Urteil des BPatG vom 07.04.2003

BPatG: form, beschreibende angabe, begriff, verkehr, medien, intranet, internet, gesellschaft, unterscheidungskraft, weiterbildung

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 25/02
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
7. April 2003
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 65 630
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 7. April 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Buchetmann sowie des Richters Schramm und der Richterin Hartlieb
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist
"GMP-Berater"
für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 41 und 42.
- maschinenlesbare Datenträger;
- Magnetaufzeichnungsträger;
- Informationen, Veröffentlichungen, Computerprogramme
oder Datenbanken für den Bereich der Qualitätssicherung in
der pharmazeutischen, chemischen oder Lebensmittelindu-
strie und deren Zulieferer, Dienstleister und Behörden in
Form einer der oben genannten Waren;
- Druckereierzeugnisse wie Loseblattsammlungen, Zeitschrif-
ten, Broschüren;
- Buchbinderartikel wie Bücher;
- Aus- oder Weiterbildungsmaterial (soweit in Klasse 16 ent-
halten);
- Regelmäßig erscheinende Publikationen;
-
Lexika, Glossare, Gesetzestexte, Richtlinien, Normen,
Checklisten oder sonstige Informationen für den Bereich der
Qualitätssicherung in der pharmazeutischen chemischen
oder Lebensmittelindustrie und deren Zulieferer, Dienstleister
und Behörden in Form einer der oben genannten Waren;
- Computerprogramme in Form von Handbüchern und Doku-
mentationen;
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- Aus- oder Weiterbildung für den Bereich der Qualitätssiche-
rung in der pharmazeutischen, chemischen oder Lebensmit-
telindustrie und deren Zulieferer, Dienstleister und Behörden;
- Erstellen, Bereitstellen oder Liefern von Informationen zur
Aus- oder Weiterbildung in Form von Druckschriften oder in
Form elektronischer Medien, insbesondere via Intranet oder
Internet;
- Vorbereiten, Organisieren oder Abwickeln von Aus- oder
Weiterbildungsveranstaltungen, Seminaren oder Vorträgen
für den Bereich der Qualitätssicherung in der pharmazeuti-
schen, chemischen oder Lebensmittelindustrie und deren
Zulieferer, Dienstleister und Behörden;
- Unternehmensberatung, Personalberatung, Fachberatung
oder Planung für den Bereich der Qualitätssicherung in der
pharmazeutischen, chemischen oder Lebensmittelindustrie
und deren Zulieferer, Dienstleister und Behörden;
- Erstellen, Bereitstellen oder Liefern von Informationen für
die Unternehmensberatung, Personalberatung, Fachbera-
tung oder Planung in Form von Druckschriften oder in Form
elektronischer Medien, insbesondere via Intranet oder Inter-
net;
- Erstellen, Bereitstellen oder Liefern von Datenbanken,
Rechercheprogrammen oder Lexika in Form von Druck-
schriften oder in Form elektronischer Medien, insbesondere
via Intranet oder Internet;
- Vorbereiten, Organisieren oder Abwickeln von Kongressen,
Award-Veranstaltungen oder Audits.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch
Beschluß eines Beamten des höheren Dienstes die Anmeldung zurückgewiesen
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mit der Begründung, die angemeldete Marke sei eine Aneinanderreihung
beschreibender Angaben, die dem maßgeblichen Verkehr eine ohne weiteres ver-
ständliche beschreibende Gesamtaussage vermittle. "GMP" sei die Abkürzung für
"Good Manufacturing Practice" (Gute Herstellungspraxis) für die von der WHO
verfaßten Richtlinien zur Qualitätssicherung in der pharmazeutischen Industrie, ein
gängig verwendeter Fachbegriff im chemischen und pharmazeutischen Bereich,
der auch als solcher in Deutschland zahlreich Verwendung finde. Andere Bedeu-
tungen der Abkürzung seien in bezug auf die beanspruchten Waren/Dienstleistun-
gen fernliegend, da diese vornehmlich mit Qualitätssicherung im chemisch, phar-
mazeutischen Bereich im Zusammenhang stünden. In ihrer Gesamtheit besitze
die Marke den Bedeutungsgehalt "Good Manufacturing Practice-Berater" und
weise daher auf eine Person oder Sache hin, die als Ratgeber hinsichtlich der
Umsetzung der GMP-Anforderungen diene. Hinsichtlich der beanspruchten Waren
und Dienstleistungen stelle die Marke lediglich einen Hinweis auf deren Inhalts-
und Bestimmungszweck dar. Zwar sei das angemeldete Markenwort lexikalisch
nicht nachweisbar, es handele sich aber um einen sprachüblich gebildeten Begriff
mit eindeutig beschreibendem Sinngehalt, für den ein berechtigtes Interesse der
Konkurrenten des Anmelders bestehe, ihn als Hinweis für wesensentscheidende
Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen einzusetzen.
Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt, mit der Begründung "GMP-Berater" sei
eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortneuschöpfung. Die Abkürzung GMP habe
mehrere Bedeutungen wie "German Medical Product", "General Medical Problem",
"Gesellschaft für medizinische Psychologie", "Gravure Mécanique de Précision",
"Gesellschaft Maas und Peither". Der Begriff "GMP-Berater" werde allein von dem
Anmelder im geschäftlichen Verkehr verwendet, was eine Internetrecherche
belege. Der Begriff weise nicht eindeutig auf einen Inhalts- oder Bestimmungs-
zweck hin, da insbesondere der Begriff Berater mit einer Person verbunden
werde.
Der Titel "GMP-Berater" sei kein beschreibender Hinweis, sondern solle den Fach-
verkehr auf das Produkt aufmerksam machen. Der Fachverkehr würde jedenfalls
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im Bereich der Waren nicht sofort die Dienstleistung im Vordergrund sehen, son-
dern sich wegen der Mehrdeutigkeit des Begriffs die Frage nach dessen Bedeu-
tung stellen.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen
Patent- und Markenamtes vom 30. November 2001 aufzuhe-
ben.
Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen und den Beschluß der Mar-
kenstelle Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache ohne Erfolg. Die
angemeldete Marke GMP-Berater ist für die beanspruchten Waren und Dienstlei-
stungen nach den Vorschriften des Markengesetzes von der Eintragung ausge-
schlossen. Sie ist eine beschreibende Angabe iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, der
auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr
ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger
Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Diese Voraussetzun-
gen liegen bei der angemeldeten Marke vor.
Die angemeldete Marke setzt sich erkennbar aus den Bestandteilen "GMP" und
"Berater" zusammen.
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Der Bestandteil mit dem deutschen Wort "Berater" ist in bezug auf die bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen dabei iS der Wortbedeutung als "Ratgeber,
Informationsquelle und Zusammenstellung von Hilfsmöglichkeiten" zu verstehen.
Der Bestandteil "GMP" kann als Abkürzung für mehrere Bedeutungen stehen, in
bezug auf den im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis bei allen beanspruchten
Klassen jeweils teilweise auch ausdrücklich angegebenen "Bereich der Qualitäts-
sicherung in der pharmazeutischen, chemischen oder Lebensmittelindustrie und
deren Zulieferer, Dienstleister und Behörden" steht die Abkürzung eindeutig für
"Good Manufacturing Practice". Dieser Begriff ist dem Fachverkehr, der gesetzli-
che Vorschriften, Richtlinien und Standards einhalten muß, auch seit langem
bekannt. In den 60er Jahren wurden von der WHO die ersten GMP-Richtlinien ver-
faßt, die ein Qualitätssicherungssystem beschreiben, das für die Herstellung von
qualitativ hochwertigen und für die Menschheit unbedenklichen Arzneimittel anzu-
wenden ist. GMP ist damit der Fachbegriff für ein besonderes Qualitätssicherungs-
system, auf das das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen zum Teil aus-
drücklich Bezug nimmt. Soweit die Waren oder Dienstleistungen nicht ausdrück-
lich Qualitätssicherung anführen, können sie diese mitumfassen (vgl hierzu BGH
GRUR 2002, 261 – AC).
Die Bezeichnung GMP-Berater ergibt somit in bezug auf alle beanspruchten
Waren und Dienstleistungen die sinnvolle und zur Beschreibung geeignete Sach-
aussage, daß die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach ihrer Art und
Beschaffenheit sowie Bestimmung Hilfsmittel für Berater im Bereich der GMP-
Richtlinien darstellen bzw zB als Software oder Druckschriften die Beratungslei-
stung selbst enthalten.
Daß die Abkürzung GMP neben der Bedeutung "Good Manufacturing Practice"
weitere Bedeutung haben kann, steht der genannten beschreibenden Bedeutung
nicht entgegen, insbesondere kann der Auffassung des Anmelders nicht gefolgt
werden, daß der Sinngehalt der Anmeldung nicht festgelegt sei. Denn ein
beschreibender Gehalt einer Marke kann nicht abstrakt ohne Bezug zu den bean-
spruchten Waren beurteilt werden. Nur wenn sich für den Ausdruck auch in Ver-
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bindung mit diesen kein im Vordergrund stehender Sinngehalt erkennen läßt, ist er
wegen seiner unbestimmten Aussagekraft nicht zur Beschreibung geeignet (vgl
BGH GRUR 1995, 269 – U-KEY; BlPMZ 1997, 360 – à la Carte). Dies ist hier nicht
der Fall, da im Zusammenhang mit den hier maßgeblichen Waren und Dienstlei-
stungen andere Deutungen als die Genannte nicht nahegelegt sind. Der Fachver-
kehr, für den die Einhaltung von Normen und Richtlinien vorgegeben ist und der
mit deren Inhalt vertraut ist, wird die Abkürzung in bezug auf die Waren und
Dienstleistungen im Bereich Qualitätssicherung entgegen der Ansicht der Anmel-
derin auch ohne weitere Erläuterungen in diesem Sinn verstehen. Anhaltspunkte
dafür, daß der Verkehr den Begriff nur als Titel verstehen könnte, der Aufmerk-
samkeit erregen soll, ohne Angaben über den Inhalt zu machen, bestehen nicht.
Die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses ist im übrigen auch nicht davon
abhängig, ob die angemeldete Bezeichnung als solche bereits für den hier ein-
schlägigen Waren- und Dienstleistungsbereich unmittelbar nachweisbar ist. Nach
dem ausdrücklichen Wortlaut des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, der lediglich voraus-
setzt, daß die fraglichen Bezeichnungen zur Beschreibung "dienen können" ist
auch die erstmalige Verwendung eines Ausdrucks nicht schutzbegründend, wenn
er als sachliche Information dient (vgl BGH GRUR 1996, 770 – MEGA).
Neben der Verwendung durch den Anmelder ist bereits die Verwendung des
Begriffes GMP-Berater im Sinne eines Berufsbildes feststellbar. Wie der Senat
anhand einer Internetrecherche feststellen konnte, die in der mündlichen Verhand-
lung mit dem Anmelder erörtert wurde, werden in der Pharmaziebranche Stellen
ausgeschrieben, die die Aufgaben der GMP-Beratung umfassen. Auch wenn es
sich nicht um eine eingeführte Berufsbezeichnung handelt, muß es dem Verkehr
möglich sein, den Begriff GMP-Berater zu verwenden.
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Wegen des in bezug auf die beanspruchten Waren für die angesprochenen Ver-
kehrskreise erkennbar im Vordergrund stehenden rein beschreibenden Begriffsin-
halts der angemeldeten Wortzusammensetzung fehlt der angemeldeten Marke
auch jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.
Dr. Buchetmann
Schramm
Hartlieb
Fa