Urteil des BPatG vom 09.07.2007

BPatG: orden, patent, bösgläubigkeit, darlehen, zusammenarbeit, druck, bildmarke, körperschaft, absicht, geschäftsbetrieb

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
9. Juli 2007
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
32 W (pat) 325/02
- 2 -
betreffend die Marke 399 29 602
(hier: Löschungsverfahren S 45/00)
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
1.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss
der Markenabteilung 3.4. vom 29. Juli 2002 aufgehoben.
Die Löschung der Marke 399 29 602 wird angeordnet.
2.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auf-
erlegt.
G r ü n d e
I.
Die am 17. Mai 1999 angemeldete Wortmarke
DO
ist für die Dienstleistungen
„Erziehung, Ausbildung, Betrieb von schulischen und pädagogi-
schen Einrichtungen sowie Durchführung schulischer und päda-
gogischer Maßnahmen, die der Aus-, Fort- und Weiterbildung von
- 3 -
Mitarbeitern, der schulischen und beruflichen Ausbildung von Kin-
dern, Jugendlichen und Erwachsenen dienen; Dienstleistungen
von Kliniken und Pflegeheimen; Betrieb von offenen und stationä-
ren Einrichtungen der Behinderten-, Kranken- und Altenhilfe, der
Familien-, Frauen-, Kinder- und Jugendhilfe“
am 20. September 1999 unter der Nr. 399 29 602 in das Markenregister eingetra-
gen und auf beim Deutschen Patent- und Markenamt am 28. März 2000 eingegan-
genen Antrag auf die Ehefrau des ursprünglichen Markeninhabers und jetzige
Markeninhaberin umgeschrieben worden.
Mit am 3. Februar 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenem
Schriftsatz hat die Antragstellerin die Löschung dieser Marke nach § 50 Abs. 1
Nr. 4 MarkenG a. F. beantragt, da der Rechtsvorgänger der Markeninhaberin bei
der Anmeldung bösgläubig gewesen sei.
Der Rechtsvorgänger der Markeninhaberin und die Markeninhaberin haben dem
ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 13. April 2000 zugestellten Löschungsan-
trag am 31. Mai 2000 widersprochen.
Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Lö-
schungsantrag mit Beschluss vom 29. Juli 2002 zurückgewiesen. Es lasse sich
nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Rechtsvorgänger der
Markeninhaberin im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke bösgläubig
gewesen sei. Es fehle an eindeutigen Belegen, aus denen sich ergebe, dass die
Antragstellerin an der Bezeichnung „DO“ einen wertvollen Besitzstand erworben
habe. Die Antragstellerin behaupte nur das Bestehen von Rechten an dem Akro-
nym „DOH“. Das Kürzel „DO“ verwende sie nur gelegentlich und in einer Weise,
die eine markenmäßige Benutzung im Geschäftsverkehr nicht erkennen lasse. Es
lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Rechtsvorgänger der Mar-
keninhaberin Kenntnis von einer kennzeichenrechtlichen Verwendung der Be-
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zeichnung „DO“ durch die Antragstellerin oder einer entsprechenden Verwen-
dungsabsicht gehabt habe. Ebenso wenig könne festgestellt werden, dass er auf
der Grundlage der streitgegenständlichen Marke Druck auf die Antragstellerin oder
auf die A… GmbH ausgeübt habe. Das offensichtlich
wegen finanzieller Streitigkeiten zerrüttete Verhältnis zwischen der Antragstellerin
und dem Rechtsvorgänger der Markeninhaberin, könne - zumal sich insoweit die
Verschuldensfrage nicht abschließend beurteilen lasse - für sich allein nicht die
Annahme rechtfertigen, die angegriffene Marke sei bösgläubig angemeldet wor-
den. Im Übrigen sei die Antragstellerin ihrer in einem Löschungsverfahren wegen
Bösgläubigkeit bestehenden Mitwirkungspflicht in Bezug auf Substantiierung und
Glaubhaftmachung der behaupteten Tatsachen nicht nachgekommen.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie
macht geltend, dass sie in ihrem gesamten Geschäftsverkehr das Zeichen „DO“
als Kurzbezeichnung für „Deutscher Orden“ und die Abkürzung „DOH“ für die
„A… GmbH“ verwende. Die Kennzeichen befänden sich
auf sämtlichen Geschäftspapieren der Antragstellerin und den Schildern der mehr
als hundert von ihr oder der A… GmbH betriebenen so-
zialen Einrichtungen. Sie benutze die Zeichen seit Jahrzehnten in einem Umfang,
dass diese jedenfalls in Fachkreisen die erforderliche Verkehrsgeltung erreicht
hätten. In diesem Zusammenhang sei auch bezeichnend, dass selbst der Rechts-
vorgänger der Markeninhaberin und sein Anwalt in ihrer Korrespondenz die Kurz-
bezeichnungen in diesem Sinne verwendeten. Zwischen der Antragstellerin und
dem Rechtsvorgänger der Markeninhaberin hätten seit dem Jahr 1998 intensive
und weitreichende Geschäftsbeziehungen bestanden. So habe die A…
GmbH dem Rechtsvorgänger der Markeninhaberin mit Vertrag
vom 15. September 1998 ein Darlehen in Höhe von 1.000.000.- DM und mit Ver-
trag vom 20./22.
Oktober
1998 ein weiteres Darlehen in Höhe von
2.400.000.- DM gewährt. Die Darlehen sollten ausgehend vom 31. Oktober 1998
bzw. vom 30. November 1998 innerhalb von 12 Wochen zurückgezahlt werden,
falls bis zu diesem Zeitpunkt keine Vereinbarung über eine weitere Kooperation
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zwischen den Vertragsparteien zustande gekommen sein sollte. Aus der Korres-
pondenz der A… GmbH mit dem Rechtsvorgänger der
Markeninhaberin bzw. der jeweiligen Anwälte in der Zeit vom Januar 1999 bis
März 1999 sowie aus den Protokollen des Landgerichts München II im Verfahren
auf Rückzahlung des ersten Darlehens ergebe sich zum einen, dass der Rechts-
vorgänger der Markeninhaberin aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nicht in der
Lage gewesen sei, die Darlehen fristgerecht zurückzuzahlen. Zum anderen lasse
sich daraus auch entnehmen, dass der Rechtsvorgänger der Markeninhaberin an
einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Antragstellerin bzw. der A…
GmbH starkes Interesse gehabt habe. Die Verhandlungen
über eine weitere Zusammenarbeit seien jedoch im Frühjahr 1999 gescheitert.
Kurz vor dem Scheitern der Vertragsverhandlungen habe der Rechtsvorgänger
der Markeninhaberin die streitgegenständliche Marke und zeitgleich auch das Zei-
chen „DOH“ für sich angemeldet. Die Anmeldung des Kürzels „DO“ als Marke
stelle eine sittenwidrige Störung des Besitzstandes der Antragstellerin dar. Auf-
grund des hohen Bekanntheitsgrades der Kennzeichen „DO“ und „DOH“ in den
beteiligten Verkehrskreisen sei die Bedeutung dieser Zeichen dem Rechtsvorgän-
ger der Markeninhaberin bereits vor Beginn der Kooperation mit der Antragstel-
lerin bekannt gewesen und im Laufe der weitreichenden Zusammenarbeit noch
weiter deutlich geworden. Der Rechtsvorgänger der Markeninhaberin habe damit
Kenntnis von dem Besitzstand der Antragstellerin gehabt und ihm sei bewusst
gewesen, dass er mit der späteren eigenen Verwendung des Kennzeichens zum
einen für sich Vorteile ziehen und zum anderen der Antragstellerin Nachteile zu-
fügen konnte. Die Markenanmeldung sei erfolgt, um auf die Antragstellerin wegen
deren Rückzahlungsforderungen, die der Rechtsvorgänger der Markeninhaberin
nicht erfüllen konnte, Druck ausüben zu können. Außerdem sei das Verhalten des
Markenanmelders auch deshalb rechtsmissbräuchlich, weil er und die Antragstel-
lerin in einem potentiellen Wettbewerb miteinander stünden. Schließlich wiesen
die Marken „DO“ und „DOH“ nicht nur keinen unmittelbaren Bezug zur Geschäfts-
tätigkeit des Rechtsvorgängers der Markeninhaberin auf, sondern fielen darüber
hinaus hinsichtlich ihrer Struktur und Begrifflichkeit auch aus dem Rahmen der
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sonstigen Marken des ursprünglichen Markeninhabers. Die Antragstellerin hat Un-
terlagen zur Verwendung des Kürzels „DO“ durch sie sowie Kopie eines Regis-
terauszugs zu der unter der Nummer 399 29 601 eingetragenen Marke „DOH“
vorgelegt.
Die Antragstellerin beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung 3.4. vom
29. Juli 2002 aufzuheben, die Löschung der Marke 399 29 602
anzuordnen
und
die Kosten des Verfahrens der Markeninhaberin aufzuerlegen.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie meint, die Beschwerde sei schon deshalb zurückzuweisen, weil die Antragstel-
lerin nicht aktivlegitimiert sei. Außerdem habe die Beschwerdebegründung der An-
tragstellerin nicht bis zu dem hierfür vom Bundespatentgericht festgesetzten Ter-
min (31. Dezember 2004) vorgelegen. In der Sache macht die Markeninhaberin
geltend, dass die Bezeichnung „DO“ nicht mit der Bezeichnung „Deutscher Orden“
verwechselbar und auch kein Hinweis hierauf sei. Eine Internet-Recherche über
Google ergebe bei Eingabe der Suchbegriffe „DO“ und „DOH“ zwar für „DO“
10,8 Millionen Treffer, jedoch sei darin kein Hinweis auf den „Deutschen Orden“
oder Einrichtungen desselben mit der Zusatzbezeichnung „DO“ oder „DOH“ ent-
halten. Auch eine Recherche im Telefonbuch biete keine Anhaltspunkte dafür,
dass der „Deutsche Orden“ die Bezeichnung „DO“ verwende. Ebenso wenig ent-
halte die Satzung des Deutschen Ordens vom 3. September 1995 eine Bestim-
mung über die Verwendung des Kürzels „DO“ als Zusatzbezeichnung für den
Deutschen Orden. Mangels entsprechender satzungsmäßiger Regelung sei die
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Verwendung der Bezeichnung „DO“ durch die Antragstellerin damit sogar rechts-
widrig. Schließlich habe die Antragstellerin bezüglich der Verwendung des Kürzels
„DO“ als Bezeichnung für den Deutschen Orden auch keine repräsentative Um-
frage vorgelegt. Die von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen seien nicht ge-
eignet, eine Verwendung des Kürzels „DO“ seitens der Antragstellerin zu belegen.
Die Einrichtung, für die der Prospekt „Ammersee TG - Therapeutische Gemein-
schaft“ als Träger die - „DO SUCHTHILFE“ mit dem Zusatz „Deutscher Orden“
nenne, verfüge lediglich über 28 Plätze, von denen derzeit nur sieben in Anspruch
genommen würden. Die Hauszeitschrift „DO aktuell“ sei nach dem finanziellen
Zusammenbruch des Deutschen Ordens letztmalig Anfang 2000 und nur in einer
sehr geringen Auflage von 22.000 Exemplaren herausgegeben worden. Die von
der Antragstellerin vorgelegte Übersichtskarte betreffend die Einrichtungen der
„DO SUCHTHILFE“ sei nicht auf dem aktuellen Stand und weise mit 46 Adressen
weit mehr Einrichtungen aus als tatsächlich bestünden. Derzeit (Stand
30. Juni 2006) gebe es nur 37 Einrichtungen. Bei der Zeitschrift „DO international“
handle es sich um eine Hauszeitschrift, die nur für Mitarbeiter des Deutschen
Ordens bestimmt, jedoch nicht auf dem freien Markt erhältlich sei. Außerdem
stamme die vorgelegte Ausgabe bereits aus dem Jahr 1998. Auch aus dem Ver-
einsregister Miesbach und dem beim Amtsgericht München geführten Handelsre-
gister ergebe sich im Zusammenhang mit dem Deutschen Orden bzw. der
A… GmbH kein Hinweis auf das Kürzel „DO“.
Die Markeninhaberin habe ein berechtigtes Interesse an der Nutzung der Be-
zeichnung „DO“. In Alleinstellung weise das Kürzel nicht auf den Deutschen Orden
hin. „DO“ sei beispielsweise u. a. auch das Autokennzeichen der Stadt Dortmund.
Dementsprechend beabsichtige die Markeninhaberin die Marke „DO“ für einen
Geschäftsbetrieb betreffend die Einrichtung von Lichtkliniken zu nutzen, den sie
mit Hauptsitz in Dortmund und weiteren Niederlassungen in ganz Deutschland
aufbauen wolle. Sie legt in diesem Zusammenhang Kopie eines Lizenzvertrages
vom 20. Dezember 2004 vor, in dem sie dem Lizenznehmer die Verwendung der
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Wortmarke „DO“ für medizinische Einrichtungen im Stadtgebiet von Dortmund
gestattet.
Den Beteiligten wurde eine Internetrecherche des Senats vom 5. Februar 2007 zu
den Suchbegriffen „DO Deutscher Orden“ und „DO Suchthilfe“ übergeben.
Aus dem beim Deutschen Patent- und Markenamt am 28. März 2000 eingegange-
nen Umschreibungsantrag sowie aus dem Markenregister ergibt sich, dass der
Rechtsvorgänger der Markeninhaberin zum Zeitpunkt der Anmeldung der streitge-
genständlichen Marke und der Marke „DOH“ Inhaber der Marken 1 104 641
- TURBO SKYLAB, 1 164 726 – SKYLAB; 1 166 375 – PHOTOMED; 1 171 044
- TURBO SKYLAB (Bildmarke), 1 189 680 – Vitalarium und 398 73 199 – PHO-
TOMED war. Nach Anmeldung der streitgegenständlichen Marke hat sich der
Rechtsvorgänger die Marken 399 32 003 – Biolarium, 399 36 119 – Silhouette,
399 46 953 – Silhouette Frauen Fitness (Bildmarke), 399 72 337 – BIO SUN,
399 72 338 – BIO SUN (Bildmarke) und 302 06 090 - BIO SUN eintragen lassen.
Diese Marken sind insbesondere für Trainings- und Fitnessgeräte, Geräte für me-
dizinische und kosmetische Zwecke (Bestrahlungsgeräte, Bräunungsgeräte) sowie
im Dienstleistungsbereich für den Betrieb von Saunen, Schlankheits-, Bodybuil-
ding-, Sport-, Fitness- und Sonnenstudios sowie Schönheitssalons eingetragen
und wurden zeitgleich mit der streitgegenständlichen Marke auf die Markeninhabe-
rin übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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II.
1. Die Beschwerde der Antragstellerin ist wirksam eingelegt und auch im Übrigen
zulässig. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist die Antragstellerin rechts-
fähig und kann damit u. a. auch rechtliche Verpflichtungen eingehen. Aufgrund
der Mitteilung der Geschäftsleitung der Antragstellerin vom 16. August 2001,
dass sie durch die im Rubrum genannte Kanzlei vertreten werde, bestehen
keine Zweifel an einer wirksamen Vollmachtserteilung.
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Rechtsvorgänger der Mar-
keninhaberin hat die verfahrensgegenständliche Marke bösgläubig angemel-
det, so dass - abweichend vom angefochtenen Beschluss der Markenabtei-
lung - die Löschung der Marke 399 29 602 anzuordnen war (§ 50 Abs. 1
i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG).
a) Der Antrag auf Löschung einer Marke wegen absoluter Schutzhindernisse
nach § 50 MarkenG kann von jeder Person gestellt werden (§ 54 Abs. 1
Satz 2 MarkenG). Es handelt sich hierbei - anders als bei den zwischen den
Verfahrensbeteiligten vor den ordentlichen Gerichten anhängigen Verfahren
wegen Darlehensrückforderungen - nicht um die Durchsetzung eines eige-
nen privatrechtlichen Anspruchs der Antragstellerin gegenüber der Marken-
inhaberin, sondern um einen Popularantrag, der es im öffentlichen Interes-
se jedermann ermöglicht, zu Unrecht eingetragene Marken überprüfen und
löschen zu lassen (Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl.,
§ 54 Rdn. 1). Dementsprechend hat es entgegen der Auffassung der Mar-
keninhaberin keinen Einfluss auf die Antragsbefugnis der Antragstellerin im
vorliegenden Verfahren, wenn der Antragstellerin oder ihrem Rechtsvorgän-
ger (B…
e. V.) in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten
die Aktivlegitimation abgesprochen wurde. Als Körperschaft des öffentli-
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chen Rechts ist die Antragstellerin rechtsfähig und verfügt damit über die
Antragsbefugnis i. S. des § 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG.
b) Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin ist der Beschwerde der Er-
folg auch nicht deshalb zu versagen, weil die Beschwerdebegründung nicht
innerhalb der vom Senat hierfür gesetzten Frist eingegangen wäre. Die Be-
schwerdebegründung ist fristgerecht am 31. Dezember 2004 beim Bundes-
patentgericht eingegangen. Im Übrigen hätte die Überschreitung der vom
Senat gesetzten Frist schon deswegen nicht zur Zurückweisung der Be-
schwerde führen können, weil im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren
keine Begründungspflicht besteht. Fristsetzungen durch den Senat haben
daher lediglich verfahrensleitende Funktion.
c) Durch Artikel 2 IX des Geschmacksmusterreformgesetzes ist § 50 Abs. 1
Nr. 4 MarkenG, auf den die Antragstellerin ihren Löschungsantrag wegen
bösgläubiger Markenanmeldung gestützt hat, entfallen. Gleichzeitig wurde
jedoch die bösgläubige Markenanmeldung als Schutzhindernis in § 8 Abs. 2
Nr. 10 MarkenG aufgenommen, so dass der Nichtigkeitsgrund der bösgläu-
bigen Markenanmeldung nunmehr durch die allgemeine Formulierung in
§ 50 Abs. 1 MarkenG n. F. abgedeckt ist (vgl. amtl. Begründung BlPMZ
2004, 253 ff.). Für das vorliegende Verfahren ergeben sich hieraus keine
materiell-rechtlichen Auswirkungen.
Von einer Bösgläubigkeit des Anmelders i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 10 Mar-
kenG ist dann auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich
oder sittenwidrig erfolgt ist. Insbesondere ist der Nichtigkeitsgrund einer
bösgläubigen Markenanmeldung dann zu bejahen, wenn die Anmeldung
zum Zweck eines sittenwidrigen Behinderungswettbewerbs vorgenommen
wurde. Für die Auslegung kann insoweit auf die zu § 1 UWG a. F. bzw.
§§ 3, 4 Nr. 10 UWG n. F. entwickelten Rechtsgrundsätze zurückgegriffen
werden (vgl. BGH GRUR 2006, 1032, 1033 - E 2; GRUR 2004, 510, 511
- 11 -
- S. 100; GRUR 2000, 1032, 1033 f. - EQUI 2000; BPatG GRUR 2000, 809,
810 - SSZ; GRUR 2000, 812, 814 - tubeXpert). Ein sittenwidriger Marken-
erwerb liegt dann vor, wenn der Markeninhaber in Kenntnis des schutzwür-
digen Besitzstandes eines Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen
Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Bezeichnung für glei-
che oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen mit dem Ziel der Störung
des Besitzstandes des Vorbenutzers als Marke hat eintragen lassen
(Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 435). Ein wettbewerbs-
rechtlich verwerfliches Verhalten kann auch darin liegen, dass ein Anmelder
die mit der Eintragung einer Marke entstehende Sperrwirkung zweckfremd
als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (BGH GRUR 2006, 1032, 1033
- E 2; GRUR 2000, 1032, 1034 - EQUI 2000; GRUR 1998, 1034, 1037
- Makalu). Dies ist dann anzunehmen, wenn die Anmeldung offensichtlich
zu dem Zweck erfolgt, ein anderes Unternehmen unter Druck zu setzen und
von diesem (finanzielle) Gegenleistungen zu erzwingen (Ekey/Klippel, Mar-
kenrecht, 2003, § 50 Rdn. 16). An die Feststellung einer Behinderungsab-
sicht sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Dabei können auch
aus dem sonstigen Verhalten des Markenanmelders Rückschlüsse auf
seine ursprünglichen Absichten gezogen werden (Ströbele, in:
Ströbele/Hacker, a.
a.
O., §
8 Rdn.
441). Die Absicht, die Marke
zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen, braucht auch
nicht der einzige Beweggrund zu sein; vielmehr reicht es aus, wenn diese
Absicht das wesentliche Motiv war (BGH GRUR 2000, 1032, 1034 - EQUI
2000; Ströbele, in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 435).
Im vorliegenden Fall liegen hinreichend deutliche Anhaltspunkte für eine
Bösgläubigkeit des Rechtsvorgängers der Markeninhaberin bei der Marken-
anmeldung vor. Dies muss sich die Markeninhaberin zurechnen lassen, da
die Bösgläubigkeit der Marke anhaftet und deshalb durch eine Übertragung
der Marke nicht beeinflusst oder gar beseitigt werden kann (BGH GRUR
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2000, 1032, 1034 f. - EQUI 2000; Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8
Rdn. 427).
Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen sowie aus der In-
ternetrecherche des Senats ergibt sich, dass die Antragstellerin das Kürzel
„DO“ jedenfalls in Teilbereichen für sich bzw. im Zusammenhang mit Ein-
richtungen der A… GmbH nutzt. So trägt das Ma-
gazin des Deutschen Ordens den graphisch ausgestalteten Titel „DO aktu-
ell“. Aus weiteren Unterlagen ergibt sich, dass die Antragstellerin bei ihren
Aktivitäten im Rahmen der Suchthilfe unter der Bezeichnung „DO SUCHT-
HILFE“ auftritt. Dass diese Unterlagen aus dem Jahr 2000 und davor stam-
men, steht ihrer Berücksichtigung zugunsten der Antragstellerin nicht nur
nicht entgegen, sondern belegt gerade, dass diese das Kürzel „DO“ bereits
zum Zeitpunkt der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke, auf den es
bei der Beurteilung der Bösgläubigkeit ankommt, benutzt hat. Im Übrigen
ergibt sich auch aus der von der Markeninhaberin vorgelegten Telefonre-
cherche, dass die Antragstellerin das Kürzel „DO“ jedenfalls im Zusammen-
hang mit ihren Suchthilfeeinrichtungen verwendet. So wird dort die „DO
Suchthilfe C… (Deutscher Orden) D… Weg in
E…“ aufgeführt. Dass das Kürzel nicht in der Satzung vom
3. September 1995 auftaucht, ist schon deshalb nicht von Bedeutung, weil
diese (Vereins)Satzung mit der Umwandlung des Deutschen Ordens von
einem eingetragenen Verein in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts
hinfällig geworden ist. Darüber hinaus lässt sich aus den von der Antrag-
stellerin vorgelegten Zeitungsberichten über den Deutschen Orden und aus
der Internetrecherche des Senats entnehmen, dass das Kürzel „DO“ auch
von Dritten im Zusammenhang mit dem Deutschen Orden gebraucht wird
und daher auch mit diesem in Verbindung gebracht wird. So bezeichnen
auch die Markeninhaberin und ihr Rechtsvorgänger in ihren im Rahmen des
vorliegenden Verfahrens an das Bundespatentgericht gerichteten Schreiben
die Antragstellerin mit „DO“. Ebenso verwenden sie in ihrem Schriftverkehr
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im Zusammenhang mit der A… GmbH die Ab-
kürzung „DOH“. Aufgrund der Geschäftsverbindungen der Antragstellerin
sowie der A… GmbH mit dem Rechtsvorgänger
der Markeninhaberin ist davon auszugehen, dass diesem die Verwendung
der Kürzel „DO“ und „DOH“ seitens seiner Vertragspartner bekannt war.
Die weitläufigen Auseinandersetzungen des Rechtsvorgängers der Marken-
inhaberin mit der Antragstellerin und der A…
GmbH über die Rückzahlung der Darlehen, über die Modalitäten der weite-
ren Zusammenarbeit, beispielsweise über den Abschluss eines Kaufvertra-
ges über vom Rechtsvorgänger der Markeninhaberin zu liefernde Kaltlicht-
bestrahlungsgeräte, deren Kaufpreis auf die Darlehensschuld angerechnet
werden sollte, oder über die – offensichtlich vergeblichen - Bitten des
Rechtsvorgängers der Markeninhaberin um weitere finanzielle Unterstüt-
zung, sprechen dafür, dass hier eine Sperrmarke angemeldet werden
sollte, um gegenüber der Antragstellerin eine bessere Verhandlungspositi-
on zu erlangen. Der Rechtsvorgänger der Markeninhaberin hat die ange-
griffene Marke am 17. Mai 1999 angemeldet, also unmittelbar, nachdem
seine Zahlungsschwierigkeiten auftraten und die Verhandlungen der Ver-
fahrensbeteiligten über eine weitere Zusammenarbeit und eine weitere fi-
nanzielle Unterstützung zu scheitern drohten.
Dass die Markenanmeldung erkennbar in der Absicht erfolgte, die Antrag-
stellerin in ihrer wirtschaftlichen Position zu beeinträchtigen, wird auch da-
raus ersichtlich, dass das Dienstleistungsverzeichnis der streitgegenständli-
chen Marke anders als die sonstigen Marken des Rechtsvorgängers der
Markeninhaberin mit den Dienstleistungen „Dienstleistungen von Kliniken
und Pflegeheimen; Betrieb von offenen und stationären Einrichtungen der
Behinderten-, Kranken- und Altenhilfe, der Familien-, Frauen-, Kinder- und
Jugendhilfe“ einen Bereich erfasst, auf dem auch die Antragstellerin bzw.
die A… GmbH tätig ist.
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Besonders deutlich tritt die Behinderungsabsicht des Rechtsvorgängers der
Markeninhaberin auch aus dem Umstand hervor, dass er ebenfalls am
17. Mai 1999 neben der streitgegenständlichen Marke „DO“ auch noch die
Buchstabenfolge „DOH“ als Marke angemeldet hat. Diese Buchstabenfolge
wird unstreitig von und für die Darlehensgeberin des Markenanmelders, die
A… GmbH, verwendet.
Der Rechtsvorgänger der Markeninhaberin hat bei der Anmeldung der an-
gegriffenen Marke auch nicht in Wahrnehmung berechtigter eigener Inte-
ressen gehandelt. Soweit die Markeninhaberin mit dem Lizenzvertrag über
die Nutzung der Marke für einen Geschäftsbetrieb in Dortmund geltend ma-
chen will, dass sie damit ein eigenes Projekt verfolge und die Buchstaben-
folge „DO“ für den Hauptsitz des geplanten Unternehmens stehe, erscheint
dies nicht glaubwürdig. Die Markeninhaberin hat in der mündlichen Ver-
handlung vorgetragen, dass sie diesen Geschäftsbetrieb erst aufbauen
wolle. Außerdem wurde der Lizenzvertrag erst abgeschlossen, als zwi-
schen den Verfahrensbeteiligten schon seit fast fünf Jahren Streit über die
Rechte an der verfahrensgegenständlichen Marke herrschte.
Zwar kann auch dann nicht von einer wettbewerbswidrigen Behinderungs-
absicht ausgegangen werden, wenn die Förderung des eigenen Wettbe-
werbs, insbesondere die Pflege des eigenen Markenbestands, beispiels-
weise durch Fortschreibung einer Markenfamilie im Vordergrund steht
(BGH GRUR 2005, 581, 582 – The Colour of Elégance; Ströbele in:
Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 441). Eine solche Fallgestaltung liegt
hier jedoch nicht vor. Die Marken „DO“ und „DOH“ fügen sich weder vom
Markenwort her noch in Bezug auf die Dienstleistungen, für die sie ge-
schützt sind, in die Reihe der sonstigen Marken des Rechtsvorgängers der
Markeninhaberin ein. Sie sind die einzigen Marken, die aus Abkürzungen
bestehen, während die sonstigen Marken mehr oder weniger phantasievolle
Abwandlungen von auf dem jeweils erfassten Waren- und/oder Dienstleis-
- 15 -
tungssektor beschreibenden Angaben darstellen. Zwar mag es bei den Wa-
ren und Dienstleistungen Berührungen auf medizinischem Gebiet geben.
Doch betreffen die sonstigen Marken des Rechtsvorgängers der Markenin-
haberin diesen Bereich überwiegend unter dem Aspekt der Schönheits-
pflege, Kosmetik und Fitness, während die streitgegenständliche Marke in-
soweit auf Pflege und Heilkunde ausgerichtet ist. Dass die streitgegen-
ständliche Marke und die Marke „DOH“ aus dem Rahmen fallen, zeigt sich
auch in den nach Anmeldung dieser Marken angemeldeten weiteren Mar-
ken, die vom Konzept her wiederum mit den früher angemeldeten Marken
vergleichbar sind.
Nach alldem ist festzustellen, dass der Rechtsvorgänger der Markeninha-
berin die angegriffene Marke bösgläubig angemeldet hat, so dass ihre Lö-
schung anzuordnen war.
3. Die Markeninhaberin hat die Kosten sowohl des patentamtlichen als auch des
Beschwerdeverfahrens zu tragen (§§ 63 Abs. 1, 71 Abs. 1 MarkenG). Zwar gilt
in mehrseitigen markenrechtlichen Verfahren vor dem Deutschen Patent- und
Markenamt und dem Bundespatentgericht der Grundsatz, dass jeder Beteiligte
unabhängig vom Ausgang des Verfahrens seine Kosten selbst trägt. Jedoch ist
eine hiervon abweichende Anordnung geboten, wenn besondere Umstände
vorliegen, die die Belastung eines Beteiligten mit seinen Kosten unbillig er-
scheinen lassen. So liegt der Fall hier. Da die verfahrensgegenständliche Mar-
ke bösgläubig angemeldet wurde, entspricht es der Billigkeit, der Markeninha-
berin die Kosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen. Hinsichtlich der pa-
tentamtlichen Kosten war daher der angefochtene Beschluss der Markenab-
teilung auch insoweit aufzuheben, als danach Kosten weder auferlegt wurden
noch zu erstatten waren. Insoweit ergibt sich die Kostentragungspflicht der
Markeninhaberin aus § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG. Hinsichtlich der Kosten des
Beschwerdeverfahrens folgt die Kostentragungspflicht aus § 71 Abs. 1 Satz 1
MarkenG.
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Ob die Anfragen der nicht anwaltlich vertretenen Markeninhaberin, wer ihre
Verfahrenskosten übernehme und ob sie eine Kostenfestsetzung beantragen
könne, als Antrag, der Antragstellerin die Kosten aufzuerlegen, auszulegen
gewesen wären, kann dahinstehen. Denn bei der vorliegenden Sachlage wäre
ein solcher Antrag in jedem Fall zurückzuweisen gewesen.
gez.
Unterschriften