner Pagenberg
Hu