Urteil des BPatG vom 08.05.2003

BPatG: einlage, fig, härte, gestaltung, schuh, patentanspruch, profil, spikes, gerüst, konzept

BPatG 253
9.72
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
2 Ni 47/01 (EU)
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
8. Mai 2003
In der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
betreffend das europäische Patent 0 548 475
(= DE 692 24 050)
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Meinhardt sowie der Richter Gutermuth,
Dipl.-Phys. Ph.D./M.I.T.Cambridge Skribanowitz, Dipl.-Ing. Harrer und
Dipl.-Ing. Schmitz
für Recht erkannt
I. Das europäische Patent 0 548 475 wird mit Wirkung für das
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig er-
klärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 26. September 1992 unter Inan-
spruchnahme
einer
französischen
Priorität
vom
24.
Dezember
1991
(FR 9 116 275) angemeldeten Patents EP 0 548 475 (Streitpatent), dessen Ertei-
lung am 30. Juni 1993 veröffentlicht worden ist.
Das in der Verfahrenssprache Französisch veröffentlichte Patent, das beim Deut-
schen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 692 24 050 geführt wird, be-
trifft eine "mehrschichtige Sportschuhsohle". Es umfasst 23 Ansprüche, die in der
deutschen Fassung nach der Patentschrift EP 0 548 475 B1 folgenden Wortlaut
besitzen:
- 3 -
"1. Sohle (2) für Sportschuhe (1), die durch einen Schaft über-
höht ist und gemäß einem aus mehreren Schichten aufge-
bauten Profil hergestellt ist, das eine äußere Schicht für den
Kontakt mit dem Boden, die Eigenschaften bezüglich der
Haftung und bezüglich des Widerstandes gegenüber Abrei-
bung, und eine Zwischenschicht aufweist, die Eigenschaf-
ten bezüglich der Steifigkeit aufweist und die direkt in Kon-
takt mit der Kontaktschicht ist,
dadurch gekennzeichnet daß
sie eine obere Schicht (8, 8A, 8B) für den Komfort aufweist,
die direkt unter dem Fuß (4) angeordnet ist, und Eigen-
schaften bezüglich der Dämpfung und/oder Elastizität ge-
genüber Stößen aufweist, und dadurch, daß die Zwischen-
schicht kontrollierte Eigenschaften bezüglich der Steifigkeit
gegenüber Torsion und Biegung aufweist, um gleichzeitig
die Verteilung der Stoßwellen und der Kräfte, die durch die
Kontaktschicht (7, 7A, 7B) registriert werden, und ihre Diffu-
sion zu gewährleisten, bevor sie auf den Fuß treffen, und
um eine Art Gerüst zu bilden, das die Deformationen der
Gesamtheit der Kontaktschicht verhindert, wobei sie jedoch
relativ nachgiebig gegenüber Biegung bleibt, um ein gutes
Abrollen des Fußes beim Ausüben des Sportes zu erlau-
ben, und wobei daher ein modulförmiges Konzept für eine
Sohle erhalten wird, deren globale Funktionen durch die
Veränderung einer einzelnen Schicht verändert werden
können.
2. Sohle gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die Komfortschicht (8) aus einem nachgiebigen Material
hergestellt ist, das eine Dichte aufweist, die progressiv von
ihrem oberen Tell in Richtung ihres unteren Teils ansteigt,
- 4 -
der im Kontakt mit dem steifen Zwischennerv (9, 9A, 9B,
9C, 91), 9E, 917) ist.
3. Sohle gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die Komfortschicht (8) aus mehreren unterschiedlichen be-
nachbarten Bereichen zusammengesetzt ist, wobei einers-
ter Bereich (8a) mit großer Elastizität der Ferse entspricht,
wobei ein zweiter Bereich (8b) mit mittlerer Elastizität der
Fußwölbung entspricht und die Zirkulation des Blutes be-
günstigt und wobei ein dritter Bereich (8c) mit geringer Elas-
tizität die Kontrolle des Gehens begünstigt.
4. Sohle gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die Steifigkeit der Zwischenschicht oder des Nervs (9) im
wesentlichen einen konstanten Wert an jedem Punkt auf-
weist, wobei dieser Wert adäquat im Laufe der Herstellung
in Abhängigkeit von der Bestimmung des Schuhes ausge-
wählt ist.
5. Sohle gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die Zwischenschiecht oder Nerv (9A) durch eine Vielzahl
von Bereichen (98, 9b, 9c) gebildet ist, die beidseitig einer
Torsionsachse (x-x') erstrecken, deren Steifigkeitswerte un-
terschiedlich sind und im Laufe der Herstellung in Abhän-
gigkeit von der Bestimmung des Schuhes adäquat ausge-
wählt sind.
6. Sohle gemäß Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß
der Nerv (9A) durch einen hinteren Bereich (9a), der steif
ist, durch einen halbsteifen Zwischenbereich (9b), der dazu
geeignet ist, die Biegung in dem Bereich der Mittelfußkno-
chen des Fußes (4) zu begünstigen, und einen vorderen
- 5 -
steifen Bereich (9c) in dem Bereich der Zehenglieder gebil-
det ist.
7. Sohle gemäß Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß
der Nerv (9A) aus einem hinteren steifen Bereich (9a), ei-
nem nachgiebigen Zwischenbereich (9b), der dazu geeignet
ist, die Biegung in den Bereich der Mittelfußknochen des
Fußes (4) zu begünstigen, und einem steifen vorderen Be-
reich (9c) in dem Bereich der Zehen für Schuhe, gebildet
ist, die insbesondere zum Gehen im Mittelgebirge bestimmt
sind.
8. Sohle gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die steife Zwischenschicht oder der Nerv (9B) zumindest in
dem Bereich der Mittelfußknochen aus einer Folge von stei-
fen Einlagen (10) gebildet ist, die abwechselnd senkrecht
zur Torsionsachse (x-x') der Sohle angeordnet sind, um ei-
ne gute Nachgiebigkeit bezüglich der Biegung zu erhalten,
wobei jedoch eine gute Steifigkeit bezüglich Torsion be-
wahrt werden soll.
9. Sohle gemäß Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß
die Einlagen (10), die den Nerv (9B) bilden, im Verlauf ei-
nes gleichen Formarbeitsschrittes mit der "Nerv" - Schicht
(9B) hergestellt sind.
10. Sohle gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die Zwischenschicht oder der Nerv (9C) in der Nähe ihres
vorderen Teiles und ihres hinteren Teiles zwei kreisbogen-
förmige Aussparungen (11a, 11b) aufweist, die im wesentli-
chen den Enden der Sohle entsprechen und dazu geeignet
sind, den Durchgang der beiden Anschläge (12, 13) zu er-
- 6 -
lauben, die von der Kontaktschicht (7) ausgehen und auf
deren inneren Seiten Teile des Schaftes (3) geklebt sind.
11. Sohle gemäß Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß
eine Schulter (14, 15), die senkrecht zu den äußeren Seiten
der Anschläge (12, 13) ist, zwischen ihnen und der Ebene
des Nervs (9C) besteht, um einen Haltepunkt zu erhalten,
der zum Befestigen von Steigeisen bei einem Schuh für das
Hochgebirge bestimmt ist.
12. Sohle gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch ge-
kennzeichnet, daß die Komfortschicht (8A) in ihrem hinteren
Teil eine kompensierte Ferse (6A) aufweist, die auf Mono-
blockweise mit der Schicht (8A) erhalten ist und die äußere
Sohle (6) des Schuhes (1) ersetzt.
13. Sohle gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die Schicht (7A), die im Kontakt mit dem Boden ist, aus ei-
ner Vielzahl von Bereichen gebildet ist, wobei ein erster pe-
ripherer Bereich (17) einem Hauptbereich zum mechani-
schen Verhaften mit dem Boden entspricht, ein zweiter zen-
traler Bereich (18) einem zweiten Bereich zum Halten oder
zum Haften entspricht und ein dritter zentraler hinterer Be-
reich (19) neutral ist.
14. Sohle gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die Schicht (7B), die in Kontakt mit dem Boden ist, aus Ku-
fen hergestellt ist, die außen auf den Nerv (9) in Aussparun-
gen (20) angesetzt sind, die zu diesem Zweck in diesen
letzteren vorgesehen sind.
- 7 -
15. Sohle gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die Komfortschicht aus Reliefs (8B) gebildet ist, die aus Ma-
terial auf dem oberen Teil (7a) der Kontaktschicht (7) er-
halten sind und die die Zwischenschicht oder den Nerv (9D)
durchqueren, um gemäß einem Wert zu münden, der gleich
der Dicke der zu erhaltenen Komfortschicht ist.
16. Sohle gemäß Anspruch 1 oder einem der Ansprüche 4
bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß die steife Zwischen-
schicht oder der Nerv (9, 9E) dazu geeignet ist, ein mecha-
nisches Anbringen einerEinlage oder einer Befestigungs-
schlaufe (21) zu erlauben, die dazu geeignet ist, mit einer
zugeordneten Befestigung für die Montage der Sohle an ei-
nem Element zusammenzuwirken, wie z.B. einem Ski, einer
Fahrrad - Pedale, ..., wobei die Einlage in der steifen Zwi-
schenschicht (9, 9E) überformt ist.
17. Sohle gemäß Anspruch 1 oder einem der Ansprüche 5
bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß die steife Zwischen-
schicht oder der Nerv (9F) dazu geeignet ist, ein mechani-
sches Anbringen von Spikes durch Schrauben bei einer An-
wendung für Golfschuhe zu erlauben.
18. Sohle gemäß irgendeinem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, daß die Zwischenschicht oder der
Nerv (9, 9A, 9B, 9C, 91), 9E, 9F) eine Härte aufweist, die
größer als 45 Shore D ist.
19. Sohle gemäß irgendeinem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet daß die Schicht (7, 7A, 7B) für den
Kontakt mit dem Boden eine Härte aufweist, die kleiner als
45 Shore D. ist.
- 8 -
20. Sohle gemäß irgendeinem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, daß die Komfortschicht (8, BA,
8B) eine Härte aufweist, die kleiner als 80 Shore A ist.
21. Sohle gemäß irgendeinem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, daß die Schicht (7, 7A, 7B) für
den Kontakt mit dem Boden aus einem Gummi ist, der Ei-
genschaften bezüglich der Haftung und des Widerstandes
gegenüber Abreibung aufweist.
22. Sohle gemäß irgendeinem der Ansprüche 1 bis 20, dadurch
gekennzeichnet, daß die Schicht (7, 7A, 7B) für den Kontakt
mit dem Boden aus einem thermoplastischen Material ist.
23. Sohle gemäß irgendeinem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, daß die Zwischenschicht oder der
Nerv (9, 9A, 9B, 9C, 9D, 9E, 9F) aus einem thermoplasti-
schen Material ist."
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streit-
patents sei mangels Neuheit, zumindest aber wegen Fehlens einer erfinderischen
Tätigkeit nicht patentfähig. Den jeweiligen kennzeichnenden Merkmalen der eben-
falls angegriffenen Unteransprüche liege keine eigenständige erfinderische Tätig-
keit zugrunde.
Sie stützt ihre Ausführungen auf folgende Dokumente:
K1 EP 0 548 475 B1
K2 DE 692 24 050 T2 (= Deutsche Übersetzung von K1)
K3 EP 0 458 174 A1
("Fitsall")
D1
K4 Merkmalsgliederung
K5 EP 0 373 336 A1
("Mayer")
D2
- 9 -
K6 EP-Recherchebericht und Prüfungsbescheid vom 3. Dezem-
ber 1993 mit
K6a englischer Übersetzung des Prüfungsbescheids
K7 EP 0 272 082 A2
("Barry")
D3
K8 US 5 052 130
("Barry")
D4
Die von der Klägerin für die Entgegenhaltungen gewählten Bezeichnungen (D1 bis
D4) werden auch nachfolgend verwendet.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 0 548 475 mit Wirkung für das Hoheits-
gebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Ansprü-
che 1 bis 23 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage zurückzuweisen.
Hilfsweise verteidigt sie die Unteransprüche, die unmittelbar auf den Anspruch 1
zurückbezogen sind, als selbständig erfinderisch. An diese Ansprüche sollen sich
die Ansprüche 6, 7, 9 und 11 als Unteransprüche anschließen.
Weiter verteidigt die Beklagte den Patentanspruch 1 hilfsweise in einer Fassung,
in der die Angabe "Fuß (4)" in der zweiten Zeile des kennzeichnenden Teils, Sei-
te 1 Zeile 21 der Ansprüche in der Fassung der Übersetzung der Streitpatent-
schrift (DE 692 24 050 T 2, Anl. K2), ersetzt ist durch "Schaft (3)".
Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das
Streitpatent für bestandsfähig.
- 10 -
Entscheidungsgründe
Die Klage, mit der der in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Ab-
satz 1 lit a EPÜ iVm Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene Nich-
tigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist zulässig
und begründet.
I
Das Streitpatent betrifft nach dem geltenden Patentanspruch 1 auch in der hilfs-
weise verteidigten Fassung eine Sohle für Sportschuhe.
In der Patentschrift (Übersetzung K2) ist angeführt, dass bei Sportschuhen Sohlen
erforderlich sind, die gleichzeitig erlauben, Steifigkeitseigenschaften bezüglich der
Torsion bezüglich ihrer longitudinalen Achse zusammen mit guten Biegungseigen-
schaften, insbesondere im Bereich des Mittelfußes zu erhalten. Dies ist besonders
beim Skilanglaufen und beim nordischen Wandern, aber auch bei freiem Gehen
erwünscht. Bekannte Schuhsohlen weisen eine zu große Steifigkeit gegen Bie-
gungen auf, leiten die Stoßwellen zu stark zum Fuß, sind zu schwer (reine Gum-
misohlen) oder zu komplex und damit zu kostspielig.
Das technische Problem (die Aufgabe) besteht deshalb zusammengefasst darin,
eine komfortable und preiswerte Schuhsohle zu erhalten, die leicht an unter-
schiedliche Verwendungen angepasst werden kann.
Die Lösung wird in einer Sohle für einen Sportschuh nach dem Anspruch 1 gese-
hen, dessen Merkmale nach einem Vorschlag der Klägerin wie folgt aufgegliedert
sein können:
- 11 -
(1)
Die Sohle ist durch einen Schaft überhöht;
(2)
die Sohle ist gemäß einem aus mehreren Schichten
aufgebauten Profil hergestellt, das aufweist:
(a)
eine äußere Schicht für den Kontakt mit dem Boden,
die Eigenschaften bezüglich der Haftung und bezüg-
lich des Widerstandes gegenüber Abreibung auf-
weist;
(b) eine Zwischenschicht, die Eigenschaften bezüglich
der Steifigkeit aufweist und die direkt in Kontakt mit
der Kontaktschicht ist;
(3)
die Sohle weist eine obere Schicht für den Komfort
auf, die
(a) direkt unter dem Fuß (Schaft) angeordnet ist, und
(b) Eigenschaften bezüglich der Dämpfung und/oder
Elastizität gegenüber Stößen aufweist;
(4)
die Zwischenschicht ist durch die folgenden weiteren
Merkmale gekennzeichnet:
(a) sie weist kontrollierte Eigenschaften bezüglich der
Steifigkeit gegenüber Torsion und Biegung auf, um
gleichzeitig die Verteilung der Stoßwellen und der
Kräfte, die durch die Kontaktschicht registriert wer-
den, sowie ihre Diffusion zu gewährleisten, bevor sie
auf den Fuß treffen;
(b) sie bildet eine Art Gerüst, das die Deformationen der
Gesamtheit der Kontaktschicht verhindert;
(c) gleichzeitig bleibt sie jedoch relativ nachgiebig ge-
genüber Biegung, um ein gutes Abrollen des Fußes
beim Ausüben des Sportes zu erlauben;
(5)
es wird daher ein modulförmiges Konzept für eine
Sohle erhalten, deren globale Funktionen durch die
Veränderung einer einzelnen Schicht verändert wer-
den können.
- 12 -
Die Beklagte sieht die Merkmale des Anspruchs 1 wie folgt aufgegliedert:
Mehrschichtige Sohle
(1) Die Sohle dient der Befestigung unter einem Schaft eines
Sportschuhs.
(2) Die Sohle besteht - in der Reihenfolge vom Fuß (Schaft)
bis zur Auflage - aus drei Schichtmodulen.
(2.1) Das erste Schichtmodul besteht aus einer (oberen) Kom-
fortschicht mit Eigenschaften der Dämpfung und/oder
Elastizität gegenüber Stößen.
(2.2) Das zweite Schichtmodul besteht aus einer Zwischen-
schicht mit kontrollierten Eigenschaften der Steifigkeit
-
zur Verhinderung von Torsion unter gleichzeitiger Er-
möglichung von Abrollbiegung;
-
zur Verteilung und Abschwächung von Stoßwellen
und Kräften; und
-
zur Verhinderung der Deformation der Kontakt-
schicht.
(2.3) Das dritte Schichtmodul besteht aus einer (äußeren) Kon-
taktschicht mit Eigenschaften der Bodenhaftung und Ab-
riebfestigkeit.
(3) Die Eigenschaften jedes einzelnen Schichtmoduls sind für
ein bestimmtes Verhalten der Sohle gezielt veränderbar.
Für eine derartige Schuhsohle ist als Fachmann – auch nach übereinstimmender
Auffassung der Parteien - ein Ingenieur der Fachrichtung Schuhtechnik mit Fach-
hochschulabschluss zuständig, der über langjährige Berufserfahrung auf dem Ge-
biet der Sohlenkonstruktion verfügt.
- 13 -
II
Mag die Neuheit der gewerblich anwendbaren Sohle für Sportschuhe gegeben
sein, so beruht dieser Gegenstand angesichts des im Nichtigkeitsverfahrens ent-
gegengehaltenen Standes der Technik jedenfalls nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit.
Der Fachmann versteht unter der Sohle im patentgemäßen Sinn jenen Schuh-Teil
der unterhalb des Schafts angeordnet ist, zu dieser Schuhsohle zählt er demnach
weder eine Brandsohle noch ein Fußbett.
Aus der europäischen Patentanmeldung 0 373 336 [D2] kennt der Fachmann eine
Einlage für einen Schuh. Diese Einlage ist bestimmungsgemäß außer als lose Ein-
lage oder für eine Brandsohle auch als eine Sohle im patentgemäßen Sinn vorge-
sehen (Sp 9, Z 42 - 56). Die Einlage ist in ein Kunststoffmaterial eingebettet und
bildet zumindest einen Teil oder die gesamte Sohle (Sp 5, Z 3, 4). Somit findet der
Fachmann in der D2 auch eine von einem Schaft überhöhbare Sohle, die durch
ein aus mehreren Schichten aufgebautes Profil gebildet ist, nämlich aus einer äu-
ßeren Schicht für den Kontakt mit dem Boden, gebildet durch Kunststoffmaterial,
mit der die Einlage auf ihrer unteren Seite bedeckt ist, oder das fest mit einer
separaten Außensohle 19 verbunden (Sp 15, Z 32 - 36) ist (Kontaktschicht), einer
Zwischenschicht (Einlage 1) und einer oberen Schicht, gebildet durch Kunststoff-
material, mit dem die Einlage auf der oberen Seite bedeckt ist (Komfortschicht).
Für ihn steht außer Frage, dass, wie bei Schuhsohlen üblich, die Kontaktschicht
(Außensohle bzw äußere Schicht) Eigenschaften bezüglich der Haftung und des
Widerstandes gegen Abrieb aufweist. Die Einlage ist in der Sohlenquerrichtung
biegesteif und in der Sohlenlängsrichtung vertikal biegeweich, deshalb besitzt die
Zwischenschicht (Einlage) kontrollierte Eigenschaften bezüglich der Steifigkeit. Die
Einlage ist durch Umschäumen, Umspritzen, Umgießen oder sonstiges Umformen
mit einem oder Einvulkanisieren in ein Kunststoffmaterial mit der Sohle verbunden
oder Teil der Sohle (Sp 4, Z 55 bis Sp. 5, Z 4). Zwischen dem Kunststoffmaterial,
von dem die Einlage umgeben ist (Sp 15, Z 33, 34), also der Kontaktschicht, be-
- 14 -
steht somit wie beim Streitgegenstand nach Patentanspruch 1 direkter Kontakt
und die Einlage ist auch fest mit der durch das Kunststoffmaterial gebildeten oder
separaten Außensohle 19 verbunden (Sp 15, Z 32 - 36).
Was in der D2 als selbstverständlich, doch nur in Bezug auf das Vorsehen der
Einlage in einer Brandsohle angeführt ist, nämlich dass die Ausfüllmasse oder das
Kunststoffmaterial, mit dem die Einlage umformt ist, weichelastisch und (eventuell)
stoßabsorbierend ist, damit die erfindungsgemäßen Eigenschaften der Einlage in
hohem Maße wirksam sind (Sp 17, Z 54 bis Sp 18, Z 4), muss für den Fachmann
erkennbar gleicherweise für die Ausgestaltung als Schuhsohle gelten; denn auch
dort dürfen die Eigenschaften der Einlage nicht beseitigt werden. Oberhalb dieser
dreischichtigen Schuhsohle ist nach der D2 eine Innensohle 20 und ein Fußbett 21
(Sp 15, Z 40, 41) angeordnet. Die Innensohle mit dem Fußbett muss aus fach-
männischer Sicht dort - genauso wie beim Streitpatent - örtlich dem Schaft zuge-
ordnet werden, so dass auch für die D2 gilt, dass die obere Schicht für den Kom-
fort direkt unter dem Fuß (bzw im Sinne des Streitpatents unter dem Schaft) an-
geordnet ist. Da diese Schicht, wie dargelegt, weichelastisch ist und auch stoßab-
sorbierend sein kann, erkennt der Fachmann darin auch Eigenschaften bezüglich
der Dämpfung und/oder der Elastizität gegenüber Stößen.
Die Einlage nach der D1 ist in jedem Fall aus relativ steifem Werkstoff, wie Feder-
stahl (Sp 16, Z 39 - 53) gefertigt und bestimmungsgemäß steifer als das sie um-
gebende Material. Sie ist konstruktiv stets so gestaltet, dass eine Biegung um die
Längsachse jedenfalls nach oben (Sp 16, Z 29) nach Überwinden der Grundstei-
figkeit möglich ist, ein Biegen um die Querachse jedoch verhindert ist (An-
spruch 1). Die dazu ergriffenen Maßnahmen wirken sich naturgemäß auch auf das
Torsionsverhalten dergestalt aus, dass die Sohle verwindungsfähig ist (An-
spruch 2). Damit besitzt die bekannte Einlage als Zwischenschicht die aufgaben-
haften Eigenschaften des Streitgegenstandes nach Anspruch 1 bezüglich der Stei-
figkeit gegenüber Torsion und Biegung jedenfalls insofern, als sie eine kontrollierte
Torsion zulässt.
- 15 -
Der Einlage nach der D2 wohnen in für den Fachmann erkennbarer Weise auch
die Eigenschaften inne, die Stoßwellen und Kräfte, die durch die Kontaktschicht
aufgenommen (registriert) werden, zu verteilen und zu zerstreuen (Diffusion) be-
vor sie auf den Fuß treffen, da sie aus relativ steifem und festem, aber rückstellfä-
higen Werkstoff gefertigt ist (Sp 5, Z 27 - 31). Aus dem gleichen Grund bildet die
Einlage, wie die Zwischenschicht beim Streitgegenstand, was der Fachmann fol-
gert, eine Art Gerüst, das die Deformation der Gesamtheit der Kontaktschicht ver-
hindert (Sp 5, Z 20 - 23). Durch die Gestaltung der Einlage, beispielsweise als
zickzackförmiges Profil (Fig 6) ist in jedem Fall erreicht, dass die Sohle ein gutes
Abrollen des Fußes beim Ausüben des Sportes erlaubt (Sp 5, Z 56 – Sp 6, Z 3).
In D2 sind mehrere Varianten für die Konstruktion der Einlage angegeben, es sind
dort auch mehrere Hinweise auf die Art des Einbettens der Einlage in Kunststoff-
material zu finden. Jedes Aufgreifen einer dieser Varianten als solcher wirkt sich
auf die Eigenschaften der mehrschichtigen Sohle nach der D2 insgesamt aus. Da-
mit liefert schon die D2 ein modulförmiges Konzept für eine Sohle deren gesamte
(globale) Funktionen durch die Veränderung einer einzelnen Schicht gezielt verän-
dert werden kann, was aufgabenhaft so auch im Anspruch 1 des Streitpatentes
angegeben ist.
Somit gleicht die dem Fachmann durch die D2 an die Hand gegebene Lehre wei-
testgehend schon der des Streitpatents.
Wie die Beklagte allerdings darlegt, soll bei der Schuhsohle nach Anspruch 1 des
Streitpatents aber gerade eine erhöhte Torsionssteifigkeit erreicht werden, was
durch den Wortlaut „kontrollierte Eigenschaften bezüglich der Steifigkeit gegen-
über Torsion“ im Anspruch 1 zum Ausdruck gebracht werden soll. Keineswegs
dürfe darunter eine Verwindungsfähigkeit wie bei der D2 verstanden werden. Dies
ergebe sich aus der Patentschrift, da dort angeführt sei "... gleichzeitig eine große
Steifigkeit bezüglich der Torsion (in einer Richtung senkrecht zur Achse x-x’) und
eine bestimmte Nachgiebigkeit bezüglich der Biegung gemäß der Achse x-x'" (K1:
SP 6, Z 51, 52).
- 16 -
Somit besteht nach den Darlegungen der Beklagten gegenüber der D2 bei der
streitpatentgemäßen Lösung nach Anspruch 1 der Unterschied darin, dass die
Schuhsohle insgesamt durch die Zwischenschicht torsionssteif gestaltet wird, wäh-
rend sie bei der D2 durch gezielte Maßnahmen bezüglich der Gestaltung der Zwi-
schenschicht verwindungsfähig ist.
Doch weiß der Fachmann, dass es auch beim Streitpatent nicht darum gehen
kann, eine absolut torsionssteife Sohle zu schaffen, sondern darum, die Torsion
der Sohle zu kontrollieren, wie es durch den Wortlaut des Patentanspruchs 1 des
Streitpatent so auch zum Ausdruck gebracht ist ("...kontrollierte Eigenschaften...").
Dies erkennt der Fachmann auch als das wesentliche Ziel der Ausgestaltung der
Schuhsole nach der D2.
Schon anhand des Werkstoffs für die Einlage nach der D2 (zB Federstahl) stellt
der Fachmann fest, dass die Sohle nach der D2 mit der Einlage torsionssteifer ist
als eine Sohle ohne eine solche Einlage. Wegen deren konstruktiver Gestaltung,
beispielsweise als trapezförmiges Mäanderprofil (D2, Fig 5) folgert er zudem, dass
es bei der Lösung nach der D2 gezielt darum geht, ein kontrolliertes Torsionsver-
halten zu erreichen. Durch eine Variation der in der D2 vorgeschlagenen Profile
der Einlage (Zwischenschicht) vermag der Fachmann die Verwindungsfähigkeit
der Sohle auch zu vermindern, wenn es erforderlich ist, somit die Torsionssteifig-
keit zu erhöhen.
Damit wird dem Fachmann durch die D2 augenscheinlich aufgezeigt, durch eine
gezielt gestaltete Einlage ein kontrolliertes Torsionsverhalten einzustellen. Die D2
liefert dem Fachmann damit das Vorbild, bei einer mehrschichtigen Schuhsohle
eine Zwischenschicht vorzusehen, die kontrollierte Eigenschaften bezüglich der
Steifigkeit auch gegenüber Torsion aufweist, welche sich auf die gesamte Sohle
auswirken.
Einer erfinderischen Tätigkeit bedurfte es für den Fachmann daher nicht, um aus-
gehend von der D2 zur überwiegend aufgabenhaften, streitpatengemäßen Lösung
nach dem Anspruch 1 zu gelangen, nämlich kontrollierte Eigenschaften bezüglich
der Steifigkeit gegenüber Torsion vorzusehen.
- 17 -
Anspruch 1 in der in erster Linie verteidigten Fassung erweist sich aus den darge-
legten Gründen nicht als bestandsfähig.
Die Lehre des Anspruchs 1 des Streitpatents ändert sich nicht, wenn die obere
Schicht für den Komfort direkt unter dem Fuß (Hauptantrag), oder unter dem
Schaft (Hilfsantrag) angeordnet ist. Beide Fassungen des Anspruchs 1 stellen aus
fachmännischer Sicht denselben Sachverhalt dar, was aus der Patenschrift auch
so hervorgeht (Sp 5, Z 49). Somit erweist sich auch der zulässige Anspruch 1 in
der hilfsweise verteidigten Fassung nicht als bestandsfähig.
Auch die Unteransprüche 2 bis 23 konnten keinen Bestand haben, da die in ihnen
enthaltenen Merkmale dem Gegenstand des Anspruchs 1 nichts hinzufügen, was
eine erfinderische Tätigkeit begründen könnte.
Dem Fachmann obliegt es, die stoßdämpfenden Eigenschaften der Kontaktschicht
festzulegen. Zwar finden sich diesbezüglich in der D2 keine näheren Angaben für
das Kunststoffmaterial, das die Einlage aufnimmt. Dennoch ist dem Fachmann ge-
läufig, dass eine an sich bekannte und vielfach verwendete nichtlineare Dämpfung
unter bestimmten Umständen vorteilhaft sein kann. Diese erreicht er, wie er weiß,
in einfacher Weise durch eine progressive Dichte der Komfortschicht gemäß An-
spruch 2 des Streitpatents, ohne hierbei erfinderisch tätig zu werden.
Die Festlegung unterschiedlich elastischer Bereiche nach Patentanspruch 3 des
Streitpatents entspringt logischen Überlegungen des Fachmannes ohne erfinderi-
sche Anstrengung, wonach die unterschiedlichen Zonen des menschlichen Fußes
aus dynamischen und physiologischen Gründen einer unterschiedlichen Unterstüt-
zung bedürfen.
Bei der speziellen Auslegung der Sohle bzw. der Zwischenschicht berücksichtigt
der Fachmann natürlich die Bestimmung der Sohle, also für welchen Schuh bzw.
welchen Einsatzzweck sie vorgesehen ist. Davon abhängig wählt er eine Zwi-
schenschicht mit konstanter Steifigkeit (Anspruch 4 des Streitpatents), wie sie bei
- 18 -
D2 prinzipiell schon bekannt war (Sp 3, Z 25 bis 31), oder eine Zwischenschicht
mit mehreren Bereichen unterschiedlicher Steifigkeit (Anspruch 5 des Streitpa-
tents), die sich beidseitig einer Torsionsachse erstrecken, wie es aus D2 hervor-
geht (Fig 3), im Laufe der Herstellung adäquat und in naheliegender Weise aus.
Die aus der D2 (ua Fig 7) entnehmbare (beispielsweise rechteckige) Querprofilie-
rung der Einlage im Vorderfußbereich stellt im Prinzip nichts anderes als eine Fol-
ge von steifen Einlagen gemäß Patentanspruch 8 des Streitpatents dar, die senk-
recht zur Torsionsachse angeordnet sind, um eine gute Nachgiebigkeit bezüglich
der Biegung zu erhalten, wobei wegen der Werkstoffwahl (Federstahl) dennoch ei-
ne ausreichende Steifigkeit bezüglich Torsion vorhanden sein muss. Damit findet
der Fachmann dort das Vorbild für die Sohle nach Anspruch 8 des Streitpatents.
Schon die Einlage nach der D2 besitzt Durchbrüche 4 (Fig 2), durch die Kunst-
stoffmaterial durchtreten kann. Der Zweck dieser Durchbrüche ist, die Schichten
der Sohle fest miteinander zu verbinden. Diese Ausgestaltung in Verbindung mit
seinem fachmännischen Wissen, dass es bei Sportschuhen gebräuchlich ist, von
der Laufsohle (Kontaktschicht) ausgehend am vorderen und hinteren Ende Fort-
sätze zum Ankleben des Schafts vorzusehen, führt den Fachmann in naheliegen-
der Weise zur Ausgestaltung nach Anspruch 10 des Streitpatents.
Die Integration des Absatzes als Keil in die Sohle, die sinngemäß durch den An-
spruch 12 des Streitpatents gelehrt wird, findet der Fachmann schon in der D2
(Fig 12). Dort ist angeführt, dass der Fersenkeil zusammen mit der Einlage in die
Sohle eingeschäumt wird (Sp 16, Z 9 - 11). Anhand dieser Angabe erkennt der
Fachmann die möglichen Alternativen, den Fersenkeil separat oder als integralen
Bestandteil der Komfortschicht vorzusehen. Er findet darin den Hinweis auf die
Ausgestaltung nach Anspruch 12 des Streitpatents.
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Die jeweilige Sportart, für die ein Schuh mit der Sohle nach dem Streitpatent vor-
gesehen ist, bringt stets eine bestimmte und an sich bekannte Laufsohlengestal-
tung mit sich. Eine solche findet sich auch in Anspruch 13 des Streitpatents. Mit
der vorgesehenen Bestimmung der Sohle im Auge muss eine solche Gestaltung
vom Fachmann auf der Grundlage seines fachmännischen Könnens erwartet wer-
den.
Es ist seit geraumer Zeit in der Fachwelt üblich, Sportschuhe und Sportgeräte als
Funktionseinheit zu konzipieren. Seien dies nun Langlaufschuhe, Radschuhe oder
dergleichen, so bringt dies mit sich, dass die Schuhe und das Sportgerät (Bin-
dung, Pedale usw) in ihrer Geometrie funktionell aufeinander auszurichten sind.
Eine solche zielgerichtete Ausgestaltung ist - prinzipiell unabhängig davon, ob die
Schuhsohle mehrschichtig im Sinne von D2 oder des Streitpatents ist, oder nicht -
Inhalt der Ansprüche 14 und 16 des Streitpatents. Dazu gelangt der Fachmann mit
Rücksicht auf das letztgültige Einsatzgebiet des mit der Sohle des Streitpatents
versehenen Sportschuhs ohne weiteres auf der Basis fachmännischen Wissens.
Zur Gestaltung einer Sohle nach Anspruch 15 des Streitpatents, bei der keine ei-
gentliche Komfortschicht mehr vorgesehen ist, sondern diese vielmehr durch ein-
zelne Reliefs dargestellt wird, greift der Fachmann wiederum auf seinen Erfah-
rungsschatz zurück. Aus diesem sind ihm solche Reliefs in Form von Noppen an
Gesundheits- oder Massagesohlen (als Einlegesohlen oder mit der Sohle integ-
riert) zum direkten Kontakt mit der Fußsohle bekannt. Ist allerdings kein unmittel-
barer Kontakt mit dem Fuß, sondern eine Zwischenlage vorgesehen, weiß er an-
dererseits auch, dass solche Reliefs die Oberfläche vergrößern, um darauf eine
weitere Lage zum Beispiel durch Gießen aufzubringen, oder dass solche Reliefs
zwischen sich Luftkammern bilden können, wenn eine Auflage (Brandsohle, Fuß-
bett) aufgebracht wird, was die Dämpfung begünstigt. Durchbrüche in der Einlage,
also in der Zwischenschicht, die Reliefs nach Art des Anspruchs 15 ermöglichen,
findet der Fachmann in der D2 (Fig 2). In der Kombination dieser mit seinem fach-
lichen Erfahrungsschatz gelangt er zu der Ausgestaltung nach Anspruch 15 des
Streitpatents in naheliegender Art.
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Es kann für den Fachmann kein Zweifel daran bestehen, dass die Einlage der D2,
also die steife Zwischenschicht, dazu geeignet ist, ein lösbares, mechanisches An-
bringen von Spikes zu erlauben (SP 14, Z 17, 18). Da bei einer Anwendung für
Golfschuhe das Schrauben der Spikes durchaus gängig ist, führt ihn die D2 un-
mittelbar auch zur Ausgestaltung der Sohle nach Anspruch 17 des Streitpatents.
Der Ort und die Funktion jeder einzelnen der Schichten der mehrschichtigen Sohle
nach der D2 erfordert eine bestimmte Charakteristik, die u.a. durch ihre Härte be-
stimmt ist. Die für die Schichten verwendeten Werkstoffe, wofür übliche Materia-
lien in Frage kommen (D2: Sp 16, Z 7 - 9), bringen die Härte mit sich. Es versteht
sich für den Fachmann von selbst, für die Kontaktschicht und die Zwischenschicht
Werkstoffe mit einer größeren Härte und für die Komfortschicht Werkstoffe mit ei-
ner geringeren Härte vorzusehen, woran er durch die D2 auch noch erinnert wird
(Sp 17, Z 66 - Sp 18, Z 4). Er vermag letztlich in einfachen, ihm ohne weiteres zu-
zumutenden Versuchen die in den Ansprüchen 18, 19 und 20 angegebenen
Grenzwerte, abhängig vom jeweiligen Einsatzzweck der Sohle, zu ermitteln, wofür
es somit ebenfalls keiner erfinderischen Tätigkeit bedarf.
Schließlich findet der Fachmann in den Ansprüchen 21 und 22 des Streitpatents
übliche, ihm geläufige Werkstoffe für die Kontaktschicht, die er selbstverständlich
in die engere Wahl zieht. Für die Einlage, also für die Zwischenschicht nennt D2
u.a. Kunststoffmaterial (Sp 14, Z 52), wozu auch das in Anspruch 23 des Streit-
patents zu findende, verbreitete thermoplastische Material zu rechnen ist, weshalb
er dieses auch für die Zwischenschicht in Erwägung zieht. Auch diese Auswahl ist
demzufolge nicht mit erfinderischer Tätigkeit verbunden.
Aus den dargelegten Gründen konnten sich auch die hilfsweise als erfinderisch
verteidigten, auf den Anspruch 1 des Streitpatents zurückbezogenen Ansprüche 2
bis 5, 8, 10 und 12 bis 23 nicht als bestandsfähig erweisen.
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Die verbleibenden, nicht als erfinderisch verteidigten Ansprüche 6, 7, 9 und 11 las-
sen ebenfalls nichts erkennen, was für den Fachmann nicht naheliegend wäre und
damit deren Bestand begründen könnte, und fallen somit zusammen mit den übri-
gen Ansprüchen.
Auch die vom Senat vorgenommene Berücksichtigung der französischen Fassung
der Patentansprüche konnte zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts füh-
ren, da in den deutschsprachigen Patentansprüchen keine anderen, insbesondere
von der französischsprachigen Fassung abweichenden Inhalte zu erkennen sind.
Nach alledem war das Patent in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
III
Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84 Abs 2
PatG iVm § 91 Abs 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs.1 PatG, 709 ZPO.
Meinhardt
Gutermuth
Skribanowitz
Harrer
Schmitz
Be