Urteil des BPatG vom 22.04.2009

BPatG: verwechslungsgefahr, verkehr, kennzeichnungskraft, brauerei, bildmarke, wortmarke, markenrecht, ausschluss, bit, inhaber

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 68/08
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 305 58 893
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hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 22. April 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Gegen die für die Waren
„Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere
alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und
andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“
eingetragene Wortmarke 305 58 893
Pörzator
ist Widerspruch eingelegt worden aus der für die Waren
„Biere“
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registrierten prioritätsälteren Wort-/Bildmarke 2 037 728
und aus der für die Waren
„Bierdeckel, Papierservietten, Speisekarten, Plakate, Broschüren,
Aufkleber, Schreibgeräte, Flaschenverpackungen aus Pappe oder
Papier; Bierkrüge, Gläser (Gefäße); Gefäße (nicht aus Edelmetall)
für Haushalt oder Küche; Bier“
eingetragenen prioritätsälteren Wort-/Bildmarke 398 48 177
Die Markenstelle für Klasse 32 hat die Widersprüche in zwei Beschlüssen, von
denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begrün-
dung hat sie ausgeführt, der Widersprechende habe auf die zulässige Einrede der
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Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarken innerhalb der letzten
fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch nicht in ausreichender
Weise glaubhaft gemacht. Die vom Widersprechenden bei Gericht eingereichten
Glaubhaftmachungsmittel seien nicht geeignet, den Nachweis der rechtserhalten-
den Benutzung der Widerspruchsmarken zu führen, da die vorgelegten Unterlagen
keine Beurteilung des Umfangs der innerhalb der für die begehrte Entscheidung
der Markenstelle erfolgten relevanten Benutzungshandlungen erlaubten. Die vom
Widersprechenden im Erinnerungsverfahren beantragte Erstattung der Erinne-
rungsgebühr entbehre jeglicher Grundlage sowohl in tatsächlicher als auch in
rechtlicher Hinsicht.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Zur Begründung
bezieht er sich auf sein Vorbringen vor dem Deutschen Patent- und Markenamt.
Dort hat er unter Vorlage von Benutzungsunterlagen ausgeführt, die Wider-
spruchsmarken nach kurzzeitiger Unterbrechung seines Geschäftsbetriebes in
den Jahren 2003 und 2004 in der Folgezeit umfangreich benutzt zu haben. Es
liege auch Verwechslungsgefahr vor. Der von der Markeninhaberin eingehaltene
Zeichenabstand zu den Widerspruchsmarken sei nicht ausreichend, um die
Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Der angesprochene Verkehr sehe
nämlich im Wortende der angegriffenen Marke „-ator“ einen Hinweis auf eine Bier-
sorte (der vom Widersprechenden betriebenen „P… Brauerei“) und bringe des-
halb die angegriffene Marke mit den prioritätsälteren Widerspruchsmarken derge-
stalt gedanklich in Verbindung, dass er in „Pörzator“ eine Biersorte des Wider-
sprechenden vermute.
Der Widersprechende beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 vom 24. Okto-
ber 2007 und vom 11. Juni 2008 aufzuheben und die Löschung
der Eintragung der angegriffenen Marke anzuordnen.
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Die Markeninhaberin hat keinen Antrag gestellt und sich auch sonst nicht im
Beschwerdeverfahren geäußert.
II
Der zulässigen Beschwerde des Widersprechenden ist im Ergebnis der Erfolg ver-
sagt. Für die Entscheidung des Senats kann hierbei dahinstehen, ob den ange-
griffenen Beschlüssen der Markenstelle folgend die Beschwerde schon aufgrund
der von der Markeninhaberin erhobenen Nichtbenutzungseinrede nach § 43
Abs. 1 Satz 2 MarkenG unbegründet ist. Jedenfalls fehlt es im Streitfall an einer
Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Marken im Sinne von § 42
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer
Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeit-
rang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten
Waren oder Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließ-
lich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht
werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kenn-
zeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht
kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken,
der Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und der Kennzeich-
nungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad
der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren
und Dienstleistungen oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgegli-
chen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2007, 1066, 1067/
1068 - ; GRUR 2006, 859, 860 - ; GRUR 2006, 60, 61
- ; GRUR 2005, 513, 514 - ).
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Zwischen den für die Widerspruchsmarke „Pörz-Biere“ und der angegriffenen
Marke „Pörzator“ eingetragenen Waren besteht in Bezug auf „Biere“ Identität, in
Bezug auf die weiteren für die angegriffene Marke eingetragenen Waren geringe
bis mittlere Ähnlichkeit (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und
Dienstleistungen, 13. Aufl., S. 39/40). Die für die Widerspruchsmarke „Pörz“ ein-
getragenen Waren liegen insofern im Ähnlichkeitsbereich zu „Bieren“, als sie beim
Vertrieb durch Brauereien oder Getränkelieferanten häufig als Werbemittel, mit der
entsprechenden Kennzeichnung versehen, eingesetzt werden.
Die Widerspruchsmarken „Pörz-Biere“ und „Pörz“ genießen für die angemeldeten
Waren durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Sie stellen sich als Phantasiebe-
zeichnungen ohne beschreibenden Anklang dar. Anhaltspunkte für eine Erweite-
rung oder Einschränkung des Schutzbereichs der Widerspruchsmarke aufgrund
gesteigerter Kennzeichnungskraft oder aufgrund Kennzeichnungsschwäche haben
die Parteien nicht dargetan; solche sind auch nicht ersichtlich.
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht
scheidet - auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass im Hinblick auf die
teilweise bestehende Warenidentität erhöhte Anforderungen an die Zeichenunter-
schiede zu stellen sind - aus . Die angegriffene Marke „Pörzator“ hält zu den
Widerspruchsmarken „Pörz-Biere“ und „Pörz“ einen ausreichenden Zeichenab-
stand. Aufgrund der Endsilbe „-ator“ hebt sich die angegriffene Marke in klangli-
cher Hinsicht entscheidend von den Widerspruchsmarken ab. Die zusätzliche
Lautfolge in der angegriffenen Marke bedingt einen dreisilbigen Aufbau, wohinge-
gen die Widerspruchsmarke „Pörz“ nur aus einer Silbe besteht. Die Widerspruchs-
marke „Pörz-Biere“ setzt sich zudem aus einer aus zwei Wörtern bestehenden
Marke zusammen, während es sich bei der angegriffenen Marke „Pörzator“ um
eine Einwortmarke handelt. Der Verkehr hat auch keinen Anlass, die angegriffene
Marke in klanglicher Hinsicht auf „Pörz“ zu verkürzen. Die klanglichen Unter-
schiede finden ihre Entsprechung im Schriftbild. Aufgrund der zusätzlichen Buch-
stabenfolge „-ator“ stellt sich die angegriffene Marke „Pörzator“ für den Verkehr als
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deutlich länger und in optischer Hinsicht in ihrem Buchstabenaufbau als im Ver-
gleich zur Widerspruchsmarke „Pörz“ unterschiedlich dar. Auch in der Wider-
spruchsmarke „Pörz-Biere“ findet sich im Schriftbild ebenfalls keine kollisionsbe-
gründende Entsprechung zur angegriffenen Marke „Pörzator“. Es ist nicht davon
auszugehen, dass dem Verkehr bei der rein visuellen Wahrnehmung entginge,
dass der angegriffenen Wortmarke Bildbestandteile fehlen, die die beiden Wider-
spruchsmarken enthalten, auch wenn der Verkehr regelmäßig nicht die sich
gegenüberstehenden Marken gleichzeitig zur Kenntnis nimmt. Da es sich bei den
Bildbestandteilen der Widerspruchsmarken nicht lediglich um nichtssagende oder
geläufige und nicht ins Gewicht fallende grafische Darstellungen handelt (vgl. BGH
GRUR 2008, 903, 904 - ; BGH GRUR 2005, 419, 423 -
; BGH GRUR 2004, 778, 779 - ; BGH GRUR 2002,
1067, 1069 - ; BGH GRUR 2002, 167, 170 - ), führt auch das
Fehlen solcher Bildelemente bei der angegriffenen Marke im Streitfall zum Aus-
schluss der Verwechslungsgefahr in schriftbildlicher Hinsicht.
Es besteht auch keine assoziative mittelbare Verwechslungsgefahr. Eine solche
kann gegeben sein, wenn trotz der erkannten Unterschiede wegen einer Ähnlich-
keit des Sinngehalts und einer einander entsprechenden Markenbildung auf eine
Zusammengehörigkeit im Sinne von Serienmarken geschlossen werden kann (vgl.
Ströbele/, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 9 Rn. 336 m. w. N.). Ausreichende
Anhaltspunkte für das Bestehen einer solchen, aufgrund umfangreicher Nutzung
der Zeichen mit abgewandelten Bezeichnungen (vgl. HK-, 2. Aufl. 2009,
§ 9 Rn. 210 m. w. N.) bekannten Markenserie, die zur Vorstellung des Verkehrs
führt, das Markenelement „Pörz“ stelle sich als Stammbestandteil einer Serien-
marke dar, hat der Widersprechende - abgesehen davon, dass dem Markenrecht
ein Elementenschutz grundsätzlich fremd ist und bei der Annahme einer Ver-
wechslungsgefahr somit Zurückhaltung geboten ist (vgl. HK-, a. a. O., § 9
Rn. 208 m. w. N.; Ströbele/, a. a. O.) - nicht dargetan und sind auch nicht
ersichtlich.
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Ohne Erfolg beruft sich der Widersprechende schließlich auch darauf, der Verkehr
sehe in „Pörzator“ eine Biersorte der P…-Brauerei, so dass dem Streitfall eine
Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne durch gedankliches Inverbindungbringen
zugrunde liege. In einem solchen Fall erkennt der Verkehr die Unterschiede in den
sich gegenüberstehenden Zeichen, so dass er sie zwar nicht miteinander ver-
wechselt, aber demselben Inhaber zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 60, 63
- ), weshalb er das Bestehen von Beziehungen geschäftlicher, wirtschaft-
licher oder organisatorischer Art vermutet (vgl. Ströbele/ a. a. O., § 9
Rn. 338 m. w. N.). Voraussetzung hierfür ist, dass die Übereinstimmungen zwi-
schen den Zeichen nicht lediglich eine allgemeine, nicht herkunftshinweisende,
rein assoziative gedankliche Verbindung bewirken, sondern sich dem Verkehr auf-
drängt, dass die Zeichen wegen ihres Sinngehalts und ihrer Zeichenbildung auf-
einander bezogen sind (BGH a. a. O. - ; BGH GRUR 2004, 779, 783
- GRUR 1998, 522, 525). An die Prüfung,
ob Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, sind zumin-
dest gleich strenge Anforderungen zu stellen wie bei der mittelbaren Verwechs-
lungsgefahr. Dies kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn das ältere Marken-
zeichen in der Vergangenheit umfangreich benutzt worden ist (vgl. BGH GRUR
2002, 171, 175 - ; HK- a. a. O., § 9 Rn. 221). Diese
Annahme findet in den vom Widersprechenden vorgelegten Benutzungsunterla-
gen allerdings keine Grundlage. Zudem weist die Endung „-ator“ aus sich heraus
auch nicht ohne weiteres auf die Herkunft eines solchermaßen gekennzeichneten
Produkts aus einer bestimmten Brauerei hin. Vielmehr ist in der Endung „-ator“ im
Sinne ein sachbeschreibender Hinweis auf eine Starkbiersorte zu sehen.
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Eine Abänderung des Beschlusses der Markenstelle vom 11. Juni 2008 ist somit
aus den zutreffenden Gründen dieser Entscheidung nicht veranlasst.
Dr. Fuchs-Wissemann
Reker
Lehner
Fa