Urteil des BPatG vom 25.01.2010
BPatG (marke, dreidimensionale marke, unterscheidungskraft, spielzeug, anmeldung, klasse, form, beschwerde, herkunft, versehen)
BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 148/08
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
25. Januar 2010
…
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2008 019 016.7
hat  der  27. Senat  (Marken-Beschwerdesenat)  des  Bundespatentgerichts  auf  die
mündliche  Verhandlung  vom  25. Januar 2010  durch  den  Vorsitzenden  Richter
Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa
beschlossen:
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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Als dreidimensionale Marke angemeldet am 20. März 2008 wurde
u. a. für die Waren
"Spiele; Spielzeug, soweit in Klasse 28 enthalten".
Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 36
des  Deutschen  Patent-  und  Markenamts  hat  die  Anmeldung  mit  Beschluss  vom
30. Juni 2008  teilweise,  nämlich  für  die  vorgenannten  Waren,  wegen  fehlender
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Unterscheidungskraft  zurückgewiesen.  Das  ist  damit  begründet,  bei  der  Marken-
anmeldung handle es sich um die dreidimensionale Darstellung eines Würfels. Der
Würfel besitze abgerundete Ecken und Kanten, wobei eine Fläche des Würfels mit
einem "P" versehen sei. Für die Waren "Spiele und Spielzeug, soweit in Klasse 28
enthalten“, stelle die 3D-Marke lediglich eine Warenabbildung als solche dar. Ge-
rade im Bereich Spiele und Spielzeug existierten unzählig viele Würfelspiele bzw.
Würfel,  die  mit  Buchstaben  versehen  seien,  wie  die  dem  Beschluss  beigefügten
Internetausdrucke belegten.  So  sei  die Verwendung  von  Buchstabenwürfeln  zum
spielerischen  Erlernen  des  Lesens  und  Schreibens  bzw.  als  Zubehör  für  Bastel-
ideen denkbar.
Die  von  der  Anmelderin  beschriebenen  gestalterischen  Besonderheiten,  nämlich
die abgerundeten Ecken und Kanten und die Beschriftung einer Fläche mit einem
"P"  erfüllten  die  "charakteristischen  Merkmale"  der  angemeldeten  Form,  nämlich
vornehmlich eine funktionelle und keine ästhetische Funktion. Weitere wesentliche
Formelemente seien nicht erkennbar.
Nach  alledem  stelle  das  angemeldete  Zeichen  lediglich  eine  "Variante"  zu  den
üblichen Warenformen  dar  und  weiche  nicht  von  gewöhnlichen  oder  naheliegen-
den  Warenformen  ab.  Die  Verkehrskreise  würden  keine  Abweichung  von  der
branchenüblichen Grundform erkennen.
Gegen  diese  Entscheidung  richtet  sich  die  Beschwerde  der  Anmelderin,  mit  der
sie (sinngemäß) beantragt,
den  Beschluss  der  Markenstelle  vom  30. Juni 2008  insoweit  auf-
zuheben, als die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
Sie  hält  die  Marke  für  unterscheidungskräftig  und  nicht  freihaltungsbedürftig.  Es
sei  kein  Spiel  denkbar,  das  sinnvoll  nur  unter  Verwendung  eines  Würfels  mit  ei-
nem "P" auf einer Seite gespielt werden könne. Daher weise die Marke nicht auf
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"Spiele; Spielzeug" hin, weil sie nicht deren Form bzw. Verpackung entspreche, so
dass der Anmeldung die grundsätzliche Eignung zur Identifikation der Produkther-
kunft  nicht  mit  dem  Argument  abgesprochen  werden  könne,  dass  es  sich  - wie
nicht - um eine "Warenabbildung" handle. Es sei vielmehr plausibel, dass "Spiele"
und/oder "Spielzeug" aller Art mit dem Würfel als Marke versehen würden und der
Verbraucher  das  zutreffend  als  Hinweis  auf  die  unternehmerische  Herkunft  der
Produkte auffasse.
Das Buchstabenelement "P" weise keinen beschreibenden Gehalt auf, so dass an
der  originären  Unterscheidungskraft  des  kombinierten  Zeichens  insgesamt  kein
Zweifel bestehe. Da "P" für die noch einzutragenden Waren keinen beschreiben-
den  Gehalt  aufweise  und  auch  sonst  keine  Gesichtspunkte  der  Eignung  des
Buchstabens  entgegenstünden,  als  Hinweis  auf  die  unternehmerische  Herkunft
der  mit  ihm  gekennzeichneten Waren  der  Klasse 28  zu  dienen,  sei  das  Buchsta-
benelement originär unterscheidungskräftig.
In  der  mündlichen  Verhandlung  hat  die  Anmelderin  ihren  Standpunkt  aufrechter-
halten und vertieft.
II.
Die  zulässige  Beschwerde  der  Anmelderin  bleibt  in  der  Sache  ohne  Erfolg,  weil
der als Marke angemeldeten Warenform für die beanspruchten Erzeugnisse jegli-
che Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) fehlt.
Dreidimensionale  Gestaltungen,  welche  die  Form  einer  Ware  wiedergeben,  sind
zwar  nach  § 3  Abs. 1  MarkenG  abstrakt  markenfähig,  unterliegen  aber,  über  die
Ausschlussgründe  des  § 3  Abs. 2  MarkenG  hinaus,  der  Prüfung  auf  absolute
Schutzhindernisse  (vgl.  EuGH  GRUR 2003,  514,  518,  Nrn. 66  bis  68  - Linde,
Winward u.  Rado).  Insbesondere müssen  sie  über das erforderliche  Mindestmaß
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an  Unterscheidungskraft  gemäß  § 8  Abs. 2  Nr. 1  MarkenG  verfügen.  Voraus-
setzung  ist  insoweit  nach  mittlerweile  gefestigter  Rechtsprechung  des  Euro-
päischen Gerichtshofs, dass die als Marke beanspruchte Warenform erheblich von
der Norm oder Branchenüblichkeit abweicht, wobei derartige Besonderheiten ohne
besondere  Aufmerksamkeit,  analysierende  und  vergleichende  Betrachtung  oder
nähere  Prüfung  erkennbar  sein  müssen  (vgl.  z. B.  EuGH  GRUR 2004,  428,  439,
Nr. 49  - Henkel;  MarkenR 2004;  461,  465,  Nr. 31  - Maglite;  MarkenR 2004,  456
- Seifenstück;  MarkenR 2006,  19  - Standbeutel).  Diesen  Anforderungen  wird  die
angemeldete Marke nicht gerecht.
Wie  die  Anmelderin  in  ihrer  der  Anmeldung  beigefügten  Beschreibung  selbst  er-
klärt  hat,  handelt  es  sich  bei  der  dargestellten  dreidimensionalen  Form  um  die
Wiedergabe eines Würfels mit abgerundeten Ecken und Kanten, bei dem ein Feld
mit einem "P" beschriftet ist und bei dem die übrigen Felder unbeschriftet sind. Da
Spielwürfel nicht nur Teil eines (Gesellschafts-)Spiels sein können, sondern auch
selbst  - wie  z. B.  das  Kniffelspiel  zeigt -  das  Spiel  darstellen  können  und  zudem
selbständig  gehandelt  werden,  fällt  ein  Würfel,  der  die  angemeldete  besondere
Gestaltungsform  hat,  selbst  unter  die  im  Warenverzeichnis  genannten  Waren
(ebenso Senatsentscheidung 27 W (pat) 55/07 - Spielwürfel Trudel).
Dass  eine  quadratische  Grundform  mit  einem  Buchstaben  auf  dem  Warengebiet
der Spielwürfel ungewöhnlich wäre, ist in keiner Weise ersichtlich oder belegt. Im
Gegenteil  sprechen  die  umfangreichen  Internetauszüge  der  Markenstelle  dafür,
dass  Buchstabenwürfel  auf  diesem Warengebiet  eher  üblich  sind.  Dass  fünf  Fel-
der  des  Würfels  unbeschriftet  sind,  führt  noch  nicht  dazu,  dass  der  Verbraucher
auf eine bestimmte Herkunft derartiger Würfel schließen wird.
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Nachdem der Marke bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft der Schutz zu
verweigern war, kann die Frage, ob einer Schutzgewährung auch § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG entgegensteht, dahingestellt bleiben.
Dr. Albrecht
Schwarz
Kruppa
br/Bb