Urteil des BPatG vom 15.10.2002

BPatG: unterscheidungskraft, begriff, gefühl, verkehr, patent, erwerb, kauf, gesamteindruck, gestaltung, radio

BPatG 152
10.99
Bundespatentgericht
32 W (pat) 107/03
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(Aktenzeichen)
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 301 41 203.0
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter
Mitwirkung des Richters Viereck als Vorsitzenden sowie der Richter Dr. Albrecht
und Kruppa am 8. Juni 2005
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beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent-
und Markenamtes –
Markenstelle für Klasse
24
– vom
15. Oktober 2002 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die für die Waren
"Webstoffe; Bett- und Tischdecken; Bettwäsche, Tischwäsche,
Handtücher, Vorhänge und Gardinen, Badewäsche; Bekleidungs-
stücke, insbesondere Blusen und Hemden; Schuhwaren; Kopfbe-
deckungen"
angemeldete Wort-/Bildmarke
hat die Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes – be-
setzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes
– mit Beschluss vom
15. Oktober 2002 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
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Bei der angemeldeten Bezeichnung handle es sich um eine dem üblichen (Wer-
be-)Sprachgebrauch, insbesondere auf dem hier relevanten Modesektor, entspre-
chende Aussage. Das Wort "Feeling" werde vielfach in Verbindung mit die Waren
betreffenden Sachaussagen kombiniert, wie beispielsweise "Summer, Winter,
Natural, Casual, Perfect oder Strick", wie den dem Beschluss beigefügten Unter-
lagen zu entnehmen sei. In diese Reihe der Werbeschlagwörter füge sich die an-
gemeldete Bezeichnung zwanglos ein, die sich ohne weiteres Nachdenken im
Sinne von exzellentes Gefühl übersetzen lasse. In Verbindung mit den bean-
spruchten Waren werde "Excellent Feeling" ausschließlich als Hinweis auf das
Käuferempfinden beim Erwerb der so bezeichneten Waren verstanden. Die gra-
phische Ausgestaltung verschaffe der Marke nicht die erforderliche Unterschei-
dungskraft, da diese üblicher Werbegraphik entspreche.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde. Die Anmelderin beantragt
(sinngemäß),
den Beschluss der Markenstelle für Klasse
24 vom
15. Oktober 2002 aufzuheben und die angemeldete Marke einzu-
tragen.
Das angemeldete Zeichen stelle für den deutschsprachigen Verkehr eine mehr-
deutige und interpretationsbedürftige Angabe dar. Insbesondere der Begriff "Fee-
ling" werde nicht zwangsläufig, wie von der Markenstelle, mit "Tragegefühl im
Sinne von Tragekomfort" gleichgesetzt. Der Begriff "Excellent Feeling" könne auch
ein ganz allgemeines Gefühl der Zufriedenheit ausdrücken, das nicht unmittelbar
mit dem Tragen von Kleidungsstücken oder deren Trageeigenschaften zusam-
menhänge. Desweiteren könne der Begriff sowohl produkt- (das Material fühlt sich
ausgezeichnet an), als auch personenbezogen (die Person, die die Kleidung trägt,
fühlt sich gut) interpretiert werden.
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II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und begründet, weil einer Eintragung
der angemeldeten Marke keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2
MarkenG entgegenstehen.
1. Die angemeldete Marke entbehrt in ihrer Gesamtheit nicht jeglicher Unter-
scheidungskraft. Unter dieser versteht man die einer Marke innewohnende kon-
krete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Wa-
ren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu
werden. Hauptfunktion einer Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekenn-
zeichneten Waren zu gewährleisten. Zur Beurteilung der Unterscheidungskraft ist
eine auf den Einzelfall bezogene sorgfältige und gründliche Prüfung – seitens der
Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz – erforderlich (EuGH GRUR
2003, 604 – Libertel Rdn 59; GRUR 2004, 674 – KPN Postkantoor, Rdn 103).
Kann einer Marke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender be-
schreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich hinsicht-
lich des Wortbestandteils nicht um einen gebräuchlichen Begriff der deutschen
Sprache oder einer Fremdsprache, der vom Verkehr stets nur als solcher und
nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so liegen keine ausreichenden
Anhaltspunkte dafür vor, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jeg-
liche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 – Individu-
elle; 2004, 30 – Cityservice). Bei Marken, die aus Wort- und Bildbestandteilen
kombiniert sind, hat sich die Prüfung der Schutzfähigkeit darauf zu erstrecken, ob
die Marke als solche, jedenfalls in einem ihrer Bestandteile den geringen Anforde-
rungen an die Unterscheidungskraft genügt (vgl. BGH BlPMZ 2001, 397 – anti-
Kalk). Wortfolgen sind dann nicht unterscheidungskräftig, wenn es sich um be-
schreibende Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen (Slogans) allge-
meiner Art handelt (vgl. BGH BlPMZ 2000, 161 – Radio von hier). Für die Unter-
scheidungskraft reicht es aus, dass der der Wortfolge entnehmbare Bedeutungs-
inhalt unscharf ist und ohne ergänzende weitere Angaben sich ein eindeutig be-
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schreibender Inhalt nicht erkennen läßt (vgl. BGH GRUR 2000, 323 – Partner with
the best).
Bei dieser Ausgangslage ist bereits der Wortfolge "Excellent Feeling" nicht das
notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft abzusprechen. Die beanspruch-
ten Waren richten sich an die allgemeinen deutschen Verkehrskreise. Diese wer-
den den Wortbestandteil der Marke "Excellent Feeling" in dem von der Marken-
stelle angenommenen Sinn mit "exzellentes Gefühl" übersetzen. Für die Waren
"Webstoffe; Tischdecken; Tischwäsche, Vorhänge und Gardinen" ist bereits nicht
ersichtlich, welchen vordergründig beschreibenden Hinweis der Begriff "exzellen-
tes Gefühl" in Bezug auf diese Waren vermitteln soll. Auch in Bezug auf die ande-
ren Waren bleibt der Bedeutungsinhalt der Marke vage und unscharf. Die von der
Markenstelle angenommene Bedeutung, Excellent Feeling sei als Hinweis auf das
Käuferempfinden beim Erwerb der so gekennzeichneten Waren zu verstehen, ist
nicht zwangsläufig. Über den Zeitpunkt des Wohlbefindens enthält die Marke ent-
gegen der Auffassung der Markenstelle keine Aussage, da sich dieses nicht etwa
nur beim Kauf, sondern auch Jahre später noch einstellen kann. Es bleibt völlig
unklar, worauf sich das "exzellente Gefühl" beziehen soll. Denkbar ist etwa, dass
es sich auf den Kaufvorgang, den Tragekomfort oder auf das Image der ent-
sprechenden Produkte bezieht. Die Wortfolge kann sowohl produktbezogen (das
Material fühlt sich ausgezeichnet an) als auch personenbezogen (die Person, die
z.B. die Kleidung trägt, fühlt sich gut) verstanden werden. Angesichts dieser Mehr-
deutigkeit und Unbestimmtheit der Wortfolge "Excellent Feeling" kann dieser für
die von der Markenstelle versagten Waren das erforderliche, aber auch ausrei-
chende Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
Hinzu kommt, dass der Darstellung jedenfalls in ihrer Gesamtheit, d.h. unter Be-
rücksichtigung der graphischen und bildlichen Ausgestaltung für maßgebliche Tei-
le des Verkehrs ein herkunftshinweisender Charakter zukommt. Die besondere ty-
pographische (bildliche) Gestaltung ergibt einen typisch markenmäßigen Gesamt-
eindruck.
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2. Die Marke ist auch nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung
ausgeschlossen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur
unmißverständlichen Bezeichnung von Merkmalen der zurückgewiesenen Waren
dienen können. Eine Verwendung der Wortfolge durch inländische Mitbewerber
der Anmelderin wurde von der Markenstelle nicht belegt und konnte auch vom Se-
nat nicht festgestellt werden. Bei der Eingabe der Wortfolge in die Suchmaschine
Google für Deutschland war nur eine Verwendung durch die Anmelderin fest-
stellbar. Für eine zukünftige Verwendung durch Konkurrenzunternehmen der An-
melderin fehlen jegliche Anhaltspunkte.
Richter Viereck ist wegen Ur-
laubs an der Unterschrift ver-
hindert.
Dr. Albrecht
Dr. Albrecht
Kruppa
Hu